Unter Wasser fliegen

Säbelschnäbler Namibia
Auf einem Bein stehend ruhen diese beiden Säbelschnäbler im seichten Wasser.

Das für Jungvögel typische braunschwarz-weiße Federkleid ist schon vorhanden, aber der junge Säbelschnäbler, der am Rande des Wassers auf Nahrungssuche war, kann noch nicht fliegen. Als ganz junges Küken im gefleckten Daunenkleid hat sich das Küken bei Gefahr sehr schnell zwischen die spärliche Vegetation begeben, sich dort fast unsichtbar auf den Boden gedrückt, den Kopf ebenfalls flach am Boden, und so gut getarnt regungslos abgewartet, bis die Gefahr vorbei war. Als der Jungvogel älter wird, versucht er schnellen Fußes vor Gefahr zu flüchten, derweil die Eltern den vermeintlichen Feind attackieren oder versuchen ihn abzulenken.

Jetzt wagt sich der junge Säbelschnäbler ins Wasser und versucht schwimmend dem möglichen Feind zu entkommen. Als dies keinen Erfolg verspricht, taucht der Jungvogel plötzlich unter. Im etwa knietiefen klaren Wasser schwimmt er mit Hilfe seiner Flügel mit beachtlicher Geschwindigkeit dicht über dem Boden. Der junge Säbelschnäbler „fliegt“ unter Wasser davon, ein Verhalten, das nicht bei vielen Vögeln bekannt ist.

Säbelschnäbler
Noch sind die Beine nicht so lang wie die der erwachsenen Säbelschnäbler, aber das Küken stakst bereits im seichten Wasser umher und steckt den Kopf unter Wasser, um etwas Essbares zu finden. Hier hat der Jungvogel etwas gefunden, legt sich die Beute im bereits nach oben gebogenen Schnabel zurecht und schluckt sie.

Säbelschnäbler gehören zur Ordnung der Regenpfeiferartigen, haben lange Beine, aber keine Schwimmhäute. Mit ihrem leicht nach oben gebogenen langen Schnabel suchen sie in flachen Gewässern im Schlamm, im Wasser oder auf der Oberfläche nach kleinen Tieren (Insekten, Würmer, Krebstierchen). Erwachsene Säbelschnäbler haben ein schwarz-weißes Federkleid. In den meisten Gegenden von Namibia kommen sie nicht in großer Zahl vor, aber sie sind eine Art, die sehr viel und weit umherzieht. So lockte ein ungewöhnlich kräftiger Regen Mitte Mai dieses Jahres (2018) etliche Säbelschnäbler nach Lüderitzbucht, wo sie sich an den teilweise riesigen, inzwischen brackigen Pfützen und Tümpeln in der Wüste und in Nähe des Atlantiks wohlfühlen.

Ein Pärchen zog nahe der kleinen Lagune in Lüderitzbucht ein Jungtier auf. Laut Dr. Jessica Kemper, Forscherin in Lüderitzbucht, wechselten die Altvögel den Tümpel, weil sie und ihr Nachwuchs von Schildraben attackiert wurden. Danach scheuchten die Eltern von „ihrem“ Tümpel Rotschnabelenten weg, damit ihr Nachwuchs dort ungestört auf Nahrungssuche gehen konnte.

Normalerweise legen Säbelschnäbler drei bis vier Eier, aber das Gelege und die Jungen sind zahlreichen Gefahren ausgesetzt, z. B. durch Raubvögel, Raben, Schakale, Mangusten und Möwen. Wie viele Küken erwachsen werden, ist nicht bekannt. Das Küken in Lüderitzbucht jedoch scheint es geschafft zu haben und wagt die ersten Flugversuche, derweil die Eltern wachsam in der Nähe sind.

Bei den jährlichen Vogelzählungen im Feuchtgebiet von Sandwich Harbour wurden im Januar 2009, also während der Sommerzählung, 2551 Säbelschnäbler registriert. Bei der Winterzählung im Juli waren es nur noch 225 und im darauffolgenden Jahr im Februar insgesamt 64. Im Februar 2015 wurden 1585 erfasst, im Juli des gleichen Jahres 151. Im Juli 2016 hingegen betrug die Gesamtzahl 3001, aber im Sommer (Januar) desselben Jahres waren es nur 56.

Im rund 50 Kilometer weiter nördlich gelegenen Ramsar-Gebiet, der Lagune von Walvis Bay, wurden in den vergangenen Jahren im Sommer und im Winter sehr viele Säbelschnäbler gezählt. In diesem Jahr betrug ihre Zahl bei der Winterzählung Anfang August 4028 und bei der Sommerzählung im Februar 6647. Dagegen wurden im Februar vergangenen Jahres nur 615 Säbelschnäbler gesichtet, in den Jahren zuvor jedoch nie weniger als 1200. Wohin die knapp 45 Zentimeter großen und 350 Gramm schweren Vögel ziehen, ist bisher unbekannt.

Dirk Heinrich

Säbelschnäbler Eier
Das Gelege eines Säbelschnäblers besteht normalerweise aus drei oder vier Eiern. Die ersten drei gut getarnten Eier werden an drei aufeinanderfolgenden Tagen gelegt und das vierte Ei zwei Tage nach dem dritten.

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