5. Oktober 2018: Paternoster
Ziemlich zeitig standen wir auf, bepackten zügig unser Auto, und nach einem schnellen Frühstück starteten wir Richtung Paternoster an der Westküste Südafrikas, 90 Minuten Fahrtzeit nördlich von Kapstadt und von daher bei den Kapstädtern als Ferienort sehr beliebt. Unsere Wahl war auf Paternoster gefallen, da uns auf den Fotos insbesondere die schönen, weiß verputzten Cottages mit ihren blauen Türen ins Auge gefallen waren. Die Dächer waren häufig mit Reet gedeckt, und besonders schön fand ich die blühenden Vorgärten mit ihrer maritimen Deko, überwiegend alte, bunt angestrichene Fischerboote. Alles sah sehr idyllisch aus, und ich freute mich schon sehr. Ein bisschen Abwechslung tat uns sicherlich gut, und ein bisschen Zivilisation auch
, denn das bedeutete zugleich, dass ab heute auch unsere Selbstversorgung zu Ende sein würde. Irgendein diensthabender Geist würde uns morgens das Frühstück servieren, und abends würden wir essen gehen. Auch mal schön
, obwohl, wenn ich ehrlich war, hatte mir das abendliche „braaien“ nicht das Geringste ausgemacht. Wir waren mittlerweile ein eingespieltes Team: Göga grillte das Fleisch, und ich sorgte für die Beilagen. Umgekehrt wäre es leider nicht gegangen, denn dann hätte es nur Fleisch gegeben und keine Beilagen
. Ich nahm mir vor, Göga zuhause die Zubereitung von Salat und Kartoffelgerichten beizubringen, damit wir auch einmal tauschen könnten, aber irgendwie habe ich wohl kein Talent bei der Vermittlung dieser eigentlich doch sehr einfachen Fähigkeiten
, so sagt zumindest Göga
.
Der Morgen war wirklich schön, Dunst hing noch in der Luft, aber man merkte schon, dass es wieder einmal ein warmer und sonniger Tag werden würde. Das würde sich auch bis Paternoster nicht ändern, denn das Wetter übers Wochenende sollte bilderbuchmäßig bleiben.
In der Gegend um Ceres reihte sich eine Obstplantage an die andere: Kirschen-, Äpfel- und Birnenbäume standen teilweise schon in voller Blüte, teilweise kamen die Bäume noch sehr winterlich daher. Dazwischen große Verpackungsfabriken für den Export der Früchte, die dann ab Februar in unseren Regalen zum Verkauf liegen.
Wir fuhren Richtung Citrusdal, dem drittgrößten Obstanbaugebiet des Landes. Von dort stammen die Apfelsinen, die bei uns als „Cape Orangen“ verkauft werden. Auch dort reihte sich eine Plantage an die nächste.
Teerstraße wechselte sich mit Schotterpiste ab. Wir kamen sehr gut voran.
Ich kann es nicht beschwören, aber ich glaube, es war so ca. 20 Km vor Citrusdal: die Landschaft wurde immer gebirgiger, wir fuhren wieder auf Schotter, die Piste wurde immer enger, und wir kamen durch die vielen Kurven nur noch sehr langsam voran. Göga steuerte gerade das Auto eine ziemlich steile Anhöhe hinauf als er urplötzlich stark bremsen musste. Das Auto geriet ein wenig ins Rutschen, aber das hatte er schnell wieder im Griff
. Ein großer Truck versperrte die Straße, wir konnten ihn nicht überholen. Ein Trecker versuchte, den Truck den Berg hinauf zu ziehen. Ein sehr abenteuerliches Unterfangen, denn der Truck kam dabei gefährlich ins Rutschen. Wie das nur möglich war
? Hinter uns hatte sich schnell eine kleine Schlange gebildet. Wir konnten also nicht mehr ausweichen und waren auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen, dass der Trecker den Truck sicher hochzog. Mir war in der senkrechten Position überhaupt nicht wohl, wenn der Trecker mit dem Truck ins Rutschen gekommen wäre, dann wäre es das für uns gewesen
. Irgendwann wurde es Göga dann wohl doch zu heikel. Die Seitenspiegel wurden eingeklappt, sein grimmiger Blick verriet vollste Konzentration, und dann tat er endlich das, was "wahre Männer"
in Filmen immerzu machen
. Er rettete sein Weib, indem er das Auto todesmutig am Truck vorbeizog
. Mein Held
! Wie er das ohne jeden Kratzer an unserem Auto geschafft hat, weiß ich bis heute nicht, denn da passte eigentlich nichts mehr dazwischen. Ich habe ein Foto gemacht, welches des Moment des Überholens dokumentiert. Der Truckfahrer schaut ziemlich skeptisch drein und schrie uns irgendetwas zu. Ich habe es nicht verstanden, und das war auch bestimmt besser so
.
Dieses Foto machte Göga dann von oben, als wir aus der Gefahrenzone heraus waren. Auf dem Foto sieht das Ganze natürlich nicht so schrecklich aus, wie es in Wirklichkeit war. Auf alle Fälle war mein Bedarf an Abenteuer für diesen Tag komplett gedeckt worden.
In Vredenburg stockten wir unsere Getränkevorräte wieder auf.
Bereits gegen 12.30 Uhr erreichten wir unsere Unterkunft für die nächsten zwei Tage, das „ah!Guesthouse“
ahguesthouse.com/ . Unser Gastgeber Arnold kam gerade vom Einkauf und hieß uns auf herzlichste willkommen. Das Zimmer war auch schon fertig. Perfekt! Das Gästehaus, welches direkt am Strand lag, gefiel uns sehr gut. Es hatte Stil und war sehr geschmackvoll eingerichtet. Die Bilder an den Wänden waren fast ausnahmslos eine Auftragsarbeit bei einem örtlichen Künstler. Auch unser Zimmer im 1.Stock bot an Annehmlichkeiten alles, was man sich so wünscht: einen Kühlschrank, Klimaanlage, ein großes Bett, ausreichend Stauraum und dazu ein anständiges Bad mit separatem WC. Die Zimmer im oberen Stockwerk hatten eine gemeinsame Dachterrasse, auf der im Sommer das Frühstück bzw. das Dinner serviert werden kann. Bequeme Liegen mit Sonnenschirmen luden zum Faulenzen ein, und der Blick auf die Bucht von Paternoster war einfach nur grandios.
Wir ruhten uns ein wenig aus und starteten dann gegen 14.00 Uhr Richtung „Cape Columbine Nature Reserve“. Am Eingang musste man einen kleinen Obolus entrichten, denn die Wildcard wurde leider nicht akzeptiert. Bevor der Leuchtturm hier erbaut wurde war der Küstenstreifen ein wahrer Schiffsfriedhof mit zahlreichen Wracks. Den Namen „Columbine“ erhielt diese Region denn auch von dem britischen Schiff namens „Columbine“, welches dort 1829 sank.
Göga hatte Lust, sich die Welt einmal von oben anzusehen und stieg den Leuchtturm hinauf.
Ich blieb unten und ließ mir an dieser Stelle den Wind um die Nase wehen.
Später geht es hier noch weiter..........