Kapitel 5
Die rote Namib
Donnerstag, 18. Januar 2018
Mirabib - NamibRand Family Hideout
Ach, eigentlich geht es uns einfach nur gut hier. Was ist das für ein Leben, wenn man in solch einer Umgebung aufstehen und mit einem Becher heissen Kaffee in der Hand den Blick über so eine Landschaft schweifen lassen darf. Jetzt sind wir ein paar Tage hier und völlig an- und runtergekommen. Der Alltag zuhause ist weit weg, die Smartphones aus- und der Entspannungsmodus definitiv eingeschaltet.
Und wir haben auch schon das afrikanische Tempo in all unseren Bewegungen und Abläufen angenommen. Es wird ja auch schnell heiss, da mag man einfach gar nicht schnell machen. Trotzdem sind wir nach dem Frühstück rasch wieder parat für die Weiterfahrt.
Ein letzter Blick zurück zum Mirabib-Felsen. Hierher würden wir jederzeit wieder kommen - ein wahrhaftig spezieller und wunderschöner Ort.
Wir fahren gen Nordosten und bis wir zurück auf die C14 kommen, rüttelt und schüttelt es uns noch ziemlich durch.
Dann geht es auf und ab, links und rechts durch das Gebiet des Kuiseb Canyon, eine schroffe Landschaft wie auf dem Mond, aber unten im Trockenflussbett doch mit einigen Kameldornbäumen und Akazien. Danach öffnet sich die Landschaft wieder, links von uns kommen die ersten Erhebungen des Naukluft-Gebirges ins Blickfeld. Auch nimmt der Verkehr zu, wenn man das so sagen kann, aber man merkt, dass es in Richtung eines der absoluten Touristen-Hotspots, dem Sossusvlei, geht. In Solitaire machen wir Mittagspause und genehmigen uns einen Burger. Aus dem einst so legendären, kleinen Tankstellenshop mit angeschlossener Bäckerei ist eine echte Touristenfalle geworden, es gibt jetzt schon zwei Cafés. Selbst jetzt in der vermeintlichen Nebensaison ist mächtig was los, viele weisse Touri-Autos stehen auf dem Parkplatz.
Autowrack, Kakteen und weite Wüstenlandschaft bei der legendären Solitaire-Tankstelle. Ein ziemlich ausgelutschtes Fotomotiv, aber es hat eben doch was. Als ich das Foto fertig habe, kommt Beenie angefahren und gabelt mich für die Weiterreise auf. Neben uns hält ein anderes Touristen-Auto mit zwei Damen und lachend machen sie mit ihrem Smartphone ein Foto von uns bzw unserem Auto - wohl wegen des Aufklebers auf der Seite von unserem Wagen. Ob sie uns erkannt haben und auch hier im Forum unterwegs sind?
Weiter geht es bis Sesriem, wo wir nochmals eine Pause einlegen. Nachtanken und Reparaturen an unserer Ausrüstung wären angesagt: unser Campingtisch hat ein gebrochenes Scharnier und die rückseitige Klappe am Canopy rüttelt sich auf den Pisten immer wieder auf. Am Tisch lässt sich nichts machen, wir müssen für die nächsten fünf Wochen wohl mit einem kapputten ebensolchen auskommen. Die Klappe kann der Tankwart vermeintlich reparieren, aber schon nach wenigen Kilometern ist auch diese wieder auf. Nun gut, wo Problem?
Dann nehmen wir den letzten Abschnitt unter die Räder. Je südlicher wir kommen, desto spürbar heisser wird es. Steigen wir für Fotos mal kurz aus dem klimatisierten Auto, schlägt einem eine Ofenhitze entgegen und es weht ein heftiger, föhnheisser Wüstenwid.
Unterwegs in der Namib zwischen Sesriem und dem NamibRand Nature Reserve.
Die Farbe des Bodens ändert sich auch merklich, der Sand hier am Rande der Namib wird rot und röter, einzelne Sanddünen schmiegen sich an schwarze Steinhügel. Eine Landschaft wie aus dem Bilderbuch, wir können kaum aufhören mit Staunen. Wir gelangen nun in das Gebiet des NamibRand Naturreservats, rund 200’000ha gross und aus einem Zusammenschluss von 16 ehemaligen Farmen entstanden, die sich einem nachhaltigen, sanften Öko-Tourismus verschrieben haben. Unser Ziel ist das NamibRand Family Hideout. Von der Strasse ab geht es noch 16km auf einer schmalen Sandpiste bis zum Farmhaus, wo wir schon erwartet werden. Es wird uns ein Walkietalkie mitgegeben und schon können wir bis zu unserer gebuchten Campsite “Orion” weiterfahren. Als wir dort ankommen, können wir uns kaum halten vor Begeisterung. Mann, ist das schön hier! In einem Dünental, bewachsen mit einigen weit auseinander stehenden Bäumen, wurde eine wunderschön eingerichtete Campsite gebaut mit Schattendach und einem Häuschen aus Holz und Zeltplachen, wo sich Dusche, WC und aussen ein Spültrog befinden. Solarbetriebenes Licht gibt es und einen Sonnenkollektor für das Warmwasser. Direkt vor der Campsite ein kleines Wasserloch, wo wir abends auch prompt Besuch von einer Oryx bekommen.
Die Campsite «Orion» vom NamibRand Family Hideout. Nicht ganz billig, dafür unvergleichlich schön und abgelegen in der puren Natur draussen.
Ein zauberhafter Sonnenuntergang spielt sich ab, während wir das Abendessen vorbereiten (der Vollständigkeit halber: Ribeye Steaks in einer Ingwer-Knoblauch Marinade in der Alufolie gegrillt, in ebensolcher gebratene Kartoffeln mit Zwiebeln, Knoblauch und Rosmarin sowie je einem Maiskolben mit Peri-Peri Extrahot einbalsamiert). Geschafft vom langen Fahrtag begeben wir uns zum Lesen in unsere Zelte. Aber wie immer an den letzten Abenden komme ich nicht weit mit meinem Buch, schon nach knapp einer Seite werden die Lider schwer und ich schlafe schnell ganz friedlich ein.
Tageskilometer: 356km
Gesamtreisezeit: 8h 10min
Tageshöchsttemperatur: 41° C