Sonntag, 11. Februar; wieder mal an die Blutkuppe
Irgendwie fühlt es sich verlassen an hier, ohne das knallrote Feuerwehrauto, und nach einem letzten Frühstück packe ich zusammen, fahre kurz ins immer noch schlafende Swakop, ziehe Geld und tanke den Condor voll, dann verlasse ich endgültig die Küste und nehme Kurs Richtung Wüste via C 28.
Bald biege ich ab auf den Welwitschia Drive. Hier halte ich ein paarmal an und laufe ein paar Meter in die Pampas.
Wie zerfledderte Autoreifen liegen die Welwitschias in der Gegend rum.
Bei dieser weiblichen Welwitschie sieht man schön, warum sie zu den Koniferen, also den Zapfenträgern, zählen.
Unter einem Busch entdecke ich nochmals eine Elefantenspitzmaus.
Obwohl es hier schon Jahre nicht geregnet hat, blühen einzelne Sträucher. Ihnen reicht wohl der morgendliche Nebel.
Männliche, gerade blühende Welwitschia.
Mittlerweile ist es Mittag durch, die Sonne brät erbarmungslos, und ich fahre weiter über die C 28 Richtung Blutkuppe.
Direkt am Abdreh hocken zwölf Ohrengeier beim Kadaver eines frischtoten und noch nahezu unversehrten Oryx. Lediglich die Augenhöhlen sind leer, und der Lecker fehlt auch. Der links befindliche Geier hockt direkt auf dem Oryx.
Das Licht ist grell, die Aufnahmen verschwimmen in der hitzeflirrenden Luft.
So fahre ich bald weiter, möchte aber morgen nochmals zurückkehren, um die Geier in der klaren Morgenluft zu beobachten.
Ich fahre weiter zur Blutkuppe, umrunde den Berg und stelle mich wiedermal auf den nördlichsten Stellplatz, die Nr.7.
Der Condor wird unter dem Baum geparkt, und ich lege mich erstmal hin. Die Hitze macht mich schläfrig, und ich erwache erst wieder gegen siebzehn Uhr.
Das Abendlicht wird immer schöner, und ich beschliesse, endlich mal den Rock Sculpture Trail zu begehen, der fehlt mir noch.
Auf dem Weg zum Trailhead entdecke ich eine siebenköpfige Familie Erdmännchen. Sie sind permanent in Bewegung, und viel Zeit kann ich ihnen nicht opfern, denn ich muss mich nun sputen, wenn ich den Trail noch gehen will.
Den leider schon etwas ausgebleichten Plan habe ich erst zwei Tage später fotografiert. Der Trail beschreibt einen Rundkurs und führt auf den Sentry Hill als höchsten Punkt. Leider steht nirgends, wie lange man für die Runde braucht.
Ich gehe los, bewaffnet mit Fernglas, Kamera und einer Flasche Wasser, blöderweise ohne Taschenlampe.
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Man folgt den weissen Markierungen, das Licht wird immer schöner, die Schatten werden länger, alles untrügliche Zeichen, dass der Sonnenuntergang nicht mehr allzuweit weg ist.
Perfekt getarnter Day Gecko auf einem Granitboulder neben einer Hoodia.
Die Felsen sind westwärts oftmals durch Tuffoni-Verwitterung regelrecht zerfressen.
Von Osten her treiben ein paar Dekowolken über den Himmel.
Die Day Geckos sind überaus zahlreich hier, und viele liegen nun auf den warmen Felsen und tanken die letzten Sonnenstrahlen, bevor die kühle Nacht hereinbricht.
Die Felsformationen erinnern mich sehr oft an Wüstenquell. Kein Wunder, die Farm grenzt ja nördlich direkt an.
Es tut gut, nach all der Fahrerei mal wieder per pedes unterwegs zu sein, und diese Landschaft bietet sich dafür perfekt an.
Granit und Baum, Ton in Ton.
Manche der Felsen sehen aus wie Dinosaurier.
Ich schiesse mich in einen wahren Rausch, der rote Granit, das Licht... Es fällt mir schwer, aber wenn ich noch auf den höchsten Punkt will, muss ich mich sputen.
Den Berg muss ich dann hochrennen, und genau pünktlich zu den letzten Sonnenstrahlen komme ich oben an. Es ist zwanzig vor acht Uhr, ich beobachte, wie die Sonne verschwindet, und überlege mir dann, dass es wohl ganz geschickt gewesen wäre, hätte ich eine Lampe eingesteckt, denn nun, das ist mir schnell klar, wird das Ganze hier zu einem Orientierungslauf gegen die Zeit.
Ein letztes Foto Richtung Norden, also Richtung Wüstenquell, dann sprinte ich den Berg wieder hinab.
Noch kann man die weissen Markierungen erkennen, aber es wird nun schnell dunkel, und bald gebe ich es auf, lange nach dem nächsten weissen Klecks Ausschau zu halten. Die Richtung ist klar, denn am Horizont kann ich, wenn ich einen Felsen als Ausguck benutze, die Blutkuppe sehen.
Nun geht es querfeldein, auf dem mutmasslich kürzesten Weg ohne Weg. Irgendwann sollte ich so auf die Pad stossen, die nach Tinkas führt.
Soweit funktioniert der Orientierungslauf auch ganz gut, tatsächlich komme ich an der Pad raus in mittlerweile stockdunkler Nacht.
Nun habe ich das Problem, dass ich nicht weiss, ob der Condor rechts oder links von mir geparkt ist. Zur Not folge ich halt der Pad in Richtung Blutkuppe und hole das Auto morgen, das würde aber eine noch längere Nachtwanderung bedeuten.
Ich scanne mit dem Fernglas die Gegend ab, und in westlicher Richtung, gar nicht mal weit weg, erkenne ich eine schwache Reflektion des Abendhimmels. Das ist die Rückscheibe vom Condor, yeaah.
Zurück im Camp starte ich ein Feuer, brutzle mir das Straussensteak vom Western Saloon, genehmige mir zwei GTs, dann geniesse ich eine ganze Weile den Sternenhimmel, während im Osten über den Bergen kräftige Blitze die Wolkentürme von innen erhellen.
Einer vorüber huschenden Sternschnuppe schicke ich nochmals meinen immer noch offenen Sichtungswunsch hinterher, wohlwissend, dass mir nun die Zeit davon läuft und ich hier in dieser wüsten Gegend wohl kein Glück mehr haben werde.
Viele Grüße,
Matthias