18. Kapitel: Das Wasser – zu Lande und aus der Luft
03.08.2019
Um 7.30 Uhr werden wir von Douglas mit einem Kleinbus abgeholt. Er wird von einem Freund begleitet, mit dem er sich die Zeit in Victoria Falls vertreiben will. Wir sind die einzigen Gäste auf der heutigen Tour. Schön.
Nach kurzer Fahrt erreichen wir den Grenzübergang nach Simbabwe. Die Ausreise aus Botswana verläuft zügig und problemlos.
Die Einreise nach Simbabwe stellt sich am heutigen Morgen leider als genaues Gegenteil dar. Als wir ankommen, ist schon eine stolze Schlange vor den Schaltern der Immigration zu sehen. Es sind zwar drei Schalter geöffnet, trotzdem geht es nur extrem langsam voran. Jetzt ist Geduld gefragt, denn wir werden uns auf diesem staubigen Fleckchen Erde rund drei Stunden ohne jeglichen Schatten die Beine in den Bauch stehen. Die Kinder schlagen sich dabei ganz wunderbar, was mich bis heute sehr erstaunt. Gut, dass wir eine Tasche mit Lebensmitteln dabeihaben, so können sie immer wieder etwas essen und trinken. Ansonsten nutzen sie die Zeit, um im Staub Bilder zu malen. Überall ist ein Spielplatz.
Wir unterhalten uns mit einigen US-Amerikanern und vertreiben uns so die Zeit. Immer mal wieder drängeln sich rücksichtslose Zeitgenossen in die Schlange, da sie Teil einer Tour sind, deren übrige Teilnehmer schon lange anstehen. Ein Ärgernis, da die Abfertigung jedes Passinhabers gute zehn Minuten zu dauern scheint. Auch kommt es vor, dass Männer gezielt von einem Grenzhelfer an der Schlange vorbei nach vorn zu den Schaltern bugsiert werden – hier ist wohl Geld geflossen…
Meine Frau muss mich regelmäßig beruhigen, denn ich habe nicht wenig Lust einfach umzukehren und die Fälle Fälle sein zu lassen.
Nach einer Ewigkeit erreichen wir endlich die Schalter. An jedem steht ein Computer, der jedoch keine Verwendung findet. Stattdessen werden von den Grenzbeamten mit einer Engelsgeduld Listen mit zig Durchschlägen ausgefüllt und weitergereicht.
Als wir unsere US-Dollar für das Visum dem Schalterbeamten überreichen, bekommen wir nach Prüfung derselben bald die Rückmeldung, dass die Scheine nicht neu genug, zu verknickt und nicht sauber seien: „They are not beautyful enough.“ Solche Geldnoten akzeptiere die Bank Simbabwes nicht. Basta.
Jetzt sind wir etwas verzweifelt, denn wir haben keine anderen Dollarscheine bei uns. Unser Glück, dass wir uns mit den US-Amerikanern in der Schlange ein wenig angefreundet haben, denn diese können uns aus unserer Misere befreien und mit druckfrischen Scheinen aushelfen. Nicht auszudenken, was passiert wäre, wenn keiner hätte helfen können. Dann wären drei Stunden Schlange stehen wohl für die Katz gewesen…
Als wir die neuen Scheine in den Händen halten, wird uns unser Schalter plötzlich vor der Nase zugemacht. Wir stehen in einer Menschentraube und können die verbleibenden Schalter nicht wirklich erreichen. Jetzt unterstützt uns ein Grenzhelfer: Über viele Hände werden unsere Pässe und das Geld weitergereicht, bis sie einen geöffneten Schalter erreichen. Eine absurde Situation, die zum Glück gut geht und zu dem lange ersehnten Visum führt.
Als die Grenzangelegenheiten endlich abgeschlossen sind, steigen wir erschöpft, erleichtert und gleichzeitig genervt in Douglas‘ Bus ein. Das klimatisierte Fahrzeug fühlt sich plötzlich an wie das Paradies auf Erden…
Allein durch die Verzögerung an der Grenze ist unsere Halbtagestour zu einer Ganztagestour angewachsen, denn es ist bereits nach elf, als wir die fünfundvierzigminütige Fahrt nach Victoria Falls antreten und unterwegs im Vorbeibrausen einige Elefanten sehen.
Bevor wir zu den Fällen fahren, um sie aus der Nähe zu betrachten, steuern wir die Zentrale der Zambezi Helicopters außerhalb von Victoria Falls an, denn zu Weihnachten habe ich meiner Frau einen Gutschein über einen Hubschrauberflug über die Fälle geschenkt, den sie nun einlösen möchte.
Das Unternehmen ist hochprofessionell organisiert, es herrscht ein stetiges Kommen und Gehen von insgesamt drei Hubschraubern. Schnell ist der durchaus üppige Betrag von 165 US-Dollar für die knappe Viertelstunde in der Luft bezahlt und nach einer nur kleinen Wartezeit und Einweisung auf der Veranda des Flugplatzgebäudes kann es auch schon losgehen.
Die Kinder geben der Mutter Mutküsschen, denn diese hat durchaus Muffensausen…
Während ich dann mit den Mädchen am Boden zurückbleibe und der Entfliegenden frenetisch hinterhergewunken wird, besteigt diese mit sehr gemischten Gefühlen den Sitz neben dem Helikopterpiloten, da der Rest des Hubschraubers von einer vierköpfigen Familie besetzt ist.
Der Pilot auf dem Sitz neben ihr strahlt eine so große Souveränität und Herzlichkeit aus, dass meine Frau sich gleich sicherer fühlt. Die anfängliche Angst weicht einem positiveren Gefühl der Aufregung.
Die Unmittelbarkeit des Startvorgangs ist bemerkenswert. Gerade noch auf dem Boden, bewegt sich der Hubschrauber jetzt schnell nach oben und die Erdoberfläche mitsamt der winkenden Familie, die man durch den Glasboden des Helikopters sieht, rückt rasch in immer größere Ferne.
Der Flug beschreibt eine Acht über die Fälle hinweg und ist trotz der recht geringen Wassermenge, die der Sambezi gegenwärtig führt, sehr beeindruckend.
Immer wieder ergeben sich großartige Ausblicke. Verblüffend, wie eng die Schlucht ist, in die das Wasser herabstürzt. Für das Fotografieren ist der Platz neben dem Piloten jedoch weniger gut geeignet, da man durch eine recht kleine Scheibe blickt, die zusätzlich durch eine Strebe getrennt ist. Der hintere Bereich des Hubschraubers verfügt über größere Fenster. Durch Glas muss man jedoch auch dort fotografieren.
Gegen Ende der Tour führt der Flug noch kurz über den Sambezi Nationalpark und meine Frau freut sich darüber, weit unter ihr einige Elefanten erblicken zu können. Aus dieser Entfernung definitiv ihre Lieblingstiere.
Schnell sind die fünfzehn Minuten vorüber und der Hubschrauber nähert sich wieder seinem Landeplatz.
Von weit her sieht sie die Kinder hüpfen und winken. Sie freuen sich auf ihre Mama und die Mutter freut sich auf den Nachwuchs.
Der Helikopter setzt auf, eine glückliche und sichtlich gelöste Frau steigt aus. Die Familie ist wieder vereint und umarmt sich. Ein schöner Moment.
Bald hebt der Helikopter mit neuen Passagieren erneut ab. Die Kasse klingelt.
Die drei Bodenbleiber lassen sich gespannt alles berichten – auf den Videomitschnitt des Fluges, der 50 US-Dollar kosten soll, verzichten wir jedoch dankend.
Jetzt geht es zurück in den Kleinbus und wir fahren in den Ortskern der kleinen Touristenstadt. Nach einer Mittagspause wollen wir am Nachmittag die Fälle vom Boden aus betrachten.