21.Januar:
Über Nacht hat sich der Sturm gelegt,draussen scheint die Sonne.Sollten wir tatsächlich so unverschämtes Glück haben für unseren Besuch in Kolmanskop,einen der eher seltenen windstillen Tage zu erwischen--denn bei so einem Sandsturm wie gestern macht die Besichtigung der Geisterstadt sicher nicht soo viel Spass,von der realen Gefahr des Totalverlustes der Kamera mal ganz abgesehen.
Kurz vor 9.00 Uhr fahren wir an die Kasse,zahlen die aufgerufenen 65.-Nam$ p.P. und warten auf die geführte Tour,die um 9.30 Uhr startet.
die gesamte Anlage von der B 4 aus.
der Name ist Programm
Unser guide ist ein junger Südafrikaner,der Deutsch lernt und deshalb die Tour auf deutsch führen möchte.Im riesigen,"Casino" genannten Hauptgebäude geht die Besichtigung los,zuerst in der Turnhalle,die auch heute noch für festliche Anlässe wie Konzerte genutzt wird.Zur Demonstration der ausserordentlichen Akustik des Saales setzt er sich an eines der zwei Pianos und singt voller Inbrunst eine afrikanische Hymne,dass mir der Gänseponcho auf der Haut steht-magic.Alleine diese Einlage war den Besuch hier wert!
die Turnhalle/Festsaal
nach altem Vorbild wieder angefertigtes Vries
Nach dem üblichen Rundgang darf man dann selbst los stiefeln,und kann sich die gesamte Stadt-oder was noch davon übrig ist-in aller Ruhe ansehen.Das haben wir auch getan,und da es den allermeisten anderen Besuchern nach rund einer Stunde reicht,waren wir dann praktisch alleine unterwegs.
So kann man sich die verschiedenen Häuser von aussen ansehen,man kann aber auch alle-bis auf das einsturzgefährdete Haus des Schulmeisters-betreten.
Die meisten Fenster sind scheibenlos,so kann man wenigstens rausschauen,denn die verbliebenen Gläser sind durch den ewigen Wind sandgestrahlt.
schöne Häuser in gehobener Architektur hat man sich in der Wüste gegönnt
so hat der Verwalter auf sein "Reich" geblickt
so manches Detail lässt sich in den Häusern entdecken...
Treppenhaus
Blick hinaus
das Casino
Schienen,die ins Leere laufen
Lehrers Haus
Bogendurchblick
die Wurstküche der Metzgerei
das für damalige Verhältnisse riesige Krankenhaus.Hier stand der erste Röntgen-Apparat des afrikanischen Kontinents.
auch wenn man sich hier in einer "Geisterstadt" befindet,so ist die Anlage doch nicht ohne Leben,wie zahllose Spuren im Sand verraten.
diese Gläser sind des ewigen Windschliffs müde und deshalb trübe...
Fazit:Lange habe ich mir überlegt,was ich denn vom Besuch eines so altem "G´lächters" erwarten soll,wo ja sowieso alles was noch irgendwie verwertbar war,sowieso schon vor vielen Jahren ausgebaut worden ist.Aber es hat mich absolut fasziniert,in diese Häuser zu gehen und mir dabei vorzustellen,wie das Leben wohl hier so abgelaufen sein mag.
Wenn man sich überlegt,dass diese Stadt ab 1908 mit dem Fund des ersten Diamanten praktisch zum grössten Teil innerhalb dreier Jahre aus dem Sandboden gestampft worden ist,wobei sämtliches Material mit dem Schiff aus dem kaiserlichen Deutschland hergeschippert wurde,und es hier praktisch alles gab,was man halt so erwarten konnte in einer hochzivilisierten,modernen Stadt,nötigt mir das den grössten Respekt vor der Leistung dieser damaligen Bewohner ab.
Den Anlass aber für diesen Hype-nämlich der Fund von gepresstem Kohlenstoff-werde ich nie verstehen können.Genauso habe ich mich schon vor dreissig Jahren,als ich auf den Spuren der Goldsucher zum Klondike River über den Chilkoot Pass marschiert bin,gefragt,was diese Menschen angetrieben hat,sich in derart unwirtliche Gegenden aufzumachen.Aber freilich,es waren gänzlich andere Zeiten mit gänzlich anderen wirtschaftlichen Verhältnissen in Europa.
Also,mich hat der Besuch hier absolut gefesselt.Das zeigt schon die Tatsache,dass wir so ziemlich die Letzten waren,die das Gelände wieder verlassen haben.
Schönen Sonntag,
Matthias