Immer noch der 17.11.23
Hier parkste richtig
Wir tanken unser Auto noch voll und verlassen Nossob Richtung Urikaruus kurz vor halb eins.
Mit weiteren Sichtungen rechnen wir auf der Weiterfahrt nicht, denn es ist heiß und dass zu dieser ungemütlichen Zeit noch Tiere unterwegs sind, können wir uns nicht vorstellen.
Wieder zeigt das Autothermometer über 40 Grad Außentemperatur.
Vor uns liegt das völlig ausgetrocknete Nossob-Tal. Kaum ein grüner Grashalm ist zu sehen.
Wir kommen an eine Stelle, wo einige Büsche weiße Blüten tragen. Diese werden genüsslich von Springböcken abgegrast.
In diesem Landstrich ist es anscheinend zu lokalen Niederschlägen gekommen. Wir haben vom Regen bisher nichts gesehen und das Grün auf den folgenden Fotos täuscht über die wahre vorherrschende Dürre hinweg.
In Cheleka treffen wir wider Erwarten in der Mittagshitze auf eine Tüpfelhyäne. Sie läuft vom Wasserloch herkommend direkt auf uns zu.
Hinter Dikbaardskolk biegen wir auf die obere Dünenstraße ab und fahren ins Auobtal
An der Abzweigung Richtung Urikaruus werden wir erneut überrascht. Es ist mittlerweile schon spätnachmittags und bei Kamqua angekommen, entdecken wir zu unserer Freude einen Geparden im Tal.
Er läuft direkt auf die Hauptverbindungsstraße zu.
Wir biegen also vorerst nicht nach Urikaruus ab, sondern folgen dem Geparden in Richtung Rooibrak.
Heute ist einfach der perfekte Tag. Wie schon am Vormittag die Löwen und in der Mittagszeit die Hyäne, so läuft auch der Gepard direkt auf uns zu.
Wir bleiben stehen und können von vorne und im Vorbeigehen schöne Bilder von ihm machen.
Dann quert er direkt vor unserem Auto die Straße und bleibt am Rand unter einem Baum liegen.
Zum Abschied macht er noch eine Rolle für uns.
Ohne weitere Stopps erreichen wir um 17:00 Uhr Urikaruus.
Genau zur richtigen Zeit, denn wir wollen heute Abend endlich wieder einmal grillen, in aller Ruhe auf unserem Balkon Vorbereitungen für ein Festmahl treffen und mit einem Kaltgetränk auf den wundervollen Tag anstoßen. Die Schließungszeit ist zwar erst um 19:30 Uhr, aber zu einem späten Abend Drive wollen wir heute nach so viel Sichtungsglück und der langen Strecke nicht mehr aufbrechen.
Wir sind aber gespannt, was sich in Uri heute Abend am Wasserloch noch abspielt.
Wie immer werden wir von Eric freundlich begrüßt und nach einem kurzen Gespräch fahren wir weiter von seinem Office zum Honeymoon Chalet.
Hartwig fährt hier immer rückwärts in den Carport. Es ist das einzige Chalet in Uri, wo man selbst bei einer Löwenbelagerung noch an und ins Auto kann.
Von hier haben wir schon bei früheren Besuchen Fotos von Löwen gemacht und waren sozusagen mit den Tieren auf Augenhöhe. Durch die Konstruktion aus Stahlmatten und Holzträgern bildet der Carport eine Art Käfig, nur sind wir diejenigen die darin hocken.
Jetzt freuen wir uns erst einmal richtig auf sechs Tage Urikaruus am Stück.
Hartwig parkt den Ranger so, dass wir später gut ans Canopy zum Ausladen herankommen.
Ingrid, die wie immer hier im Park auf der Rückbank des Autos ihr Domizil hat, öffnet als erste ihre Tür, um auf der Seite hinter dem Fahrersitz auszusteigen.
Mindestens doppelt so schnell wie sie ihren Fuß auf den Boden setzt, ist sie auch wieder mit beiden Beinen zurück im Auto und knallt heftig die Türe zu.
Etwas irritiert dreht Hartwig sich um und schaut in ihr entsetztes und mittlerweile blass gewordenes Gesicht.
Am Pfosten entlang der Holzverkleidung liegt gut getarnt in einer kleinen Mulde eine fette Schlange.
Ingrids Fuß war kurz vorher vielleicht 20 cm von dieser Stelle entfernt auf dem Boden.
Gut, dass sie immer die Augen offen hält und meist beim Aussteigen auf den Boden schaut.
Zu Ingrids Glück gehörte sicher, dass diese Schlangenart eher träge ist und sich nicht so schnell von der Stelle bewegt.
Die Augen dieser Puffotter schauen jedoch genau in unsere Richtung.
Sicher und geschützt im Auto, betrachten wir die Puffotter, die sich kaum von der Umgebung abhebt.
Nachdem wir einige Minuten zur Beruhigung brauchen, machen wir ein erstes Foto von ihr.
Wir bleiben natürlich im Auto und fahren wieder zum Office zurück.
Eric hat es sich gerade gemütlich gemacht und wundert sich, warum wir so schnell wieder bei ihm erscheinen.
Wir schildern ihm von der gefährlichen Schlange und fahren wieder zum Chalet, um im Auto auf ihn zu warten.
Er hat sich nun ganz offiziell seine Rangerklamotten angezogen und erscheint mit einer Schlangenzange beim Carport.
Wir steigen aus und warten in ein paar Meter Entfernung zur Puffotter. Mit dem Tele machen wir Fotos von der „Schlangenfang-Aktion“.
Nach ein paar Versuchen gelingt es Eric, die Schlange zu packen und mit der Zange festzuhalten.
Die Puffotter wehrt sich mit allen Kräften und wirbelt ihren Körper hin und her und um den Stiel der Zange.
Gut, dass er diese hat und nicht nur einen Schlangen-Hakenstock, wie er in Grootkolk und im KTC zu der Ausstattung der Chalets gehört. Das wäre bei diesem Brocken von Schlange wohl sehr gefährlich geworden, bzw. hätte wahrscheinlich überhaupt nicht funktioniert.
Erich transportiert das Tier jetzt den kleinen Hang hinauf und lässt sie dort wieder frei.
Wir hoffen, sie besucht uns nie wieder.
Nach dieser Aktion räumen wir unsere Lebensmittel in den Kühlschrank, atmen tief durch und setzen uns erst einmal auf den Balkon.
Uns ist die Lust auf das Grillen vergangen.
So eine gefährliche Situation hatten wir noch nie zuvor mit einem Wildtier.
All das ist aber jetzt vorbei.
Während der ganzen Begebenheit sind wir beide ruhig geblieben und haben uns mit dem Fotografieren beschäftigt.
Jetzt, wo die Gefahr vorbei ist, zittern Ingrid die Knie. Erst jetzt machen wir uns Gedanken, wie gefährlich, ja lebensgefährlich die Situation war.
Hätte Ingrid ihren Fuß ohne zu schauen, ein paar Zentimeter weiter auf den Boden gesetzt, wäre sie auf die Schlange getreten. Einen Biss hätte sie in Urikaruus sicher nicht überlebt. Weit und breit gibt es keine medizinische Versorgung und die Chancen, einen Biss von einer Puffotter hier zu überleben, sind eher gering.
Wäre Hartwig nur 20 cm weiter zurückgefahren, hätte er beim Aussteigen die Schlange genau vor seiner Tür gehabt. Er hätte sicher beim Ausräumen der Fotoausrüstung einige Schritte nach hinten gemacht. Eines ist sicher, er hätte die Schlange auf keinen Fall gesehen, weil er beim Aussteigen nie auf den Boden schaut.
Also wäre hier für einen von uns die Reise zu Ende gewesen.
Zu allem Überfluss beschäftigen wir uns auch noch im Internet mit der Schlange und erfahren, dass Puffottern oft gut getarnt irgendwo liegen, so dass man einfach auf sie tritt. Sie zeigen kein Fluchtverhalten, sondern beißen dann natürlich sofort zu. Dabei kommt es zu den meisten tödlichen Unfällen mit dieser Schlangenart.
Zu Anfang unseres Berichtes haben wir davon erzählt, dass wir am Flughafen ein Schlangenbuch gekauft haben; ob das schon ein Omen war, können wir nicht sagen, aber dieser Gedanke kommt uns schon.
Ingrid liebäugelte auch noch mit einem Skorpion-Bestimmungsbuch. Auf unserer nächsten Reise werden wir das auf jeden Fall frühestens beim Rückflug kaufen. Unser zweites auf der Hinreise erstandenes Mitbringsel, der Schlüsselanhänger-Spinner, wird auch noch seine Bestimmung finden, allerdings eher im positiven Sinn.
Letztendlich hatten wir einen Schutzengel, der uns das Auto richtig parken ließ.
Gefahrene Kilometer: 249