THEMA: Alptraum Südafrika oder alles auf Reset
17 Feb 2011 20:53 #175887
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  • Kori am 17 Feb 2011 20:53
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Hallo liebe Forumianer, hier ist der 9. Teil meiner Reiseerzählung, der ich den Titel

„Und wieder alles auf reset“

geben möchte. Viel Spaß beim Lesen.

Am späten Nachmittag brechen wir zu einem nahen Wasserloch nur wenige Kilometer nördlich Polentswa auf. Wir wollen uns „auf die Lauer legen“. Vielleicht haben wir wieder soviel Glück wie im Vorjahr, als wir dort auf ein Löwenrudel getroffen sind. Unterwegs beobachten wir eine Herde roter Kuhantilopen. Es ist schön, den friedlichen Tieren zuzusehen. Sie sind kein bisschen scheu.

Am Wasserloch ist „tote Hose“. Nur ein paar Vögel spielen im und am Wasser. In der Ferne sehen wir Gnus. Sie scheinen das Wasserloch anzusteuern, bleiben aber in der Ferne stehen. Sie beobachten uns. Stehen wir zu dicht am Wasser? Stören wir die Tiere vielleicht? Als wir noch überlegen, unseren Abstand zu vergrößern, setzen sie ihren Marsch fort. Direkt auf uns zu. Sie genießen die Erfrischung. Dabei ist es längst nicht mehr so warm, wie noch vor ein paar Stunden. Der Himmel ist inzwischen bewölkt und es regnet hin und wieder ein paar Tropfen. Ein schönes Wetter haben wir uns da ausgesucht. Na ja, immer noch besser als die Saukälte in Deutschland.
Plötzlich, wie aus dem Nichts, geben die Gnus Fersengeld, brechen auseinander und rennen was das Zeug hält. Sollte da ein Räuber in der Nähe sein, den die sensiblen Tiere gewittert haben? Wir stehen noch eine ganze Weile an dem Wasserloch, aber es tut sich gar nichts. Wir beschließen, noch ein Stück in Richtung Unions End zu fahren. Unser Landrover springt eigentlich ganz gut an. Der Gestank aus dem Batteriekasten hält sich auch in Grenzen. Wir können noch ein paar Kilometer riskieren. Wir sind mutig.

Nach ein paar Kilometern sehen wir etwas vor uns auf der Straße laufen, können es aus der Ferne aber nicht zuordnen. Als wir näher kommen, erkennen wir eine Braune Hyäne. Sie tänzelt um die vielen Pfützen auf dem Weg, legt sich auch schon mal in die tieferen und genießt ein Bad. Als sie uns sieht, verlässt sie den Weg, läuft aber parallel dazu weiter. Vorsichtig nähern wir uns und bringen die Kameras in Position. Die Hyäne sieht uns an, wir beobachten sie.

Irgendwann verschwindet sie. Wir wollen weiter, noch ein Stück in Richtung Norden und dann zurück zum Campsite. Heute Abend ist Brotbacken angesagt - wenn es nicht regnet und wir ein Lagerfeuer anbekommen. Unser Landrover scheint andere Pläne für den Abend zu haben. Nur zu bekannt ist das Geräusch das er macht. Leider springt er aber nicht an. Alptraum Südafrika - aller auf Reset. Vermisst haben wir das nicht. Also das bekannte Spiel: Batterie abklemmen, zehn Minuten der Alarmanlage „lauschen“, neuer Versuch. Wieder nichts. Wir ziehen die Relais im Kasten unter dem Fahrersitz, stecken sie wieder rein, neuer Versuch. Wieder nichts. Wir beratschlagen, was wir tun können. Glücklicherweise haben wir alles dabei. Notfalls übernachten wir mitten auf dem Weg. Irgendwann wird schon jemand vorbei kommen.

Irgendwann ist eine gute halbe Stunde später. Wir sehen einen Wagen mit einer Familie aus Deutschland. Später stellt sich heraus, dass es Tina81 hier aus dem Forum mit ihrer Familie ist. Wir begrüßen uns gegenseitig und erklären unser Problem, quatschen miteinander, beugen uns gemeinsam über den Motor und sind gemeinsam ratlos. Die Karre springt nicht an. Tina, ihr Mann und die beiden Kinder wollen eigentlich weiter nach Nossob, würden aber viel lieber auf Polentswa übernachten. Sie haben sich ganz kurzfristig zu der Reise entschlossen, erst eine Woche vor dem Abflug zu kurzfristig, um beim DWNP zu reservieren. Über die Sanparksseite geht das schneller.

Wahnsinn: Wir planen fast ein Jahr an unserer Tour und alles geht schief, andere reisen spontan und haben kein Problem. Tina und Familie bieten an, uns abzuschleppen, wir bieten an, unseren Platz an der Polentswapan zu teilen. Eine knappe Stunde später sind wir dort, bauen die Dachzelte auf und sitzen abwechselnd unter dem Dach weil es immer wieder regnet oder am Feuer. Wir tauschen unsere Erlebnisse aus. Obwohl Tina eine Flyin-Safari in das Okavango Delta unternommen hat, sei die Geschichte unserer Reise viel spannender, sagt sie.

Nach einer verregneten Nacht wachen wir am Silvestermorgen auf und unternehmen als erstes einen neuen Versuch mit unserem Landrover. Unglaublich: Er springt sofort an. Trotzdem beschließen wir, den ganzen Tag auf dem Campsite zu bleiben und abends gemeinsam Silvester zu feiern. Tina und ihre Familie hatten nur eine Übernachtung in Nossob buchen können. Sie wollten nach einer zweiten fragen und notfalls weiterfahren. Wir freuen uns, sie einladen zu können, eine zweite Nacht mit uns auf Polentswa zu bleiben.

Wie fast immer in Afrika erleben wir Mitternacht nicht. Schon kurz nach zehn haben wir uns alle in die Dachzelte verkrümelt. Das Wetter ist nicht gut, es regnet kräftig und in einiger Entfernung ruft ein Löwe sein Rudel zur Jagd zusammen . . . (Fortsetzung folgt)
Anhang:
Letzte Änderung: 17 Feb 2011 22:47 von Kori.
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19 Feb 2011 17:29 #176209
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  • Kori am 17 Feb 2011 20:53
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Liebes Forum, hier ist Teil 10 meiner Reiseerzählung. Fotos haben wir an diesem Tag nicht gemacht, wir hatten anderes zu tun.

Viel Vergnügen beim Lesen, Kori

Ich nenne diesen Teil:

„Sprachlos“

Am Neujahrsmorgen heißt es „Abschied nehmen“. Tina möchte weiter in Richtung Windhuk und versuchen, auf dem Weg dorthin noch eine oder zwei Übernachtungen in einem der Camps zwischen Nossob und Mata Mata zu bekommen. Die Vier lassen sich Zeit. Sie haben „die Ruhe weg“, wie man so sagt. Wir sind hektischer. Schließlich müssen wir unsere neue Batterie in Nossob abholen und einbauen und dann weiter nach Mabuasehube. Die Ahnung vom Vorabend bewahrheitet sich: Der Kühlschrank ist ausgefallen. Am Abend war der Wein nur ein wenig zu warm. Jetzt zeigt die Anzeige auf 18 Grad. Dafür springt der Landrover beim ersten Versuch an. Die Straße nach Nossob steht an einigen Stellen unter Wasser. Es hat viel geregnet in der letzten Nacht. Wir nehmen die Umfahrungen.

In Nossob kennt man uns inzwischen. Wir müssen gar nicht mehr sagen, was wir möchten. Der Junge an der Tankstelle bietet an, den Tankwart/Mechaniker zu holen, der mit Rob von Bushlore telefonierte, den Batteriekauf in Upington organisierte und sich uns als Adri vorgestellt hat. Ich gehe Duschen, mein Mann und mein Sohn wollen sich um die Batterie kümmern. Als ich in neuem Glanz zurück komme stehen sie mit finsteren Mienen am Auto. Die neue Batterie ist nicht da!

Weil Bushlore die Batterie nicht wie vereinbart beim Händler in Upington bezahlt hatte und der Mitarbeiter der Parkverwaltung in Vorleistung treten musste, als er sie dort abgeholt hatte, will er sie jetzt nur gegen Barzahlung herausgeben. Wir haben größtes Verständnis dafür und können kaum glauben, dass er überhaupt so hilfsbereit war, eigenes Geld vorzulegen. Er ist allerdings mitsamt der neuen Batterie in Twee Rivieren und wir müssten dorthin fahren, um sie zu übernehmen. Wir können das alles nicht glauben. Wir sind sprachlos. Mein Mann ruft aus dem Büro der Parkverwaltung Rob von Kwenda Safari beziehungsweise Bushlore an. Ich habe meinen Mann selten so sauer erlebt. Eine nachvollziehbare Erklärung hat Rob nicht. Er bedauert. Geholfen ist uns damit aber auch nicht.

OK, wir planen um: Es ist inzwischen nach 9 Uhr. Wenn wir den Sechs-Stunden-Umweg über Twee Rivieren fahren, kommen wir nicht mehr im Hellen nach Mabuasehube. Eine Notübernachtung im ausgebuchten Nossob zu organisieren sollte nicht zu schwer fallen. Wir fahren einen Tag später in die Mabuasehube-Sektion. Wir haben allerdings nicht genügend ZAR-Bargeld dabei, einen Geldautomat gibt es in Nossob nicht und auch von der Parkverwaltung ist gegen Kreditkarte nichts zu bekommen, wohl auch, weil an diesem Tag die Computer streiken. Wir bieten an, in US-Dollar (wir haben stets eine Notkasse in dieser Weltwährung dabei) zu bezahlen. Adri bietet das dem Mitarbeiter und Besitzer „unserer“ Batterie in Twee Rivieren an. Der ist einverstanden.

Wir kaufen noch schnelle Eis ein, das wir in leere Wasserkanister füllen und in den Kühlschrank stellen. Damit dürfte wenigstens ein gemütlicher Sundowner am Abend drin sein - es sollte nichts daraus werden, dazu aber später mehr. Adri füllt noch mal Wasser in die Batterie und gibt uns eine ganze Flasche davon für unterwegs mit. Als wir gerade los wollen, ruft Rob zurück und teilt uns mit, dass er eine andere Lösung gefunden habe: Er habe organisiert, dass uns die neue Batterie in die Mabuasehube-Sektion nachgebracht und dort eingebaut wird.

Unseren Ärger, unsere maßlose Enttäuschung, die immer mehr zu Wut wird, kann das kaum besänftigen. Wir machen uns auf dem Weg nach Mabuasehube. Vor zwei Jahren sind wir die Strecke zuletzt gefahren. Es geht erst über die Dünen. Sie sind gut zu bewältigen. Durch den Regen der Vortage ist der Sand kompakt.
Nach einer Weile dringt gasende Schwefelsäure aus dem Batteriekasten, schließlich beginnt es wieder fürchterlich nach faulen Eiern zu stinken. Immer wieder müssen wir Wasser nachfüllen. Wir wissen: Das einzige, was hilft, ist die voll aufgedrehte Klimaanlage. Wieder legen wir die Schlafsäcke um, weil es tierisch kalt ist. Vor dem Beifahrersitz sammelt sich das Kondenswasser bis es zur Tür hinausläuft.

Den Motor auszuschalten, riskieren wir jetzt nicht mehr. Fotostopps fallen aus. Nur einmal halten wir für das Nötigste kurz an - bei laufendem Motor - und ein zweites Mal, als uns zwei Autos mit Reisenden aus Südafrika entgegen kommen. Wir wünschen uns ein frohes neues Jahr, tauschen Informationen über die Strecke aus. Man kann den Südafrikanern ansehen, dass sie sich über die seltsamen Deutschen wundern, die da in ihre Schlafsäcke eingewickelt im Auto sitzen, obwohl die Temperaturen an die 40 Grad reichen. Sie sagen aber nicht, und wir haben keine Lust über unser Leid zu reden.

Wir fahren weiter und erreichen am späten Nachmittag Mabuasehube. Von Bosobogolo Pan führt unser Weg nach Mpayathutlwa Pan. Vor zwei Jahren waren wir da und haben es genossen. Wir freuen uns tierisch auf den großen Platz Nummer 2 direkt an der Pan, als mein Mann wie ein Wahnsinniger in die Bremsen steigt. „Da, ein Leopard“, ruft er. „Wo?“, frage ich. (Fortsetzung folgt)
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19 Feb 2011 18:04 #176213
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  • Lio am 19 Feb 2011 18:04
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Hallo Kori,

so langsam kann ich Eure Aussage verstehen, dass Ihr auf diese Tour sogar verzichten würdet wenn sie kostenlos wäre. Ich leide richtig mit Euch.

Liebe Grüße
Lio
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19 Feb 2011 19:44 #176227
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  • africantraveler am 19 Feb 2011 19:44
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da hörst du ja im spannensten Moment auf...
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19 Feb 2011 19:50 #176228
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  • Purzel am 19 Feb 2011 19:50
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Hi Kori,
das kann ja alles wohl nicht wahr sein :woohoo:.Ich bewundere euch, daß ihr der Reise trotzdem noch was abgewinnen konntet. Ich warte schon immer ganz gespannt auf Deinen nächsten Bericht.
Wie wäre es, wenn Du Deine ganzen Reiseerfahrungen als Buch bringen würdest :lol: ? Du schreibst wirklich sehr interessant und auch humorvoll.
Ein schönes Wochenende wünsche ich euch.
Gruß,
Purzel
zum Arbeiten zu alt, zum Sterben zu jung.Wir verprassen das Erbe unserer Kinder...;-)

Reisebericht Namibia 2013
"Nur" eine Einsteiger-Tour
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19 Feb 2011 20:26 #176234
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  • DummiYummi am 19 Feb 2011 20:26
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Also bisher konnte ich ja alles nachvollziehen. Aber warum ihr nun die Batterie nicht abgeholt habt (was soll der arme Kerl denn nun mit der Batterie anfangen?) und dazu noch mit einer völlig kaputten Batterie 170 km in die Mabuasehube Area gefahren seit, kann ich nicht mehr nachvollziehen.

Auch wenn der Typ verspricht, dahin zu kommen (warum sollte er, wenn er es bisher nicht mal schaffte, eine Batterie nach Twee Rivieren zu schicken?), was für ein bodenloser Leichtsinn.

Ich stand selbst an Weihnachten 2010 mit einer durchgebrannten 40 amp Sicherung für die Zündung zwischen Dikkbaardskolk und Melkvlei. Zum Glück kamen mir Südafrikaner mit einer 30 amp Sicherung zu Hilfe. In Twee Rivieren hatten wir Glück, am nächsten Tag fuhr jemand nach Twee Rivieren, doch leider brachte der gute Mann nur eine Sicherung mit (Zwei waren bestellt). Dnn standen wir nochmal mit regungsloser Zündung bei Kij Kij, da sogar nur 50 m von einem Löwenrudel enfernt. Da wir in TR nicht checken konnten, woher der Fehler genau kam, sind wir im südafrikanischen Teil geblieben. Mit nur einer untermotorisierten Reserve-Sicherung auf eine abgelegene Campsite in der Mabua zu fahren kam nicht in Frage.

In Nossob trafen wir zwei Gäste, die 4 Tage in der Mabua fest sassen mit defekter Lichtmaschine, bevor ein Techniker aus Uppington kam mit zwei Ersatzbatterien, der Spass kostete 12.000 Rand. Sie hatten Löwenbesuch im Camp und sassen mehrfach stundenlang im Wagen......

Kopfschüttelnde Grüße,

Hans
Reisen können, ist eine der schwierigsten Künste.
Eigentlich müßte man es im Hauptberuf betreiben.
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