Fortsetzung Matschpartie:
Also, wenn Ihr aufgrund des letzten Bildes meint, die Hilfe wäre schnell vorbeigekommen in Form eines anderen Autos, das uns rauszog (weil man ja hier unsere Winde sieht), dann habt Ihr falsch geraten. An diesem Morgen scheint noch keiner auf die Idee gekommen zu sein, zwischen Khwai und South Gate unterwegs zu sein. Nicht ein einziges Fahrzeug hatten wir bisher getroffen!
Hier nochmal das (einzige) Bild, um sich frisch in die Situation versetzen zu können:
Volker ist es glücklicherweise gelungen, den Motor am Laufen zu halten, und er steigt aus und klettert über die Kühlerhaube aufs Trockene. Dann zeigt er mit einem gequälten Lächeln „Daumen hoch“ – ich glaube, er hat gesehen, dass die Winde immerhin gerade noch über Wasser liegt!
Da im Forum ja regelmäßig mal die Frage auftaucht, was man macht, wenn man in einem Park Reifen wechseln muss – und ob man dann aussteigt oder nicht, wegen der möglichen „unsichtbaren“ Raubkatzen im Gebüsch:
Wir haben das schon im Hinterkopf. Aber man kann ja nicht hier im Matsch sitzen bleiben und langsam aber sicher tiefer sinken…. Insofern scanne ich immer mal wieder mit Argusaugen das Gestrüpp um uns herum ab, und bitte die Kinder, das Gleiche zu tun.
Volker meint, wir sollen im Auto bleiben – viel helfen können wir da draußen eh nicht, und es gäbe nur eine elende Sauerei, wenn noch mehr von uns durch das braune Schlammbad waten….
Während Volker damit beschäftigt ist, die Winde an einem größeren Busch schräg rechts vorne zu befestigen (ein starker Baum ist links, aber der würde uns von der Richtung ins Tiefere ziehen), darf Hannes vom Fahrersitz aus die Fernbedienung der Winde bedienen, was ihn stolz wie Osker macht!
Unterdessen ergreift Benni auf dem Beifahrersitz etwas der Schreck, da zu seinen Füßen Wasser eindringt! Und schnell kommen zwei paar Schuhe und Socken auf die Mittelbank geflogen…..
Das scheint unsere Vermutung zu bestätigen, dass diese Tür irgendwie leicht verzogen sein muss. Denn auch sonst hat man manchmal den Eindruck, sie sei nicht richtig geschlossen, denn man hört ein Geräusch, als ob das Fenster einen Schlitz offen wäre.
Dann starten wir mal einen Versuch mit Winde, doch – nichts rührt sich!
Das hatten wir noch nie! Es gibt sozusagen
gar kein Fortbewegen! Ziemlich schnell ist klar, dass die Vorderräder unter Wasser an einer “Abbruchkante“ hängen. Das war auch dem Kollegen von gestern zum Verhängnis geworden. Viele der Matschlöcher hier sind zur Zeit so, dass sie plötzlich nochmal tiefer werden, und man über eine mitunter steile Kante wieder hoch muss. Das ist manchmal recht tückisch, und so entpuppt sich manches Matschloch als nicht ganz so harmlos, wie es zunächst aussieht.
Also schaufelt Volker diese Kante weg (wie gut, dass wir Spaten und eine kleine Klappschaufel mit haben!), und sammelt etwas Holz zum unterlegen. Noch ein Versuch. Nun rührt sich das Gefährt mit winzigen Bewegungen. Immerhin! Stück für Stück geht es vorne ein bisschen höher, dann beginnt der Busch, sich zu entwurzeln. Na Klasse….
Der Auspuff blubbert immer noch unter Wasser vor sich hin und hinterläßt schwarze Rußspuren auf der braunen Wasseroberfläche…..
Das löst bei den Kindern Entsetzen aus! Joel sitzt mit mir gerade ganz hinten, und starrt auf dieses seltsame Bild. Ich erkläre ihm nüchtern, dass das normal sei – dieser Ruß käme auch sonst aus dem Auspuff, auch wenn man ihn (bei unserem Auto – im Gegensatz zu vielen anderen auf diesem Kontinent....) sonst nicht so sieht. Oh! Da haben wir das nächste schwierige Thema…. Dürfen wir uns denn dann überhaupt mit diesem wunderbaren aber die Umwelt verschmutzenden Auto so durch die wunderschöne Natur bewegen???
Ich diskutiere ja gerne verzwickte Themen, aber manchmal ist es mir auch zu viel. Unsere schlauen Kinder fragen und denken bereits „zu“ viel…. Manchmal möchte ich mich gerne in meine kleine Ecke zurück ziehen und einfach nur meine kleinen privaten Brötchen backen. Und die vielen Probleme der Welt sind mir einfach zu groß! Oft bin ich dann aber wieder froh dass wir inmitten von so Vielschichtigem leben dürfen, und dass wir uns vielen Dingen/Fragen einfach gar nicht entziehen können hier im Alltag in „Afrika“.
Aber
jetzt habe ich
URLAUB – und außerdem genügt mir gerade das Problem, ob überhaupt, und wenn ja wie, wir hier wieder raus kommen….
Da nun immerhin die Vorderräder wieder etwas mehr unter den Füßen haben, und es deshalb links vorne nicht mehr ins Tiefere gehen kann, spannt Volker die Winde um, diesmal doch um den Baum links.
Noch ein Versuch! Und tatsächlich: sehr langsam und mühsam setzt sich Rafiki in Bewegung, und nach viel Zittern ist es tatsächlich geschafft: wir haben das „Wasser“ hinter uns gelassen!
Dann wird „entschlammt“: Volkers Füße, Beine und Hände mit etwas kostbarem Trinkwasser grob gereinigt, ebenso die Schaufel, und der Fußraum des Beifahrersitzes so gut es geht wieder trocken gelegt!
Auch pinkeln gehen ist jetzt erlaubt – aber Vorsicht beim Ausstiegen: Alle Trittbretter haben ein ordentliches Schlammbad genommen!!! Und entsprechend ist gleich der nächste eingesaut…..
Ich habe beim Durchsehen der Bilder festgestellt, dass es nur dieses einzige Bild von dieser Situation gibt (und das vom Fußraum- aber das habe ich auf die Schnelle mit meinem SmartPHone gemacht). Das erstaunt mich – denn Volker macht in der Regel mehrere Bilder von etwas. Ich hatte ihm am Anfang schnell einmal den Foto über die Kühlerhaube raus gereicht, damit wir das wenigstens im Bild festhalten.
Als ich ihn dieser Tage frage, wieso er nur ein einziges gemacht habe, meint er mit recht ernster Miene: “Ich hatte wirklich Schiss, dass das Auto noch ernster einsinkt. Denn ich sah, dass die Trittbretter nach einiger Zeit tiefer drin waren als am Anfang. Da hatte ich keine Nerven für Fotos….“
Also, Kinder, das war nun der Preis für Euer Geschrei, bevor wir in Blantyre losfuhren:
„Au jaaaaa! Wieder mal Stecken bleiben!!!!“
Sowas ist immer lustig, wenn es gut ausgeht, und man es hinterher auf der gemütlichen Couch erzählen kann. Aber
in der Situation erinnere ich mich, dass meine Kinder im Auto plötzlich doch sehr still wurden und ich ihnen eine nicht geringe Furcht ab spüren konnte….
Das ganze Vergnügen hat uns fast eine Stunde gekostet! Unser frühes Aufstehen war also zwar ein guter Ansatz, aber so langsam werden sich wohl auch die Löwen am Khwai River unter die Büsche verkrochen haben…