THEMA: Vom KTP bis zum Etosha NP 2017 - the lion's share
05 Sep 2017 16:03 #488178
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  • H.Badger am 05 Sep 2017 16:03
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04.08.2017

Nach einem ausgiebigen und guten Frühstück mit Wurstplatte vom lokalen Wild und namibischem Käse packen wir unsere Sachen zusammen und lassen die Kinder noch einmal intensiv die Schaukel und das Trampolin der Lodge bespielen.
Dann geht es erneut in die Sitze unseres Busses und wir verlassen die Immanuel Wilderness Lodge, die wir sicher nicht zum letzten Mal besucht haben werden. Hier ist es einfach zu lecker.

Die Fahrt nach Omaruru verläuft recht zügig. Im beschaulichen Ort selbst tanken wir und kaufen neuen Proviant ein. Dann geht es in die etwas südlich gelegene Lodge, die wir bereits am späten Vormittag erreichen. Wir haben im Vorfeld einiges über diese Unterkunft gelesen, die wir vor allem für unsere Kinder ausgewählt hatten, und sind gespannt, wie unser Urteil am Ende ausfallen wird.



Bereits auf dem Parkplatz kommt uns eine halbwüchsige Giraffe entgegen. Wie wir erfahren, handelt es sich um eine Handaufzucht, die auf dem Lodgegelände lebt und sehr an Menschen gewöhnt ist. Die Kinder sind von dieser nahen Begegnung ganz begeistert.



Die Häuschen der Lodge gruppieren sich innerhalb eines sehr gepflegten und grünen Gartens um eine große Wasserstelle, die ziemlich künstlich wirkt, da sie vollständig entbuscht ist und von verschiedenen Futterstellen und -podesten umgeben ist. Insgesamt vermittelt die Anlage einen freundlichen und sauberen, aber auch artifiziellen Eindruck.
Den Kindern gefällt es auf Anhieb gut - sie erkunden die Anlage mit großem Interesse und rücken den ansässigen Katzen auf den Pelz und beobachten fasziniert die Flaschenfütterung eines Springbockkitzes.







Als wir unsere Hütte bezogen haben - auch diese ist nett eingerichtet und hat einen schönen Außenbereich mit Blick auf die Wasserstelle, an der sich einige Elenantilopen eigefunden haben - steht plötzlich eine Dame in unserer Tür.
Was für eine Überraschung! Es ist Eva von der Agentur, über die wir die Unterkünfte in Namibia haben buchen lassen. Sie ist extra aus Swakopmund nach Omaruru gereist, um uns kennenzulernen und den Tag mit uns zu verbringen. Nach dem netten Mailkontakt, den wir im Vorfeld hatten, freuen wir uns über die gemeinsame Zeit. Auch die Kinder haben sofort einen guten Draht zu ihr, was Entspannung für die Eltern verspricht... ;)



Eva, unsere Große und ich nehmen als einzige Teilnehmer am Gamedrive der Lodge teil. Meine Frau und die Kleine bleiben im Garten der Lodge, da die Ausfahrt zu lange dauern wird und wir vor allem wegen der Begegnung mit den Elefanten skeptisch sind, ob das für unsere Kleine das Richtige ist. Im Nachhinein war dies die absolut richtige Entscheidung.

Das Gelände der Lodge ist in zwei verschieden große Teile unterteilt. Im kleineren Gebiet liegt die Lodge selbst und es wird von diversen Antilopenarten und zwei Breitmaulnashörnern bewohnt.
Das größere Gebiet liegt davon abgetrennt auf der anderen Seite der Zufahrtsstraße und beherbergt unter anderem auch eine Elefantenherde, deren Sichtung garantiert ist, da sie angefüttert wird... Ob das eine gute Idee ist, wagen wir zu bezweifeln.

Die Fahrt führt zuerst in das Elefantengebiet und vorbei an Giraffen und Warzenschweinen.
Dann brechen auch bald die Elefanten aus dem Busch, haben sie doch das herankommende Fahrzeug gehört und erwarten ihr tägliches Futter.
Der Guide wirft Heuballen auf den Boden in der Nähe des Fahrzeugs und die Elefanten beginnen in nächster Nähe zu fressen. So nah wollten wir Elefanten eigentlich nicht unbedingt kommen. Ein mulmiges Gefühl macht sich breit - wir vertrauen aber auf die Erfahrung des Guides.



Bald wird es dann aber wirklich kritisch: Die Elefanten scheinen daran gewöhnt zu sein, auch direkt aus dem Auto gefüttert zu werden und so strecken sie bald ihre Rüssel hinein und beginnen rabiat mit der Futtersuche. Dabei bekommen wir ihre harten, feuchten und wahnsinnig kräftigen Rüssel zu spüren - vor allem für unsere Große ist das schockierend und sie beginnt zu schreien und will nur noch weg. Auch ich fühle mich in dieser Situation völlig überfordert.
Zum Glück zögert der Guide nicht allzu lange und bricht die Fütterung ab. Als wir die Elefanten hinter uns gelassen haben, beruhigt sich unsere Große zum Glück schnell wieder...
Ein solches Erlebnis brauchen wir bestimmt nicht noch einmal und hätten wir vorher gewusst, wie sich die Elefantenbegegnung abspielen wird, hätten wir auf die Ausfahrt sicher verzichtet.

Die weitere Fahrt auf dem kleinen Lodgegelände versöhnt dann etwas, weil sie ruhig vor sich geht und uns an diversen heimischen und weniger heimischen Tieren vorbeiführt. Neben Springböcken, Giraffen, Impalas, Kudus und Zebras gibt es hier z.B. auch Weißschwanzgnus und Blessböcke zu sehen. Die Tiere leben hier zwar "frei", jedoch lässt sich ein gewisser Zoocharakter auch auf dem Drive nicht verleugnen
Während der Fahrt treffen wir auch auf die zwei Breitmaulnashörner der Lodge, die sich friedlich von uns beobachten lassen. Die Tiere werden regelmäßig enthornt, um Wilderrei vorzubeugen, leider hat sich bei dem Bullen das Horn dabei entzündet und scheint nun nicht mehr nachzuwachsen.











Eine absolute Zooerfahrung ist dann der die Fahrt abschließende Besuch bei den zwei Flusspferden, die hier so gar nicht hinpassen wollen. Dass die Tiere in einem kleinen Gehege nebst Aussichtsplattform leben, ist das I-Tüpfelchen des Artifiziellen. Wobei gesagt werden muss, dass der Guide uns erzählte, dass die Tiere zu ihrem eigenen Schutz in diesem Gehege untergebracht sind, da in der Vergangenheit wohl Flusspferde von den Breitmaulnashörner im Zuge der Revierverteidigung getötet worden sind...



Bis auf das Elefantenerlebnis hat die Fahrt unserer Tochter gut gefallen. Wenn man ansonsten keine Gelegenheit hat, die afrikanische Tierwelt im Rahmen einer Reise zu erleben, mag es auch für Erwachsene eine sinnvolle Aktivität sein. Ich habe die Begegnung mit den Breitmaulnashörnern natürlich auch genossen, konnte aber selten vergessen, wie wenig das Erlebte mit dem "echten" Busch zu tun hat.

Am späten Nachmittag bietet die Lodge schließlich noch eine Raubkatzenfütterung an - ja, es gibt hier auch einen Geparden und einen Leoparden.
Ursprünglich waren es mehrere Geparden, die in einem mittelgroßen Gehege gehalten werden, aber vor kurzer Zeit sind wohl zwei verstorben, bei einem der beiden war wohl ein Schlangenbiss die Ursache.
Über das Gatter wird Fleisch geworfen und nach einiger Zeit kommt die verbliebene Katze angelaufen, schnappt sich ein Stück und verzieht sich in den dichten Busch. Drum herum stehen Touristen mit Cocktails in der Hand, die launige Kommentare von sich geben... :S

Dann geht es im Gänsemarsch zu Leopardengehege. Dieses besteht aus einem umzäunten Freibereich, dessen Größe ich nicht abschätzen kann, und einem kleinen Schaugehege, in dem die Fütterung stattfindet.



Gemeinsam mit einem Freiwilligen lockt / treibt der Guide den Leoparden in das Schaugehege, indem immer wieder laut "Leo" gerufen wird. :blink: Ist die Katze ersteinmal drin, wird schnell eine Falltür heruntergelassen, damit sich der Leopard nicht mehr zurückziehen kann. Das gefällt dem Tier gar nicht und so wird es aggressiv und springt immer wieder gegen die Gitter des Käfigs. Einen Leoparden derart verängstigt und aufgewühlt zu sehen, ist kein schönes Erlebnis und wir fragen uns, was das hier soll und warum man ein Tier so vorführen muss.
Als der Guide dann den Zugang zu einer kleinen Höhle innerhalb des Schaugeheges öffnet, ist der Leopard sofort darin verschwunden. Das Tier tut uns einfach nur leid. Kopfschüttelnd gehen wir in unsere Hütte und erklären unseren Töchtern Sinn und Unsinn solcher Haltungen. :S

Das Abendessen wiederum ist von wirklich guter Qualität und man sitzt in dem Restaurant direkt am Wasserloch sehr nett.
Kaum ist Dinnerzeit, wird auch rund um das (beleuchtete) Wasserloch ausgiebig Heu verteilt, um das Wild anzulocken, das dann auch in großer Zahl erscheint. Teilweise kommen die Tiere bis an die Absperrung des Restaurants (da auch dort angefüttert wird) und lassen sich sogar berühren. Das ist auf seine ganz eigene Art eindrucksvoll, hat mit Wildtierbeobachtung aber nicht mehr viel zu tun.










Den Abend lassen wir gemeinsam mit einer Flasche Wein auf der Terrasse unserer Hütte bei netten Gesprächen ausklingen.

Die Lodge ist als gepflegte Anlage mit sehr nettem Service und gutem Essen und einigen recht authentischen Tier-Naherfahrungen ein schöner Ort. Auch die gemeinsamen Stunden mit Eva lassen uns den Tag in guter Erinnerung behalten und den Kindern haben die Begegnungen mit den Handaufzuchten und die Blicke auf das Wasserloch mit der Vielzahl von Tieren wirklich gut gefallen.
Der übertriebene (und auch unnötige) Zoocharakter und die damit einhergehende Künstlichkeit, die ausufernden (und auch nicht immer vernünftigen) Anfütterungen und vor allem die wirklich unschöne Leopardenfütterung werfen jedoch einen Schatten auf diesen Aufenthalt. Hier ist das Wildtier zu sehr ungeschminkter Marketingfaktor - das haben wir so noch nirgends in dieser Deutlichkeit bei unseren Reisen in der Region erlebt.
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Letzte Änderung: 05 Sep 2017 16:08 von H.Badger.
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05 Sep 2017 16:27 #488182
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  • Champagner am 05 Sep 2017 16:27
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Hallo Sascha,

was für ein süßes Foto :kiss:

Wie man sieht müssen es nicht immer die "Exoten" sein! Danke für deine ausführlichen, ehrlichen und kritischen Schilderungen.

Auch wenn der Besuch der Omaruru Game Lodge ein ungutes Gefühl bei euch (und deine Erzählungen auch bei mir) hinterlassen hat, dann kann man vielleicht doch etwas Gutes daran finden:
Das Tier tut uns einfach nur leid. Kopfschüttelnd gehen wir in unsere Hütte und erklären unseren Töchtern Sinn und Unsinn solcher Haltungen. :S

Eure Mädels werden für solchen "Unfug" sensibilisiert, da Ihr mit ihnen darüber geredet habt. Bestimmt nicht unbedingt sofort und für immer, dafür halte ich sie noch für zu klein, und manche Erkenntnisse muss man sich auch selbst erarbeiten, aber ein Grundstein ist gelegt und dieses Beispiel könnt Ihr immer wieder als Erinnerung/Mahnung heranziehen.

Ich genieße weiterhin deinen Bericht über eure ruhige Art als Familie zu reisen - danke für deine Mühe!

Liebe Grüße von Bele
Letzte Änderung: 05 Sep 2017 16:27 von Champagner.
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Guten Morgen Sascha,

vielen Dank für deinen ehrlichen Bericht über Omaruru. Diese Lodge hatte ich auch mal ins Auge gefasst, war aber unsicher wegen den Bildern der Nashörner beim Abendessen bzw. aller Tiere, die so nah kamen. Deine Schilderungen haben mich nun endgültig davon abgebracht, denn das hat wenig (oder eigentlich gar nichts?) mit Afrika zu tun. Schön, dass ihr eure Mädels daraufhin so sensibilisiert und aufgeklärt habt - als ich das Leo-Gehege gesehen habe, hab ich einen Schrecken bekommen.
Ich bin ja auch mehr diejenige, die sich immer ihr eigenes Bild von etwas machen will, aber deine Erfahrung reicht mir da zur genüge. Das möchte ich nicht erleben.

Liebe Grüße
Laura
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06 Sep 2017 21:13 #488454
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@ Bele
Schön, dass du meinen Bericht über eine vergleichswiese harmlose Reise verfolgst - ich habe euch bisher mit angehaltenem Atem auf eurer Abenteuertour begleitet - eine solche Tour kann ich mir in unserer Konstellation beim besten Willen nicht vorstellen. Vom Sofa aus lese ich deine Schilderungen aber umso lieber...

@ Laura
Die Lodge ist schon ein sehr spezieller Ort. Und uns genügt auch dieser eine Besuch. Da sind wir lieber - genau wie du - in den Nationalparks des südlichen Afrika unterwegs und lassen den Zufall seine Wirkung tun. Diese Anfütterung (ganz abgesehen von der Katzenhaltung) nimmt viel von dem Reiz, den eine Afrikareise mit Wildlifeschwerpunkt haben kann.
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07 Sep 2017 09:54 #488492
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Guten Morgen Sascha,

auch für mich wäre diese Lodge nix - wir lieben eher die natürlichen Begegnungen mit der Tierwelt :ohmy:

Sehr gut, dass Ihr Eure Mädel entsprechend aufgeklärt habt! Danke an dieser Stelle für Deinen kritischen Bericht.

Übrigens - Ihr scheint über die gleiche Agentur gebucht zu haben wie wir B) Wir haben nun auch bereits die dritte Reise dort gebucht und freuen uns schon, Eva im Februar wieder zu treffen :) Sie ist immer für eine Überraschung gut :lol: Im August 2015 ging es uns ähnlich wie Euch :silly: Wir durften sie allerdings bereits vor unserer 1. Reise nach Namibia in Deutschland persönlich kennenlernen.

Liebe Grüße
Sabine
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07 Sep 2017 21:13 #488593
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@ Sabine

Ich erinnere mich, dass ich in einem deiner Reiseberichte von dem Überraschungstreffen mit Eva gelesen habe.
Wir haben uns wirklich gut verstanden - unser positiver Gesamteindruck hat sich so noch einmal verstärkt.

Bald geht es in den Etosha - dann gibt es viele Fotos von unangefüttertem Getier...

LG
Sascha
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