Tag 2: Windhuk -> Red Dune Camp, 412 km
„Dornstrauchsavanne.
Endlos weit nur Totes Land.
Doch dort: ein Zebra.“
Nach langem, schwerem, traumlosen Schlaf stehen wir um 8 Uhr auf, frühstücken ausführlich und beladen konzentriert unseren Camper. Gut, dass wir alle nur eine kleine Tasche dabeihaben, und gut, dass wir als ehemalige Tetris- und Tangram-Fans unsere Ausrüstung platzausnutzend zu verstauen wissen. Viel Platz nehmen jedoch die Säcke mit Bettdecken und Kopfkissen weg, wir haben allerdings die Hoffnung, diese nach der ersten Zeltnacht im Zelt mit einklappen zu können. Nachdem wir in einem nahegelegenen Supermarkt ausführlich die ersten Vorräte eingekauft haben, starten wir um 11 Uhr endlich in die Natur.
Da wir doch etwas später als gedacht loskommen und die ersten Kilometer durch die Kalahari lieber gemütlich einfahren und uns an das noch ungewohnte Auto gewöhnen wollen, fahren wir bis Mariental über den geteerten „Highway“, der sich als überraschend schön herausstellt: Begraste und bestrauchte Dünen, viele idyllische Rastplätze mit Akazienschatten und Bank, hin und wieder vereinzelte riesige Webervogelnester und ein krasser Kontrast zwischen moderner Teerstraße und öder Dornstrauchsavanne lassen keine Langeweile aufkommen. Dabei kreuzen wir zum ersten Mal den Wendekreis des Steinbocks.
Ab Mariental fahren wir abseits des „Touri-Highways“ über Kies- und Staubpisten, was sich auch im Verkehr widerspiegelt: einheimisch aussehende Lieferwägen, auf der Ladefläche mit Menschen besetzte Pick-Ups und Eselkarren. Hin und wiederlockert eine mit windbetriebenen Wasserpumpen ausgestattete Farm den Straßenrand auf.
Vorbei an vielen Schaf-, Ziegen- und Riderherden, gigantischen Siedelwebernestern an Bäumen, Strom- und Telefonmasten und –kabeln und einigen scheuen Böckchen und Klippschliefern entdecken wir plötzlich während der Bewunderung eines riesigen Siedelwebernests vor einem Gedenkstein hunderte Meter entfernt ganz oben auf einem weit entfernten Berg ein wachsames Hartmann-Bergzebra – ein seltener Anblick, unglaublich, unerwartet und wunderschön!
Überwältigt von der einzigartigen Natur kommen wir um 17 Uhr an der „Rezeption“ des Red Dune Camp an, unterhalten uns kurz sehr einseitig mit einer „Hello“ krächzenden 25jährigen blauen Ara-Dame und wundern uns etwas über die fehlenden versprochenen namensgebenden Roten Dünen. Die Vorreservierung hat geklappt und die nette Besitzerin schickt uns mit der gut gemeinten Warnung „Don’t get stuck or we have to take you out!“ mit auf 1.5 Bar reduziertem Reifendruck im 4H-Modus eine 3 km lange Tiefsandpiste bergauf. Fraser-Island-erfahren meistern wir diese erste Offroad-Prüfung problemlos und wir fahren zu unserem Camp, mitten in den erwähnten Dünen, durch ein halb im Sand vergrabenes Schild und diverse Holz-Aufbauten unschwer zu erkennen.
Das Camp ist menschenleer und die exponierte Lage einmalig: An einer Kante inmitten schwach bewachsener Sanddünen, rot wie im Bilderbuch, mit traumhafter Aussicht über die Talebene zeigt sich, wie die Kalahari von der einstigen Sandwüste über Jahrhunderte durch Akazien, Sträucher und Gräser fixiert und bewachsen zur heutigen Dornstrauchsavanne wurde.
Ohne größere Probleme bauen wir innerhalb weniger Minuten die beiden Dachzelte auf und müssen hier bereits erstmals unser Improvisationsgeschick unter Beweis stellen: Ein Reißverschlussreiter löst sich durch eine geplatzte Naht von seinem Reißverschluss, welcher sich aber durch Fingerspitzengefühl wieder auffädeln und durch eine Sicherheitsnadel für die Zukunft fixieren lässt. Bei angenehmer Restwärme genießen wir einen tollen Sonnenuntergang, machen im Dämmerlicht Feuer und grillen bei zunehmender Dunkelheit an der beinahe luxuriös ausgestatteten Feuerstelle.
Warm eingepackt genießen wir kurz einen atemberaubenden Sternenhimmel, bevor der frühe Mondaufgang die Szenerie in ein gespenstig-blaues Licht taucht.
Am Lagerfeuer genießen wir die Einsamkeit, lassen unseren ersten tollen Afrika-Tag mit durchaus solidem einheimischem Bier ausklingen und ziehen uns schließlich um 22 Uhr in unsere Zelte zurück. Mit warmer Ski-Unterwäsche schlafen wir in der nächtlichen Wüstenkälte unter der Doppel-Bettdecke bei umgebender Totenstille und Temperaturn um den Gefrierpunkt etwas unruhig aber erholsam – das Zelt ist wirklich groß und komfortabel, einzig die Füße der Partnerin dürften etwas wärmer sein...