THEMA: 5 Wochen Namibia im November/ Dezember - erstmalig
01 Jan 2017 14:38 #457488
  • Robertoho
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  • Robertoho am 01 Jan 2017 14:38
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Nachdem mir hier im Forum vor unserer (ersten) Reise nach Namibien so sehr geholfen worden ist, will ich hier gern einen Reisebericht zusammenstellen. Gern konzentriere ich mich dabei auf Infos, die anderen "Ersttätern" Anhaltspunkte geben können bei der Planung - denn das empfand ich als anspruchsvoll. Bilder von Zebras und Landschaften gibt es ja hier schon tonnenweise.

Wer wir sind

Ich und meine Frau sind Mitte/Ende Fünfzig. Wir sind schon ziemlich "bereist", waren aber noch nie im Süden Afrikas. Wir müssen nicht so aufs Geld schauen und sind gleichzeitig eher etwas zurückhaltend und sicherheitsbedürftig aber auch anpassungsfähig. Ich hatte mir lange überlegt, ob ich unsere Tour selber buchen soll oder ein Büro beauftragen - und habe nach einigem Hin und Her selbst gebucht.
Der Entscheid für eine Selbstfahrer-Tour stand jedoch von Anfang an fest. Wir schätzen es sehr, unsere Zeit selbst einteilen zu können, überall anhalten zu können, wo wir wollen etc. - nach unserer Erfahrung geht das nur als Selbstfahrer so richtig 100%ig.

Reise und Buchung
Grundsätzlich war das eine Reise in 2 Teilen: Zuerst flog ich alleine nach Namibia für eine zweiwöchige, organisierte Motorradtour (mit Gravel-Travel) ab Anfang November. Diese ging von Windhoek mit Schwerpunkt "schöne Strecken" nach Norden bis Opuwo und zurück.
Dann gegen Ende November kam meine Frau nach für weitere drei Wochen mit dem Auto bis fast Mitte Dezember. Da sind wir dann nach Süden über KTP und Keetmanshoop bis an den Oranje und über Lüderitz, Sossusvlei und Swakopmund zurück. Diesen Teil hab ich von A-Z selbst gebucht. Infos hier vom Forum, zwei Reiseführer und dann für Details das Internet (Google, Tripadvisor). Interessant war, dass viele der Unterkünfte (und nicht nur die "besseren") auf booking.com gebucht werden konnten. Die anderen werden über kleinere Buchungsdienste in Namibien/Südafrika gebucht. Nur eine einzige Unterkunft per e-Mail direkt. Nebst den Unterkünften (dabei war auch eine Ferienwohnung in Swakopmund) habe ich auch den Wagen und einen Ballonflug (Sossusvlei) selbst übers Internet gebucht.

Erfahrung mit Selbstbuchungen
Kurz zusammengefasst: TIPTOP! Wirklich restlos ALLES hat einwandfrei geklappt und funktioniert! Egal ob teuer oder billig, immer war unsere Unterkunft bereit, die bereits bezahlten Beträge waren einwandfrei eingebucht und man kannte meinen Namen. Und dies obwohl nur an den wenigsten Orten Computer im Spiel waren - meist lagen da Zettel oder Hefte an der Reception, auf denen wir immer zuverlässig vermerkt waren. Sehr eindrücklich - eigentlich wie in Europa, nur mit einfacheren Mitteln. Würd ich jederzeit wieder machen!
Bewährt hat sich in meinen Augen auch, alle Unterkünfte vorab zu buchen. Obwohl wir einige Male in fast leeren Lodges sassen, waren andere Unterkünfte bis zum letzten Bett belegt. Und obwohl es an verblüffend vielen Orten ein Netz zum Telefonieren gab, war eine Internetverbindung (zum Suchen von Alternativen) unterwegs fast überall unmöglich.
Ein einziges Mal mussten wir etwas umbuchen - im Hauszelt im KTP haben wir es vor Hitze nicht mehr ausgehalten und sind einen Tag früher abgereist. Aus dem Reiseführer hatten wir dann eine Telefonnummer für ein Hotel, das wir anrufen konnten.

Klima
Das bringt mich zum Klima. Wir hatten gelesen, dass Ende November die "kleine Regenzeit" beginnt - es aber auch nochmals wärmer wird. Aber was heisst das? Das konnten wir vor der Reise nur ganz schlecht beurteilen...
Grob gesagt war es Anfang November noch mehr als 5 Grad weniger warm als dann Mitte Dezember - da gab es eine deutliche Entwicklung, die einem - wenn man da ist - aber nicht ganz so bewusst wird. Merkbar war, dass so ab Ende November plötzlich viel weniger Touristen unterwegs waren - aber nur in den wärmeren Zonen.

Regen war (auch?) dieses Jahr (2016) kein Thema. Resp. es war überall ein Thema, dass es nur sehr wenig geregnet hat. Offenbar hat es in Namibia seit 2011 nicht mehr "gut geregnet" - was ein riesiges Problem ist für die Menschen dort und das Land. So wahnsinnig viele Farmen haben kein Vieh mehr und überall stehen die Tore dann offen (wo die Strasse durchführt - die Tore müsste man normalerweise auf- und zumachen). In diversen Städten hat eine Wasserkrise Einzug gehalten - offenbar auch in Windhoek. Obwohl das für Touristen nicht so einschneidend ist, merkt man das an allen "Ecken und Enden" - auch an der Vegetation und den Tierbeständen.
Wir haben nächtliche Gewitter erlebt und auch einen ganzen Tag mit "Regen" - aber es war offenbar viel zu wenig. Wenn ein Gewitter in der Nacht 8mm Wasser bringt, dann ändert das nicht viel an der Trockenheit. Und wenn es einen Tag lang nieselt, dann gibt das auch nicht viel mehr. Für die Strassen jedenfalls war das belanglos: Alle Strassen waren in bestem Zustand.

Uns beschäftigte vor der Reise sehr die Frage, wie heiss es dann wohl tatsächlich sein würde. Das ist nicht so einfach zu erklären. Zu Beginn der Reise war es maximal so gegen 32 Grad, am Ende über 40 Grad. Aber es ist ja wegen der Trockenheit nicht so, dass man deswegen ("nass") schwitzen würde. Man hält auch 40 Grad an der Sonne ein Weilchen aus - aber nicht so lange. Es ist viel eher so, dass das Atmen je nachdem schwerer fällt oder dass man irgendwann einfach mal ohne grosses Federlesens umkippt, wenn man dem nicht genügend Beachtung schenkt. Wir liessen z.B. im Auto morgens bis ca. 33 Grad Aussentemperatur die Fenster offen und haben die Klimaanlage erst danach eingeschaltet - vor allem wegen Müdigkeit. 35 Grad im Schatten wenn man sich nicht gross bewegen muss und es etwas windet fühlen sich sehr, sehr angenehm an. Beim Buchen habe ich dem Umstand nicht viel Beachtung geschenkt, ob unsere Unterkünfte Klimaanlage haben - hätte ich aber tun sollen, plötzlich so ab Anfang Dezember spielt das dann eine grosse Rolle. Aber anders gesagt: So ganz generell kann ich das immer noch nicht sagen. Die Hitze ist jedenfalls nicht generell ein Problem - es kommt ganz auf die Umstände an. Es kann ein Riesenproblem sein, wenn dann plötzlich bei 38 Grad der Wind einfach aufhört und auch kein Schatten da ist - da sollte man im Auto sitzen und die Klimaanlage an haben.


Strassen und Auto

Vor der ersten Reise macht man sich nicht so recht eine Vorstellung von den Verhältnissen. Wie wichtig z.B. der Unterschied zwischen aspaltierten (Tar) und "geschotterten" (Gravel) Strassen ist. Nur schon der Umstand, dass offenbar alle Mietautos auf Gravel maximal 80 km/h fahren dürfen (gem. Mietvertrag) und dabei auch von einer Blackbox überwacht werden, macht dies wichtig. Denn auf Tar kommt man mit 120 km/h nun mal viel schneller vorwärts. Ausserdem sind 80 km/h auf Gravel nicht wirklich (und vor allem nicht überall) langsam - auf schlechteren Strassen sind auch durchaus 60 km/h mal angemessen.

Eher einfach interessant sind die immer wieder anzutreffenden Strassenhobel - aber es macht längerfristig nicht wirklich einen Unterschied, ob da vielleicht gerade einer durch ist oder nicht. Im Gegenteil sind die kleinen Schotterdünen, die die aufwerfen, wo sie gerade arbeiten, eher tückisch.


Gravelroads sind nicht immer einfach geschottert und hart - manchmal schon, aber oft sind Nebenstrassen (auch mit D - Nummern) von sehr unterschiedlicher und schnell wechselnder Qualität (wenn auch IMMER passierbar). Wenn man mit 80 km/h in ein Stück mit Tiefsand gerät, dann gibt das schon einen Touch von Abenteuer. Wenn man mit einem 2-Tonnen-Auto zu schnell in eine geschotterte Kurve geht, dann WIRD ES SO RICHTIG HAARIG!!! Bremsen oder korrigieren geht dann plötzlich nicht mehr - und solche Kurven neigen sich dann blöderweise meist nach aussen. Bei der Streckenplanung muss man das berücksichtigen!

Ich hatte unsere Fahrstrecken mit Google Maps geplant - und die waren alle gut! Überall einwandfrei durchgekommen. Aber ich hatte genügend konservativ geplant - nur ausnahmsweise über 400 km an einem Tag und auch dann nur, wenn ein Anteil geteert war. Es hat sich SEHR BEWÄHRT (!!!!) mit der Länge der Fahrstrecken zurückhaltend zu sein!!!! Man ist nicht nur oft langsamer als man vielleicht vorher denkt, sondern das Fahren ist ermüdender als man vorher denkt. Wärme spielt eine Rolle, aber auch die erhöhte Aufmerksamkeit wegen Schlaglöchern oder Sand - und vor allem wegen Wildwechsel. Eintönigkeit spielt eine Rolle. Und ausserdem will man sich auf einer Reise nicht einfach immer nur beeilen müssen. Wir sind gefühlte 2000 Mal für Fotos aus dem Wagen gehüpft, manchmal alle 500 m - Fotos aus dem Auto werden SCHEISSE, man muss für gute Bilder aussteigen.

Wir hatten als Wagen einen Hilux Raider 2,7l mit Automat und Doppelkabine - per Zufall einen nagelneuen, wir waren die ersten Mieter

. (Den mit 3,0l gibt es neu nicht mehr - dies ist der leistungsstärkere Nachfolger.) Gemietet von Safari Car Rental (hier im Forum gesehen - kann ich sehr empfehlen). Ich hatte ausserdem vorher Gelegenheit einen (grösseren) Land Cruiser mit Schaltgetriebe und grösserem Motor zu bewegen

(dazu später mehr), aber ich fand den Hilux mit dem grösseren Motor und dem Automat PERFEKT geeignet. Damit kommt man überall durch, auch spielend durch diese Sandareale im Sussousvlei-Park ganz hinten (und die sind haarig!). Der Mehrpreis war in meinen Augen bescheiden. Ich würde bei einem nächsten Mal wieder genau diesen Wagen wählen - und eben nicht den kleineren 2,5l mit Handschaltung. Das Auto hat tatsächlich um die 10,7l Diesel pro 100 km verbraucht und war mit Doppeltank für ca. 150l Diesel ausgerüstet - nie mussten wir uns wirklich Sorgen machen wegen Treibstoff (in der Tat kam es mehr als einmal vor, dass Tankstellen keinen (50er) Diesel (oder sogar gar keinen) mehr hatten. Klimaanlage auch bei über 40 Grad im Stand kein Problem. Sehr komfortabel der Tempomat - es gab Strecken, da blieb der Tempomat bei 80 km/h für über eine Stunde "eingehängt".
NIE würde ich in diesem Land einen PW mit 4x2 in Betracht ziehen. Wir sahen so oft solche im Sand stecken bleiben! Ausserdem sind Spurrinnen oft tief. Es würde mich viel zu sehr stressen, dauernd Angst haben zu müssen, aufzusetzen oder stecken zu bleiben. Und das betrifft ohne Weiteres auch C-Pisten! Es nützt nichts, wenn 99,9 von 100 km der Piste "gut" sind - wenn da ein Sand- oder Schlagloch bleibt, das dem PW den Garaus macht. NIE, wirklich NIE würd ich das jemandem empfehlen, mit einem z.B. Corolla ernsthaft in Namibia rumzufahren.
Wir hatten auch zwei Reservereifen (sollte eigentlich Standard sein), ich hatte aber auf insgesamt über 6000 km keinen Plattfuss. Dennoch nützen auch zwei Reservereifen nichts, wenn man sich nicht ziemlich kleinlich erklären lässt, wo genau der Wagenheber anzusetzen ist oder man nicht ausprobiert, ob man mit dem Radschlüssel auch tatsächlich die Muttern aufbekommt - um das am Rande auch noch zu erwähnen.

Geld und Kreditkarte - Unfälle
Einen eigenen Abschnitt will ich hier der Kreditkarte widmen. Ich hatte selber einen Unfall - dazu später mehr. Aber ich habe auch einen weiteren - wenn auch relativ harmlosen - Unfall miterlebt. In Namibia interessiert sich kaum jemand für den Nachweis einer Unfallversicherung...
Wenn einem ein Unfall passiert, dann ist es sehr, sehr wichtig, dass da eine Kreditkarte vorhanden ist, deren noch nicht ausgeschöpftes Limit genügend hoch ist!
Es ist dann so, dass der Flieger oder Heli oder die Ambulanz nur kommt, wenn die vorher bezahlt werden können! Pech, wenn man halbtot in seinem Blute im Strassengraben liegt und jemand einen Rettungsdienst verständigt und die wollen dann vielleicht 1000 oder 2000€ per Kreditkartenbelastung am Telefon bezahlt haben, bevor sie sich in Bewegung setzen. Die setzen sich dann nicht mit der Versicherung in Verbindung und kümmern sich darum - oder diese braucht zuerst einen Tag für eine Kostengutsprache. Die kommen einfach nicht! Bei dem Unfall, den ich miterlebt habe, hat man den Verunfallten mit Privatfahrzeug in die nächste Kleinstadt gebracht. Da gab es zwar eine "Clinic" - aber keinen Arzt! Er musste für eine Untersuchung (evtl. Rippen gebrochen, starke Schmerzen) mit dem Flugzeug in ein Privatkrankenhaus nach Swakopmund gebracht werden - und hatte €6000 zu bezahlen, bevor dieses Flugzeug sich auf den Weg gemacht hat. Er musste u.a. mit seiner Bank Verbindung aufnehmen, damit diese sein Limit erhöht - was mehr zufallsweise geklappt hat. Es hat ihm da nichts genützt, dass seine Versicherung diese Betrag später wohl zurückerstattet....

Ansonsten ist zum Thema Geld noch zu sagen, dass überall in Namibia (Südafrikanische) Rand 1:1 genommen werden und dass man auch einfach mal Rand rausbekommt. Das ist gleichgut wie Namibdollars. Aber in Südafrika nimmt kein Mensch Namibdollars! Man kann an sehr vielen Orten mit Kreditkarte bezahlen, an etwas weniger aber immer noch vielen Orten auch mit Maestro. Auch wenn irgendwo kein Computer vorhanden ist, hat man das kleine Kästchen für die Karte, bei dessen Bedienung man manchmal helfen muss und das übers Telefonnetz online geht (manchmal muss der Verkäufer aufs Dach steigen und das Ding in die Luft strecken damit's geht). Aber es ging meistens! Auch ATMs hat es ziemlich viele, teilweise an Tankstellen oder halt bei Banken - in fast allen Städtchen. Die grösste Banknote ist die 200 NAM Note, d.h. dass man einen Geldbeutel mit viel Platz für dicke Geldbündel braucht. Kleingeld ist kein Problem, wir haben fast überall genügend davon bekommen.

Telefonnetz
Es ist RICHTIG, dass man in Namibia praktisch nirgends Datenverbindung übers mobile Netz bekommt. Mehr als ein paar Tröpfchen gehen da nie durch! Es ist also in meinen Augen völlig nutzlos, eine namibische SIM-Karte zu kaufen. Ich habe von meinem Schweizer Provider fürs Telefonieren Tarife bekommen, die das auch für Telefon eigentlich uninteressant machen.
Denn telefonieren (und simsen) kann man erstaunlicherweise fast überall!! Wir haben teilweise Bauklötze gestaunt, wo man noch Verbindung bekommen hat. Teilweise musste man einfach drauf achten, dass man mit dem Auto auf eine etwas höhere Düne (die Strasse geht ja sehr oft über die Dünen drüber) fährt und es dort probiert - plötzlich hat man wieder zwei "Balken". Erste Wahl waren SMS. Das kann man schreiben und irgendwann hat das Mobile dann Verbindung und dann geht's weg resp. neue kommen rein.
Und in fast jeder Lodge gab's Wifi - das dann immerhin wenigstens für Textnachrichten/e-Mail/WhatsApp etc. gut war. Oft ging auch ein Facebook-Beitrag mit 12 Bildern durch. Oft musste man zur Reception, manchmal ging's auch vom Bungalow aus, wenn es nah genug und in sichtweite war.

So, ich schreib hier einfach drauflos. Das waren so einige Grundgedanken zum "Setup" - hoffentlich nicht zu langweilig. Bald folgt mehr.
Letzte Änderung: 01 Jan 2017 15:40 von Robertoho.
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01 Jan 2017 15:25 #457494
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Hallo RobertoHo,

nee, nee, ganz und gar nicht langweilig. Schön, dass du uns alle wichtigen persönlichen Eckdaten gegeben hast. Eine schöne Runde hast (habt) du (ihr) euch da ausgesucht.
Die Einleitung ist besonders für Ersttäter sehr interessant, denn viele haben keinerlei Vorstellung von der Weite des Landes, dem Zustand der Straßen und vor allem der Hitze am Ende des Jahres. Vorbereiten muss man sich schon gut, damit solche Reisen gelingen.
Auch deine Fotos versprechen eine sehr interessante Reise. Na, ja, in 5 Wochen kann man schon was Anständiges auf die Beine stellen. Uns waren 2014 leider nur 24 Nächte vergönnt, und da musste natürlich der nördliche bzw. der östliche Teil des Landes komplett rausfallen. Den werden wir im nächsten Jahr dann bereisen.
Ich freue mich schon auf die Fortsetzung
Ein frohes Neues Jahr wünscht
Beate
Reiseberichte:
Patagonien 2020: Zwischen Anden, Pampa und Eis: namibia-forum.ch/for...n-pampa-und-eis.html
Das schönste Ende der Welt-Südafrika März 2017 namibia-forum.ch/for...rika-maerz-2017.html
Südafrika 2018-Ohne Braai gibt es keine Katzen namibia-forum.ch/for...es-keine-katzen.html
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01 Jan 2017 16:43 #457501
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Herzlichen Dank für diese geballten Infos und persönlichen Einschätzungen. Als Ersttäter im Juli 2017 mal alles so am Stück zu lesen, hat mir richtig gut gefallen, auch wenn die Einzelinfos sicher in zig verschiedenen Threads schon mehrfach stehen.
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02 Jan 2017 01:48 #457531
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Ich bin Anfang November mit Swiss von Zürich über Johannesburg nach Windhoek geflogen. Hätte ich das umständliche Prozedere in Johannesburg gekannt, hätte ich das vielleicht vermieden: Die Südafrikaner wollen jeden Pass, auch den von Transitpassagieren, kontrollieren und stempeln. Und sie haben kein Problem damit, von ca. 10 Passschaltern nur einen zu öffnen und hundert Passagiere, die eigentlich ihren Anschlussflug erreichen müssten, eine halbe Stunde warten zu lassen. Danach dann auch nochmaliger Securitycheck mit nochmaligem Anstehen. Mindestens 45 Minuten dauert es, bis man am Gate des Anschlussfluges ist.

Windhoek dann ist ein schnuckeliger kleiner Flughafen - hier läuft man noch zu Fuss vom Flieger ins Terminal. Dort muss man als erstes das Einreiseformular ausfüllen, dass in der Eintrittshalle aufliegt. Wer schon ein Muster hat (das Formular kann vom Internet runtergeladen werden) und auch noch einen eigenen Schreiber einsatzbereit, der wird bei den ersten sein, die bei "Visitors" durch die Passkontrolle gehen können. Mit dem Gepäck dann wohl als erstes Geld wechseln. Es hat zwar wenige ATMs, die waren bei meiner Ankunft aber durchs Band ausser Betrieb.

Nun dann also raus - in die Wärme! Aus dem europäischen November kommend waren die 27 Grad schon ziemlich spektakulär - auch wenn die dicke Wolkenschicht durchaus bekannt anmutete.


In meinem Fall wurde ich vom Veranstalter der Motorradtour, also von Gravel-Travel abgeholt und mit einigen anderen zusammen in etwa 40 Minuten Fahrt (der Flughafen ist ziemlich ausserhalb von Windhoek) zu einer kleinen Lodge im Süden der Stadt gebracht, die sozusagen zu Gravel-Travel gehört. Hier stand auch schon eine ganze Reihe Mietmotorräder für unsere Tour bereit.


Am nächsten Morgen - nach Ankunft des Rests der Gruppe - ein langes Briefing, bei dem vor allem von den für Namibia spezifischen Gefahren beim Fahren auf Pisten gewarnt wird. Das ist eine ganze Reihe: Wildwechsel, Staub, Schlaglöcher etc. etc. etc. Langsam frage ich mich, ob ich eigentlich wusste, was mich da erwartet. Gefahren wird während der Tour frei, jeder hat ein Garmin Navi am Lenker, auf dem die Route einprogrammiert ist. Hinter dem Langsamsten fährt das Begleitfahrzeug mit Ersatzteilen und Trailer mit Ersatzmotorrad. Abschliessend gibt's noch eine Probefahrt, damit jeder sich mit den Verhältnissen auf Teer und Gravel, aber auch mit dem Motorrad und dem Navi vertraut machen kann. Klappt recht gut, die Gruppe ist zwar ziemlich heterogen, aber es passt schon. Ich komme gut zurecht, schliesslich habe ich im Sommer noch extra einen Endurokurs besucht.


Die Testfahrt muss aber frühzeitig abgebrochen werden: Die Gruppe, die noch zusammen bleibt, findet sich plötzlich von drei Seiten von tiefschwarzen Gewitterzellen eingekreist, aus denen sehr beeindruckende Blitze zum Boden runterfahren. Warm ist ausserdem anders - also zurück zur Lodge, wo es sogleich zu regnen beginnt, was die ganze Nacht anhält. Das waren etwa 12 mm Niederschlag - in Windhoek ist es aber trocken geblieben.


Am nächsten Morgen dann geht es los. Es wird ernst - das ist meine erste Endurotour! Ich hab noch keine Ahnung, ob ich genügend Kondition habe, ob die Ausrüstung wirklich stimmt etc. etc. Es geht an Windhoek vorbei zuerst nach Westen, dann bald auf eine kleinere Piste D1958 nach Norden durch das Khomas Hochland, treffen will man sich erst wieder in Omaruru zum Tanken. Obwohl ich es zuerst fertig bringe, falsch zu fahren (hab am Navi rumgedrückt), läuft es recht gut. Von der Teerstrasse geht es bald mal auf Schotter und ich finde auch die richtigen Abzweigungen.


Ich muss lernen, dass ich nicht stundenlang stehend fahren kann - was auf Schotter sonst eigentlich am besten geht, aber auf Dauer zu ermüdend ist. Sitzend eiert die sonst eigentlich sehr willige 660er XT viel dramatischer durch loses Material. Aber Übung macht den Meister. Sogar die immer wieder auftauchenden Sandpassagen - mit Schwung und stehend geht's hier nur - verlieren nach einer Weile ihren Schrecken. Einer bleibt allerdings in einem besonders langen und tiefen Stück "stecken" und steigt unfreiwillig ab.


Aber immer mehr kann der Blick auch die Landschaft geniessen, die noch neu ist und ungewohnt. Um aus der Trinkblase im Rucksack trinken zu können, muss ich anhalten - einhändig zu fahren liegt nicht drin. Jeweils eine Gelegenheit, um ein, zwei Fotos zu machen.




Das Wetter ist gut, keine Spur mehr von Regen. Auch kaum Wasser auf der Strasse. Die rund 260 km bis Omaruru laufen gut, tiptop - ausser dass ich nach wie vor mit zu viel "Energie" fahre, verkrampft etwas, zu viel stehe, den Lenker zu sehr festklammere. Die 2 Liter Wasser aus der Trinkblase sind schon 20 km vor Omaruru weg - und es wird wärmer und wärmer, es geht wohl so gegen 32°. In Omaruru kommen die ersten eine gute Stunde vor den letzten an. Die Empfehlung, nicht schneller als 80 km/h zu fahren wird offensichtlich nicht so ganz von allen befolgt. Ich selbst bin der Drittletzte, der da ankommt. Wir kehren in einem Restaurant ein, trinken wie die Kühe, essen gräuliche Toasts. Es steht noch die letzte Etappe von knapp 90 km an bis zur Mount Etjo Lodge östlich von Omaruru. Einer nach dem anderen fährt los, wieder geht es bald auf eine kleine Nebenpiste, die D2329.

Und dann, so um 16 Uhr am ersten Tourtag, ca. 30 km östlich von Omaruru passiert es. Ein Warzenschwein hetzt in Panik über die Strasse, muss sogar noch einen Haken schlagen, damit die Sau es vor mein Vorderrad schafft. Ich hab sie nicht kommen sehen und ich habe keine Chance. Mit knapp 70 km/h fahre ich der Sau in die Seite, es fühlt sich an, als wäre das Tier aus Holz. Das letzte, an das ich mich erinnern kann ist, dass das Hinterrad sofort hochgestiegen ist...

Ich muss einige Minuten bewusstlos auf der Strasse gelegen haben, denn das nächste an das ich mich erinnere ist, dass zwei aus der Gruppe sich um mich gekümmert haben. Die sind aber nicht hinter mir hergefahren, sondern sind mit einigem Abstand gefolgt. Sie helfen mir aus dem Helm, nehmen mir den Rucksack ab - und dann kommt die entscheidende Frage.... "Kannst du aufstehen?"

Obwohl mir wirklich alles ganz verheerend weh tut - schaff ich es tatsächlich, mich hochzurappeln. Fast falle ich wieder in Ohnmacht, als ich stehe. Meine ganze rechte Seite tut höllisch weh, ausserdem auch das linke Handgelenk. Das Warzenschwein ist verschwunden - in den nächsten Tagen lerne ich, dass eigentlich jeder als erstes immer wissen will, was aus der Sau geworden ist. Ich setze mich auf einen Erdwall am Strassenrand und warte, bis das Begleitfahrzeug da ist. Das Motorrad, das zwar nicht so schlimm aussieht, aber nachhaltig verbogen ist, wird auf den Trailer geladen. Ich selbst habe lange, bis ich auf dem Rücksitz sitze, denn mein Knie tut weh - wie sonst noch vieles - und lässt sich nur mit Schmerzen anwinkeln. Aber es geht und wir fahren in die Lodge.

Am nächsten Morgen muss ich einsehen, dass ich nicht mehr Motorrad fahren werde. Ich bin tiefblau bis schwarz rechts, das Fussgelenk ist gestaucht und geschwollen, das Knie ist gestaucht und geschwollen und meine Schulter tut weh und ich kann den rechten Arm nicht heben. Heute weiss ich, dass drei von vier Sehnen in der Schulter gerissen sind - eine Rotatorenmanschettenruptur. Auch mein linkes Handgelenk ist gestaucht. Das ist hart! Am ersten Tag schon ist die Tour zu Ende? Dabei war ich so gut vorbereitet und bin so vorsichtig gefahren....

Ich nehme mit den anderen am morgendlichen Gamedrive teil, denn rumhumpeln kann ich. Gebrochen ist nix und wenn ich richtig sitze, tut eigentlich nichts so ganz richtig weh. Ich sehe meine ersten Wildtiere hier in Namibia.




Dann muss ich zusehen, wie die andern der Gruppe wieder losfahren - das ist nun wirklich BITTER! Ich muss zurück bleiben, ich werde am Nachmittag abgeholt und mit dem geschrotteten Motorrad nach Windhoek zurückgefahren. Alleine humple ich durch die wirklich sehr schöne Anlage der Mount Etjo Lodge, kucke mir die Nilpferde an und die Flamingos - und nehme mit den wenigen anderen Gästen zur Kenntnis, dass Trump gewählt worden ist - noch so ein eher unwirkliches Ereignis.

Am Nachmittag kommt dann das Fahrzeug, es ist ein anderer Guide, der mich holen kommt. Auf der fast dreistündigen Fahrt beraten wir, wie es weiter geht. Ich muss entscheiden, ob ich ins Spital will oder nicht. Da sich meine Schmerzen in Grenzen halten und ich nichts gebrochen habe - entscheide ich mich dagegen. Die ganze Reise wäre zu Ende - dafür geht's mir nun einfach nicht schlecht genug. Stattdessen organisiert mir der Guide noch unterwegs einen Mietwagen, den ich dann am folgenden Tag in Windhoek abholen kann. Damit kann ich dann die Gruppe nach etwa 500 km Teerstrasse wieder einholen - bei der Vingerklip Lodge. Meine Depression verflüchtigt sich langsam...
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02 Jan 2017 11:00 #457545
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hallo Robertoho,
danke für deine ausführlichen Grundgedanken. Auch für uns als Drittttäter in spe höchst informativ, vor allem die Verweise auf diese und jene altäglichen "Tücken", welche den blauäugigen Touri so begegnen könnten :S und welche sich im Vorfeld vermeiden liessen :whistle:
Schade, dass deine Töffrallye ein so abruptes Ende gefunden hatte. Wir hatten damals bei Onguma eine unserer Begegnungen "der besonderen Art". Stehende Töfffahrer :silly: Jetzt wissen wir warum :ohmy:
Bin gespannt, wie's weiter geht :cheer:
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02 Jan 2017 17:07 #457596
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Von nun an war ich also im Auto unterwegs - was ganz ehrlich gesagt auch bedeutend komfortabler war und auch mehr Gelegenheit fürs Kucken und Fotografieren bot. Und ich werde hier nicht Strecke um Strecke, Lodge um Lodge oder Tier um Tier durchhecheln, sondern ein wenig thematisch gliedern.

Weswegen kommt man denn eigentlich nach Namibia? Es war in Lüderitz, als wir einen alleinreisenden Deutschen trafen, der uns im Gespräch anvertraute, er möge eigentlich keine Wüsten. Wieso er dann ausgerechnet dahin gekommen ist, blieb uns verschlossen. Heute, nach unserer Reise, denke ich, dass eben "Wüsten" schon irgendwie der Hauptgrund sind, weswegen man nach Namibia kommt. Wüsten und alles, was damit zusammenhängt. Farben, Stimmungen, die Weite, die Tiere, die Wärme, die Knappheit an Wasser, die Ureinwohner, die Zugezogenen, die Kultur, die Wirtschaft - alles ist von "der Wüste" geprägt. Wenn man keine Wüsten mag, sollte man vielleicht ein anderes Reiseziel als Namibia wählen.

Gemäss Definition ist eine Wüste ein Gebiet, das zu weniger als 5% von Vegetation bedeckt ist. Namibia gibt einem unzählige wundervolle Gelegenheiten zu entdecken, wie unglaublich unterschiedlich das dann letztlich aussehen kann. Die Eindrücke von "Wüste" sind fast unendlich verschieden - auch wenn sie immer wieder ähnlich sind. Das hat uns und unserem Blick für die Welt sehr entsprochen. Offenbar mögen wir Wüsten. Für uns war der Eindruck von Weite und von Farben wohl der, der uns am meisten verzückt hat. Dem kam entgegen, dass wir (wie wohl viele) sehr viel Zeit damit verbracht haben, schlicht und einfach durch die Landschaften zu fahren - mit dem Auto. Denn das ist wohl wirklich die Hauptsache dort: Man fährt. Nicht bloss um von Ziel zu Ziel zu gelangen, sondern um der Fahrt willen. Für mich ein Punkt, der sehr stark für die Variante als Selbstfahrer spricht.

Sinnbildlich dafür sind meine Lieblingsbilder: Strassen zum Horizont. Solche habe ich wohl über hundert gemacht - und bei jedem hätt ich wieder fast ausflippen können, so geil fand ich die immer. Hier eine Auswahl davon. Das Schöne an diesen Bildern ist subtil - man muss sie wirken lassen. Und sich wahrscheinlich vorstellen, man stünde da...

Auf der 500 km langen Fahrt auf der B1 nach Norden gen Otjiwarongo


Auf dem Weg zum Grootbergpass


Gen Kalkrand, am Rande der Kalahari


Auch die Bahnllinie führt zum Horizont, hier in der Nähe des Fishriver Canyon. Ganz am Ende der Reise haben wir woanders sogar tatsächlich mal einen Zug gesehen auf diesen Schienen...


Die Strasse, die im Fishriver Canyon-Park zur Canyon-Kante führt


Die "Strasse ins Nichts", die einsamste, abgelegenste Strasse, die wir angetroffen haben, die D316 vom Aussenkehr-Park gegen Noordoewer


Auf der D707 von Aus nach Norden "durch die Berge" - von der wir uns eigentlich mehr versprochen haben


Und hier mein Favorit: Auf der C27 in Richtung Sesriem
Letzte Änderung: 02 Jan 2017 17:31 von Robertoho.
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