THEMA: Von Elefanten gejagt, von Katzen verlassen
25 Jun 2013 20:05 #293645
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  • erdferkel am 25 Jun 2013 20:05
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:ohmy: Jetzt ist Moose ja schon in Swaziland angekommen... bis dahin war es aber noch ein weiter Weg.

Als wir den Grenzübergang erreichen, erleben wir erst mal das bekannte Bild: auf südafrikanischer Seite ist alles modern und auf Hochglanz poliert, die Damen der Border Police tragen topmodische Uniformen und wir sind innerhalb weniger Minuten ausgecheckt und fahren mit etwas mulmigem Gefühl auf die Seite von Swaziland.

Nachdem wir einige Male unsicher in der Gegend herum geguckt haben, entdecken wir zufällig einen baufällig aussehenden Schuppen, das muss wohl die Passkontrolle für Swaziland sein.

Innen erblicken wir einen abgewetzten hölzernen Tresen, der mich an den Bahnhofskiosk in dem oberbayerischen Dorf erinnert, in dem ich aufgewachsen bin, so ca. anno 1977, als ich dort mein erstes Capri-Eis für fünfzig Pfennig erstanden habe. Au weia, denken wir. Das wird bestimmt eine langwierige Einreiseprozedur. Vor meinem inneren Auge erscheint eine zerfledderte Kladde, in der umständliche klein bedruckte Formulare auszufüllen sind, mit Schuhgröße der Urgroßmutter, Blutgruppen sämtlicher Tanten und Onkel und die KFZ-Kennzeichen meiner Eltern der letzten 20 Jahre. Natürlich in dreifacher Ausfertigung, weil das Kohlepapier schon runtergenudelt ist. Naja, das muss man halt über sich ergehen lassen... this is AfriNEXT ONE PLEASE!!! :blush: "Achso äh ja also..."

Ein drahtiger junger Mann bittet uns um die Pässe, weil wir ohne es zu merken am vorderen Ende der sehr kurzen Warteschlange angekommen sind. Wie die Zunge eines ausgehungerten Chamäleons nach einer saftigen Heuschrecke, so greift seine Hand nach unseren Reisedokumenten. Mit der Geschwindigkeit einer Aldi-Kassiererin aus den 90er Jahren, als es dort noch keine Barcodelesegeräte gab, hämmert er unsere Daten in einen Computer, heißt uns willkommen, übertrifft in der Härte des Stempelaufdrucks noch seine südafrikanischen Kollegen und schickt uns weiter zu Schalter zwei, wo wir 50 Rand Straßenbenutzungsgebühr entrichten. Das war's schon? Afrika ist auch nicht mehr das, was es einmal war...

Als wir wieder in unser Feuerwehrauto einsteigen, erwartet uns noch Station drei. Ein junger Grenzbeamter heißt uns per Handschlag herzlich willkommen und plaudert noch ein bißchen über unsere Reisepläne. Dann sind wir auf uns allein gestellt.

Die Straßen sehen auf den ersten Blick ganz ähnlich aus wie in Südafrika, nur dass sie ein paar mehr Schlaglöcher haben und auf der Straße viel mehr Menschen und Tiere laufen. Das Tempolimit "120" ist ein frommer Wunsch, wir trauen uns höchstens 90. Obwohl wir auf dem gleichen Kontinent und in der gleichen geografischen Region geblieben sind, fühlt sich alles irgendwie seltsam an.
Letzte Änderung: 17 Jul 2013 22:03 von erdferkel.
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25 Jun 2013 21:43 #293666
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  • joberlin am 25 Jun 2013 21:43
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Hallo Erdferkel und Moose,

ich lese seid vielen Monaten hier im Forum die Reisebericht.
Nun ist es aber so weit, ich habe mich im Forum angemeldet. :cheer:
Ich mag diesen Reisebericht und die Art wie Ihr beide diesen schreibt, bin schon sehr auf die nächsten Etappen und Fotos gespannt.

Gruß aus Berlin Reinickendorf
Jo
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25 Jun 2013 22:17 #293674
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  • heuchef am 25 Jun 2013 22:17
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Hallo Jo,

herzlich willkommen hier im Forum - Ihr braucht euch nicht zu verstecken ;) B)

Aber auch ich lese den Bericht von Erdferkel und Moose von Anfang an mit und will hier auch noch mal sagen, dass er mich schlichtweg fasziniert :woohoo:

Einfach klasse !!!

Helgi
Reisebericht 2012: 8 Löwen und ein Oryx
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27 Jun 2013 01:37 #293822
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Als wir abends im Hlane Royal National Park ankommen, bietet man uns einen teuren Game Drive an, den wir dankend ablehnen. Mit dem Abendessen kommt dann doch noch mal leichtes Retro-Afrika-Feeling auf, denn wir müssen vorher anmelden, wann wir vorhaben, unser Essen zu bestellen.

Vorher noch ein Blick auf das Wasserloch, das zum Camp gehört:



und dazu ein grimmiges Hippo, das aber leider nicht mehr vor unseren Augen aus dem Wasser steigen wollte:



(aber man kann ja schon mal so tun als ob)

Zum Abendessen nehmen wir in einer sehr großen aber spartanisch angelegten Lapa Platz. Nachdem wir also zum angemeldeten Zeitpunkt angekommen sind, müssen wir uns quasi noch mal anmelden, dass wir jetzt demnächst gerne bestellen möchten. Während wir auf das Abendessen warten, kommt der örtliche Ranger an unserem Tisch zu Besuch und unterhält uns mit kurzweiligen Geschichten aus dem Leben. Das Warten auf das Essen hat sich dann allerdings gelohnt, sie haben es sehr gut hinbekommen. RIchtig gemütlich ist es in der Riesen-Lapa, wo einschließlich unserem nur zwei Tische besetzt sind, aber nicht. Nachts genießen wir vor dem Einschlafen noch entferntes Löwengebrüll. Wenn man schon keine zu sehen bekommt...
Letzte Änderung: 17 Jul 2013 22:05 von erdferkel.
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27 Jun 2013 10:32 #293850
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Am nächsten Tag erfahren wir, dass wir selber nicht durch den Hlane Royal National Park fahren können, die Wege seien wegen des schlechten Zustands nach den Regenfällen gesperrt. Eigentlich haben wir von dem seltsamen Ostalgie-Feeling hier auch genug und so beschließen wir, direkt Richtung Südafrika, Krüger-Nationalpark zu fahren. Das denken wir zumindest.

Unser nettes Open Street Map Navigationsprogramm hat uns ja bisher zuverlässig geleitet (ok, in Mtubatuba war es etwas überfordert) und so vertrauen wir darauf, während wir durch eine seltsam leere Landschaft fahren. Am Horizont sind zwar Berge, aber ansonsten gibt es kaum noch etwas, an das wir uns im Nachhinein erinnert haben. Da standen überall Warnschilder mit Foot and Mouth Disesase und LKWs wurden von der Polizei kontrolliert. Wir fühlen uns ein wenig wie Astronauten nach der Mondlandung, die mit ihren letzten Sauerstoffreserven schnell zur Erde zurück fliegen wollen (oder wie West-Berliner vor der Wende auf einer Transitstrecke durch die DDR).

Als wir uns dann schließlich einem Grenzposten nähern, weilt die Freude über die Rückkehr nach Südafrika nur kurz, denn dahinter liegt Mozambique :ohmy: ! Langsam dämmert uns, dass wir den Launen eines Android-Programmierers zum Opfer gefallen sind. Das nette Progrämmchen hat nämlich den vermeintlich schnellsten Weg in Unkenntnis afrikanischer Verhältnisse gewählt, und der führt "direkt" über Maputo.

Wer weiß, mit den "afrikanischen Verhältnissen" haben wir uns ja schon öfter geirrt und vielleicht hätte uns hinter der Grenze eine nagelneue sechsspurige Autobahn mit Marché-Raststätten erwartet. Leider konnten wir das nicht in Erfahrung bringen, denn unser Permit fürs Auto galt nur bis Swaziland. Unter den mißtrauischen Blicken der Uniformierten wenden wir und programmieren uns Wegpunkte, die auf der diesmal richtigen Route liegen. 40km Umweg sind ja auch nicht so schlimm, zum Glück ist der Tank noch voll.

An einer großen Kreuzung, wo es rechts nach Südafrika geht, sind überall Absperrungen aufgebaut, wir können nicht anders und müssen hinter einem großen Reisebus halten, dessen Fahrgäste draußen von der Polizei kontrolliert werden, bevor sie wieder einsteigen dürfen. Ein Mann in einem mittelmäßig furchteinflößenden Flecktarnanzug hält uns auf und fragt uns, was wir hier wollen. Wir erklären unseren Irrtum und glauben, dass man hier wegen der Maul&Klauenseuche den Grenzverkehr aus Mozambique kontrolliert. Die Buskontrolle war zum Glück fast fertig und wenige Minuten später können wir endlich rechts abbiegen und Richtung Südafrika fahren.

Nachdem die südafrikanische Border Police uns wieder in Empfang genommen hat, freuen wir uns wie nach erfolgreichem Wiedereintritt in die Erdatmosphäre. Eigentlich komisch, denn die Leute in Swaziland waren alle sehr freundlich und passiert ist ja auch nichts, aber das nichts ist das Problem, denn da ist eben nichts.

Über die Crocodile Bridge fahren wir in den Krüger-Nationalpark. Im erstbesten Sanparks-Curio-Shop erstehen wir einen Plüsch-Dassie, den wir Morkel nennen, nach einen der Kuratoren des African Tuesday bei Google+.
Letzte Änderung: 17 Jul 2013 22:06 von erdferkel.
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27 Jun 2013 11:26 #293867
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  • Beate2 am 27 Jun 2013 11:26
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Hi Erdferkel,

ja, wenn das Navi in Afrika die schnellste Strecke ausgetüftelt hat, dann wird einem schon mal eine sightseeing tour geboten :whistle: :huh:
Wenn sie dann so harmlos abläuft wie bei euch - why not? :unsure:

Uns wollte "Katrin" mal mitten zwischen die Hütten schicken - auf dem schmalen Weg wären wir nach spätestens 20 Metern zwischen eben diesen Hütten stecken geblieben... :ohmy:
Da habe ich dann doch das Navigieren wieder übernommen ;)

Ich freue mich mit euch über eure tolle Hochzeitsreise! :cheer:
Liebe Grüße
Beate
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