Neben der Kirche gibt es ein Museum. Hier müssen wir unsere Fotoapparate, Rucksäcke, Handys etc. in Schrankfächer einschließen. Erst dann dürfen wir das Museum betreten. Es ist ähnlich dem Museum in Lalibela ein langgezogener Raum mit Vitrinen an den langen Wandseiten und in einer Doppelreihe in der Mitte. Da scheint es einen Masterplan zu geben, wie die äthiopische Kirche sich Museen vorstellt. Der Raum ist etwas größer. Zu sehen sind deutlich mehr Ausstellungsstücke. So zum Beispiel sehr viele Kronen der Herrscher ab dem 17. Jahrhundert. Reich verziert. Und daneben noch zwei „sehr alte“ Kronen, die in ihrer Schlichtheit auffällig den vier Kronen in Lalibela ähneln. Hinten im Raum befindet sich das Bett von Kaiser Haile Selassie. Dazu wie in Lalibela diverse Kreuze, Hostienbehälter, alte Gewänder und Musikinstrumente. Aber trotz der Vielzahl der Ausstellungsstücke bleibt bei mir doch der Eindruck, hier viele „neuere“ Gegenstände ab dem 17. Jahrhundert zu sehen. Jetzt wird mir erst richtig klar, dass wir im Museum in Lalibela tatsächlich sehr alte Stücke gesehen haben. Die Zeitangaben unseres Führers dort, die ich ehrlich gesagt etwas angezweifelt habe, erscheinen mir nun im Vergleich durchaus realistischer. Vor allem fehlen hier im Museum in Axum die uralten, auf Pergamentpapier geschriebenen großen Folianten, welche wir in Lalibela im Museum bewundern konnten. Das Museum in Axum hat mich nicht so beeindruckt. Der Besuch war aber dennoch wichtig. Hat er mir doch noch mehr verdeutlicht, wie besonders unser Museumsbesuch in Lalibela war.
Nach dem Museum heißt es für die Frauen mal wieder zurückbleiben. Mit einem neuen Guide gehen wir Männer zur alten Kathedrale St. Maria von Zion, vorbei an dem Bau, in dem die Bundeslade aufbewahrt wird. Jedenfalls sind sich da alle Äthiopier sicher. Wir dürfen bis zu einer Markierung etwa 10 Meter vor dem Gebäude heran treten. Er hat schon was, dieser legendenumwobener Bau.
Natürlich mache ich mir Gedanken, was an der Geschichte mit der Bundeslade dran sein könnte. Steckt in solch überlieferten Legende nicht oft ein wahrer Kern ? Erst vor kurzem lief hierzu auf Arte ein interessanter Bericht. Ein Historiker führte dort aus, das es wohl mehrere Bundesladen gab. Die Bundeslade sollte nach seinen Worten als Symbol für den Pakt Gottes mit dem jüdischen Volk gesehen werden. Möglicherweise war es daher so, das jeder der 12 Stämme eine Truhe besaß, welche die Bundeslade als Symbol dieses Paktes darstellte. Die Stämme führten demnach dieses machtvolle Symbol auch mit, wenn sie zu Kriegszügen aufbrachen. Wurde die Bundeslade dabei zerstört oder verfiel das Holz im Lauf der Zeit, wurde eben eine neue Truhe/Bundeslade als Symbol für den Pakt mit Gott gebaut. So gesehen könnte es durchaus sein, das frühe jüdische Auswanderer in den ersten Jahrhunderten tatsächlich solch eine Truhe mit sich führten und sich somit eine Bundeslade in Äthiopien befindet. Die aber dann bestimmt auch in späteren Jahrhunderten erneuert wurde. Denn Holz ist nun mal vergänglich. Wir werden es wohl nie erfahren, denn die äthiopische Kirche verweigert konsequent jegliche Untersuchungen durch Wissenschaftler, nicht nur hier in Axum.
Auf dem Platz vor der alten Zionskatherdrale wurden wohl schon die axumitischen Herrscher, später bis in die Neuzeit jedenfalls die äthiopischen Kaiser gekrönt.
Durch ein "Torhaus" kommt man zu einer Art Prozessionsweg. Gesäumt von etlichen sockelartige Thronunterbauten, die wohl von verschiedenen axumitischen Herrschern errichtet wurden, um an bedeutende Siege zu erinnern. Leider sind wohl wirklich nur noch die Fundamentsteine dieser „Throne“ erhalten. Weshalb uns unser neuer Guide aus nicht dorthin geführt hat.
Außerdem wurde auf einer Mauer direkt bei der alten Kathedrale das Fragment einer weiteren Stele abgelegt. Es liegt so unscheinbar auf der Mauer neben einem ebenfalls hier „gelagerten“ alten axumitsichen Wasserspeier auf einem in die Mauer eingearbeiteten Stein mit alter Inschrift, das ich es vor Ort leider komplett übersehen habe.
Und unser kurzzeitiger neuer äthiopischer Guide fand dies natürlich auch nicht erwähnenswert.
Sein Auftrag war ja, uns Männer in die alte Kathedrale zu führen. Ich habe es zufällig auf einem der Bilder, die ich von diesem Platz machte, entdeckt und entsprechend recherchieren können: Das Fragment stammt von der als Stele 4 bezeichneten vor der heutigen Rundkirche Enda Yesus liegende Stele mit sechs Reliefstockwerken. Es handelt sich um oberste Stockwerksfenster mit zwei Lanzen darüber. Man kann auch noch ein kleines Stück des darüber beginnenden Kopfendes der Stele erkennen. Die dargestellten Lanzenspitzen sind einzigartig und ihre Bedeutung unklar. Keine andere Stele weist solche Reliefs auf.
Jetzt heißt es wieder Schuhe ausziehen. Diesmal sollen wir sie laut unserem Guide mit in die Kirche nehmen und Innen an der Wand abstellen. Draußen seien schon mehrfach Schuhe verschwunden. Im Inneren der Kathedrale zeigt uns unser Führer ein altes Buch, das in etliche Tücher eingewickelt ist.
Nach und nach packt er es aus und zeigt uns einige Seiten. Es ist sichtbar abgegriffen von den vielen Gottesdiensten im Lauf der Zeit.
Wir sehen noch einige Reste des alten Mauerwerks eines der Vorgängerbauten. Sie stellen die Form des Gebetsstabes sowie ein Kreuz mit Früchten darunter dar.
Im Hauptraum sind einige Gläubige und Priester im Gebet.
Das große Gemälde oben am Eingang zum Allerheiligsten stellt oben die heilige Dreifaltigkeit (Selassie) dar.
In der Mitte sind die 12 Apostel mit Engeln abgebildet. Und unten links König Salomon und die Königin von Saba, unten mittig die Versuchung im Garten Eden und unten rechts die Vertreibung aus dem Paradies.
Ein weiteres Gemälde stellt unter der Gottesmutter mit Jesuskind den Kaiser Fasilidas und darunter die „neun Heiligen“ dar.
Unter Kaiser Fasilidas wurde um 1650 n. Chr. die etwa 100 Jahre zuvor zum wiederholten Male von Feinden zerstörte Kathedrale im bis heute erhaltenen frühen Gondar-Stil neu aufgebaut. Über Kaiser Fasilidas werden wir bei unserer nächsten Station in Gondar mehr hören. Neben weiteren Bildern sehen wir hier zwei unterschiedliche Darstellungen der Maria: Einmal als die uns vertraute Version als Europäerin, einmal als Afrikanerin.