26.07.12 Ifaty: segelnd, schnorchelnd, karrend, kriechend
Das Meer glänzt im aufgehenden Sonnenlicht. Wir sitzen alle auf einem offenen Zwischenboden, gleich neben der Bar, unter einem riesigen afrikanischen Baum und warten auf das Frühstück. Ausgerechnet heute fehlen aber die Brötchen und dabei haben wir doch mit Florent, einem der beiden madagassischen Jungs, um Punkt 9.00 Uhr abgemacht. "Der Bäcker ist wohl mit dem Ochsenkarren stecken geblieben."
Die Piroge, Florent und sein Segel-Vorschoter-Gehilfe liegen bereits im Sand bereit, als wir doch noch unser geliebtes Z’morge geniessen dürfen. Parisettbrote mit Butter und Wildhonig und dazu einen feinen Vanille Tee, oder einen .... naja... (irgendwie) Kaffee.
Ganz alle sitzen nicht am Tisch, Claude und Nicole fehlen in unserer Runde. Sie sind bestimmt schon über alle Savannen, unterwegs ins zentrale Hochland. Etwas traurig schlucken unsere Kinder die letzten Bissen runter, und dann begeben wir uns an den Strand zum ausgemachten "Rendez-vous".
Flossen, Taucherbrillen und Schnorchel liegen im Einbaum-Segelboot bereit, so nehmen wir denn die Herausforderung an und setzen uns irgendwie auf die Planken und Latten des Schiffs, der Törn aufs naheliegende Riff kann beginnen. Der Wind trägt uns fünf Kilometer aufs offene Meer hinaus, dorthin wo sich in untiefem Wasser die Wellen wieder brechen.
An der inneren Seite des Riffs befestigt unser Skipper die Piroge an einem vor Anker liegenden Boot. Weit ab vom sicheren Land steigen wir fünf in die raue See und versuchen uns im tropicfish-snorkeling. Tropisch sind leider nur die Fische, das Wasser erscheint uns frisch und auch der Seegang entspricht doch eher dem des Nordatlantiks als demjenigen des ruhigen pazifischen Ozeans. Nach einer Viertelstunde Kampf gegen die Wellen steigen unsere Kinder bereits wieder fröstelnd in den Schutz der wärme spendenden Piroge. Auch wir Erwachsenen halten dem Wellengang nicht länger stand und brechen unser Vorhaben, Nemo, den Clownfisch auf seiner Durchreise zu treffen, ab. Trotzdem, die Fahrt auf der Piroge für sich ist schon den Aufwand wert. Ohne grosse Hightechsegel, -Winden und -Falle gleitet das einfache Segelboot durchs rauschende Meer und steht einem industriellen Segelschiff in nichts nach.
Am späteren Nachmittag holt uns Florent, zusammen mit einem Zebubauer im, mit Ochsen bespannten Karren beim Hotel ab. Im Licht der späten Sonne besuchen wir den angrenzenden, unter Naturschutz stehenden "Dornenwald". Die Zebuochsen ziehen unseren Wagen durchs Dorf, über staubige Wege bis hin zu den dürren Dornengewächsen, heilenden Aloepflanzen, den tentakelähnlichen Didieraceen (Kompassbäumen) und den mächtigen Baobab-Bäumen. Mit lustigen schnalzenden und grunzenden Geräuschen steuert der Bauer die Tiere in die richtige Richtung, schön bedächtig und geruhsam verrichten die Zebus friedlich ihre Arbeit.
Bei einer stattlichen Gruppierung dieser "upside down tree's" hält unser Karrenfahrer an und wir verlassen das Gefährt über die Räder. Endlich können wir die Baumriesen auch von nahe sehen. Sechs der acht Baobabbaumarten sind auf Madagaskar endemisch und werden nach vorhandenen Möglichkeiten auch geschützt. In diesem Wald gibt es drei Arten: Der gelb-blütige "Reniala", der graue "Za" und der "Fony", er ist orange und sieht aus wie ein Rüebli, daher wird er auch Karottenbaum genannt. Wir würden wohl auch den "Farafatsy" zu diesen Riesen zählen, er ist aber kein Baobab und wird für den Pirogenbau verwendet. Das Holz des echten Baobabs findet glücklicherweise kaum Verwendung im Alltag der Malagasy, es ist schwammig und zu weich. So schaffen es die ältesten Flaschenbäume, über 1000 Jahre alt zu werden.
Auf unserem Waldrundgang entdecken wir kleine, dünne, ja unscheinbare Halme. Es sind zehnjährige Baobabs, die schutzlos in dieser Wildnis am Boden stehen. Ganze drei Millimeter legen sie jährlich an Umfang zu. Wir besuchen aber auch uralte, mehrere Meter dicke Exemplare, die ihren Rang im Wald auf sicher haben. Es gibt welche, die stoisch wie ein Denkmal ihren Platz einnehmen, solche, die sich seit Jahrhunderten umarmen und es gibt jene mit löchriger Rinde, an denen die Kinder hochklettern können.... kennen wir vielleicht auch daher den Namen: "Affenbrotbaum"?
Florent zeigt uns noch viele andere Holzarten, so den "goldenen Delonix", aus seinem Holz werden Instrumente hergestellt. Er wird unserem Aussehen nach, auch der "Vasaha-Baum" genannt, weil er so bleich ist und sich an der Sonnenseite pellt.
Auf der Rückreise besuchen wir noch die Schildkröten-Schutzstation "village des tortues". Hier werden vom Aussterben bedrohte Strahlen- und Spinnenschildkröten gezüchtet, gepflegt und wieder ausgewildert.
Was für ein vielseitiger und abwechslungsreicher Tag neigt sich dem Ende zu. Und wie im billigen Abenteuerroman reiten wir fünf auf unserem Ochsenkarren in den roten Sonnenuntergang, heimwärts, dem ruhigen, glänzenden Meer entgegen.