Rückflug von Nairobi in die Schweiz, 27. Januar 2015
Obwohl ich meinen Taxifahrer Albert erst auf 11 Uhr bestellt habe, bin ich zeitig auf. Geschlafen habe ich vor lauter Vorfreude nur sehr wenig. Nach dem Duschen packe ich alles zusammen und gehe frühstücken.
Da ich‘s kaum erwarten kann, von hier wegzukommen, bin ich schon viel zu früh fertig und schlage mir irgendwie die Zeit um die Ohren.
Das Azee Gästehaus, meine Unterkunft für vier endlos lange Nächte.
Strelitzie
Pünktlich um 11 Uhr trifft Albert mit dem Taxi ein. Die Fahrt durch den Stossverkehr zum Spital dauert viel länger, als wenn ich zu Fuss gegangen wäre
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. Da ich ja nun meine Kamera dabei habe, mache ich vom Fahrzeug aus ein paar Fotos vom Aga Khan Hospital, wo Toni nun bereits seit dem 16. Januar liegt.
Das Aga Khan University Hospital, Nairobi
Dass ich das Spital fotografiert habe, ist nicht unentdeckt geblieben
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, denn bei der Einfahrt aufs Gelände kriege ich von einem Sicherheitsmann einen strengen Rüffel
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. Das Fotografieren des Spitals sei strengstens verboten, sagt er. Naja, ich nehm das nicht so ernst, aber Albert ist‘s irgendwie peinlich
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. Ich sage dem Sicherheitsfritzen, dass auf dem gesamten Spitalareal an jeder Ecke Rauchverbotstafeln angebracht seien - was mich eh nervt
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, da ich ja Raucherin bin - aber von einem Fotografierverbot hätte ich nirgends was gesehen. Kann ja sein, dass er sich nur etwas wichtig machen wollte
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.
Albert hilft mir, den schweren Koffer zu tragen. Am Gebäudeeingang wird mein gesamtes Gepäck inkl. Handrolli und Handtasche genau kontrolliert und nachdem man keine Bombe darin gefunden hat
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, bringt mich Albert bis vor Tonis Zimmer. Danke Albert und immer schön an mich denken, wenn du deine Fingernägel feilst
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.
Toni und ich schlagen uns nun die Zeit mit Quasseln tot, denn es ist ja noch lange nicht 18 Uhr. Nach und nach kommen die Ärzte und das Pflegepersonal, die sich so super um Toni gekümmert hatten um sich von uns zu verabschieden. Und falls es euch interessiert - es ist kein einziger Europäer darunter. Weder Toni noch ich haben in diesem Spital je einen europäischen Arzt gesehen. Es funktioniert also auch ohne
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- um das mal erwähnt zu haben
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. Der Chefarzt und der Neurologe Dr. Hooker zum Beispiel sind Inder, aber es sind auch sehr viele schwarze Ärzte dabei. Wir sind ihnen noch heute sehr dankbar dafür, dass sie das GBS bei Toni so schnell erkannt, und umgehend mit der äusserst wichtigen, aber sehr teuren Immunglobulin-Therapie begonnen haben. Diese Krankheit kann nämlich lebensgefährlich sein, wenn die Hilfe zu spät kommt. Da wir in der Zwischenzeit mit mehreren Betroffenen Kontakt hatten, wissen wir, dass das nicht selbstverständlich ist und dass bei ihnen bis zur richtigen Diagnose oft wertvolle Zeit verloren gegangen war.
Der Therapeut holt Toni ein letztes Mal ab, um mit ihm im Fitnessraum einige Kraftübungen zu machen.
Hier der Schaumstoffball
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, den Dr. Hooker Toni geschenkt hat
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, damit er seine Handmuskeln trainieren kann.
Toni hat vorläufig noch keine Chance, den Ball nur ansatzweise zusammenzudrücken
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.
Die Zeit vergeht sehr schleppend, aber die vereinbarte Abholzeit 18 Uhr rückt trotzdem immer näher. Um 19 Uhr erkundige ich mich, ob man uns vergessen habe
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, aber es heisst, dass wir uns keine Sorgen machen müssen, der Krankenwagen sei bereits unterwegs. Endlich, kurz nach 20 Uhr betreten eine Ärztin und ein Arzt von Amref Health Africa das Zimmer. Toni wird umgebettet und zusammen mit unserem Gepäck und mir in den bereitstehenden Krankenwagen gebracht. Jetzt wird‘s dann langsam knapp, da der Ambulanzjet ja für 22 Uhr erwartet wird und wir erfahrungsgemäss für die Fahrt zum Flughafen mindestens zwei Stunden einplanen müssen.
Die zwei Ärzte sitzen hinten im Krankenwagen bei Toni und ich darf neben dem Fahrer Platz nehmen
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Der Kerl mit dem mächtigen Unterkiefer fährt ganz anständig und gesittet aus dem Spitalgelände, biegt links auf die Hauptstrasse ab und nach ein paar Metern grinst er mich an, drückt auf einen Knopf, die Sirene heult und dann gibt er Gas
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und fährt wie ein Irrer durch Nairobi in Richtung Jomo Kenyatta International Airport
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. Dabei spielt es ihm keine Rolle, auf welcher Strassenseite er fährt. Wenn es ihm zu langsam geht, überquert er kurzerhand die Grünflächen
![:woohoo: :woohoo:](/media/kunena/emoticons/w00t.png)
und rast als Geisterfahrer auf der Gegenseite weiter
![:woohoo: :woohoo:](/media/kunena/emoticons/w00t.png)
. Dabei verstellt er je nach Dringlichkeitsstufe immer wieder den Sirenenton. Ein paar Mal fährt er auch auf Gehwegen
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neben der Fahrbahn und verscheucht mit lautem Sirenengeheul die verschreckten Fussgänger, die entsetzt auf alle Seiten auseinanderstieben
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. Als er dann noch von der verkehrten Seite in einen Kreisel fährt, erwischt er fast einen Polizisten
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, der krampfhaft und verzweifelt versucht, ein wenig Ordnung ins Chaos zu bringen. Ab und zu schaut er grinsend zu mir rüber und ich grinse zurück
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. Ja, ich gebe ehrlich zu, dass mir diese Fahrt richtig Spass macht
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. Durch ein kleines Fenster kann ich Toni sehen, der gut angebunden auf der Bahre liegt, mit dem Arzt plaudert und gar nicht so richtig mitkriegt, was da so vor sich geht. Die Ärztin studiert abwechslungsweise Tonis Krankendossier oder spielt mit ihrem Handy.
Nach einer Rekordzeit erreichen wir, nachdem der Wahnsinnige einfach laut gestikulierend zwei Sicherheitsschranken umfährt
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, das Flughafengelände. Eine Betreuerin vom Amref steigt zu und verlangt unsere Pässe. Ein Stück weiter halten wir nochmals an und die Betreuerin geht mit mir zur Passkontrolle, wobei sie erst ihre Schuhe ausziehen und aufs Band legen muss
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. Sie schildert dem Beamten unseren Fall, wobei ich außer „Private Jet“ nichts weiter verstehe, aber das reicht für eine Spezialbehandlung seitens des Beamten
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. Er stempelt umgehend unsere Pässe ab und kommt dann noch mit zum Ambulanzfahrzeug, wo er Toni gute Besserung und schönen Heimflug wünscht und ein wenig mit den Äzten plaudert.
Seit unserer Abfahrt im Spital ist nun genau eine Stunde vergangen und wir sind bereits abgefertigt
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. Meine Taxifahrt mit Julius bei meiner Ankunft in Nairobi dauerte bei der selben Strecke damals gut zwei Stunden - und das auf Schleichwegen.
Nun rollen wir zu einer Einfahrt, die extra für uns von einem Sicherheitsmann aufgeschlossen wird und parkieren zwischen ein paar Flugzeugen, um auf den Rega-Jet zu warten. Es dauert nicht lange, bis die Meldung kommt, dass der Flieger in ca. 15 Minuten landen werde, was dann auch stimmmt
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Zuerst wird er aufgetankt und dann kriegen wir grünes Licht und fahren direkt neben die Challenger.
Ich bin schon etwas gerührt und muss mir die Tränen verkneifen
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Rega steht in grossen Buchstaben drauf, Swiss Air-Ambulance und ein grosses, rotes Schweizer Kreuz.
Ein Stück Heimat. Die Retter sind angekommen. Bald werden wir daheim sein. Auch Toni ist sichtlich ergriffen und freut sich ungemein.
Kurz darauf kommen eine Rega-Ärztin und eine Krankenpflegerin ins Ambulanzfahrzeug um sich vorzustellen und hallo zu sagen. Die Amref-Ärzte übergeben ihnen Tonis Krankendossier inkl. Röntgenbilder und eine grosse Tüte verschiedene Medikamente als „Wegzehrung“. Auch die vier Piloten stellen sich uns vor und begrüssen uns sehr herzlich. Sie kommen mit einer Patientin direkt aus Sri Lanka und haben nun noch den Umweg über Nairobi gemacht um uns mitzunehmen.
Toni wird auf eine andere Liege umgebettet, gut angebunden und über eine Rampe in den Jet verfrachtet. Dann wird er mit Sauerstoff versorgt und an verschiedene Überwachungsgeräte angeschlossen.
Gegenüber liegt die Patientin aus Sri Lanka mit angebrochenem Genick. Sie ist so fixiert, dass sie sich nicht bewegen kann. Eine grosse Welle hat sie scheints erfasst und mit voller Wucht an Land geschleudert. Ihr Mann sitzt auch im Flugzeug.
Um 23.30 Uhr hebt der Ambulanzjet der Rega ab.
Ich bin traurig und erleichtert zugleich.
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Auf Wiedersehen Kenia.
Fortsetzung folgt………….