THEMA: Sambia + Malawi: nicht nur gesehen, sondern erlebt
03 Nov 2011 19:41 #211713
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Hallo girwal,

vielen Dank, dass Du uns an Euren Erlebnissen in Sambia und Malawi teilhaben lässt. Es macht richtig Spaß Dein Tagebuch zu verfolgen und versüßt die Zeit des Wartens bis zu unserer nächsten Afrikatour.

LG
Botswanadreams
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"Alles, was ich jetzt wollte, war nach Afrika zurückzukommen. Ich hatte es noch nicht einmal verlassen, aber wenn ich nachts aufwachte, lag ich lauschend da, bereits voller Heimweh danach."
Ernest Hemingway
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04 Nov 2011 15:40 #211815
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Montag, 19.09.2011
Huuh! War diese Nacht kalt! Mit Socken im Schlafsack kann ich gerade knapp über die Schlafrunden während Rosmarie trotz langem Pyjama vor Kälte gejammert hat. Und gejammert hat sie auch wegen dem angeblich dauernden nächtlichen Gebrumm, Gejaule und Geröhre. Wohlverstanden nicht etwa von mir, sondern von ihren anderen Ferienfreunden am Fluss. Oder gar von den von ihr lang ersehnten Löwen?
Gleich gehen wir nochmals um 6:30 Uhr auf Game Walk mit Lady McBrides. Diesmal liegt der Fokus bei den Vögeln und der Ausmarsch dauert volle 3 ½ h. Neue Sichtungen sind: Schreiseeadler (fish eagle), Ohrengeier (lapped-faced vulture) und drei Elefanten in der Ferne.





Der lange Ausmarsch lässt das Frühstück dann zum Mini-Brunch mutieren, wobei ich das beginnende Kopfweh erfolgreich mit zwei Tassen Kaffee beseitigen kann. Unter diesen Umständen schmeckt sogar Standard-Nescafe-Gold hervorragend; auf Expedition braucht es gar nicht unbedingt eine Nespresso-Maschine (wie sie die südafrikanischen Camping-Nachbarn in ihrem Camping-Anhänger eingebaut haben). Die Ursache für das Kopfweh vermute ich eher im Kaffee-Entzug als in der prallen Morgensonne.

Das Wenigtun über Mittag wird nur unterbrochen durch Vogelbeobachtung und Fotografierversuche mit dem Stativ. Dies ist in der Mittagshitze (wohl gute 33° C) schweisstreibend und in der fotografischen Ausbeute zwischen niederschmetternd und resultatlos. Zum Glück haben wir für 16:30 Uhr den Boat Trip gebucht. Mit einem kleinen zweistöckigen katamaran-ähnlichen Boot geht es mit weniger als 10 Personen auf den breiten und trägen Kafue. Die sehr beschauliche Fahrt bei noch gleissender Abendsonne wirkt ungemein beruhigend.



Wir kommen mit unseren Camping-Nachbarn (einem italienischen Arzt und seiner simbabwischen, schwarzen Frau)verstärkt ins Gespräch über Zustände und die Probleme in verschiedenen Ländern der Region und die Mentalität verschiedener Völker. Hochinteressant dabei ist, auch die Meinung von echten Kennern der Situation zu hören.

Währenddessen kurvt der Bootsführer auf dem untiefen Kafue(nur 1-2 m) um mehrere Hippo-Ansammlungen. Es scheint fast so, als hätten dabei die ehemaligen Todfeinde von Rosmarie zu ihren Favoriten gewechselt: kein ersichtliches Zeichen von Angst von Rosmarie! Wie nur haben die Hippos diesen Stimmungsumschwung erreicht? Ich möchte ein Hippo sein! Zu Hause und im Geschäft wäre ich froh um diese Stimmungsumkehr-Fähigkeit. Aber lassen wir das in diesem tollen Ambiente!
Die übrige Tiersichtung bleibt auf unserer Wasserfahrt überschaubar mit einem Elefanten, einigen Reihern und kleineren Vögeln und wenigen, nicht allzu grossen Krokodilen. Ganz toll aber die Abendlichtlandschaft mit den grünen Bäumen am Ufer.

Eindeutiger Höhepunkt ist der Schluss der Bootsfahrt oberhalb unserer Campsite mit drei Elefanten am Wasser. Es folgt ein Eli-Fotoshooting bei stimmungsvoller Abendsonne.





Die grösste Herausforderung bei der Bootsfahrt: das an-Land-springen ohne Steg, was fast alle mit trockenen Füssen schaffen. Aber für die „In-den-Dreck-Springerin“ ist dann einiges Schuheputzen angesagt. Hoffentlich mit Lerneffekt bis über das Ferienende und über die eigene Person hinaus. So hoffe ich es wenigstens! Oder braucht es dazu hippo-mässige Stimmungsumkehr-fähigkeiten? Wir werden sehen.

Letzte Aktivitäten für heute sind die Genussbilanz und Kostenbilanz für unseren McBrides Aufenthalt.
Die Gesamtkosten von USD 292.- für Parkeintritte, Campsite, Game Walks und Boat Trip haben einen hohen Gegenwert bezüglich Erlebnis und Erholung ergeben und entsprechen unserer Planung. (Die reine Lodge-Variante hätte bei McBrides weit mehr als 1000 USD gekostet und in anderen Lodges im nördlichen Kafue noch deutlich mehr. Und wäre dabei auch so viel Filet-und-Feuer-Romantik mit inbegriffen gewesen wie in unserem Camping?)
Für uns ist heute ein einfaches Abschiedsessen im Nordkafue geplant als kulinarische Nachlese mit kaltem Kartoffel-Tomaten-Salat und einem letzten Schluck (seichwarmem) Shiraz-Wein. Dies mundet uns Glücklichen aber alles hervorragend; höchstwahrscheinlich emotional gewürzt mit dem lodernden Lagerfeuer Nr.3 als Geschmacksverstärker.

Kafue NP, McBrides Camp
Tagesdistanz: Auto 0 km
Boot wenige km
Fuss einige km
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05 Nov 2011 09:54 #211903
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Dienstag, 20.09.2011

Frühzeitig fahren wir zurück Richtung Mumbwe und begegnen während 2 ½ h einfach niemandem. Später erstaunt dann ein auffallendes Strassenschild eines Freiluftgefängnisses, wo sogar deren Vision klar deklariert ist.



In Mumbwe tanken wir voll (man zahlt momentan 7960 Kwacha, d.h. etwa 1,6 Fr. pro Liter) und ergänzen unseren Wasser-flaschenvorrat. Wir verschenken noch 2 Hemden an übel gekleidete Männer, welche grosse Freude zeigen und die Hemden gleich anziehen. Dann ist es aber Zeit für die Abfahrt, denn mittlerweile kommt gleich eine ganze Gruppe winkender Männer über die Strasse auf uns zu.



Flott geht die Fahrt auf der Teerstrasse weiter bis das Navigationsgerät uns fast metergenau auf eine Abzweigung Richtung unserer nächsten Destination (Puku Pan Lodge) führt. Dass diese scheinbar neue Strasse in der Strassenkarte von 2007 noch nicht eingezeichnet ist, irritiert nicht gross, denn es führen ja gemäss Reiseführer zwei Wege nach Puku Pan.



Auch die laufende Kontrolle liefert gute Resultate, denn auf den nächsten 3 km zeigt das Navi fast jede Strassenkurve exakt an. Dann aber plötzlich zeigt das Navi trotz weiterführendem Weg plötzlich keine Strasse mehr an und vermeldet ganz lapidar und streng periodisch „bitte auf den eingezeichneten Weg fahren“. Was sollen wir tun? Wir sind ja auf dem einzigen vorhandenen Weg. Also folgen wir – zumal auch die Himmelsrichtung stimmt und es schlicht keine Abzweigmöglichkeit gibt – der Fahrspur. Von Weg ist dann aber bald nicht mehr die Rede. Das dürre Gras zwischen den Rädern ist streckenweise fast 2m hoch und andernorts die Fahrspur ein ganz übel ausgetrocknetes Elefantengetrampel, so dass sogar halbes Schritttempo uns gehörig durchschüttelt.



Aber die Landschaft ist sehr abwechslungsreich: Miombobäume, ausgetrocknete Sümpfe und Bachläufe, hin und wieder ein kleiner Felsen und viele kleine Termitenhaufen.
Und plötzlich stehen wir vor einem Trockenbach mit fürchterlichen Steilborden. Mutig (oder schon fast ein wenig verzweifelt?) wage das Runterrutschen. Ja und dann gelingt auch die weniger schlimme Auffahrt auf der anderen Seite im zweiten Anlauf. Also sofort abhaken und ja keine Nervosität auf die Beifahrerin übertragen!

Abwechslung – oder sagen wir besser Ablenkung - gibt es zum Glück im Tierreich: ein ganzes Rudel grosser Antilopen und darunter die majestätische Rappenantilope. Von weitem auch mehrere leuchtende Sattelstörche, viele drollige Warzenschweinfamilien und ganze Sippschaften von Steppenpavianen. Allein meine Hände bleiben am Steuer und am Schaltknüppel und nicht auf dem Fotoauslöser. Fotografieren ist in dieser Situation nur Priorität 3 (Priorität 2 ist Durchkommen und Priorität 1 „cool“ bleiben). So dauert unsere Offroad-Expedition über viele viele weitere Kilometer. Das Navi zeigt mittlerweile nur noch die Zeitdistanz zum Ziel, welche allerdings angestiegen ist von 30 Minuten auf 1 ½ h. Da entfährt sogar mir ein „Mensch, wo sind wir denn?“. Nach zirka 30km dann der gemeinsame Beschluss: wir geben uns noch maximal 5 derartige km. Wenn bis dann die Situation sich nicht entspannt, kehren wir (verzweifelt) um. Aber nach 5 km hat sich die Szenerie noch keineswegs gebessert. Würden wir überhaupt auf dem Rückweg die steilere Bachwand schaffen? Ich fahre fatalistisch weiter. Irgendwo muss ja irgendetwas sein. Vor Monaten ist man ja hier auch mal mindestens einer durchgefahren. Ja und siehe da: nach keinen zwei weiteren km münden wir in einen deutlich besseren Weg. Nur: ist jetzt links oder rechts besser? Da hilft uns die Koordinatenveränderung des Navis wenigstens die bessere Richtung zu wählen.
Deutlich beruhigt sind wir erst als später ein kleines Schild mit „Puku Pan“ erscheint und uns links abbiegen lässt. Und das Navi ist kurzfristig mal wieder gleicher Meinung. Aber schon bald geht es wieder in die Wiesen, durch kleine Sumpfpassagen, durch Bachbetten und über veraltete Bengelbrücken. Mit mittlerweile deutlich gesteigertem Vertrauen ins Auto und in die eigenen Fahrkünste schaffen wir auch diese Hindernisse.
Aber auch hier ist an Fotos machen überhaupt nicht zu denken, aber jetzt aus ganz anderem Grund: die Tsetses sind unglaublich aggressiv und stechfreudig. Das von Tom im Namibia-Forum so hochgelobte „Avon Skin So Soft Original Dry Oil Body Spray“ nützt ebenso wenig wie das Antibrumm Forte oder das Autan.
Höhepunkt des Tages (mindestens für mich) ist dann eine Bachbettdurchquerung in ganz knapp Fahrzeugbreite zwischen einem Baum und einem 2 m tiefen Ausschwemmungsabgrund. Exakt und kontrolliert fahren ist da nur eine Vorraussetzung, Hoffen der Rest. Zur genauen Lagebeurteilung und "Zentimeterkontrolle" musste ich ganz einfach kurz raus. Resultat: „es“ hat gehalten aber „sie“ haben so richtig zu geschlagen: die Tsetses haben mehr als einen Treffer pro Sekunde gelandet, obwohl ich wie wild um mich geschlagen habe. Und dann als halbwegs beruhigende Zugabe: wieder minutenlang Tsetse platthauen im Auto. Aber dies war für mich schon fast wie lauter Applaus zur Meisterung der bisher wohl kritischsten Fahrsituation.

Der Rest unserer Odyssee lief locker. Nach gut 4 h Expedition im Niemandsland stehen wir unverhofft auf dem hütten- und menschenlosen Airstrip der Puku Pan Lodge und bald auch auf dem Tsetse-freien Campingplatz. Aufatmen in ganz verschiedener Hinsicht!
Und uns allein gehört ein riesiger Aussichtsturm, ein grosses Duschenhaus, ein Lagerfeuer und der riesige Campsite. Da liegt jetzt sogar ein Bierchen und Füsse auf dem Tisch drin!




Keine Bengelscheisse …


…sondern fast ein high-tech boiler house

Puku Pan Lodge Campsite: 30 USD pppn
Tagesdistanz : 281 km
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06 Nov 2011 10:08 #212036
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Mittwoch, 21.09.2011

Ruhige Nacht mutterseelenallein auf Puku Pan. Patrick als Platzwart hat bereits um 6:00 Uhr ein Campfeuer gemacht und das Duschwasser aufgeheizt. Die warme Dusche war nicht einmal nötig, denn diese Nacht war deutlich weniger kalt. Beweis dazu: ich habe es ohne Socken im Schlafsack wohlig warm empfunden. Und wieder einmal früh und gemütlich frühstücken tut auch gut. Wir schaffen es aber dennoch vor 8 Uhr auf eigenen Game Drive zu fahren und wählen dabei das flussnahe Strässlein Richtung der Kaingu Lodge. Fahrerisch kaum grössere Probleme und doch mal ein Bachbett oder eine Bengelbrücke als kleines Stimulans.



Trotz später Morgenpirsch ergeben sich viele Tiersichtungen mit Schwerpunkten Pukus, Impalas, Warzenschweine, Steppenpaviane und Wasserböcke. Herausragend für heute ein Kudu-Rudel. Beim Puku Hide in der Nähe der Kaingu Lodge kommt noch der Elefant und der Buschbock dazu.



Heute fallen uns auch die Flusslandschaft und einzelne Baobab-Bäume mit ihren skurrillen Formen und Rindenoberflächen besonders auf.









Nach guten drei Stunden sind wir bereits wieder müde. Haben wir damit unser Aktivitätensoll für heute bereits abgeleistet? Oder haben uns die Tsetse der vergangenen Tage eine rasch wirkende Schlafkrankheit geimpft?



Wie dem auch immer sei: unser Assimilierungsversuch gebietet uns jetzt so wie so einige Stunden echtes dolce far poco. Es reicht von Mittag bis gegen Abend gerade mal zum Kleider waschen und Kaffee kochen. Der ganze Rest ist Plaudern, Lesen und Tagträumen im Schatten des grossen Aussichtsturmes.
Erst gegen Abend wird unsere Zweisamkeit „gestört“ indem die Camping-Kollegen aus Simbabwe wie abgemacht auch auf Puku Pan erscheinen, scheinbar auf einem gut befahrbaren Weg. Und damit wird unser Querfeldein (und auch die „Führung“ durch das Navi) von gestern noch misteriöser.
Um 17:30 Uhr gibt es einen kurzen Kühlschrank-Wochenrückblick, damit wir um 18:30 Uhr losfahren können zum Night-Drive. Wir sind mit dem Fahrer-Führer Martin und dem Scheinwerfermann allein. Dieser arme Kerl schwenkt volle 3 ½ h ohne Unterbruch seine Lampe von rechts nach links und von links nach rechts. Dieser hat sich echt Mühe gegeben und auch was geleistet und hat daher ein ordentliches Trinkgeld verdient. Für uns zählt vor allem die tierische Ausbeute: (nebst den bekannten Pukus, Impalas und anderen kleinen Böckchen)sind es neu Zibetkatzen, grasende Hippos und als Höhepunkt ein im Scheinwerferlicht toll leuchtendes Stachelschwein mit ausgebreitetem Stachelkranz, ein wunderschöner schwarz-weisser Anblick. Eigentlich ein rundum gelungener Tiertag,……… wenn da nur nicht immer wieder der unausgesprochene und doch deutlich gemachte Wunsch von Rosmarie nach Löwensichtung durchdringen würde!
Bei der Rückkehr um 10 Uhr sind unsere Augen so richtig schlafmüde und den Gute-Nacht-Kuss überlassen wir gegenseitig der individuellen Phantasie.

Kafue NP, Puku Pan Campsite
Tagesdistanz: selbst gefahren 37 km; chauffiert ähnliche Strecke
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07 Nov 2011 12:27 #212189
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Donnerstag, 22.09.2011

Früher geht es wohl kaum mehr! Bereits um 6:00 Uhr brechen wir mit Führer Matin (sambische Anlehnung an Martin) und den Camping-Nachbarn Paolo und Sheila zum Morning Walk auf.



Bereits jetzt ist es bei aufgehender Sonne so warm, dass keine Jacke mehr nötig ist. Der Sonnenaufgang selbst ist ungewohnt rot.



Wir kennen kein Ziel für diesen Walk und lassen uns einfach mal führen. Viel besser ist wohl das geflügelte Wort „der Weg ist das Ziel“. Denn wörtlich auf dem Wegboden liegen auch begeisternde Details, seien es die Fussspuren von Löwen, der Kot von Elefanten oder auch verdorrte Blätter oder erste kleine Blüten.



Nach einigen Kilometern Flachwandern geht es auf runden schwarzen Felsen aufwärts und „povero Paolo“ beginnt zu schwitzen und zu jammern. Mit zweimal Teehalt und Info zu Fauna und Flora überwindet Matin auch diese – für einmal europäische – Schwäche.





Nach einer weiteren halben Stunde, vorbei an erstaun-lichen Steinrundlingen und vorbei an einem häufig belegten Aussichts- und Lagerplatz von Löwen (heute leider verlassen --> povera Rosmarie) haben wir den Berg bereits erklommen.



Hier bietet sich eine eindrückliche 360° Aussicht auf die Ebene ringsum und zum Kafue Fluss. Sambia liegt uns zu Füssen. Ich kann das erhabene Gefühl der Löwen nachfühlen (auch in geschäftlicher Hinsicht): kein noch gefähr-licheres Tier noch weiter oben, und die niedereren Tiere kann man ja bei Bedarf auffressen oder mindestens fortjagen!
Auf dem Rückweg beginnen die Tsetse aktiver zu werden. Und jetzt beginnt das Gejammer von Sheila. Auch dies hat Matin schnell im Griff. Ein flexibler Zweig mit frischen grünen Blättern gesucht, und schon kann Sheila elegant wedeln und auch ihren Rücken frei halten. Vor lauter Beschäftigung mit uns selbst und mit den Tsetse vergessen wir ganz, dass es daneben auch noch andere Tiere gibt. Erwähnenswert für heute ein imposantes Aasgeiernest, ein Bushbock und mehrere extrem scheu Mangusten.



Was folgt jetzt? Eine lockere Abfolge von Schattenplatz-Aktivitäten, alle ohne vorgegebenes Ziel, ohne Zeitvorgaben und ohne Systematik. Frühstücken – duschen – plaudern – umräumen – käfelen – waschen – dösen – beobachten – sich fragen: what’s next?. Dies nenne ich Einstieg in die afrikanische Lebensweise. Jetzt sind wir voll assimiliert!

Unsere nächste schatten-externe Aktivität: ein privater zielloser Game-Drive. Dies hat den guten Nebeneffekt, dass sowohl wir selbst als auch der Kühlschrank abgekühlt werden. Beides funktioniert nur bei laufendem Motor.
Die grösste Herausforderung an diesem Nachmittag: trotz willkürlicher Wegwahl und trotz Fehlen irgendwelcher Wegsignalisation und trotz eisigem Schweigen des Navigationsgerätes, den Heimweg zum Campingplatz zu finden. Für dieses Mal hilft die Himmelsrichtung der untergehenden Sonne. Aber der vermeintlich intelligente 5-Minuten-Tsetse-Wegflug-Halt einige Hundert Meter vor dem Camp haut nicht hin. Diese verd…… Biester lassen einfach nicht los von uns und vom Fahrzeug. Folge: auf dem eigentlich tsetse-freien Campingplatz müssen wir noch fast eine halbe Stunde zeitparallel kochen und Tsetse schlachten, bis auch die allerdreisten Viecher (welche sich direkt auf Lippen und Nase setzen) flach am Boden liegen. Bei dieser Koch-Ambiance reden wir heute lieber nicht vom kulinarischen Höhenflug des Eintopfnachtessens. Verraten sei nur, dass wir die Einladung von Paolo und Sheila zum Verdauungstrunk gern angenommen haben. Die beiden zaubern aus ihrem super eingerichteten Camping-fahrzeug einen schön gekühlten südafrikanischen Champagner hervor, allerdings serviert in breiten schweren Wassergläsern. Was soll’s. Hauptsache: die gute Laune ist (wieder) da hüben und drüben.
Und als ob es noch einen Stimmungsverstärker bräuchte, präsentiert sich ein fast unglaublich roter Sonnenuntergang durch die Bäume am Fluss.



Unser Fazit des längeren Lagerfeuergespräches mit diesem italo-simbabwischen Paar: Wir müssen noch viele weitere Reisen im südöstlichen Afrika unternehmen um auch nur halbwegs alle schönen Orte dieser Grossregion zu sehen. Aber das Beste davon ist doch: das Hier und das Jetzt.

Kafue NP, Puku Pan Campsite
Tagesdistanz: zu Fuss und im Auto je zirka 10 km
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08 Nov 2011 19:36 #212414
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Freitag, 23.09.2011

Hat uns der Ferienalltag bereits derart gepackt? Oder ist es ganz einfach senile Bettflucht? Wir halten es bereits um 6 Uhr nicht mehr aus im Dachzeltbett. Also denn halt: Frühstück -> Packen -> Abfahrt.
Problemlos gondeln wir weit mehr als 1 h ostwärts durch den Mopanewald auf gut befahrbaren Wegen (dies bedeutet hier Tempo 30). Am Gate dann eine nachdenklich stimmende Verabschiedung durch den Gatekeeper „Bitte kommt wieder, damit wir überleben können“.
Auf guter und breiter Schotterstrasse und Tempo 60 (welch ein Gegensatz zu unserer Anreise zu Puku Pan!) geht es nordwärts und bald sind wir auf der Teerstrasse noch schneller (Tempo 90) Richtung Lusaka.
Höhepunkt entlang der Strasse: Wie kauft man Tomaten an einem Stand, wo drei Frauen alle je nur Tomaten anbieten? Wir bringen es nicht über uns, eine zu benachteiligen und kaufen gleich bei jeder ein Häuflein, was für uns eine ganze Woche oder für eine Intensiv-Tomatenkur reicht. Und zum Abschluss des 3 x 3000 Kwacha Geschäftes ( = 3 x 60 Rp.) schenken wir den drei Frauen noch je eine Bluse oder einen Pulli. Mensch, ich habe noch selten so leuchtende Augen gesehen! Ja, bei dieser Dankbarkeit macht Schenken tatsächlich grosse Freude. Später stossen wir dann auf weitere, noch grössere Tomatenstände. Ist heute der grosse nationale Tomaten-Tag? Oder ist einfach Tomatensaison und dann jede Frau Tomatenverkäuferin?







Weil der Satellitentelefon-Kontakt mit dem Autovermieter nicht geklappt hat, melden wir die fehlende Dachzeltausrüstung per Handy, sobald dieses in der Region Mumbwa Verbindung hat. Aber dann müssen wir wegen den Wahlen in Sambia an diesem Wochenende und wegen den vermuteten Kundgebungen einen anderen Treffpunkt abmachen im Downtown Shopping Center.
Vorerst läuft alles noch ländlich und friedlich. Am Strassenrand immer öfter Verkaufsfrauen. Die können einem fast Leid tun. Wie lange müssen sie wohl auf den nächsten Käufer warten? Und analog gefragt zum zweiten auffallenden Strassenverkauf: wie lange stehen wohl die fast unzähligen Holzkohlesäcke am Strassenrand. Man hat fast den Eindruck in dieser Region sei jeder Mann ein Köhler.





Bereits mehr als 10 km vor der Stadt geraten wir in eine erste Wahl-Demonstration mit aggressiven Jugendlichen. Erst blockieren sie die Strasse, stellen sich vor unser Auto, dann wollen sie Geld, versuchen das Auto zu öffnen (vorsichtshalber haben wir vorher von innen verriegelt) und wollen es dann auch besteigen. Wie kommen wir da ungeschoren wieder raus? Europäisch rasche Entscheide und effiziente Massnahmenumsetzung sind jetzt gefragt. Mein Fluchtplan mit erst langsamer, dann beschleunigter Fahrt neben dem Strassentrassee ist zum Glück erfolgreich. Wir haben ja 4x4 Antrieb für offroad! Aber: was wird uns da in der Stadt selbst noch alles begegnen oder geschehen? Soll ich jetzt doch noch meine Pfefferspray-Kanone in Betriebsbereitschaft stellen? Statt in die Hosen, mache ich lieber in Zuversicht. Also vorwärts, Walter! (sage ich selbst zu mir).
Demonstrationen und fürchterlich dröhnende Lautsprecher gibt es zwar noch mehrere; aber zum Glück geraten wir in der Stadt Lusaka in keine ähnlich kritische Situation mehr.
Beim Treffen mit den (verspäteten) Mechanikern des Vermieters erhalten wir unsere fehlenden Zeltstangen und ich rapportiere die wiederkehrenden Schwierigkeiten beim Schalten und die zeitweilig unerklärlichen Geräusche im Bereich des Getriebes. Der Mechaniker findet eine Testfahrt nicht nötig und meint nur „Don’t worry, this is normal when driving in the same gear for a longer time“. Dies übersteigt eindeutig mein Beurteilungs-vermögen und ich akzeptiere diese Erklärung. Hauptsache: wir fühlen uns mit dieser Beruhigung tatsächlich wohler.
Nach diesem Treffen mit dem Autovermieter kaufen wir noch den halben Laden Spar leer (unter anderem 15 Grossflaschen Trinkwasser, bis das Verkaufsgestell nichts mehr her gibt) um für einen einwöchigen Ausritt ins Ungewisse gerüstet zu sein.

Und jetzt gibt es für heute nur noch ein Ziel: sofort zum Pioneer‘s Campsite und endlich wieder mal ein Stück Fleisch im Teller und einen angemessenen Schluck Wein im Glas! Und so ist es dann auch. Und es tut unheimlich wohl. Und jetzt bin ich richtig bereit für …… neue Entbehrungen in der nächsten Woche.

Lusaka, Pioneer’s Campsite, 5 USD pppn
Tagesdistanz: 334 km
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