Sonntag, 25.09.2011
Tagebuch schreiben bei loderndem Lagerfeuer: dies hätte gestern eigentlich zündende Ideen für heute absetzen müssen. Tat es jedoch nicht und ist heute auch gar nicht nötig, denn wir nutzen den (heiligen) Sonntag zum Ausruhen und Wenigtun.
Ausschlafen bis sage und schreibe 7:30 Uhr. Marschbereit sind wir erst um 9 Uhr und haben immer noch kein klares Tagesprogramm. Mensch, so ungeplant; und so was passiert mir und sogar auch Rosmarie! Sollten wir uns ob unserer neoafrikanischen Lebensweise nicht besser sambisch Waahte und Roohse nennen?
Die Sonntagsausfahrt führt uns erst zum Ponton. Nach Messung der noch vorhandenen Wassertiefe (kleiner als der Raddurchmesser) lege ich den Respekt vor der Furt ab und wir fahren hart neben dem Ponton vorbei. Jetzt hat von uns allen das Auto die saubersten Füsse.
Gemächlich schaukeln wir weiter durch Wälder und ausgetrocknete Sümpfe in Richtung entferntes Nationalparkende. Wir bleiben einsam ohne irgendwelche menschliche Begegnung. Und auch bei der Luwomba Lodge am andern Parkende ist kein einziger Tourist. Dies ermöglicht uns eine spontane Kanufahrt auf dem kleinen Luwomba Fluss mit einem stark unterbeschäftigten Lodge-Guide. Erst gleitet das Kanu völlig lautlos flussabwärts zwischen den stark verwachsenen Ufern, vorbei an vielen ins Wasser ragenden Bäumen. Dieses Ambiente allein ist schon faszinierend und hat einen Hauch von Urwaldexpedition.
Kaum etwas bewegt sich ausser das träge fliessende Wasser. Umso mehr fallen die Vögel auf: unter anderen zwei Arten Kingfisher sowie Reiher und Malachit-Eisvogel.
Bei der Rückkehr entgegen der Strömung muss unser Bootsführer mit seiner Kelle (Ruder oder Paddel kann man diesem ausgefransten Holzwerkzeug nicht sagen) kräftig stacheln und schaufeln. Wir untätigen Faulenzer geniessen die jetzt unerwartet intensivierten Tiersichtungen: über den Fluss hangelnde und springende Paviane, sich unverhofft in den Fluss stürzende Krokodile (bis > 2m) und sogar eine der sehr scheuen Sitatunga-Antilopen, welche zuvor verborgen am Flussufer gelegen hatte. Insgesamt ein gemütliches Zweistunden-Erlebnis. Es ist zwar sambisch gesehen sehr teuer (46‘000 MK pp) aber auch sehr eindrücklich und befriedigend und taugt durchaus als stille Sonntagspredigt in der Natur.
Auf der Rückfahrt zur Campsite zeigt sich im Wald sogar ein afrikanischer Wiedehopf. Sonst aber scheint die Tierwelt jetzt auch Siesta zu machen.
Nach der grossen Papaya- und Kaffeepause will Rosmarie nochmals zu den Sporengänsen. Mach ich natürlich sehr gern mit, wo ich doch mein Foto-Soll (wenigstens einmal Stativ, Telekonverter und Fernauslöser pro Woche eingesetzt) noch längst nicht erfüllt habe. Aber so lustig die Arsch-hoch-Kopf-unter Bewegungen der Gänse sind, so wenig ergiebig sind die Nur-noch-Federn-und-Füsse Fotos. Aber als Erinnerung taugen sie allemal.
Zu unserem grossen Erstaunen sind wir am Abend nicht mehr allein auf der Campsite, sodass wir sogar die Buschdusche teilen müssen. Das haben alle Beteiligten glänzend gemeistert, sogar die armen Caretaker, welche zweimal Wasser erhitzen und anschleppen mussten.
Aber nicht ganz gemeistert hat Rosmarie ihre Suche nach den unerhört dekorativen Mahagoni-Fruchtschalen. Sie ist dabei im Sumpf eingesunken, fast stecken geblieben und kommt mit schwarz verschlammten Schuhen und Beinen zurück. Hätte ich doch in diesem Moment statt meiner Hilfsbereitschaft lieber den Fotoapparat zuvorderst gehabt! Dann hätte ich sogar ohne Stativ eine scharfe Foto von einer neuen flügellosen Vogelart schiessen können: vom schwarzbeinigen Mahagoni-Sucher.
Kasanka NP, Pontoon Campsite
Tagesdistanz: 50 km