THEMA: Ein Zebra in Zambia (Reisegeschichten)
07 Dez 2010 08:19 #164932
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Ein "Crazy Zebra" in Zambia (Teil 24)

Am folgenden Morgen verließen wir schweren Herzens diesen wunderbaren Ort. Wir verabschiedeten uns von den netten Gastgebern der Kafunta-Lodge. Heidi organisierte noch frisches Gemüse wie Tomaten und Gurken, auch ein paar Mangos und Papaya. Schade, dass sie kein Müesli organisieren konnte, aber damit konnte ich umgehen. Wir fuhren in Richtung Teerstraße, mussten kurz davor die Reifen wieder mit Luft auffüllen. Als wir durch Mfuwe fuhren, winkten uns fast alle Menschen zu und die Autofahrer hupten vor Freude, uns zu sehen. Als wir dann wieder auf der richtigen Straßenseite fuhren, hörten diese Freundlichkeiten sofort auf. Typisch dachte ich, keine Ausdauer diese Jungs und Mädels.

Wir hatten zuvor nachgefragt, welches die bessere Straße sei. Zur Auswahl standen die „Old Petauke Road“ oder der Umweg über Chipata. Da es in dieser Region schon einzelne Regenfälle gab, beschlossen wir, über Chipata zu fahren. Die „Old Petauke Road“ soll Abschnitte mit der berüchtigten „black cotton soil“ haben, dieser schwarzen und bodenlosen Erde, in der man sein Auto schneller versenken kann, als man „Scheisse“ aussprechen würde. Wir fuhren so ein paar Kilometer auf der Teerstraße, bogen dann links ab in Richtung Chipata.

Hey, wo ist die Straße, dachte ich. Eben war sie noch da. Wieder einmal hatten wir eine „Hauptnebenrüttelschüttelpiste“ vor uns und das fand ich gar nicht lustig. Hatten wir doch eben die Reifen auf Teerstraße getrimmt und nicht auf das, was sich da vor uns aufbaute. In der Straßenkarte war diese Strecke doch als gelbe Straße eingetragen, nicht rot sondern gelb. Irgendwie dachte ich, dass eine gelbe Straße auch ein wenig Teer abbekommen haben sollte, nur für ein paar kleine Kilometerchen. Aber nein, vor uns lagen zig Kilometer einer Straßen, die man zuerst mit einem Hammer flach schlagen sollte, um ohne Bandscheibenschaden den Tag zu überstehen.

In uns reifte der Entschluss, dass es nach dem letzten „Programm“ am Lake Kariba nur noch ein Ziel geben kann - Boden gut machen, um auf dem schnellstmöglich Weg nach Namibia zu gelangen. Ein oder zwei Tage wollten wir auf diese Weise wett machen, um uns vor der Heimreise noch ein wenig zu erholen. Dieser Entschluss war unumstößlich!

Wir fuhren über das nicht flach geschlagene Wellblech Kilometer um Kilometer mit erneut reduziertem Luftdruck. Und plötzlich, wie in einem Traum, lag sie vor uns - eine richtige ausgewachsene Teerstraße. Jungfräulich glitzerte der Asphalt in der Sonne und wir rollten nun bergauf auf einer Straße, wie sie fast nicht besser hätte sein konnte. Wir fuhren bergauf, um auf der anderen Seite des Hügels bergab ins Tal rollen zu können. Scheisse, entwich es mir. Eben war die Teerstraße noch da! Von einer Sekunde zur anderen war sie weg. Und wieder breitete sich dieses verdammte, nicht flach geschlagene Wellblech vor uns aus - diese nerven- und bandscheibenzerstörende Piste, die bis zum Horizont reichte und darüber hinaus.

Wir gaben jeden Versuch auf, schneller als mit 25 km/h zu fahren. So fuhren wir dahin, lustlos und gefrustet. Und da, erneut wie aus dem Nichts, erscheint sie wieder, die Teerstraße. Ich wollte aussteigen, um mich zu vergewissern, dass ich nicht an Halluzinationen leide, den Boden küssen, wie es der Papst gelegentlich tut. Wieder flogen wir nur so dahin mit 70 Sachen, bis sich abermals die Teerstraße nach nur wenigen Kilometern in Luft auflöste.

Meine „ichhabgradnixbessereszutunhochrechnung“ ergab, dass wir so nicht ans Ziel kämen vor meinem Ableben. Zu diesem Zeitpunkt wollte ich jede Schotterstraße erschlagen, die so auf dem Weg herumlungerte, um uns zu quälen. Ja, ich war zu jeder Schandtat bereit, wenn nur endlich diese „Sch…ss“ Rüttelpisten flach gekloppt würden. Viele Bandscheibenverrenkungen später war ich erstmals in meinem Leben froh, dass es Chinesen gab. Ich hätte am liebsten jedem Chinesen einzeln die Hand geschüttelt. Da bauten diese Chinesen tatsächlich eine Straße mitten im Nix - eine Straße, die so breit war wie ein Fußballfeld lang ist. So erschien sie mir wenigstens.

Die Straße war zwar noch nicht fertig, aber die Baustellen-Umfahrung war um so viel besser, als die alte Piste. Wir kamen mit 40 km/h vorwärts. Ab und an war die Straße sogar fertig. Wie einer Insel im Meer gleichend, konnten wir ein paar Kilometer auf dieser neuen Straße abspulen.

Die Bevölkerung feierte dieses Ereignis einer neuen Teerstraße ausgiebig. Heute musste der „Tag zu Ehren der neuen Teerstraße“ sein. Sogar die neue Asphaltstraße hat zur Feier des Tages ihr „kleines Schwarzes“ angezogen, um mit dem üppigen Grün der Landschaft mithalten zu können. Und als wir plötzlich vor einer Absperrung standen am Ende dieser Neuen - sagen wir mal noch handwarmen neuen Teerstraße - und wir nicht mehr weiter fahren konnten, fuhren wir gezwungener maßen wieder ein Stück zurück. Ich dachte gesehen zu haben, dass einige Arbeiter nicht mit der flachen Hand gewunken hätten, sondern vielleicht eher landestypisch, die Hand zu einer Art Faust geballt hatten. Nun andere Länder andere Sitten, was soll’s.

Unser Tagesziel, das Bridgecamp – so viel stand fest - würden wir nie bei Tageslicht erreichen. Wir beschlossen nach einem Tankstopp in Chipata nur noch bis Petauke zu fahren. Wir fanden ein Motel direkt an der Durchgangsstraße mit einem Platz zum Campen, wo wir uns für diese Nacht aufstellten. Gefrustet im Wissen, dass die morgige Etappe auch länger werden würde als geplant, stellten wir den Reisewecker auf 04:00 Uhr. Ich zählte diese Nacht keine Sterne, sondern klopfte wie ein Wahnsinniger in meinem Traum alle Wellblechpisten Sambias flach.

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Letzte Änderung: 28 Aug 2011 12:20 von Crazy Zebra.
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08 Dez 2010 12:43 #165114
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  • swisschees am 08 Dez 2010 12:43
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Swakop52 schrieb:
Einfach köstlich. Kurt, ich wußte garnicht, daß Schweizer so viel Humor haben können! ;)
Gruß vom BadBoy

Kurt wohnt ja auch nahe an der deutschen Grenze.
Das ist wohl auch der Grund wieso er Müesli nicht zu schätzen weiss. Schliesslich wurde dieses noch vor den Ricola-Bonbon's erfunden und vom wem???

Gruss
Emanuel
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09 Dez 2010 11:22 #165204
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Ein "Crazy Zebra" in Sambia (Teil 25)

Im Bestreben, Kilometer gut zu machen, die wir am Vortag nicht abspulen konnten, schliefen wir nur bis 04:30 Uhr aus. Die Nacht lag noch über Sambia. Der neue Tag meldete sich nur zögerlich mit dem Einsetzten der morgendlichen Dämmerung. Heißer Kaffee, etwas Brot und Konfitüre mussten für den Start in den Tag ausreichen. Die Kühltasche mit Getränken aufgefüllt sowie einigen Müesli-Riegeln, die meinerseits keine große Beachtung fanden - und frischen Früchten als Tagesproviant, drehte ich den Zündschlüssel im Zündschloss nach rechts. Los ging es. Vor uns lagen einige Kilometer Fahrt, fast immer mit der Ungewissheit, was da alles auf uns zukommen würde. Vorsichtshalber stellte ich mein Gehirn auf Sch…ss-Straßen ein, was angesichts der begrenzten Speicherkapazität meiner Festplatte die gesamte linke Gehirnhälfte belegte. Mein persönliches Betriebssystem „Win-Hirn 1920 V.1“ sollte mal ein Update erfahren, dachte ich gerade - schon durchfuhren wir ein Schlagloch der Kategorie „S“.

„Scheieieissssse“ entfuhr es mir, und der Luftfedersitz katapultierte mich mal wieder gegen die Decke des Zebras. Alle zuvor gespeicherten Daten wurden nun neu von „Win-Hirn 1920 V.1“ in loser Folge auf meiner Festplatte abgelegt. So habe ich kaum Erinnerungen an die Übernachtung auf der Pioneers Campsite nahe Lusaka, der Metropole Sambias. Einzig an den Kontrollposten der Polizei kann ich mich erinnern. Er war genau nach dem Abzweig zu dieser Campsite eingerichtet. Wir verließen diese Campsite im Grünen am folgenden Morgen zu sehr früher Stunde in der Hoffnung, dieser Posten wäre noch nicht besetzt. Gesagt getan, oh Wunder, der Kontrollposten war tatsächlich noch nicht besetzt! Um 07:00 bestand dann auch keine Gefahr irgendwelchen ungerechtfertigten „Wegzoll“ an irgendeinen Staatsdiener abdrücken zu müssen.

Morgens um halb 7 ist die Welt noch in Ordnung, oder war es um halb 10 - so oder so ähnlich der Werbespruch eines Frühstückchen-Herstellers, der auf meiner fragmentierten Festplatte noch gespeichert war. Dieser Spruch traf aber gar nicht zu – am heutigen Morgen. Wir fuhren durch Lusaka und es war schon ordentlich Chaos auf den Straßen. Eigentlich kamen wir ganz flott durch den morgendlichen Verkehr. Die 2 Meter bis zur nächsten Stoßstange des Vordermannes wurden immer zügig zurückgelegt. Nur die Pausen dazwischen dauerten etwas länger. 10 Kilometer später, es war so um 09:00, hatten wir bereits die Hälfte der Stadtdurchfahrt hinter uns.

Kurz nach Lusaka lichtete sich der Verkehr zusehends. Auch die Fahrbahn ließ ein Tempo um die 80 km/h zu. An einer T-Kreuzung, so einer mit 50 % Wahrscheinlichkeit sich zu verfahren, erwischten wir die „Road to Chirundu“ schon beim ersten Versuch.

Ein Schild kündigte den nächsten Roadblock an, eine dieser unzähligen Polizeikontrollen auf Sambias Straßen. Manchmal ergab es sich auch, dass auf ein und derselben Strecke, ohne irgendeine Kreuzung passieren zu müssen, sich zwei solcher Roadblocks befanden. Dem ungeübten Sambia-Reisenden mag dies unsinnig erscheinen. Jedoch mit etwas Sambia-Erfahrung macht dies durchaus Sinn. Das dreimonatige Import-Permit kann durchaus zwischen zwei dieser Posten verfallen, wenn die dazugehörige Straße zur Kategorie „rüttelschüttelschlaglochgrubenstrasse“ gehört und man einfach nicht vorwärts kommt.
Anbei möchte ich noch einen Tipp loswerden: Bitte teilt den Angehörigen zu Hause mit, dass man nach 3 Monaten ohne Lebenszeichen noch keine Vermisstenanzeige absetzten sollte. Es kann sein, dass man nur zwischen Schlagloch Nr. 2 578 631 und 2 578 632 etwas Zeit verloren hat.

Am rechten Straßenrand vor dem nächsten Roadblock stand dann auch so ein nützliches Verkehrsschild „Roadblock Ahed“, mit der Bitte, doch nicht schneller als 20 km/h zu fahren. Diesem Wunsch wäre ich gerne nachgekommen, doch 15 km/h war absolute Höchstgeschwindigkeit, diese Schlaglöcher zu umfahren. Nach und nach verbesserten sich die Straßenverhältnisse. Wir kamen nun recht flott vorwärts. Wir freuten uns riesig auf Sandy-Beach, wo wir 3 Nächte gebucht hatten. Ausschlafen, baden im Lake Kariba, keinen einzigen Meter Auto fahren - für ganze 3 Tage - das sollte die Belohnung am Ende der heutigen Tagesetappe werden. Unglaublich, es ist erst 13:30 und wir sind schon am Ziel! Nur noch durch das zur Hälfte geöffnete schwere Eisentor hindurch fahren, die Rezeption finden, und dann relaxen, relaxen, relaxen!

Ich freute mich wie ein Gartenzwerg im Tulpenbeet, als uns „Hermann the German“ in seinem Paradies mit Palmen und Sandstrand mit den Worten empfing: „Willkommen am Lake Kariba“.

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Letzte Änderung: 28 Aug 2011 12:20 von Crazy Zebra.
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09 Dez 2010 12:56 #165214
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...sag mal Kurt .. alle Beiträge während der Arbeitszeit geschrieben...wie heisst Dein Arbeitgeber, gibt es noch ein freie Selle : -O
Die ganze Bar kam mir hoch (Charles Bukowski)
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09 Dez 2010 13:07 #165217
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JABULANI schrieb:
...sag mal Kurt .. alle Beiträge während der Arbeitszeit geschrieben...wie heisst Dein Arbeitgeber, gibt es noch ein freie Selle : -O

Schön das du meine Arbeitszeiten besser kennst als ich :)

Könnte in deiner Vorstellung folgendes Argument platz finden

es gibt Menschen die auch in der Nacht arbeiten, Samstag und Sonnstag Bereitschaftsdienste haben und sogar in den Ferien erreichbar sind B)

Aber danke für den Hinweis, grüsse Kurt
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09 Dez 2010 15:34 #165244
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  • klaus63 am 09 Dez 2010 15:34
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Hallo Kurt,

toller Reisebericht.

Könntest Du am Ende Deines Berichtes noch ein kleines Resumé Deines Urlaubs geben. Irgendwie habe ich so den Eindruck, dass bislang noch nicht so Begeisterung aufgekommen ist: üble Pisten, wenig Tiere ... - aber vielleicht täusche ich mich ja.

Viele Grüße

Klaus
Der Tourist zerstört, was er sucht, indem er es findet.
(Hans Magnus Enzensberger)
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