Reisebericht als PDF
Ein "Crazy Zebra" in Zambia (Teil 24)
Am folgenden Morgen verließen wir schweren Herzens diesen wunderbaren Ort. Wir verabschiedeten uns von den netten Gastgebern der Kafunta-Lodge. Heidi organisierte noch frisches Gemüse wie Tomaten und Gurken, auch ein paar Mangos und Papaya. Schade, dass sie kein Müesli organisieren konnte, aber damit konnte ich umgehen. Wir fuhren in Richtung Teerstraße, mussten kurz davor die Reifen wieder mit Luft auffüllen. Als wir durch Mfuwe fuhren, winkten uns fast alle Menschen zu und die Autofahrer hupten vor Freude, uns zu sehen. Als wir dann wieder auf der richtigen Straßenseite fuhren, hörten diese Freundlichkeiten sofort auf. Typisch dachte ich, keine Ausdauer diese Jungs und Mädels.
Wir hatten zuvor nachgefragt, welches die bessere Straße sei. Zur Auswahl standen die „Old Petauke Road“ oder der Umweg über Chipata. Da es in dieser Region schon einzelne Regenfälle gab, beschlossen wir, über Chipata zu fahren. Die „Old Petauke Road“ soll Abschnitte mit der berüchtigten „black cotton soil“ haben, dieser schwarzen und bodenlosen Erde, in der man sein Auto schneller versenken kann, als man „Scheisse“ aussprechen würde. Wir fuhren so ein paar Kilometer auf der Teerstraße, bogen dann links ab in Richtung Chipata.
Hey, wo ist die Straße, dachte ich. Eben war sie noch da. Wieder einmal hatten wir eine „Hauptnebenrüttelschüttelpiste“ vor uns und das fand ich gar nicht lustig. Hatten wir doch eben die Reifen auf Teerstraße getrimmt und nicht auf das, was sich da vor uns aufbaute. In der Straßenkarte war diese Strecke doch als gelbe Straße eingetragen, nicht rot sondern gelb. Irgendwie dachte ich, dass eine gelbe Straße auch ein wenig Teer abbekommen haben sollte, nur für ein paar kleine Kilometerchen. Aber nein, vor uns lagen zig Kilometer einer Straßen, die man zuerst mit einem Hammer flach schlagen sollte, um ohne Bandscheibenschaden den Tag zu überstehen.
In uns reifte der Entschluss, dass es nach dem letzten „Programm“ am Lake Kariba nur noch ein Ziel geben kann - Boden gut machen, um auf dem schnellstmöglich Weg nach Namibia zu gelangen. Ein oder zwei Tage wollten wir auf diese Weise wett machen, um uns vor der Heimreise noch ein wenig zu erholen. Dieser Entschluss war unumstößlich!
Wir fuhren über das nicht flach geschlagene Wellblech Kilometer um Kilometer mit erneut reduziertem Luftdruck. Und plötzlich, wie in einem Traum, lag sie vor uns - eine richtige ausgewachsene Teerstraße. Jungfräulich glitzerte der Asphalt in der Sonne und wir rollten nun bergauf auf einer Straße, wie sie fast nicht besser hätte sein konnte. Wir fuhren bergauf, um auf der anderen Seite des Hügels bergab ins Tal rollen zu können. Scheisse, entwich es mir. Eben war die Teerstraße noch da! Von einer Sekunde zur anderen war sie weg. Und wieder breitete sich dieses verdammte, nicht flach geschlagene Wellblech vor uns aus - diese nerven- und bandscheibenzerstörende Piste, die bis zum Horizont reichte und darüber hinaus.
Wir gaben jeden Versuch auf, schneller als mit 25 km/h zu fahren. So fuhren wir dahin, lustlos und gefrustet. Und da, erneut wie aus dem Nichts, erscheint sie wieder, die Teerstraße. Ich wollte aussteigen, um mich zu vergewissern, dass ich nicht an Halluzinationen leide, den Boden küssen, wie es der Papst gelegentlich tut. Wieder flogen wir nur so dahin mit 70 Sachen, bis sich abermals die Teerstraße nach nur wenigen Kilometern in Luft auflöste.
Meine „ichhabgradnixbessereszutunhochrechnung“ ergab, dass wir so nicht ans Ziel kämen vor meinem Ableben. Zu diesem Zeitpunkt wollte ich jede Schotterstraße erschlagen, die so auf dem Weg herumlungerte, um uns zu quälen. Ja, ich war zu jeder Schandtat bereit, wenn nur endlich diese „Sch…ss“ Rüttelpisten flach gekloppt würden. Viele Bandscheibenverrenkungen später war ich erstmals in meinem Leben froh, dass es Chinesen gab. Ich hätte am liebsten jedem Chinesen einzeln die Hand geschüttelt. Da bauten diese Chinesen tatsächlich eine Straße mitten im Nix - eine Straße, die so breit war wie ein Fußballfeld lang ist. So erschien sie mir wenigstens.
Die Straße war zwar noch nicht fertig, aber die Baustellen-Umfahrung war um so viel besser, als die alte Piste. Wir kamen mit 40 km/h vorwärts. Ab und an war die Straße sogar fertig. Wie einer Insel im Meer gleichend, konnten wir ein paar Kilometer auf dieser neuen Straße abspulen.
Die Bevölkerung feierte dieses Ereignis einer neuen Teerstraße ausgiebig. Heute musste der „Tag zu Ehren der neuen Teerstraße“ sein. Sogar die neue Asphaltstraße hat zur Feier des Tages ihr „kleines Schwarzes“ angezogen, um mit dem üppigen Grün der Landschaft mithalten zu können. Und als wir plötzlich vor einer Absperrung standen am Ende dieser Neuen - sagen wir mal noch handwarmen neuen Teerstraße - und wir nicht mehr weiter fahren konnten, fuhren wir gezwungener maßen wieder ein Stück zurück. Ich dachte gesehen zu haben, dass einige Arbeiter nicht mit der flachen Hand gewunken hätten, sondern vielleicht eher landestypisch, die Hand zu einer Art Faust geballt hatten. Nun andere Länder andere Sitten, was soll’s.
Unser Tagesziel, das Bridgecamp – so viel stand fest - würden wir nie bei Tageslicht erreichen. Wir beschlossen nach einem Tankstopp in Chipata nur noch bis Petauke zu fahren. Wir fanden ein Motel direkt an der Durchgangsstraße mit einem Platz zum Campen, wo wir uns für diese Nacht aufstellten. Gefrustet im Wissen, dass die morgige Etappe auch länger werden würde als geplant, stellten wir den Reisewecker auf 04:00 Uhr. Ich zählte diese Nacht keine Sterne, sondern klopfte wie ein Wahnsinniger in meinem Traum alle Wellblechpisten Sambias flach.
Fortesetzung folgt…