Reisebericht als PDF
Ein "Crazy Zebra" in Zambia (Teil 19)
Heute soll es hinab ins South-Luangwa-Tal gehen - die „O Five“ Route über das Escarpment.
Zu dieser Jahreszeit muss man bereits mit Regenfällen rechnen. Auch die Flüsse im South-Luangwa können Wasser führen. Da es noch keine ergiebigen Regenfälle gab, beschlossen wir, diese „O Five“ zu fahren. Wir hatten schon einiges über diese Route gehört und gelesen - von „No Problem“ bis „Horror“. Wir stellten uns auf Horror ein, um auf der sicheren Seite zu bleiben.
Wir fuhren den Zubringer von Kapyscha über Shiva-Nandu bis zur Teerstraße, die einzige Nebenstraße der gesamten Tour, die als gut zu bezeichnen war. Mit Schwung bogen wir gen Süden fahrend auf die Teerstraße ein. Wir hatten geografisch den nördlichsten Punkt unserer Reise erreicht, auch zeitlich war mehr als die Hälfte des Urlaubs vorbei. Nun ging es gen Süden und langsam zurück in Richtung Namibia. Es stand nur noch wenig auf dem Programm. Der South-Luangwa und der Karibasee waren die letzten Ziele, wo wir etwas im Vorfeld gebucht hatten.
Den Schwung, den wir von der Verbindungstrasse mitbrachten, reichte genau bis zum ersten Schlagloch. Schlaglöcher sind in Sambia immer ein Thema. So haben wir die Schlaglöcher in Kategorien eingeteilt. Von Mpika bis Kapyscha gab es die gesamte Bandbreite an Schlaglöchern, wie wir feststellten durften.
Kategorie 1 - kleine Ausbrüche in der Fahrbahn: Augen zu und durch
Kategorie 2 - mittlere Ausbrüche in der Fahrbahn: passen noch zwischen die Räder
Kategorie 3 – große Ausbrüche: im Schritttempo hinein in die Grube und wieder raus
Kategorie 4 – Fahrbahn fehlt: irgendwie an den Seiten umfahren
Kategorie S – Scheisse, haben wir übersehen!!!
Auf der Fahrt nach Mpika zum Kontrollposten gab es ungefähr fünf Schlaglöcher der Kat. 4, achtzehn der Kat. 3 und vierundachtzig der Kat. 2 und ein Schlagloch der Kategorie „S“ - der Schwingfedersitz katapultierte uns gegen das Fahrzeugdach begleitet wieder einmal von einem fröhlichen „Scheieieisssse“ unserseits. Wir gelangten an das südliche Ende von Mpika. Mpika ist ein Nest mit übersichtlichen Strukturen und Einkaufsmöglichkeiten mit reduzierten Angebot und einer Tankstelle. Und was gab es am Kontrollposten? Eine riesen Kolonne von LKW’s - so um die 30 Brummis standen vor uns am Checkpoint und das in aller Frühe am Morgen. Wir fuhren bedächtig von hinten auf, Motor aus, geduldig warten bis es weiter geht. Nach etwa 20 Minuten, wir kamen nicht merklich vorwärts, schaute ich vorsichtig rechts an der Kolonne vorbei. Just in diesem Moment fuhr ein „normaler“ PKW an uns vorbei. Er fuhr vor bis zum Checkpoint und bog unkontrolliert in eine Seitenstraße ein. Aha, dachte ich, nur die LKW’s müssen hier in langer Schlange warten. Da wir uns ja nicht als LKW fühlten, beschloss ich, es dem PKW gleich zu tun. Raus aus der Kolonne, und auf der falschen Fahrbahnseite zügig auf diesen Checkpoint zu gefahren. Ich hatte ein „Déjà-vu“ als ich den mit den Armen wild fuchtelnden Beamten auf uns zu kommen sah. Mit hochrotem Kopf baute er sich vor unserem Wagen auf. Ganz offensichtlich taxierte er unser Zebra als LKW und nicht als PKW mit Sonderberechtigung. Man kann es ja durchaus auch eng sehen. Wir hielten lieber auf dem Seitenstreifen an. Ich ließ meine Fensterscheibe nach unten gleiten und grüßte den Beamten mit „Good Morning Officer“. Ich setzte mein „ichbinunschuldig“, „ichbindoof“ und auch noch das „ichverstehenix“ Gesicht auf, um die Spannungen abzubauen, die unübersehbar vorhanden waren.
Was soll das? Papiere zeigen! - so in etwa die Worte des immer noch aufgebrachten Beamten.
Also locker schien dieser etwas übergewichtige Beamte so früh am Morgen nicht drauf zu sein.
Er riss mir die Papiere aus den Händen und verschwand in Richtung LKW Kolonne. Nun durfte auch jeder der LKW-Fahrer die schlechte Laune dieses Beamten auskosten, was sich in Windeseile auf die LKW-Fahrer übertrug. Diese wiederum riefen nun mir ein paar Freundlichkeiten zu.
Nach einer Weile, der Motor war inzwischen abgekühlt, kam der Officer wieder zurück. Jetzt waren plötzlich unsere Papiere, die zuvor in gut einem Dutzend Kontrollen nie beanstandet wurden, nicht mehr in Ordnung. „You are in Mpika not in Livingstone” sagte er mit sichtlich erregter Stimme zu mir.
Mpika, ist mir gar nicht aufgefallen, wollte ich sagen, ließ es aber sein. Ich wollte die Situation nicht weiter aufheizen. Er schwafelte etwas von Strafe und Gebühren – gleich denke ich wieder an das FoMi, das mal schrieb: „bezahlt die Straßengebühr nur bis Livingstone, das rechnet sich“ und ahnte Böses. Ich versuchte dem pralinenförmigen Beamten - nicht so süß aber so rund - zu erklären, dass ich ja bei der Einreise nicht wissen kann, wo ich überall hinfahren werde und man diese Gebühr auch Streckenweise bezahlen können müsse.
Nun legte der Beamte seinen „ichbindoofwaswillstduvonmirblick“ auf und nahm seinen Kugelschreiber aus der Brusttasche. Er schrieb zwei Zahlenreihen auf seine Handfläche. Schneller als jede Rechenmaschine erschien das Total auf seiner Handfläche. 500 000 Kwacha sollten wir als „Strafe“ bezahlen. Ich wusste genau, dass konnte nicht stimmen, doch ist man etwas hilflos, wenn man die Vorschriften und Gesetzte eines Landes nicht kennt. Widerwillig zückte ich die Geldbörse und zählte meine Kwacha. Wir hatten nur rund 400 000 bei uns, auch bei mehrmaligem Nachzählen wurde es nicht mehr. Der Beamte wurde auf einmal freundlich und bot an, die Kwacha selbst zu zählen. Er nahm sie in die Hand, schätze das Gewicht der Scheine und befand, es sei genug. Anders kann ich mir nicht erklären, dass diese Scheine flugs in seiner Brusttasche verschwanden, sich der Beamte verabschiedete - auf nimmer Wiedersehen.
Nun war ich echt sauer. Der hat mich abgezockt und ohne jeden Beleg stehen gelassen. Keine Quittung und kein Beweis dafür, dass ich diesen Betrag bezahlt habe. Wir fuhren weiter. Von nun an sollte mir jede Polizeikontrolle Unbehagen bereiten. Diese Aktion warf ein ganz anderes Licht auf Sambia und seine Staatsdiener, die mir bislang als freundlich und korrekt in Erinnerung waren. Bis heute weiß ich nicht, wie das mit den Straßengebühren wirklich funktioniert. Auf der Heimreise mussten wir von Livingstone nach Sesheke einfach eine Gebühr zahlen und gut war’s. So hätte es auch in Mpika sein müssen. Auf der weiteren Reise hörte ich noch, dass dieser Posten in Mpika allen Reisenden Probleme bereitete.
Kurz nach Mpika bogen wir rechts ab. Wir waren auf der „O Five“.
Fortesetzung folgt