Kurz vor Binga bogen wir auf die Schotterstraße nach Nordosten, die unterhalb des Karibasees verläuft. Hier hatten wir vor sechs Jahren bei einem Dorf zwei Trommeln gekauft und Fotos gemacht. Heute existierte der kleine Verkaufsstand überraschenderweise nicht mehr. Schade, denn wir hatten zwei Dutzend Abzüge für die Leute dabei, die damals so nett mit uns geplaudert und so schön getrommelt hatten. Also hielten wir einfach beim nächsten Dorf, marschierten kurz entschlossen mit unseren Fotos bewaffnet hinein und fragten nach. Dorfchef Lameck nahm uns in Empfang.
Er war ausgesprochen gastfreundlich, obwohl wir ihn doch unangemeldet überfallen hatten. Sofort wurden aus sämtlichen Hütten ein paar Sitzgelegenheiten für uns herbeigetragen.
Wir wurden neugierig von einigen Kindern beäugt, während sich Lameck genau unsere Fotos anschaute.
Tatsächlich kannte er einige der Personen. Manche lebten noch ganz in der Nähe, andere waren fortgezogen. Besonders traurig fanden wir, dass zwei der jüngeren Mädchen bereits verstorben waren. Lameck bot uns an, uns zu seinen Nachbarn zu bringen, damit wir ihnen die Fotos übergeben könnten. Zunächst wollte er jedoch – ganz Geschäftsmann – die günstige Gelegenheit nutzen und uns ein paar handgeflochtene Körbe zeigen. Sie waren wirklich schön, und natürlich kauften wir ihm je einen ab.
Obwohl wir es recht schwierig finden, Menschen zu fotografieren, fragten wir um Erlaubnis. Niemand hatte etwas dagegen, obwohl eine ältere Frau zunächst in ihrer Hütte verschwand und danach ein wenig Geld von uns wollte. Als Ruth dies aber ablehnte, nahm sie sie lachend in den Arm und fragte auch nicht weiter nach. Wir durften uns noch ein wenig zwischen den Hütten umschauen und den ein oder anderen Schnappschuss machen.
Anschließend druckte Uwe am Auto als Dankeschön für jeden ein Erinnerungsfoto.
Die Leute freuten sich sehr darüber.
Mit Lameck fuhren wir ein paar hundert Meter zum Nachbardorf,
aber leider war niemand dort. Daher ließen wir die Fotos, die wir von damals mitgebracht hatten, bei ihm, und er versprach, sie weiterzugeben.
Nun war schon einige Zeit verstrichen, und wir mussten weiter.
Auf recht holpriger Schotterstraße fuhren wir nach Osten und bogen zum Chizarira-Nationalpark ab.
Die Straße wurde steiniger und vor allem deutlich steiler, sowohl nach oben als auch nach unten.
Beim Tor registrierten wir uns und fuhren noch die letzten sieben Kilometer bis zur Mucheni View Campsite oder zumindest bis zu dem Platz, den wir für Mucheni View hielten.
Die Straße führte durch dichten Wald und endete an einer steilen Abbruchkante mit Aussicht über eine Schlucht.
Obwohl Uwe unseren Platz von Fotos aus dem Internet ein wenig anders in Erinnerung hatte, machten wir uns keine großen Gedanken. Wir hatten die Koordinaten ins GPS gespeichert, wir waren hier gelandet, und die Aussicht gefiel uns, obwohl Ruth und Karin es ein wenig unheimlich fanden. So völlig abgeschieden am Rande der Welt hätten die beiden gerne noch ein wenig mehr Zeit vor der Dämmerung gehabt, um sich mit dem Platz vertraut zu machen. Also klappten wir die Zelte auf und machten Abendessen. Im Potije kochten wir eine große Menge Gemüse und grillten dazu Eland-Filet.
Als es bereits dunkel war, näherten sich die Scheinwerfer eines Autos, welches zielstrebig auf unsere Campsite zusteuerte. Das Auto blieb aber in einiger Entfernung stehen, und während wir uns wunderten, wer da so spät noch auftauchte und was er wohl von uns wolle, berieten die Insassen des Fahrzeugs vielleicht in ähnlicher Weise. Wir waren auf jeden Fall erleichtert und nicht unglücklich darüber, als die unbekannten Besucher wieder rückwärts fuhren und sich entfernten.
Bei hellem Halbmond saßen wir noch etwas am Feuer, das seinen Rauch heute unkontrolliert in alle Richtungen verteilte. Wohin man sich auch setzte, wurde man eingeräuchert, und so gaben wir es nach mehrmaligem Umziehen mit Tisch und Stühlen auf. Während wir in die Zelte kletterten, rief in weiter Entfernung eine Hyäne.
Kilometer: 240