Besuch bei den Massai
Samwel folgt der einzigen Ringroad am Kraterrand entlang.
Bald geht es bergab, hinein in ein Tal, das ausschaut, wie die mongolische Steppe. Irgendwie wirkt alles sehr unwirklich. Die Farben beschränken sich auf die Palette der Brauntöne. Gerade eben waren wir noch von viel Grün umgeben. Jetzt fühlen wir uns, wie auf dem Mond!
Trostlosigkeit macht sich breit, nur die Kleider der Masaai leuchten etwas.
Massai Dörfer, sogenannte Krale, liegen verteilt in der Landschaft.
Das Gegenlicht erlaubt kaum Fotos, die Luft flimmert und trotzdem hat dieses Fremde etwas Anziehendes, fast Surreales an sich.
Die Massai ziehen mit ihren Herden umher, wieder sind eigenartige Pflanzen an den trockenen Bäumen erkennbar. Die tägliche Feuchtigkeit dieses besonderen Klimas lässt sie wachsen. Ich bitte, kurz zu halten, weil ich das Panorama im Bild festhalten möchte. Plötzlich tauchen aus dem Nichts zwei Jungen mit Bemalung im Gesicht am Auto auf. Sie tragen die dunklen Umhänge der Maasai und bitten um Geld, doch Samwel teilt auf Swahili mit, dass sie nichts bekommen.
Es sind Maasai-Jugendliche, die drei Monate außerhalb der Familie überleben müssen, um den Übergang vom Jungen zum Mann zu erleben. Dabei müssen sie in der Wildnis alleine zurechtkommen.
Der Ngorongoro Krater ist ein Bestandteil des Nationalparks Serengeti. Als Ngorongoro Conservation Area wird er durch die Massai verwaltet, gehört aber zum Nationalpark der Serengeti. Er liegt an der Peripherie dieses gewaltigen Naturreservates und gehört zum Weltnaturerbe der UNESCO. Er liegt auf einer Höhe von rund 1.700 -2200 Metern über dem Meeresspiegel. Noch heute sind die Kraterwände deutlich sichtbar. Sie sind zwischen 400 und 600 Meter hoch. Der Krater besitzt einen Durchmesser von mehr als 20 Kilometern und umfasst verschiedene Lebensräume mit unterschiedlicher Vegetation, die hier an den Außenwänden gerade etwas trocken ausschauen (Bilder oben, trockene Dörfer). Ein Stückchen weiter zurück, in anderen Höhenlagen sah es noch so aus:
Bäume, wie aus einem Märchenwald
Das Klima weist, bedingt durch die unterschiedlichen Höhenlagen, zum Teil erhebliche Schwankungen auf. Während in großer Höhe die Luft meist feucht und neblig ist, dominieren am Grund des Kraters trockene Savannenlandschaften (Bilder folgen später, wenn wir im Krater unterwegs sind!) mit deutlichen Temperaturschwankungen. Vereinzelt wachsen kleine Akazienwälder am Boden des Kraters. Die Hänge sind mit flachem Buschwerk bewachsen und teilweise existieren noch Reste von immergrünen Bergwäldern (siehe oben).
Dennoch weiden in der Höhe Zebras und Giraffen neben Nutztieren, ein ungewohnter Anblick!
Wir fahren immer weiter in die trockene und staubige Ebene der Serengeti hinab, viel weißer feiner Staub umhüllt unser Auto. Ich bange um meine Kameras, da der Staub durch alle Ritzen zieht. Samwel hat einen sehr scharfen Fahrstil und fliegt förmlich über alle Wellblechunebenheiten, vor einigen Tiefsandpotholes bremst er scharf ab und durchfährt diese zum Glück sehr rücksichtsvoll.
Wer im Gebiet um den Ngorongoro-Krater und den Serengeti-Nationalpark unterwegs ist, dem fallen an der Straße Maasai sitzend und auf Touristen wartend, auf. Sie winken, geben Zeichen, dass sie Wasser haben möchte und machen das internationale Zeichen für Geld mit ihren Händen. Viele Touristen machen Fotos von ihnen, irgendwie ist dieses Nomadenvolk in unseren Augen immer noch sehr exotisch. Die vielen bunten Farben in dieser tristen, weißen Landschaft sehen fremdartig und schön zu gleich aus. Ihre Lebensweise ist fern der unseren, sie werden als eindeutig andere Kultur gesehen. Es gibt viele Maasai, die zu einem Foto bereit sind, aber sie sagen: „In Ordnung, aber erst bezahlen.“ Ich finde, sie akzeptieren damit, dass sie zur Ware werden.
Bald hält Samwel an einem Maasai Kral, auch hier gilt: Erst zahlen! Ein Auto, dabei spielt es keine Rolle wie viele Personen darin sitzen, kostet immer 50 $. Das ist nicht wenig Geld.
Wir geben uns dem Touristenspektakel hin. Einmal sollte man es gesehen haben.
Inzwischen zieht ein unangenehmer Sandsturm über die Ebene unterhalb der Kraterwände und hüllt die Landschaft in weißen Puderstaub. Meine Kameras lasse ich erst im Auto, entscheide dann aber doch ein paar Fotos zu machen. Schließlich wurden wir dazu aufgefordert. Es ist befremdlich, die Menschen so nah zu fotografieren.
Vor dem Kral erwarten uns eine Gruppe Männer und etwas entfernt eine Gruppe Frauen, die uns mit Tänzen begrüßen.
Bevor ich denken kann, wird mir ein Halsreif umgelegt und ich muss mit den Maasai tanzen. Typische Touri-Special-Einlage!
Nach den Tänzen folgen wir den Massai in ihre Behausungen
Maasai gelten Vielerorts in Deutschland und Europa als Verkörperung des ganzen Kontinents Afrika, aber in Tansania und anderen afrikanischen Ländern, so auch in Kenia, sind sie eher Außenseiter. Wir haben auch in Arusha Maasai getroffen, sie tragen nicht mehr das traditionelle Tuch, sie leben wie wir, betreiben Mainstream-Lebensstile und führen Kleinunternehmen, häufig auch in der Tourismusbranche. Auf dem Markt in Nanja konnten wir feststellen, dass das Leben, welches wir im Kral gezeigt bekommen, längst nicht mehr für alle Maasai gilt. Auch hier ist ein großer gesellschaftlicher Wandel im Gange.
Man führt uns im Kral in die "Dorfmitte" , weitere Tänze folgen. Zu unseren Füßen liegt ein abgedeckter Maasai. Ich denke erst, der ist frisch verstorben, aber nein, er lebt noch, ist aber krank. Kranke Maasai legt man einfach in den Schatten unter einen Baum und versorgt sie mit Heilmitteln der Natur. Verändert sich der Gesundheitszustand nicht zum Besseren, transportiert man die Person auf zwei Eseln zum Ngorongoro Center. Dort befindet sich eine Krankenstation.
Ein englischsprechender Massai spricht über die Lebensweise im Dorf, gibt Erklärungen zu den traditionellen Heilmitteln, der Ernährung (Blut von den Rindern trinken usw.), er stellt Alltagsaufgaben vor, die je nach Alter und Geschlecht der Personen gut verteilt sind. Dann betreten wir zum ersten Mal eine Maasaihütte.
In der Dunkelheit erkennen wir nur ein Holzgestell für ein „Elternbett“, hinter einem Vorhang verbirgt sich ein Kinderbett, die Mitte des Raumes wird durch ein Feuer, einen Topf und Eimer bestückt.
Der Guide steht vor dem Kinderzimmer
Manfred sitzt auf dem Ehebett
Alle Hütten sind bewohnt
Ich stelle viele Fragen, die alle beantwortet werden, jedoch nicht immer zu meiner Zufriedenheit. So wird uns erklärt, dass die Frauen 3 Stunden zur nächsten Wasserstelle laufen müssen und drei Stunden zurück.
Im Dorf befindet sich einer der bekannten schwarzen 1000 l und mehr Fassungsvermögen, Wasserbehälter. Ich bin mir sicher, dass ein Tankwagen diesen regelmäßig auffüllt. Solche Tankwagen sind uns am Kraterrand begegnet, warum sollen sie nicht auch hierher fahren?
Frauen, die ein wenig beschäftigt sind
Ein bisschen verzweifelt wartet diese Frau auf Hilfe für den Hausbau oder sie wohnt schon zur Probe!
selbstbewusster Junge
Zahnärzte und Kieferorthopäden kommen nur selten vorbei
Auf dem Weg zur "Schule"
Das Dorf hat 160 Einwohner und besitzt 70 Rinder sowie eine Schule für 3-6 Jährige. Diese Schule besuchen wir später und erfahren, dass die Kinder täglich am Nachmittag 3 Stunden Unterricht erhalten: Eine Stunde Mathematik, eine Stunde Swahili und eine Stunde Englisch. Ältere Kinder besuchen das Internat im Ngorongoro Center auf dem Krater oder in Karatu. Hierfür wird viel Geld benötigt. Eine Spendenbox befindet sich passend dazu an dieser Stelle. Die Kinder singen Lieder für uns und stellen schüchtern ein paar Fragen.
Die Tafel wurde schon vorbereitet
Nach diesem Besuch wird uns die tolle Auswahl an „selbsthergestelltem“ Schmuck gezeigt. Wir sollen herumgehen und uns was aussuchen, den Preis sagt man uns später. Ich entscheide mich für eine Dose, die weitere drei kleine Dosen beinhaltet und einen Massai-Halsring. Unser Begleiter rückt allerdings nicht mit dem Preis heraus, er ermuntert uns weiter zu schauen. Ich mache ihm klar, dass ich nichts weiter haben möchte und würde jetzt gerne den Preis erfahren. Dann ist es soweit, er dreht den Reifen und schaut noch einmal in die Dosen, eine ältere Frau wird befragt und dann sagt er, dass der Halsreifen 45 $ kostet und die Dosen 40 $. Ich verfalle in eine Art Schnappatmung und mache ihm klar, dass das viel zu viel ist. Nun erzählt er, dass die Perlen aus dem Fluss stammen und beschreibt mir den Produktionsprozess. Wüsste ich nicht, dass die sogenannten „Indianerperlen“ alle aus China stammen, hätte ich das vielleicht noch geglaubt, außerdem sieht keine der Frauen aus, als würden sie tagelang daran arbeiten. Eine Frau im Dorf hatte eine Kette zum Aufziehen von Perlen in der Hand, alle anderen wirken träge und faul. Diesem Tourinepp wollten wir uns nicht unterwerfen und so verlassen wir das Dorf, mit vielen bunten Fotos, aber ohne materielle Erinnerung.
Auf den Märkten oder in den Handcraft-Centern kann man diese Dinge deutlich günstiger erwerben.
Unser Fazit zu dem Besuch: Um schöne farbenfrohe Fotos zu erstellen ja, sonst eher nein!
Biggi