Während Uwe fährt, notiert Ruth ihre Eindrücke:
Auf der D2342 geht es auf mal mehr, mal weniger üblem Wellblech eine rötliche Schotterpiste entlang des Brandbergmassivs. Zerklüftete grau-rot-braune Felsen ragen links in den Himmel empor. Schattige Felshänge wechseln sich mit von der Sonne angestrahlten Abschnitten ab. Unterschiedliche Gesteinsadern durchziehen die Berge. Zwischen den rötlichen Steinen auf der Ebene davor wachsen vereinzelte, abgefressene Gräser und einige Welwitschias. Die Pflanzen sehen teils recht alt aus. Ihre Blätter sind vielfach ausgefranst und ringeln sich grau auf dem steinigen Boden.
Einige Springböcke sprinten in großen Sätzen davon. Unter einem strahlend blauen Himmel mit einigen weißen Schleierwolken geht es Richtung Südost hügelauf und –ab wie auf einer kleinen Achterbahn.
Wir lassen die Steinwüste hinter uns. Der Boden wird sandiger, und die Vegetation nimmt zu. Niedrige Büsche und trockene, graue Graspuschelchen wachsen überall. Wir können sogar schon wieder ein paar hohe Bäume entdecken. Die dunklen Steine sind verschwunden, stattdessen führt die Pad nun über hellgelben Rappelsand.
Eine Erhebung aus glattem Stein taucht in der Ferne auf. Die Wände sind glatt oder von losem Geröll bedeckt.
Wir verlassen die Straße und fahren auf einer einfachen Spur ein wenig um den Berg herum. Das GPS spricht von „profile of elephant in rock“, und wir suchen angestrengt. Die Fahrspur ist mittlerweile sandig und recht tief. Ich mache mir schon Sorgen, da wir keine Luft aus den Reifen abgelassen haben, aber alles geht gut. Und tatsächlich! Da ist er. Der Felsen, der mit ein wenig Fantasie an einen Elefanten erinnert.
Wir nutzen den Fotostopp, um uns ein wenig die Füße zu vertreten und erklimmen einen etwas höheren Felsbuckel. Die Aussicht über die weite Landschaft ist fantastisch und die Ruhe hier oben himmlisch.
Nach dem Abstieg macht sich Uwe an das nicht ganz einfache Unterfangen, das Auto im Sand zu wenden, da die Fahrspur am Elefantenkopf dummerweise in einer Sackgasse endet. Für das Wenden ist allerdings nur wenig Platz, da die Felsen eng beieinander stehen und auch noch ein paar Bäumchen wachsen. Uwe kommt ganz schön ins Schwitzen, aber alles geht gut. So denke ich zumindest, denn was Uwe schon auf dem Hinweg bemerkt hatte, ist mir gar nicht aufgefallen. Wir sind die sandige Fahrspur vorhin deutlich bergab gefahren.
Aber Uwe lässt sich nichts anmerken, und so fahren wir guten Mutes langsam in Untersetzung den Hang wieder hinauf. Genau genommen: sehr langsam, nein, zu langsam. Bevor sich die Räder einbuddeln können, geht es wieder abwärts. Wir überlegen. Was nun? Luft ablassen?
Wir entscheiden uns für den ersten Gang ohne Untersetzung und deutlich mehr Schwung. Super Plan, nur woher soll der Schwung kommen, wenn es sofort durch tiefen Sand bergauf geht? Das Ergebnis ist wieder dasselbe: Gleiche Stelle auf dem Hang, das Auto bewegt sich keinen Zentimeter weiter. Oder doch. Man kann ja wieder zurück. Das sind die Momente, in denen ich mich als Frau (mein Mann sieht das ganz anders) am liebsten hysterisch heulend in den Sand werfen möchte.
Wieder unten beim Elefantenkopf wird uns mit stinkender Kupplung klar, dass wir es so wohl nicht schaffen werden. Also doch Luft ablassen?!
Schon deutlich weniger guten Mutes sehen wir uns ein wenig ratlos um und erkennen, dass es früher wohl schon anderen so ergangen ist. Nein, wir sehen zum Glück nicht ihre verblichenen Gebeine, sondern in entgegengesetzter Richtung im Abstand einer Spurbreite Steinplatten und kleinere Felsstücke unter eine Stufe im Stein geschichtet. Weiter unten führt rechts vom Buckelfelsen eine mehrfach benutzte Spur wieder zurück auf den Hauptweg. Ein paar Mal laufen wir die Strecke ab und beraten, wo wir am besten zu fahren haben, um nicht aufzusetzen. Außerdem würde das Auto an einigen Stellen ganz schön schief stehen. Wir entschließen uns, die Steinstufe abwärts und das schräge Stück zu wagen und danach mitten auf dem Felsen zu wenden, um nach rechts weiterfahren zu können. Gleich bei der Abfahrt stark rechts einzuschlagen, traut sich Uwe nicht, da er Angst hat, das Auto umzukippen. Der Plan steht also! Nur parken wir hierfür natürlich in die falsche Fahrtrichtung. Das erneute Wenden in mehreren Zügen im dicken Sand vor dem Elefanten ist nur noch ein Klacks.
Danach lotse ich Uwe durch Handzeichen die steinige, etwas holperige Abfahrt hinunter. Zum Glück war ich so konzentriert, sonst hätte ich vielleicht doch noch Angst bekommen! Auch das Wenden auf dem Felsen klappt ohne Probleme. Als wir die schwierigste Stelle überstanden haben, bekommt mein Held als Dankeschön für seine fahrerische Glanzleistung einen dicken Kuss. Und ich? Ich werde erst einmal angeraunzt, warum ich so nah vor dem Auto herumspringe, er habe doch gleich bis zur Sandspur durchfahren wollen und mich nun fast überfahren. Aha! Wohl doch nicht so cool, sondern ein wenig zittrig gewesen, der Gute!
Im Nachhinein betrachtet haben wir uns wohl nur ein wenig angestellt. Mit Luft-Ablassen wären wir wahrscheinlich auch den Berg hinauf gekommen. In der Situation fühlte es sich aber recht abenteuerlich an.
Die letzten Kilometer südlich des Brandberg-Massivs legten wir ohne Zwischenstopp zurück, um nicht noch mehr Zeit zu verlieren. Dann kamen wir nach Uis und fuhren östlich nach Omaruru. Die Schotterstraße zog sich wieder endlos dahin. Wir überquerten einige Brücken über Trockenflüsse. Von Omaruru ging es weiter südwärts nach Karibib. Dazwischen machten wir an einem Rastplatz ein kleines Picknick.
In Karibib tankten wir und kauften Brot. Dann folgte die letzte Etappe zum Tsaobis Nature Park. Die Sonne stand schon sehr tief, und das Licht war dementsprechend schön. In der Ferne konnten wir schon die Ausläufer des Namib Naukluft Parks erkennen.
Auf Tsaobis angekommen, mussten wir feststellen, dass Jörg, mit dem wir uns verabredet hatten, nicht mehr dort war. Schade. Eine Teilhaberin der Farm (Michaela) begrüßte uns. Sie war erst gestern aus Deutschland angekommen. Glücklicherweise konnten wir ein Abendessen bekommen, obwohl uns niemand erwartet hatte. Am Farmhaus liefen einige Tiere herum. Die meisten waren von Hand aufgezogen worden: ein Springbock, ein Schakal, eine Katze und ein Hund. Wir saßen mit Michaela lange beim Essen und unterhielten uns.
Kilometer: 365