22. Juni 2011 Fortsetzung
Die wenigen Kilometer auf der D2315 sind schnell gefahren und so kommen wir um 12.30 nach 170km bei 28° an unserem Ziel, der
Erongo WIlderness Lodge, an. Unser Auto bleibt unten auf dem Parkplatz stehen und wir lassen uns die steile Zufahrt hinauf schaukeln.
Die Lodge liegt wunderschön zwischen den Granitfelsen. Die großen, mit Reet gedeckten Zelte sind mit hölzernen Boardwalks verbunden. Klasse!
Der Manager Robert begrüßt uns und erklärt uns die Lodge. Als die Sprache auf das Essen kommt, erwähne ich Geschmacksverstärker, Fertigsaucen etc. Robert guckt mich groß an, davon hat er offensichtlich noch nie etwas gehört... „No, we don‘t use that...“ Na, mal sehen...
Dann führt er uns zu unserem Zelt Nr. 9. Es ist schön groß und schlicht, aber ausreichend möbliert.
Das Bad hinter dem Zelt ist halb offen und in die Felsen integriert, sehr schön angelegt und mit viel Augenmerk für nette Kleinigkeiten ausgestattet.
Robert zeigt uns, wie die Lampen eingeschaltet werden - und scheitert bei der Lampe über dem Badspiegel. Die leuchtet nur solange, wie er auf den Schalter drückt. Lässt er los, geht sie aus.
Das probiert er einige Male, dann kratzt er sich am Kopf. Ich denke: Jetzt sagt er bestimmt „we have to make a plan...“?! Nein, weit gefehlt! Robert zeigt auf die einige Meter entfernt hängende Deckenlampe und verkündet: „Ah, that one should fit...“
Wir stehen da mit offenen Mündern und gucken uns an. Solch ein Kommentar vom Management, wenn etwas nicht funktioniert (ohne Entschuldigung oder Reparaturversuch) ist doch eine außergewöhnliche Leistung.
Mein Schatz hatte vorher schon überlegt, ob er das Rasieren im Urlaub nicht einstellen sollte. Vielleicht ist der Zeitpunkt jetzt ja gekommen?
Wir sind jedenfalls so perplex, dass wir nicht angemessen reagieren und Robert ungeschoren davon kommt.
Bis zur Teatime um 15.00 machen wir eine Pause. Dann gehen wir hinauf zum halb offenen Lounge - Restaurant.
Es gibt Kaffee, Tee, Saft, Schokoladenkuchen und Käse-Schinken-Blätterteig Röllchen. Lecker und frisch!
Mit Kules, unserem guide für die nächsten Tage, besprechen wir unsere Aktivitäten.
Heute starten wir um 16.30 zu einem Sundownerwalk auf einen Felsen in der Nähe der Lodge. Mein Knie beschwert sich immer noch über die Steigungen, es geht aber. Mit von der Partie sind 3 weitere Gäste (2 kennen wir schon von der Fahrt nach Twyfelfontein) sowie ein weiterer Mitarbeiter der Lodge. Von oben haben wir eine schöne Aussicht über die Umgebung. Leider ist es wieder sehr diesig. Aber die Stimmung ist gut, es gibt cooldrinks und Knabbereien und die untergehende Sonne verfärbt die Felsen und das Gras sehr schön.
Kaum ist die Sonne weg wird der Wind empfindlich kalt und wir beeilen uns, wieder hinunter in die Lodge zu kommen.
Wir genießen eine gute und heiße Dusche und gehen schon kurz nach 18.00 zum Essen.
Beim Aperitif am Kaminfeuer unterhalten wir uns gut mit einem Gast aus Südafrika. Robert kommt und fragt, ob Alles in Ordnung sei. Nein, an unserem Zelt können wir die Reißverschlüsse nicht richtig schliessen.
Es ist so viel Spannung auf dem Zelt, dass irgendetwas reissen würde, wenn wir das versuchen würden. Robert sagt „oh“ und macht ein nachdenkliches Gesicht...
Dann lassen wir es uns schmecken: Pfannkuchen mit Thunfisch, gemischter Salat, Oryxsteak mit Pfeffersauce oder Hähnchenbrust mit Erdnusssauce, Möhren, Brokkoli und Reis. Als Dessert gibt es Apfelstrudel mit Vanillesauce.
Oryxsteak scheint gerade Hochsaison zu haben - das gibt es fast jeden zweiten Abend. Aber es ist zart und lecker heute. Und kein Geschmacksverstärker am Essen! Dies ist das bisher feinste Essen auf der Reise.
Dazu ein sehr freundlicher und aufmerksamer Service und eine gute Weinauswahl. Geht‘s uns gut!
Plötzlich rennen Robert und einige andere hinaus. Das sieht nach Alarm aus! Kurz darauf kommt Robert zurück - und um seinen Arm windet sich eine Schlange!
Er zeigt sie uns und erklärt es handele sich um eine Angola File Snake, die völlig harmlos sei. Sie ist offensichtlich auf der Suche nach einem warmen Plätzchen, denn sie versucht ständig bei Robert in den Kragen oder die Ärmel zu schlüpfen. Nach anfänglicher Skepsis trauen wir uns, sie anzufassen: Warm und auf der Unterseite ganz weich. Auf der Oberseite ist sie ganz rau und die Schuppen haben kleine erhabene Spitzen an den Enden, wie Widerhaken. Sie ist ca. 1m lang, der Bauch ist cremeweiß, oben ist sie grau bis blass purpur. Sie windet sich um meine Hände und Arme und ich kann sie mir genau ansehen. Ein tolles Erlebnis!
Ich habe ja riesigen Respekt vor Schlangen und versuche, genügend Abstand zu ihnen zu halten. Wenn sie aber harmlos sind, dann traue ich mich auch, sie anzufassen. Denn sie fassen sich gut an, das hätte ich mir früher nie vorstellen können!
Im Restaurant wird es kühl, durch die glaslosen Fensteröffnungen kriecht die Kälte herein und die 2 Holzscheite im Kamin verbreiten nicht allzu viel Wärme. Also gehen wir früh in unser Zelt, erledigen Post und schreiben Tagebuch. Die Reißverschlüsse lassen sich nicht weiter schließen als zuvor. Da hat sich niemand dran versucht.
Drinnen wird es kalt.
Draußen schreien die Rock Dassies. Was für ein grausamer Ton! Es klingt, als ob ein Kind gequält wird. Scheinbar haben die Tiere bestimmte Zeiten, an denen sie schreien: 2 Stunden schreien, 3 Stunden Ruhe, 3 Stunden schreien... Im Bett finden wir jeder eine Wärmflasche, ich nehme noch unsere beiden Wärmflaschen mit dazu und wickele mich in alle vorhandenen Decken. Na, dann Gute Nacht!