THEMA: Ein Ersttäterbericht... ;-)
21 Aug 2010 10:58 #152688
  • uschisiggi
  • uschisiggis Avatar
  • Beiträge: 160
  • Dank erhalten: 35
  • uschisiggi am 21 Aug 2010 10:58
  • uschisiggis Avatar
Hi Iven,
schließe mich den Vorschreibern an. Reiseberichte hier zu lesen macht einfach süchtig. Und Deine Art zu schreiben, gefällt mir wunderbar. Ist halt wie ein Fortsetzungsroman. Wenn es spannend wird, muss man plötzlich warten. ;)
Abwarten fällt mir heute aber leicht, denn wir starten in 5 Stunden nach Windhoek. :) :)
Wir reisen durch Namibia, Botswana und den Norden Südafrikas in einer organisierten Kleinstgruppe von 6 Personen und hoffen, nach Rückkehr Mitte September auch viel berichten zu können.

Habe Deinen Bericht als Favorit gespeichert, um dann schnell weiterschmökern zu können.
LG
uschisiggi
Mein Motto: Man muss das Unmögliche versuchen, um das Mögliche zu erreichen. (Hermann Hesse)
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
21 Aug 2010 14:03 #152698
  • engelni
  • engelnis Avatar
  • Beiträge: 42
  • Dank erhalten: 1
  • engelni am 21 Aug 2010 14:03
  • engelnis Avatar
Hallo Iven,

wenn ich über deine ersten Afrika-Tage so lese, fühle ich mich auch in meinen ersten Namibia-Urlaub zurückversetzt!
Ich freu mich auf die Fortsetzung und viele Bilder, die übrigens super genial sind...

LG Nina
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
21 Aug 2010 16:27 #152701
  • Iven
  • Ivens Avatar
  • Beiträge: 86
  • Dank erhalten: 56
  • Iven am 21 Aug 2010 16:27
  • Ivens Avatar
Teil III

Warum kommt man nach Namibia? Ich jedenfalls auch wegen der Fotomotive und zu den wichtigsten geplanten Höhepunkten zählte für mich auf jeden Fall der Köcherbaumwald. Aber welcher? Der gut informierte Forenleser bevorzugt Mesosaurus Fossil Park. Das war eigentlich nun auch mein Ziel. Wir fahren also gegen 14:00 Uhr los. Zurück in Richtung B1.
Da ist es wieder, beim Fahren auf dem Asphalt in der Stadt, das starke Vibrieren auf der Vorderachse. Gut, ab 60 - 65 ist weg aber wenn ich langsamer Fahre ist es wieder deutlich zu spüren – oder bilde ich mir das doch ein? Die Pad (Ist Pad eigentlich weiblich?) in Richtung Köcherbäume lässt dann aber keine Gelegenheit sich darum zu kümmern es rüttelt heftig, die Piste ist deutlich schlechter als das bisher gefahrenen und es ist auch ungewohnt viel Gegenverkehr. Das ganze zieht sich auch deutlich weiter als es auf der Karte aussah (typischer Anfängerfehler ;-) ) Wir fahren am „offiziellen“ Wald vorbei – die Ufo-Hütten sind ja nun wirklich nicht mein Geschmack =8-/ am Spielplatz (der Riesen) vorbei – sieht eigentlich gut aus und das Licht wird langsam besser… die Piste ist immer noch anstrengend zu fahren und bald taucht mit den Gemini Hills zwar interessante Motive auf aber wenn die darauffolgende Weite und die Fläche auf der Karte mit der Entfernung zum Mesosaurus Park korrelieren, dann ist das Licht wahrscheinlich schon weg ehe wir recht da sind und die Rückfahrt im Dunkeln wird noch länger. (Und davor warnt ja nun ausnahmslos jeder Reiseführer ;-) ) OK Plan B, inzwischen steht für mich ohnehin fest, dass ich hier noch einmal hin muss und dann natürlich auch in fußläufiger Entfernung zu den besten Motiven übernachten will. Der Mesosaurus Park wird also für die nächste Namibia Tour vorgemerkt und wir drehen um. Dummerweise muss man natürlich erst zum Haupthaus mit dem amtlichen Wald um ein Permit auch für den Spielplatz der Riesen zu holen. Diesen Teil der Strecke lernen wir also intensiver kennen. Der Spielplatz selbst ist dann eine großflächige Ansammlung von Granitblöcken in teils spannender Schichtung in wunderbarem Kontrast zu dem goldgelben Gras und den verstreuten Köcherbäumen. Ein Weg ist zunächst markiert, verliert sich zwischendurch aber immer wieder etwas im Beliebigen. Das Areal lohnt auf jeden Fall einen Besuch und bietet auch fotografisch ein reichhaltiges Betätigungsfeld. Noch rechtzeitig vor dem Sonnenuntergang fahren wir dann zum Zeltplatz am amtlichen Köcherbaum. Der macht für mich allerdings einen eher kargen Eindruck aber wir sind ja ohnehin nicht mit dem Zelt unterwegs und beim nächsten Mal… aber das schrieb ich ja schon. Der Köcherbaumwald, gelegentlich als übererschlossen und überfüllt verschrien zeigte sich von seiner besten Seite. Sieht man mal von dem Ziegen (?) Hirten ab, der die ganze Zeit der Dämmerung seine Herde zurück trieb (dabei schien er gefühlt jedes Tier einzeln zu rufen, jedenfalls war die Geräuschkulisse zwar authentisch aber doch ein klein wenig nervig - aber davon ist auf den Fotos ja nichts zu hören), war niemand da und es war doch sehr beschaulich. Während ich mich also mit dem Stativ zentimeterweise vorankämpfte machte meine Familie unbeschwert ihre eigenen Fotos (und wenn ich ehrlich bin vielleicht sogar die besseren ;-) Der Sonnenuntergang in Namibia bereitete mir übrigens ohnehin Schwierigkeiten. Zunächst läuft die Sonne ja verkehrt herum (also zumindest hat man den Eindruck da sie ja im Norden steht und von dort aus nach Westen zu untergeht) und die besten Momente bieten sich oft erst nach dem eigentlichen Sonnenuntergang.



Dummerweise ist es nach diesen Momenten dann aber wirklich auch ziemlich finster ;-) Wir jedenfalls finden den Weg zum Auto zurück ganz gut, nur bei der Ausfahrt über den Zeltplatz bin ich sehr vorsichtig denn irgendwo hatte ich doch eine Wäscheleine vorhin gesehen… .
Nach dem Essen zurück in der Pension folgt noch das allabendliche Ritual der Akkuladungen (Wenigstens ein Vorteil der festen Unterkunft, Steckdosen so viel man will ;-) ) Nach zwei Tagen wäre es an der Zeit die Karten der Kameras mal zu sichern denke ich. Dazu habe ich bei längeren Reisen ein oder zwei mobile Festplatten und ein kleines Nettop dabei um die Daten auf die Festplatten zu kopieren. „Das Gerät kann eine höhere Leistung erreichen“ meldet Windows beim Einstecken der Platte. Das kann jetzt nicht war sein! Allen Mist hab ich im Vorfeld geplant und geprüft, die neue Festplatte eingeschlossen und geprüft - nur nicht an diesem Nettop. Das etwas in die Jahre gekommene Ding habe ich schon oft dabei gehabt und noch nie hatte es sich so zickig! Das Kartenlesegerät bringt die gleiche Meldung und was dann als Gesamtzeit für das Kopieren der CF und SD Karten prognostiziert wird, passt grade in die Zeit bis zum Frühstück. Alles abgebrochen, alle Einstellungen durchgesehen, USB Controller neu erkennen lassen – nichts, stur weigert sich das Gerät die Platte in der vollen Geschwindigkeit anzusprechen. Wohl oder über lasse ich die ganze Prozedur die Nacht durchlaufen, das munter vor sich hinblinkende Gerät mit einem T-Shirt abgedeckt um meine Frau zu besänftigen ;-)

Am Morgen finden wir uns gespannt im Frühstücksraum ein… landesbekannt gutes Frühstück, stellte der Reiseführer in Aussicht. Der Raum ist eher ein Wintergarten, hell freundlich liebevoll etwas überdekoriert und der Tisch hübsch gedeckt… aber landesweit bekanntes Frühstück? Um ein Haar wäre ich auch abgefahren, ohne dass sich das Geheimnis des gessertschen Frühstücks sich enthüllt hätte, hätte nicht der Rest der Familie dann doch sein scrambled Egg bestell. Was dann serviert wurde, hatte eher die Dimension eines englischen Frühstücks (selbstverständlich ohne die kulinarischen Grausamkeiten eines solchen), eine liebevoll und originell dekorierte Platte, auf der das Rührei am Ende den kleinsten Raum einnahm ;-) (das aber nun keinesfalls, weil es zu wenig Ei gewesen wäre sondern sich zuwischen den Belangen doch etwas verlor ;-) ) Empfehlenswert!

Wir haben uns gegen den Asphalt und für die Piste entschieden und wollen der D 608 folgen, ist schließlich auch eine „Grüne Straße“ (so sind die „scenic routs“ auf der Landkarte des tourism board gekennzeichnet)
Aus der Stadt heraus bringen sich die Vibrationen kurz wieder ins Gedächtnis. Wir tanken und auf der B ist das Gewackel wegen der höheren Geschwindigkeit dann natürlich auch wieder verschwunden und auf der Pad ist von alledem nichts mehr zu merken (da ruckelt es ja soundso), als fühle sich das Auto dort ohnehin wohler!

Die 608 ist eine gute Wahl. Durch den (trockenen) Löwenfluß und die Klein Karasberge ist spannend, die Strecke windet sich (und das horizontal wie vertikal ;-) durch die Berge, die mich stellenweise an den Mittelwesten erinnern.



Eine kleine Wasserdurchfahrt mahnt mit dem darin verborgenen tiefen Schlagloch abrupt und sehr deutlich, auch idyllische Abschnitte ernst – und vor allem langsamer – zu nehmen. Später wird die Landschaft wieder flacher, namibische Weite kehrt zurück und letztlich erreichen wir das Canon Roadhouse. Eine echt nette und gepflegte Anlage, haarscharf am Kitsch vorbei tut sich hier nun nicht das typisch afrikanische auf aber ein Unikum und dazu doch ein liebenswertes ist es ohne Zweifel.

Das eigentliche Tagesziel ist aber natürlich der Fish-River-Canyon. „…zum Canyon Roadhouse, den Nachmittag können sie zu einem Ausflug nach Ai-Ais nutzen um dann rechtzeitig zum Sundowner zurück am Canyon zu sein“ so oder zumindest so ähnlich habe ich es in der Reisevorbereitung in etlichen Reise-Katalogen gelesen. Oh man, die Typen fahren entweder die Dakar oder waren noch nie hier! Die Stecke allein zum Canyon zieht sich schon ganz schön (zumal die Piste stellenweise heftiges Waschbrett, sorry hier ja Wellblech, bietet). Die Strecke ist mit ihrer Ödnis aber auch auf ihre Art grandios! An der Einfahrt darf man permitten und weiter geht es zum Canyonrand. Mal ehrlich: ganz egal ob es nun der zweitgrößte Canyon ist oder der dritte oder vierte, eindrucksvoll ist er allemal. Derlei vergleiche finde ich ohnehin immer recht albern, ich war immer wieder von den „Kleineren“ Wundern mehr begeistert als von den größten schönsten und kaputturistizitieresten Plätzen der Erde! Allerdings ist der Canyon hier schwer zu fotografieren, dagegen war der Grand Canyon ehr leichte Kost ;-) ich tue mich schwer einen guten Standort und einen Bildaufbau zu finden mit dem ich zufrieden bin. Wir folgen der Randstraße in beide Richtungen und freuen uns über immer wieder tolle Blicke - auch ohne das ultimative Fotomotiv.
Die 4x4 Strecke südlich des Hauptaussichtspunktes will ich mir aber auf jeden Fall noch ansehen. Gut ausgeschildert ist der Abzweig leicht zu finden. Gute Streckenabschnitte wechseln sich mit kurzen unhandlichen oder schlechten Stücken ab. Viel Canyon ist eigentlich nie zu sehen aber der Blick in die Ebenen östlich des Canyons sind großartig. Eine kurze felsige Stufe im Abstieg verlangt dann mehr Aufmerksamkeit vom Fahrer. Wir sind inzwischen schon spät dann. Das Licht wird immer besser zum Fotografieren aber die ja ohnehin kurze Dämmerung rückt immer näher. Da man den gleichen Weg wieder zurück muss müssen wir also auch das Steilstück wieder hoch. Das und eigentlich auch zumindest den Rest des 4x4 Trails würde ich schon noch gern bei Tageslicht schaffen! Die Fotostops werden daher kürzer, leider scheinbar genau in dem Maß wie die Motive und das Licht besser werden. Das richtige Canyon-Motiv war immer noch nicht dabei als wir dann den Rückweg antreten. Der einzelne Köcherbaum, kurz oberhalb der Steilstufe wäre aber noch ein dankbares Motiv, auf der Hinfahrt war das Licht einfach noch nicht gut genug.
Irgendwie (ich glaube beim harten Schlag einer übersehenen Bodenwelle) fällt mir plötzlich auf, das ich mit den Reisetaschen vorhin auch die Gerätetasche ausgeladen habe… da war auch das Telefon mit drin. So wie mit dem Schirm und dem Regen ist es ja manchmal auch mit anderen Dingen, hat man sie mit, braucht man sie nicht, hat man mal nicht… Gut etwa 12 km Strecke bis zum Abzweig, spätestens da kommt spätestens morgen früh wieder jemand vorbei… das ist nicht wirklich beängstigend zumal die Temperaturen nachts zwar unangenehm aber ja nun noch nicht wirklich lebensfeindlich werden. Aber es passiert nichts – warum auch :-)
Das kleine Steilstück fährt sich berghoch wie erwartet besser als bergab und auch das Licht für meinen Köcherbaum ist noch da.



Einige weitere lockende Motive fallen dann aber dem strengen Kontrollblick zu Uhr zum Opfer aber wir erreichen den Abzweig noch mit Licht, das Roadhouse dann natürlich erst im Stockdunklen.
Das Roadhouse bietet sicher nicht den landschaftlichen Reiz der anderen Unterkünfte im Einzugsbereich aber die mit alten Autos und Teilen dekorierte Werkhalle die die Kulisse des Restaurants hergibt ist doch originell.

Früh erkundigen wir uns nach dem Weg über Rosh Pinah, im vorigen Jahr soll die Brücke ja mal nicht befahrbar gewesen sein… nein, derzeit geht es, das würden jetzt viele Gäste diese Strecke fahren und erst gestern wäre jemand von Süden herauf gekommen erfahren wir neben etwas übrigem Smalltalk. An der winzigen Tankstelle wird Treiböl gebunkert und wir machen uns auf den Weg. Ich hatte lange überlegt, ob ich die deutlich längere Südroute am Oranje entlang nach Aus oder die kürzere Strecke wählen sollte. Etwa 400 km für die Südroute sind doch ganz schön happig und liegen eigentlich überm selbst gesetzten Tageslimit, andererseits sollte die Stecke ja schön sein. Also Südroute!
Gib jedem Tag die Chance der schönste deines Lebens zu werden!
Fotos und mehr: eissner-dresden.de / gipfelbuch.de
Letzte Änderung: 21 Aug 2010 16:41 von Iven.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
21 Aug 2010 16:33 #152702
  • Iven
  • Ivens Avatar
  • Beiträge: 86
  • Dank erhalten: 56
  • Iven am 21 Aug 2010 16:27
  • Ivens Avatar
PS: ein paar neue Bilder bei mir auf der Seite habe ich inzwischen auch ergänzt.
Gib jedem Tag die Chance der schönste deines Lebens zu werden!
Fotos und mehr: eissner-dresden.de / gipfelbuch.de
Letzte Änderung: 21 Aug 2010 16:34 von Iven.
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
21 Aug 2010 16:53 #152703
  • Gerd1942
  • Gerd1942s Avatar
  • Sag' was Du denkst, aber bedenke, wie Du es sagst
  • Beiträge: 5538
  • Dank erhalten: 2665
  • Gerd1942 am 21 Aug 2010 16:53
  • Gerd1942s Avatar
Hallo Iven,

wie schon einmal gesagt - klasse Bericht. Wenn Ihr mal wiederkommt, dann die 4 x 4 Tour tagsüber bis zum Ende. Und dann noch etwas zum Canon laufen. Mir hat's gefallen, aber beim letzten mal war ich auch zu spät und habe mir an dem Steilstück einen Reifen ruiniert, weil ich zu schnell war.

Liebe Grüße von der sonnigen Atlantikküste
Gerd
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.
21 Aug 2010 17:06 #152704
  • Iven
  • Ivens Avatar
  • Beiträge: 86
  • Dank erhalten: 56
  • Iven am 21 Aug 2010 16:27
  • Ivens Avatar
Hallo Gerd,
wir sind leider nur bis etwa 1 km vor den Endpunkt gekommen, dann war die death line zeitlich erreicht - aber wiederkommen wollen wir ja ohnehin :)
Gib jedem Tag die Chance der schönste deines Lebens zu werden!
Fotos und mehr: eissner-dresden.de / gipfelbuch.de
Der Administrator hat öffentliche Schreibrechte deaktiviert.