Liebe Freunde,
unsere Expedition neigt sich dem Ende zu. Nur noch wenige Tage bleiben, um die restlichen Sehenswürdigkeiten des Landes aufzusuchen. Dieser letzte Beitrag handelt von unseren letzten Tagen in Südwest und beantwortet die drängenden Fragen, die schon hier im Forum aufgeworfen wurden.
Aber lest selbst: Heute steht uns eine Fahrt über fast 450 Kilometer bevor, eine Strecke also, die die Agentur für Arbeit mittlerweile als tägliche Arbeitsstrecke (einfach) für angemessen hält. Trotzdem brechen wir früh auf. Unser Weg führt nach Norden.
Um die Mittagszeit sind wir am Eingang zum legendären Sossousvlei. Hunderte Meter hohe Dünen soll es hier geben. Das wollen wir sehen und mit unserem hochwertigen Fotoequipment auf unsere 128MB Speicherkarten bannen. Doch welche Enttäuschung! Der Wächter weist uns ab! Ob wir denn nicht wüssten, dass die Besichtigung der Dünen nur in den frühen Morgen- oder den späten Nachmittagsstunden zulässig sei?
Denn nicht ohne Grund bilden sich schon Stunden vor Sonnenuntergang lange Schlangen abenteuerlustiger Reisender am Gate, die ihre Motoren bereits seit 3 Uhr morgens warmlaufen lassen, um den täglichen Wettlauf zum Vlei zu bestreiten. Da könnten doch nicht einfach dahergelaufene Reisende gegen Mittag Eintritt begehren, wenn überhaupt keine anderen Besucher da sind! Betroffen erkennen wir die bestechende Logik seiner Argumentation und trollen uns. Bis gegen Abend zu warten erscheint uns denn doch zu verwegen, wenngleich wir ja immer gerne ans Limit gehen.
Unser Weg führt uns über Solitaire. Welch ein Name! Stille verheissend! Ruhe. Entspannung. Ungeduldig nähern wir uns der Siedlung im Nichts. Doch welch eine Enttäuschung! In Zweirerreihen fordern ungeduldige Fahrer die letzten Tropfen Benzin. Einzelne Schlägereien brechen aus. Unsere Friedfertigkeit lässt uns das Gewühl an der Tanke meiden und wir suchen nach Nahrung. Eine lokale Bäckerei erscheint uns angemessen. Das Angebot ist allerdings bescheiden: nur Apfelkuchen! Wir ordern drei Stücke der einzigen verfügbaren Süssspeise. Sofort umschwirren uns hunderte von Wüstensperlingen. Nicht einmal die regelmäßigen Schrotschüsse des beleibten Bäckereibesitzers in die Vogelgruppe, kann die Massen von Federträgern vertreiben.
Am Nachbartisch sitzt ein beleibter Mann, der das Treiben mit verträumten Blick mustert. Bevor wir gehen, grüßen wir den barhäuptigen Mann freundlich. Er grüßt zurück und sagt „Gestatten Hitchkock“. „Hitchkock?“ Antworten wir. Etwas der......? „Genau!“ Es handelt sich allerdings um den Sohn des berühmten Regisseurs. Was er hier mache, fragen wir ihn und er erzählt, dass er immer gerne hierher zurück komme, an den Ort, der seinem Vater die Inspiration zu seinem berühmten Film gab: „Die Vögel“. Fotos zu machen, verbietet uns das aggressive Verhalten der Vögel.
Weiter geht unsere Fahrt über die, laut Karte, Pässe Gaub und Kuiseb. Wer beschreibt unsere Überraschung, als uns der Pass nach unten statt in die Höhen eines Berges führt. Aber wir verfolgen tapfer weiter unseren Weg. Bis uns die Dunkelheit einholt. Erreichen wir noch unser Ziel Hakos? Als die Dunkelheit zu bedrohlich wird, beschließen wir unser Dachzelt zu errichten und im Freien zu nächtigen. Über uns spannt sich der unendliche Sternenhimmel. Als die Magellansche Wolke über dem Horizont auftaucht, nähern sich Schritte unserem Lager..... Was droht uns? „Wollen Sie nicht zum Abendessen ins Haus kommen?“ fragt die freundliche Farmerin. Wir ziehen um...
An nächsten Morgen starten wir zu einem der absoluten Highlights unserer Expedition. Wir wollen den Gamsberg erklimmen.
Dazu mieten wir das große Expeditionsfahrzeug der Farm und versichern uns der erfahrenen Führung des Einheimischen Friedhelm. Wir brechen auf. Bald schon wird die Pad schwierig. Wir fühlen uns berufen, dem Fahrer aus dem Füllhorn unserer Erfahrungen Ratschläge zum Bewältigen des Pfades zu geben. Immerhin haben wir schon den steilsten Pass der Welt, den vanZyls-Pass, bezwungen. Wir haben den Eindruck, dass unsere Ratschläge willkommen sind. Sonst würde er die Strecke sicher nicht mehr bewältigen können.
Plötzlich stoppt der Fahrer bei einem Schild und einem Gatter. Ist er am Ende seines Offroad-Lateins? Müssen wir das Steuer übernehmen? Wir befragen den Fahrer. „Nein, er müsste nur schnell halten und jetzt den Allradantrieb einlegen“ antwortet er.
Steil geht es bergan. Neugierige Tiere mustern die offenbar des Lebens müden Offroader.
Immer weiter führt der Weg hinauf. Erst in der Vogelperspektive zeigt sich die Schwierigkeit der 45%igen Steigung (Sorry ,Carsten für den Bilddiebstahl!)
Endlich erreichen wir das Plateau und inspizieren die Hinterlassenschaften der Max-Planck-Gesellschaft-für-Astronomie. An der Kante des fast 2.500 m hohen Berges machen wir Rast und nehmen eine Stärkung zu uns.
Doch was ist das? Hat man uns belogen und betrogen? Statt des auch von Carsten Möhle in Aussicht gestellten Karottenkuchens der Farmerin Waltraud gibt es nur .... Apfelkuchen! Sollen wir reklamieren? Lässt uns der verärgerte Farmer dann auf dem sturmzerzausten Plateau zurück? Wir resignieren und essen die angebotenen Stücke klaglos. Wir kehren zurück.
Glücklich zur Farm zurückgekehrt, buchen wir abends eine „Sternenführung“. Friedhelm baut ein Spiegelteleskop auf, doch kaum haben wir einen Planeten , einen Stern, einen Kugelhaufen oder eine Galaxis fixiert.... wusch..... schon ist sie wieder weg. Offenbar ist das Teleskop nicht fest montiert. Friedhelm erläutert uns den Sternenhimmel mit einem Laserpointer. Es funktioniert, auch wenn uns unklar ist, warum das normal lichtschnelle Licht des Laserpointers, das auf Sterne und Galaxien gerichtet wird, sofort wieder von dort reflektiert wird. Ist Friedhelm etwa ein Außerirdischer, der die überlichtschnelle Transmission beherrscht? Hat er Kontakt zu den Diskusschiffen der Tirasberge? Mittlerweile erscheint uns diese Erklärung plausibel.
Am nächsten Tag scheiden wir als Freunde, denn wir glauben, dadurch die Erde vor der baldigen Übernahme durch unfreundliche Außerirdische zu bewahren.
Unser Weg führt zurück nach Windhoek, um unser treues 6Zylinder-Expeditionsfahrzeug in die Hände des Autovermieters zurückzugebnen. Der Vertrag verpflichtet uns, das Fahrzeug vollgetankt abzuliefern. Wir suchen zwei Tankstellen auf, die insgesamt 240 l in den 120 l-Tank leeren. Das dürfte reichen, meinen wir. Wer beschreibt unsere Überraschung, als es der Asco-Tankwart schaftt, weitere 20l in die A., B- und C-Holmen unseres Fahrzeugs zu leeren.
Wir scheiden auch von dort als Freunde. Allerdings sind wir nach Begleichung der letzten Tankrechnung pleite und sind froh, dass uns ein kostenloser Lift zum Flughafen angeboten wird. Dort wartet eine Flugmaschine, die uns außer Landes bringen soll. Auf dem Rückflug planen wir bereits unsere nächste Expedition.
Herzlich grüßt letztmals
Wolfgang