6. Kapitel: Das Hochland in grau
Über die kommenden zwei Tage gibt es gar nicht so viel zu berichten. Außer vielleicht, dass der August nicht die beste Reisezeit zur Erkundung des Hochlands von Sri Lanka ist…
Nach einem gemütlichen Frühstück und weiteren Spaziergängen im Garten des Hotels und am Fluss starten wir bei herrlichstem Sonnenschein gen Nuwara Eliya.
Die Fahrt dorthin dauert rund vier Stunden und führt uns vorbei an wunderschönen Wasserfällen, beispielsweise denen von Ella. Dort machen wir kurze Rast und beobachten neben dem rauschenden Wasser auch noch einige Hutmakaken mit Nachwuchs. Noch herrscht gute Stimmung…
Immer höher schrauben wir uns über Serpentinenstraßen, dabei erfolgt so manch halsbrecherisches Überholmanöver auf enger und schlecht einsehbarer Fahrbahn… Bald ist meiner Frau und mir schlecht – die Kinder stecken die kurvenreiche Fahrt zum Glück weit besser weg.
Um Viertel nach zwei kommen wir in Nuwara Eliya, der größten Stadt des Hochlandes, an. Die Stadt ist bekannt als traditionelle Sommerfrische aus kolonialer Zeit. Zu dieser Jahreszeit mag dieser Charakter aber so gar nicht aufscheinen, die Stadt liegt unter tiefhängenden Regenwolken. Es ist sehr windig und nass-kalt.
Wir beziehen unser Hotel mit dem klangvollen Namen „Summer Breeze“ – das erscheint als der so ziemlich absurdeste Name im Angesicht der herrschenden Wetterlage.
Das Hotel ist über offene Gänge strukturiert, es peitscht der Regen bis vor die Zimmertüren. In den Zimmern ist es zwar ganz hübsch englisch eingerichtet – aber es ist sehr kalt.
Da an ein Herausgehen bei diesem Wetter nicht zu denken ist, verbringen wir tatsächlich den Rest des Tages in Decken eingewickelt im Zimmer und spielen Gesellschaftsspiele. Das Abendessen ist qualitativ gut – das Restaurant des Hotels aber auch sehr offen gebaut – so dass die kalte „Summer Breeze“ uns auch dort beinahe ungebremst verwöhnt…
Auch am nächsten Morgen bleibt uns der Regen erhalten – zum Glück in abgeschwächter Form und ohne den treibenden Wind. Das Frühstück nehmen wir in dicken Fleecepullis ein.
Am Vormittag machen wir einen kleinen Rundgang durch Nuwara Eliya. Der britische Einfluss zeigt sich an vielen Ecken, so zum Beispiel am kolonialen Postamt. Wir spazieren in Regencapes und Regenhosen. So richtig kann die Stadt ihren Charme nicht entfalten, trotz dass das Wetter so typisch britisch ist.
Als der Regen dann ein Einsehen hat und endlich für einen längeren Zeitraum aufhört, besuchen wir den schönen Victoria-Park und die Kinder toben sich dort auf dem klitschnassen Spielplatz aus.
Am frühen Nachmittag besuchen wir eine Teefabrik und fahren wieder über viele Serpentinen inmitten von Teefeldern. Die Berge sind regenwolkenverhangen – eine ganz eigene Stimmung.
Die Besichtigung der Teefabrik ist für uns alle interessant, da wir im Vorhinein wenig Ahnung von der Herstellung von Schwarztee hatten und man hier einen authentischen Einblick bekommt. Natürlich kann man auch hier am Ende der Führung einkaufen und einkehren – das erscheint uns an dieser Stelle aber durchaus organisch.
Um 15 Uhr sind wir zurück im Hotel und brechen kurze Zeit später zu einem erneuten Gang in die Stadt, dieses Mal ohne unseren Guide – vom Hotelbalkon konnten wir nämlich ein Wunder erleben: Der Regen hört auf und die Sonne lässt sich tatsächlich zögerlich sehen. Und wir sehen erstmals die Berglandschaft ein wenig unverhangener.
In Nuwara Eliya wird für den Nachwuchs Ponyreiten angeboten – diese Möglichkeit nehmen unsere Kinder nur zu gern in Anspruch. So erleben sie die Innenstadt mit ihren Kolonialgebäuden – vor allem dem viktorianischen Grand Hotel und dem Hill Club - entspannt vom Pferderücken, während die Eltern den Spaziergang zu den laut Baedeker sehenswerten Gebäuden genießen können – unser Guide schwieg sich da abermals aus... Mit dem Tuktuk geht es schließlich zurück ins Hotel – damit sind heute zwei Kinderwünsche erfüllt worden.
Leider streikt die Bahn in Sri Lanka seit einigen Tagen und so fällt unsere für den morgigen Tag organisierte Zugfahrt durch das Hochland nach Kandy aus.
Die Trasse ist berühmt für ihre schönen Aussichten und wir sind entsprechend geknickt – wir bezweifeln jedoch, dass wir bei der herrschenden Wetterlage allzu viel gesehen hätten… Mit diesem Gedanken trösten wir uns etwas und sind auch ganz froh, dass wir auf einen Ausflug in die Horton Plains – einen schönen Nationalpark im Hochland mit guten Wandermöglichkeiten – verzichtet haben. Zu dieser Jahreszeit scheint das alles keine so gute Idee zu sein…
Am nächsten Tag wird es also mit dem Auto nach Kandy gehen – den Serpentinen sehen wir mit Grausen entgegen...