12. Tag Aus - Richtersveld NP
Wir haben es bereits einmal versucht, im Mai 2006, von Kapstadt in den Richtersveld zu kommen. Der sonst trockene Holgat führte damals nach intensivem Regen Hochwasser. Die Brücke auf der Hauptverbindung zwischen Port Nolloth und Alexander Bay wurde buchstäblich vor unseren Augen weggeschwemmt. Wir nannten es dann unser "Almost Richtersveld-Abenteuer". Nun ist es soweit, wir fahren mit 8 Jahren "Verzögerung" endlich in den Richtersveld. In dieser Zeit hat sich im Park viel getan hinsichtlich touristische Infrastruktur, es wurden neu Wilderness Camps gebaut und bestehende camp sites renoviert.
Wir frühstücken Punkt 07.15 als das Restaurant im Desert Horse Inn öffnet und loggen uns nochmal per wifi ins internet. Die News-Schlagzeilen in unserem Käseblatt sind Argentiniens technisches Default und die Ebola Epidemie in West Afrika. Kurz vor 9 Uhr machen wir uns gut gestärkt auf den Weg nach
Rosh Pinah, bis dorthin sind es 166km auf guter Teerstrasse, die C13. Die in Namibia sehr verbreiteten pic nic Rastplätze am Strassenrand haben auf dieser Strecke sogar long drop toilets. Eine gute Idee, denn hat man mal einen Kleinbus beobachtet der an solch einem schattigen Platz anhält und wie ein Dutzend Männer gleichzeitig an den Zaun pinkelt, dem vergehts an so einer Stelle ein Brötchen zu essen. Weil es heute Sonntag ist hat es kaum Verkehr auf der Strasse, ich hatte Laster von den Minen erwartet.
Die Sicht ist etwas diesig aber wir geniessen die Fahrt, von 1500müM in Aus fahren wir auf etwa 300m runter an den Orange River. Im Minenort Rosh Pinah, wo man heute die Gehsteige hochgeklappt hat, ist es sichtlich wärmer. Wir tanken nochmal auf, obwohl es auch in Sendelingsdrift eine kleine Tangstelle geben soll. Die graubraune Steinwüste verändert sich allmählich in eine grünere, mit Büschen versehene Landschaft. Statt gelbe trockene Grashalme sieht man saftiges grün und vereinzelt schon gelbe Blümchen. Die klimatischen Einflüsse sind hier wohl ähnlich wie im Northern Cape in Südafrika, wo die Niederschläge im Herbst und Winter fallen. In der Ferne, Richtung Süden, Richtung Berge, sehen wir sogar Wolken, die ersten auf der ganzen Reise.
Vor dem Gate in den Ai-Ais Fish River Canyon Park ist die Abzweigung Richtung
Sendelingsdrift Grenze, es sind noch knapp 20km bis an den Orange River. Um genau 12 Uhr mittags betreten wir das kleine Custom and Immigration Office des namibischen Grenzposten. Wie ich im Logbuch sehen kann waren heute schon zwei Fahrzeuge hier, das letzte um 11 Uhr. Wir erhalten den Ausreisestempel, können saubere Toiletten benutzen und werden informiert dass man nun per Funk die
Fähre für uns bestellen werde. Netter Service. Zwei drei Kurven bergab und wir stehen am Ufer, hier gibt es nichts, nur eine sandige Böschung. Gegenüber liegt die Fähre, sie wurde früher ausschliesslich für die Minenarbeiter benutzt. Der Orange ist hier nicht sehr breit aber wie es scheint tief und mit beträchtlicher Strömung. Ein paar Minuten vergehen, im Carajo rast ein Pick-up gegenüber die Rampe runter und kommt mit quietschenden Bremsen zum Stehen. Warum die zwei Sanparks-Angestellten mit beiden Aussenbordmotoren leer kommen und uns dann nur mit einem Motor übersetzen ist uns ein Rätsel. Für die zweiminütige Fahrt müssen wir Schwimmwesten anziehen und eine Indemnity Form unterschreiben. Danach Rampe hochfahren, Rechtskurve und unter dem Schattendach parken. Wir sind nun in
Südafrika.
Im brandneuen modern konzipierten Gebäude von
Sanparks sehen wir etliche Sanparks Angestellte gelangweilt mit ihren handys spielen. Auch hier sind wir die einzigen Besucher. Eine Angestellte sitzt auf Posten, ihr bezahlen wir die Fähre und zeigen unsere Buchungsbestätigung. Als Übernachtungsgäste zahlt man R.110, andere Durchreisende zahlen R.160 pro Auto. Es haben zwei Autos auf der Fähre Platz, oder eines mit Anhänger. Die Betriebszeiten sind soviel ich gesehen habe nur bis 16 Uhr.
Das Sanparks Gebäude sieht ein wenig wie ein Restaurant am Rheinfall aus. Wie eine Burg mit Sicht auf den Fluss. Die Terrasse mit Mobiliar und Blick auf den Orange dürfe man zum pic nic essen benutzen. Das wissen die Paviane und warten schon. Wir haben 1 Nacht De Hoop camp site vorausgebucht und zahlen hier noch 1 Nacht Kokerboomkloof camp site dazu, plus alle Parkfees R.170 pPpT. Campsite ist R.200. Man nimmt Kreditkarten. Wir erhalten einen Exit Pass, den sollen wir dann bei Ausreise aus dem Park vorzeigen, unabhängig davon durch welches der beiden Gates wir den Park verlassen werden. Ich denke, falls wir länger bleiben können wir dann immer noch bei der Ausreise nachzahlen. Offiziell ist das aber ungern gesehen. Man wird fast genötigt sich zu entscheiden und alle Tage im voraus zu bezahlen. Ich lasse nicht locker und wir zahlen nur 2 Tage. Die Angestellte gibt uns drei A4 Blätter, 1 x Karte mit Distanzangaben (die diversen Streckenabschnitte werden durchnummeriert R1, R2, R3, und so findet man auch die Beschilderung unterwegs) 1 x Crime Prevention, safety tips und Notfallnummern, 1 x Rules and Regulations.
Die Mata Mata Grenzübergang-Episode noch frisch im Gedächtnis haben wir heute früh all unsere Esswaren, und das inkludiert sämtliches Gemüse, Früchte, Nüsse, Milchprodukte und vorallem unser Fleisch gut versteckt. Weil man ja nie weiss ob ein Grenzbeamter inkognito hier mitliest gehe ich nicht ins Detail.
Es ist mittlerweile 30ºC heiss und ich bin dankbar um den Schattenplatz für unsere Esswaren. Feuerholz ist ja auch verboten, aber ich habe extra einen grossen Sack den wir noch übrig hatten als Köder gut sichtbar verstaut. Wenn sie mir was wegnehmen, so mein Gedankengang, dann das Holz. Hier in Sendelingsdrift können wir ja welches kaufen. Weilt gefehlt, niemand fragt uns was wir im Auto mitführen. Niemand sieht sich das Fahrzeug an. Wir gehen nämlich zu Fuss rüber zur Polizei und lassen das Auto am Schatten stehen. Die Jungs sind zu 100% mit den div. F - Funktionen am PC beschäftigt. Wir stören eigentlich nur das Prozedere. Wichtig sind denen nur Zahlen und Daten, die dem anscheinend erst kürzlich eingeführten System gefüttert werden müssen.
Der Laden ist geschlossen. Er werde um 16 Uhr öffnen, aber man versuche die zuständige Person anzurufen, ohne Erfolg. Tja, wenigstens einen Sack Holz haben wir! Auf dem etwas trostlos wirkenden camp site räumen wir all unsere Esswaren wieder ein und ich fühle mich etwas lächerlich. In aller Ruhe essen wir mit Sicht auf den Elektrozaun der Häuschen im Rest Camp nebenan unser pic nic, die Paviane entdecken uns zu spät! Wir ziehen Shorts und Sandalen an und stellen die Uhr um eine Stunde vor. Um 14 Uhr Ortszeit gehts los als wir hinter dem campsite das improvisierte Schild "to the Park" auf dem schmalen Feldweg passieren.
Teile des 160'000 Hektar grossen Parks liegen im Sperrgebiet. Hier werden immern noch Diamanten gesucht und gefunden. Deshalb gilt es (auch für uns) nur auf den tourist roads fahren, nicht auf den mining roads. No entry, bedeutet, no entry. Der erste Eindruck vom Park: steriles, liebloses Restcamp, lärmende Maschinen des Erzabbaus und riesige Ziegenherden. Ich muss gestehen, so hab ich mir den Richtersveld nicht vorgestellt. Zum Glück kann der erste Eindruck täuschen.