6. Tag – KTP von Gharagab nach Kieliekrankie
Der Wecker klingelt. - ‚ssrrrss‘ –Es ist dunkel. Mein Arm geht nach hinten, um ihn auszuschalten. - ‚ssrrrss‘ – Ich finde ihn nicht gleich. - ‚ssrrrss‘ – Doch nach oben gestellt? - ‚ssrrrss‘ – Ich taste. Nein. - ‚ssrrrss‘ – Doch am Kopfende. - ‚ssrrrss‘ – Nein. Dabei hatte ich gestern Abend - ‚ssrrrss‘ – noch überlegt, wohin am - ‚ssrrrss‘ – am besten. - ‚ssrrrss‘ - - ‚ssrrrss‘ – wo ist mein headlight - ‚ssrrrss‘ – ach da und da der Wecker - ‚ssrrrss‘ - -- RUHE. Jetzt sind unter Garantie alle Nachbarn wach. Bei der Stille hier draußen, hat der Wecker wohl für alle gereicht.
Es ist 5:30 Uhr und wir haben heute 270 km vor uns. Da wir normalerweise nie über 20 km/h als Durchschnittsgeschwindigkeit herauskommen, wird das knapp bis zum Abend.
Geschlafen haben wir super, so mit den offenen Gazefenstern. Ist fast wie unter freiem Himmel.
Die Holzdielen knarren laut. Jeder Schritt wird von ‚knarr‘ begleitet. Unter ganz schlechtem Gewissen den Nachbarn gegenüber packen wir. ‚knarr‘ - ‚knarr‘ - ‚knarr‘ - ‚knarr‘
Am Wasserloch treffen sich im Schein des Lichtes (war die ganze Nacht an) immer mehr Oryx. Sie kommen aus allen Himmelsrichtungen. So viele auf einmal, haben wir hier in der Dünenlandschaft gar nicht erwartet. Es sind 10 und mehr, die wir beobachten können.
Um 6:30 Uhr geht es los. Können wir so früh am Morgen hier in der Wildnis unsere Hilfe ausschlagen? Natürlich nicht und so lädt der ‚camp assistent‘ noch zwei dicke schwarze Plastiksäcke mit dreckiger Wäsche in unser Auto – bitte einmal nach Nossob in die Wäscherei bringen. Na klar, wir sind schon auf dem Weg. Die 30 km oneway-Dünenpassage wartet auf uns. Das nächste Wasserloch Dankbaar ist nur 4 km entfernt. Aha, bis hier waren unsere Nachbarn gestern Abend auf ‚gamedrive‘. Die sind also ‚oneway‘ hin und zurück gefahren. Sonst nichts Besonderes.
Die Ausfahrtstrecke hat tolle Sanddünen. Diese gilt es diesmal bergan zu fahren. Bergan heißt mehr Schwung und Drehmoment und hat zu vielen Verwerfungen und Kuhlen in der Sandpad geführt. Ja, in diesem heutigen Zustand der Sandpad kann man wirklich von 4x4-Strecke sprechen. Es geht langsam los mit kleinere Dünen, dann werden diese länger. Es gibt auch Kurven in der Anfahrt. Die Dünen werden höher und die Dünen werden steiler. Noch eine Düne und noch eine Düne und die Strecke davor wird immer ‚ausgefahrener‘. Die Kuhlen immer tiefer. Bis zur Letzten.
Die bisher größte Herausforderung war wirklich die letzte Düne. Wir sind oben und denken, Mensch das war die Krönung der Strecke. Es ist bereits mehr als eine Stunde vergangen und mit gemütlichem Morgendrive hat dieses ‚Geholpere‘ nichts mehr zu tun. Tiere gibt es auch nicht.
(Nur zur Info. Hier sahen wir im Augenwinkel schon links neben der Originalstrecke zwei neue Fahrstreifen. Die sind wohl aus Verzweiflung mit dem x-ten Versuch da hoch zu kommen entstanden).
Auf der ‚Hauptstraße‘ angekommen entdecken wir am Picknickplatz zwischen Polentswa und Lijersdraai viele Spuren von Raubtiertatzen im Sand. So früh am Morgen sind wir die Ersten und wohl doch zu spät. Uns bleiben wie gestern nur die Spuren im Sand. Sie waren hier, doch wir waren nicht da. So, kann es auch sein.
Unterwegs Richtung Nossob: da rennt doch ein Karakal über die Pad – weg ist er – und es gibt kein Beweisfoto.
Wir halten in Nossob und tanken. Das Abliefern unserer Säcke wird schwierig. Kein Mensch will die Dinger haben und so trägt meine zweite Hälfte noch selber um den Auftrag zu erfüllen. Das Camp ist wie ausgestorben um diese Zeit. So kennen wir es gar nicht. Der Laden ist zu. Wir drücken die Klinke zweimal herunter und rütteln an der Tür. Als wir schon gehen wollen, kommt eine Dame von rechts und so können wir unseren Wein doch noch kaufen. Wir liegen gut im Zeitplan und fahren weiter.
Gleich nach Nossob: eine kleine Herde Red Hartebeest.
Auf der weiteren Strecke statten wir jedem Wasserloch einen Besuch ab, um die Eintönigkeit etwas zu durchbrechen. Aber nichts. Das Tal ist weiterhin sehr trocken. Es gibt hier unten nicht mal die einzelnen Springbock-Männchen als Revierhalter mit dem einzelnen Gnu als Begleitung.
Der Picknickplatz Dikbaardskolk zeigt uns eine kleine Oryx-Herde und viele Menschen. Es sind wirklich alle Picknicktische belegt.
Wir ziehen weiter gen Süden und sehen über zwei Stunden weder Tiere noch Autos. Ja, nicht zu glauben. Es kommt niemand vorbei. Wo sind die den alle?
Endlich, da vorne ein Auto. Wir sind kurz vor Kij Kij und wollen unbedingt wissen, ob es sich lohnt noch nach Rooiputs zu fahren, wo wir am ersten Tag die tolle Löwensichtung hatten. Wir stoppen das Fahrzeug. Unterhalten uns sehr nett mit zwei südafrikanischen Erstlingen im KTP. Nein, gesehen haben sie da unten nichts. Schade.
So fahren wir weiter und glauben es nicht, als wir bereits gegen 14:00 Uhr in Kieliekrankie ankommen. So kann es auch gehen. Wir wollten zwar fahren und nicht bei jedem Vogel anhalten. Aber wir wurden gar nicht in Versuchung geführt den Vorsatz zu brechen. Also so ein Tag, wie es ihn auch geben kann, oder?
Hey, nicht schlapp machen. Es ist zwar heiß und wir sind den ganzen Morgen gefahren, aber der Tag ist ja noch nicht vorbei.