THEMA: China und Afrika
01 Jan 2010 14:26 #125007
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  • camelthorn am 01 Jan 2010 14:26
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Wenn ich die, zugegeben, anregende Diskussion zum Chinathema so en block lese, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich kaum ein Beitragsschreiber mal die gedankliche Muehe gemacht hat, die eigene empoerte Sicht einmal umzudrehen.
Was wuerden Deutsche in Deutschland wohl sagen, wenn die Schweizer beispielsweise fuer Handelsbeziehungen mit Deutschland ihr Basisdemokratieverstaendnis zur Vertragsvoraussetzung machen wuerden oder Bananenhaendler aus Costa Rica den Export nach D an einer Ueberarbeitung der Asylgesetze knuepfen wuerden? Wer wuerde sich denn belehren lassen wollen?

"Der Westen" hat in Afrika immer auch seine Kultur importiert, das ist bekannt. Zu Pioniermissionszeiten, zu Kolonialzeiten und jetzt zu EZ-Zeiten. Selbst die gut gemeinte "good governance" policy ist nichts anderes als den Menschen zu sagen, wie regiert werden sollte. Nicht dass ich die Demokratie westlicher Praegung gering schaetzen wuerde, oder gar Kleptokratien afrikanischer Praegung in irgend einer Weise gutheissen wuerde, aber China hat offenkundig groesseren Respekt vor gewachsenen Strukturen in Afrika. Der einheimischen Kultur schadet es sicherlich weniger, wenn Containerchinesen in grosser Zahl anruecken, in Chinatowns ihre Garkuechen aufmachen und Strassen aufbauen (die sich kein Kleptokrat aufs schweizer Nummernkonto ueberweisen kann)oder Bodenschaetze abbauen und dann ihren Lohn mit nach Hause nehmen, als wenn Westler mittels ueppiger EZ-Gehaelter das Mietpreisnivieau in den Staedten in die Hoehe pushen (und damit eine finanzielle Apartheid befeuern) und mit ihren Zollfreiimportlandcruisern den Automarkt unterminieren und ausserdem Neid entfachen, wo sie nur auftauchen.
Gaengige, kaum hinterfragte, Begriffe wie "breit machen" und "einnisten" haben ausserdem einen sehr unschoenen, arroganten Beiklang.

Prost Neujahr!

Camelthorn
"Nothing is more powerful than an idea whose time has come" (Victor Hugo)
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01 Jan 2010 17:37 #125020
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  • Guido. am 01 Jan 2010 17:37
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Hallo,
camelthorn schrieb:
Wenn ich die, zugegeben, anregende Diskussion zum Chinathema so en block lese, kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass sich kaum ein Beitragsschreiber mal die gedankliche Muehe gemacht hat, die eigene empoerte Sicht einmal umzudrehen.
Was wuerden Deutsche in Deutschland wohl sagen, wenn die Schweizer beispielsweise fuer Handelsbeziehungen mit Deutschland ihr Basisdemokratieverstaendnis zur Vertragsvoraussetzung machen wuerden oder Bananenhaendler aus Costa Rica den Export nach D an einer Ueberarbeitung der Asylgesetze knuepfen wuerden? Wer wuerde sich denn belehren lassen wollen?

Niemand möchte sich bevormunden und belehren lassen, aber Du liegst trotzdem falsch, weil Du Vergleiche ziehst, die absurd sind. Bei China und vielen afrikanischen Staaten diskutieren wir nicht über Feinheiten der Demokratie, sondern über grundsätzlich fehlende Demokratie und über die Missachtung elementarer Menschenrechte. Das ist überhaupt nicht vergleichbar mit einer Diskussion, ob Deutschland Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild einführen sollte oder nicht.
Nicht dass ich die Demokratie westlicher Praegung gering schaetzen wuerde, oder gar Kleptokratien afrikanischer Praegung in irgend einer Weise gutheissen wuerde, aber China hat offenkundig groesseren Respekt vor gewachsenen Strukturen in Afrika.

Das China als "Respekt" auszulegen, halte ich für mehr als blauäugig. China verfolgt einfach nur ohne Rücksicht auf Dritte seine wirtschaftlichen und politischen Interessen. Und wie sollte auch ein Land, das selbst keine Demokratie ist und das selbst die Menschenrechte nicht achtet, andere Länder genau dafür kritisieren? Das wäre völlig lächerlich.

Beste Grüße

Guido
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01 Jan 2010 22:13 #125047
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  • camelthorn am 01 Jan 2010 14:26
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Werter Guido,

you missed the point. Bei dem was Du als absurden Vergleich bezeichnest ging es mir nicht darum, politische Systeme gegeneinander aufzuwiegen. Mir ging um den Punkt, dass seit Jahrzehnten vornehmlich europaeische Regierungen und in ihrem Gefolge EZ-ler daherkommen und es immer schon besser gewusst haben, wie ein Land zu regieren sei.
Die Kroete, sich das immer wieder anhoeren zu muessen, wurde in zahllosen afrikanischen Hauptstaedten lange geschluckt, schliesslich ging es um dicke Schecks. Eigentlich kaum ertraeglich fuer einen stolzen Afrikaner in Fuehrungsposition. Vor allem wenn die Besserwisser aus niedrigeren Positionen kamen und gar noch juenger waren als die zu Belehrenden (natuerlich finden die allermeisten afrikanischen Staatslenker Mugabes Terrorregime zum Kotzen - nur leider sind sie fast ausnahmslos juenger als Bob und wuerden sich zuhause diskredidieren, wenn sie oeffentlich den aelteren Bruder kritisierten).
China tut das nicht. Da sind sich die ostasiatische und die afrikanischen Kulturen recht aehnlich. Man mag das Respekt nennen oder oder die Nennung blauaeugig finden. Jedenfalls kommt China nicht besserwisserisch daher, hat nichts zu verschenken und zahlt puenktlich fuer Ware und Leistung.
Und das ist erwachsen gewordenen afrikanischen Fuehrungskraeften offensichtlich irgendwie lieber als das dauernde Danke-sagen-muessen. Vielleicht haben sie das als Kind zu Weihnachten auch schon gehasst...

Wie ich.

Camelthorn.
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