THEMA: China und Afrika
23 Nov 2009 19:32 #121609
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  • Kiboko am 23 Nov 2009 19:32
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Das sich Chinesen mit den Einheimischen nicht vermischen, kann ich nicht bestätigen.
Ein Freund ist mit einer Chinesin verheiratet.

Ich war noch nicht in China.
Aber in Januar geht es los und dann kann
ich aus erster Hand berichten.

Dafür ein paar Infos aus zweiter Hand:
In China ist heute eine Art Goldgräberstimmung,
ähnlich wie in Deutschland im späten 19 Jahrhundert,
als die Eisenbahnnetzte und die Großindustrie
entstanden ist.
Neue Fabriken schiessen wie Pilze aus den Boden.
Dort wird auf Teufel komm raus produziert.
Ohne Rücksicht auf Verluste, weder bei der Umwelt
noch bei den Arbeitern.
Kapitalismus in Reinkultur.
Staat und Partei profitieren davon und
leben in Symbiose mit neuen Grossindustriellen.
Vor zwei Jahren hatte China 1000 Milliarden
US-Dollar "Cash" angehäuft.
Pro Jahr kommen über 100 Milliarden US-Dollar hinzu.
Das Geld muss investiert werden.
Gleichzeitig verlangt die boomende Industrie
nach immer mehr Rohstoffen.
Europa (und Amerika) haben sich schon seit
vielen Jahrzehnten in Afrika eingekauft.
Die Chinesen holen sich jetzt den Rest.

Die Chinesen schenken Afrika Fußballstadien,
Straßen und Flughäfen, ohne eine direkte
Gegenleistungs zu verlangen.
Die Chinesen sind so gute Freunde Afrikas und
einen guten Freund kann man schlecht einen
Wunsch abschlagen.
Visa werden großzügig gehandhabt,
bei der UNO und im Weltsicherheitsrat wird
auch nicht gegen einen Freund gestimmt und
wenn die Olympischen Spiele vergeben werden,
auch da kann man gerne für einen gute Freund
stimmen.
Auch wir kaufen uns Regierungen mit unseren
Entwicklungsgeldern.

Die Chinesen sind sehr kluge und fleissige
Leute. Sie stehen schon als Kleinkind im
harten Wettbewerb, um sich gegen die Millionen
Kokurrenten durchzusetzten.
Schon im Kindergartenalter werden chinesiche
Kinder zum Englischunterricht geschickt!
Folglich haben sie auch ein hohes Durchsetzungsvermögen, um in fremden Ländern
und fremden Kulturen zu bestehen.
Natürlich kann man es den Chinesen nicht verübeln,
dass sie in der Fremde die Nähe zu
anderen Chinesen suchen.
Wir besuchen ja auch gerne Namibia, weil
in jeder Lodge Deutsch gesprochen wird.
Es regt sich auch niemand auf, wenn man
in Swakopmund ganz gross Bäckerei an der
Tür steht ...

Selbst wenn die Chinesen viel Schwarzgeld
erwirtschaften, so zahlen sie in den Ländern
auch Steuern. Möglicherweise mehr Steuern,
als die gleiche Zahl Einheimischer.
Damit sind sie auch wieder bei den Regierungen
beliebt, so kommt Geld in die Kasse, das
man gut zum Machterhalt nutzen kann.
Wenn allerdings der Unmut in der Bevölkerung
zu gross wird, dann werden vielleicht auch
eines Tages die Chinesen genauso aus dem
Land gejagt, wie die weißen aus Zimbabwe oder
die Inder aus Uganda.

Wir können jedenfalls nichts ändern und
wir müssen uns auch damit abfinden, dass
China gerade dabei ist die Führungsrolle in
der Welt zu übernehmen. Die Amerikaner sind
es nicht mehr (lange) und wir in Europa können
nur bestehen, wenn wir zusammenhalten.

Drücken wir die Daumen, dass die Trägheit
und Lebensfreude der Afrikaner auch die gelbe
Invasion überstehen wird.

Gruss Bernd
Äthiopien, Benin, Botswana, Elfenbeinküste, Eritrea, Gabun, Gambia, Ghana, Guinea, Kenia (2x), Madagaskar, Malawi, Marokko, Mauretanien, Namibia, Niger, Ruanda, Sambia, Senegal, Simbabwe (2x), Sudan, Tansania (3x), Togo, Tschad, Uganda (2x)

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25 Nov 2009 20:13 #121807
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  • konno am 25 Nov 2009 20:13
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Also jetzt lasst aber mal die Kirche im Dorf hier. Diese oberflächlichen Pauschalisierungen schreien ja zum Himmel. "Der chinese ist fleißig" , "die Chinesen mischen sich nicht"

Also zeigt mir doch mal die mehrheitlich weiße Bevölkerung in Afrika, die ausserhalb der Geschäftszeiten und vielleicht der Rotlichtviertel und Bars irgend etwas mit Schwarzen zu tun hat.

Erst gestern war ich auf einer Veranstaltung der Deutschen Afrika Gesellschaft (habe deshalb mit meiner Antwort gewartet, bringt mehr Würze) und wie gerne hätte ich das ganze Forum in den Hörsaal gestopft.

Glaubt ihr denn wirklich dass die europäische Entwicklungshilfe an irgendwelche politischen Maßstäbe gebunden ist? Ich glaube kaum. DED und GTZ brummen auch in Harare, der Afghanische Präsident wurde nach eklatanten Wahlfälschungen im Amt begrüßt und weiterhin fließen Gelder nach China. Da mögen gute Worte vorausgehen, aber die Chinesen sind wenigstens direkt.

Das deutsche EH vor Allem mit deutschen Interessen verbunden ist, sollte eigentlich jedem klar sein. So klar, dass Herr Albert (Unterabteilungsleiter und Beauftragter für Afrika und Nahost des BMZ) ganz offen verkündet hat: unsere Gelder und Arbeit dienen in erster Linie zur Öffnung der Märkte. Man spricht im Fachjargon von "aufgeklärten Interessen".
Ausser 3 Ländern gibt es in Schwarzafrika eigentlich keinen Führer mit weißer Weste und doch fließen Gelder in alle Länder.

In einem Bericht über Finanzhilfen der US Regierung steht (1997):
"US assistance will ensure that free market reforms continues to build ties between Zimbabwean enterprises and foreign investors, including those in the American sector. Thus, assisting in the development of markets for US goods and services in the national interest of the United States"

Bei der DIHK sitzen nach Aussagen des Afrikareferenten fast täglich afrikanische Botschafter und Gesandte. (Übrigens sind ca 6000 deutsche Firmen auf dem Kontinent tätig).

Herr Neudeck (Gründer von Cap Anamur und den Grünhelmen) brachte die Sache auf den Punkt. Die Frage ist: können wir uns überhaupt erlauben uns zu entrüsten - und genau das passiert ja - das die chinesen jetzt auf UNSEREM Kontinent Geschäfte machen. Wo sie als Chinesen überhaupt nichts zu sagen haben sollten.

Und während hier geschrieben wird, dass sich die Eliten Vorteile der Chinesen erhoffen, so ist doch auch Tatsache, das ihre Projekte nennenswerte Vorteile bringen. Infrastruktur steht und wird schnell geschaffen. Wenn der Präsident von Ghana (so Neudeck) die Chinesen nach einem Hafen fragen, so steht der in 2 Jahren. Während in der gleichen Zeit von den Europäern 7 Studien angefertigt werden. Zu welcher Lösung tendiert man ?

Ich kenne Kavangos im Norden, die sehr wohl als Arbeiter angestellt wurden, um für die Chinesen eine Klinik zu bauen. Und dabei haben sie gar nicht soo schlecht verdient.

und während wieder von Bereicherung der Eliten geschrieben wird, so sind es doch die Bevölkerungen die von den Infrastrukturmaßnahmen profitieren, die teilweise dringend notwendig sind.

Die chinesischen Maßnahmen fördern zudem den wirtschaftlichen Austausch, was sehr wohl oft als Win Win Situation gesehen werden kann.

Und der "Ansturm der Chineses" kann auch als Chance für Europäer gesehen werden, die nun ihre EZ auf das notwendige "Capacity Building" weiter konzentrieren können.

just some food for thougt
Letzte Änderung: 25 Nov 2009 20:15 von konno.
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26 Nov 2009 13:59 #121868
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  • Olli Bö am 26 Nov 2009 13:59
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Also jetzt lasst aber mal die Kirche im Dorf hier. Diese oberflächlichen Pauschalisierungen schreien ja zum Himmel. "Der chinese ist fleißig" , "die Chinesen mischen sich nicht"

Das Thema Entwicklungshilfe ist sehr diffizil, und ich bin zu wenig im Thema, als dass ich hier maßgeblich zur Diskussion beitragen könnte, aber ich muss sagen, dass ich ebenfalls über diese Pauschalisierungen "gestolpert" bin.
Danke, Konno, für Deine Gedankennahrung, und dass Du uns einen Einblick aus einem anderen Blickwinkel gewährt hast, denn einige Kommentare vorher fand ich dann doch recht verstörend.

Anbei noch, was mir so spontan durch den Kopf ging, als ich bis Seite 3 gelesen hatte :P :


(hoffentlich funktioniert das mit dem Bild hochladen)

Viele Grüße,

Kathrin
Kathrin und Olli

Manchmal wollen die Goetter, dass etwas nicht gelingt, damit die Menschen die Demut bewahren.
Reisebericht Botswana Apr/Mai 08:
www.namibia-forum.ch/download/olliboe08.pdf
Reisebericht Botswana Jun 09: Feuertaufe im Regenwasser
Norwegen 2010
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28 Nov 2009 09:52 #121993
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@Konno

Pauschalisierungen haben schon auch etwas Wahrheit. So ist der Deutsche eher gründlich, der Italiener mehr ein lässiger Lebenskünstler und der Chinese halt fleissig.

Chinesen haben ein Talent für Handel. In Thailand zum Beispiel, sind es die Chinesen welche Wirtschaft und Handel kontrollieren. Die Thais sind vom Naturell her (achtung es wird wieder Pauschal…)… eher „kikriat“ (faul)… und „tamnaan“ (arbeit) ist „mai sabai“ (kein Vergnügen). Thais mögen „Sanuk“ (Spass).

Ein Thai Fischer fährt auf das Meer und fängt genug damit er eine Woche leben kann. Er fährt also nicht wieder raus sondern hat eine Woche Sanuk und Sabai. Ganz im Gegensatz zum chinesischen Fischer. Der Fährt gleich wieder raus, weil er die nächste Ladung verkaufen will.

Mit Anstand und Achtung vor anderen Kulturen ist es bei den Chinesen auch nicht sehr weit hergeholt. Dies beweisen sie in der Tibet Frage immer wieder. Das ist vielleicht auch wieder Pauschal … aber in Asien gelten die Chinesen jedoch eher als ungehobelt und etwas rüpelhafte Trampel mit schlechten Manieren.

Trotzdem: Chinesen bewegen im Gegensatz zu den Europäern etwas auf dem afrikanischen Kontinent. Währen die Chinesen Strassen bauen überweisen europäische Länder weiterhin fleissig Geld an korrupte Regierungen in Afrika.

Dies seit 50 Jahren ohne sichtbaren Erfolg. Entwicklungsorganisationen sind oft reine Selbstläufer, die sich nicht abschaffen wollen. Dies müssten sie ja wenn sie Erfolg gehabt hätten…

Ich bin nicht generell gegen Entwicklungshilfe. Wenn eine Regierung seine Verantwortung gegenüber dem Volk wahrnimmt ist die ein durchaus gangbarer Weg. Leider gibt es praktisch kein Staat in Afrika der eine solche Regierung besitzt (Ich rede jetzt nicht von Südafrika oder Namibia). Viel zu oft sind die Eliten leider korrupt und weit weg von ihrem Volk. Die Gelder kommen nie dort an wo sie ankommen sollten. Sie wandern in die Taschen dieser verantwortungslosen Clans, die sich schamlos bereichern.

Länder wie Zimbabwe, Angola, Nigeria zum Beispiel haben den Boden voller Rohstoffe (Nigeria ist der sechstgrösste Ölförderer…) , gutes Klima für Ackerbau (Zimbabwe) und kommen auf keinen grünen Zweig. Das muss doch irgendwie zu denken geben …
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28 Nov 2009 11:19 #122000
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  • Guido. am 28 Nov 2009 11:19
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Hallo

konno schrieb:
Glaubt ihr denn wirklich dass die europäische Entwicklungshilfe an irgendwelche politischen Maßstäbe gebunden ist?

Nein, letztlich steht auch da das Geschäft häufig über moralischen und ethischen Werten. Aber europäische Länder kritisieren Regierungsführung, Menschenrechtssituation, Korruption und andere Mißstände in afrikanischen Ländern zumindest gelegentlich öffentlich. Die Chinesen machen das nicht. Deshalb sind die Chinesen für viele afrikanische Machthaber die einfacheren, bequemeren Partner als die oft auch noch besserwisserischen, bürokratischen und historisch belasteten Europäer.

Davon abgesehen suchen wir alle immer so gern nach der einen Ursache und der einen Lösung für die großen Probleme unserer Zeit. Wenn man sich dann etwas intensiver mit "Problemen wie Afrika" beschäftigt, dann stellt man fest, dass das Problem so unglaublich komplex, vielschichtig und facettenreich ist, dass man eigentlich gleich kapitulieren möchte.

Vom langjährigen Korrespondenten der Zeit im südlichen Afrika gibt es übrigens ein meines Erachtens ganz lesenswertes Buch zum "Problem Afrika".
Ach, Afrika (Bartholomäus Grill)

Beste Grüße

Guido
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28 Nov 2009 11:42 #122003
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Ein guter Buchtip von Guido.

Grill gibt eine sehr guten Überlick zur Lage in Afrika.

Ebenfalls ein ausgezeichnetes Buch -mehr über Entwicklunspolitk- von Volker Seitz, der 17 Jahre als Diplomat in Afrika gelebt hat und eine radikale Änderung der Entwicklungspolitk fordert.

www.berlinerliteratu...wird-armregiert.html
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