Mittwoch, 11.04.12
Nachts bekomme ich leichte Magenschmerzen, Andre hat auch Magen-Darmprobleme. Also Dreierleitropfen suchen. Mutti hatte ebenfalls keine erholsame Nacht. Ein wie die Pest juckender Stich am Fuß, Papas Kommentar, was da wohl rauskrabbeln könnte sowie eine flackernde Glühlampe rauben ihr den Schlaf. So fällt das frühe Aufstehen der Mehrheit leicht. Tee/Kaffee und mitgebrachter Zwieback sind das Vorfrühstück. Um halb sieben brechen wir mit Gerald zur Vogelwanderung auf. Den Weg hätten wir nie alleine gefunden, auch wenn er wie andere Wanderungen in kaum noch lesbaren, fleckigen Broschüren, die in den Zimmern liegen, beschrieben ist. Am Dorfplatz vorbei geht es den Berghang hinauf durch dichten dschungelartigen Bewuchs, über offene feuchte Grasflächen bis rauf in den Bergwald, der von Eukalyptusbäumen überragt wird. Lianen, Aufsitzerpflanzen, blühende Bäume - es ist ein landschaftlich wirklich sehr schöner Weg. Gerald erklärt uns botanische Besonderheiten. Nach dem Usambaraveilchen suchen wir vergebens. Dazu erfahren wir, dass es erst etwas später blüht und zudem stark gewildert wird. Am ehesten findet man es auf Fensterbänken wie in der Lodge. Vögel hören und sehen wir wenige, in der dichten Vegetation sind sie nur schwer auszumachen. Ameisen dagegen sind zahlreich vorhanden. Bald versucht jeder, die Biester möglichst unauffällig aus der Hose zu entfernen. Wir kommen an Feldern vorbei, sehen einen Raubvogel und Baumhörnchen. Durch ein Nachbardorf, vorbei an einer Vorschule mit ohrenbetäubendem Begrüßungslärm führt der Weg zurück. Gerald entdeckt in einem Strauch eine komplette Chamäleonfamilie. Nach 3 Stunden kommen wir hungrig und erschöpft in der Lodge an.
Das Frühstück danach zieht sich hin und ist eher ein Brunch. Butter gibt es nicht ausreichend, dafür zum gebratenen oder gekochten Ei Kartoffeln und Würstchen, die wir ausdrücklich nicht wollten. Die einzige Sorte Marmelade ist so zäh und klebrig, dass man sie kaum aufs Brot bekommt. Gut, dass ich Tuben mit Schoko- und Käsecreme mitgenommen habe. Die Verständigung ist nicht einfach. Der Chef ist seit gestern aus dem Haus, er bringt seine Kinder ins Internat nach Daressalam und kehrt erst morgen Abend zurück.
Manches schleift hier ein wenig. Speckige Broschüren, wackelige Toiletten, viel zu lange Duschvorhänge... Bequeme Stühle oder Liegen für die Terrasse gibt es nicht, Andre baut eine Liege aus zwei Stühlen und einer Kofferbank dazwischen. Kissen drauf – perfekt. Als meine Mutter den Müll selber nach unten bringt, kommt aber doch der Oberaufseher etwas erschrocken nach oben gelaufen und erkundigt sich, ob sauber gemacht werden soll. Wir regen uns nicht wirklich auf, dazu ist die Umgebung zu schön, aber es fällt etwas ab im Vergleich zu den bisherigen Unterkünften. Was soll’s, das ist Afrika. Die Leute sind freundlich und bemüht. Pole Pole – Hakuna matata.
Mutti schreibt tatsächlich Ansichtskarten. Einstecken werden wir sie aber erst am Abreisetag in Arusha, wer weiß wie lange die sonst unterwegs sind. Ich komme leider nicht zum Schreiben, da ich nicht auf meinem Hintern sitzen bleiben kann. Irgendwo gibt es immer etwas zu sehen. Es gelingen einige schöne Vogelaufnahmen.
Am Nachmittag wandern wir noch ein bisschen in der Gegend herum. Ich überrede alle zu einer scheinbaren Abkürzung zum Bergwald hinüber, durch dichtes Gras und Gebüsch. Die anderen finden das schon bald ziemlich bescheuert. Papa schimpft und vermutet überall Schlangen. Mir kommen auch Bedenken. Die kleinen Felder, die wir mittlerweile erreicht haben, sehen sehr privat aus. Wir drehen um und laufen wie normale Leute den Weg durch das Tal. Kinder kommen wieder mit einem süßen kleinen Chamäleon, aber wir haben kein sawadi und machen deshalb auch kein Foto. Das Abendessen wird heute vorher mit uns abgesprochen, da außer uns keine Gäste da sind. Allen bis auf Andre schmeckt es zum ersten Mal richtig gut. Und erneut ein Tag ohne Regen. Das Stimmungsbarometer ist wieder weit oben.