Dienstag, 10.04.12
Wir werden von unglaublichem Krach geweckt, den Rabenvögel beim Spaziergang auf unserem Wellblechdach veranstalten. Der Garten ist voll von ihnen, ganze Schwärme kreisen am Himmel. Die Sonne lässt letzte Nebelschwaden verschwinden. Auf blühenden Büschen glitzert Morgentau. Wieder ein Ausblick während meiner Tai Chi Übungen, der sich ins Gedächtnis einprägt. Mutti leistet mir Gesellschaft.
Nach dem Frühstück fahren wir zum Irente View Point. Das Wetter ist super und ich rutsche ungeduldig im Auto umher, weil die Fahrt so viel länger dauert, als von Herr Muller angekündigt. Die Viertelstunde gilt wahrscheinlich erst ab Lushoto. Der Fahrer fährt sehr vorsichtig die letzten Serpentinen hoch, dann sind wir gegen halb elf endlich da. Durch ein Hotel hindurch gelangen wir zum eigentlichen Aussichtspunkt. Wie vorher angekündigt, steigt trotz des blauen Himmels mit Schäfchenwolken Frühnebel die steile 1000m hohe Gebirgswand herauf. Wir können unendlich weit über die Maasai-Ebene sehen - Sisalfelder, die Straßenführung, Dörfer, vereinzelte Erhebungen. Fantastisch. Wir bleiben einige Zeit, um die Aussicht bei immer besser werdenden Sichtverhältnissen zu genießen. Zu uns gesellt sich ein junger Einheimischer, der sich als Guide anbietet. Er erklärt, was zu sehen ist, begleitet Andre und mich bei einer Klettertour unter den Felsvorsprung und schleppt Mutti eine Vielzahl kleiner, bunter Blümchen an. Dabei wollte sie nur wissen, wo man die Usambaraveilchen finden kann, schließlich sind die Berge nach ihnen benannt. Er versteht die Frage nicht. Sie veranstalten einen kleinen Sprachkurs Deutsch-Suaheli. Er macht sich eifrig Notizen. An einem Souvenirstand kauft Mutti eine geschnitzte Schildkröte und ich zwei Holzperlenarmbänder.
Auf dem Rückweg halten wir in Lushoto, dem Verwaltungszentrum mit vielen Spuren aus der deutschen Kolonialzeit. Andre geht in ein Internetcafe, um die e-Mails zu checken. Das geht katastrophal langsam. Mutti und ich bummeln inzwischen durch den verschlafenen Ort, ich fotografiere unauffällig das Straßenleben. Viele Schulkinder sind gerade auf dem Nachhauseweg, hübsch anzusehen in ihren blauen Uniformen. Mutti macht einen Fehler und verteilt ein paar Süßigkeiten und Kugelschreiber. Dann können wir uns vor dem Andrang kaum retten. Leider bekommen nicht alle etwas, aber sie strahlen trotzdem und winken.
Zurück in der Lodge gibt es Pommes mit Salat. Sandwichs wären uns lieber, aber das Brot ist aus. Danach ein Mittagsschläfchen für drei. Von Regen keine Spur.
Im Garten gibt es bisher nicht gesehene, auffällig bunte und gepunktete Vögel (Hauben-Bartvögel). Ich klettere hinter den Bungalows am Waldrand herum und habe bald lauter Ameisen unter der langen Hose. Die beißen ganz fies, also schnell zurück ins Zimmer. Hosen runter. Unter lautem Fluchen pflücke ich die Krabbeltiere einzeln ab. Andres Mittagsschlaf ist damit auch beendet. Wenigstens kann er sich über mich amüsieren.
Am Nachmittag gehe ich mit Mutti wandern. Ein Junge bringt uns ein Chamäleon. Hat sich also auch schon bis hier herumgesprochen. Wir machen Fotos und versprechen ihm ein kleines Geschenk, wenn wir zurück sind. Die Tour ist anfangs anstrengend, es ist warm und der Weg geht überwiegend bergauf. Der Bergwald mit seinen hohen Eukalyptusbäumen und der Blick auf die Häuser und Felder der Einheimischen lohnen die Mühe. Bald begleiten uns drei Schulmädchen. Die Verständigung klappt mit ihren beschränkten Englisch- und meinen beschränkten Suahelikenntnissen irgendwie ganz gut. Von überall winken uns Kinder zu, die Leute grüßen freundlich. Bei unserer Rückkehr wartet der Junge schon auf uns. Mutti packt etwas für ihn ein und ich bringe es ihm vor den Eingang der Lodge. Wieder die ätzenden Treppen runter und hoch – jetzt habe ich aber weiche Knie. Hut ab, wer bei den Temperaturen zum Bergwandern oder Mountainbike fahren hierher kommt. Wir sind verschwitzt und völlig k.o. Erst mal duschen, was für ein Luxus hier am Ende der Zivilisation.
Für morgen wird eine Vogelwanderung mit Guide verabredet, noch vor dem Frühstück soll es losgehen. Beim eher durchschnittlichen Abendessen sind wir die einzigen Gäste.
Der Strom ist irgendwann weg, der Generator wird angeworfen. Mehrfach wird es kurz dunkel. Hoffentlich kommt Andres Laptop am Ladegerät nicht zu Schaden.