Kigali – Kigoma
Die Straßen Kigalis sind um diese morgendliche Zeit vollgestopft mit Fahrzeugen aller Größen, PKWs, LKWs, Busse und jede Menge Motorräder. Dazwischen strömen Fußgänger, Frauen mit Körben auf dem Kopf und Babys im Wickeltuch. Unser Bus, eigentlich mehr ein Kleinbus, kommt nur langsam voran, immer wieder sind die Straßen verstopft, heißt es warten.
Kigali habe ich als recht angenehme Stadt erlebt. Die Stadt ist flächenmäßig sehr groß, zieht sich über zahllose Hügel hin. Zumindest die Viertel der Stadt, die wir besucht haben, wirken sauber und ordentlich, fast europäisch. Es fehlen Gestank und Chaos anderer afrikanischer Großstädte. Im Zentrum werden Bankhäuser und riesige Einkaufszentren aus dem Boden gestampft. Irgendwo las ich einmal, Kigali träume davon „zum Singapur Afrikas aufzusteigen“.
Bus zur Grenze
Bis zur Grenze nach Tansania (Rusumo) liegen 160 km, oder ca. drei Stunden Fahrt vor uns. Die Straße ist ordentlich, trotzdem zieht sich die Fahrt über fünf Stunden hin. Das liegt an den häufigen Stopps. In jedem Kaff fahren wir einen Busbahnhof an. Das kostet Zeit. Je weiter wir uns von Kigali entfernen, umso einfacher und ärmlicher werden die Häuser. Auch der Verkehr nimmt ab.
Da wir keine Zeit zum Frühstück hatten, kaufen wir ein paar Samosas. Verhungern ist in afrikanischen Bussen so gut wie unmöglich, sobald sie irgendwo anhalten, stehen Händler bereit, die was zu futtern verkaufen.
Grenze. Gegen 13 Uhr sind wir endlich am ruandisch/tansanischen Grenzübergang bei den Rusumo Falls. Die Grenzanlage ist neu und wirkt, da es kaum Grenzverkehr gibt, überdimensioniert. Vielleicht hat man hier für die Zukunft geplant. Von der ruandischen Grenzstation zur tansanischen Grenzstation muss man ca. 2 km zurücklegen. Man hat unterwegs die Chance, den beeindruckenden Rusumu Wasserfall zu sehen.
Rusumo Falls
Rusumo Falls
Kaum steigen wir aus dem Bus, werden wir sofort von Geldwechslern und Motorradfahrern umringt. Ruandisches Geld haben wir praktisch keines mehr, die letzten Ruanda-Francs und 20 USD tausche ich in Tansanische Shilling. Mir ist schon klar, dass der Kurs nicht der Beste ist, aber ganz ohne tansanisches Geld möchte ich auch nicht bleiben.
Dann fahren wir mit den Motorradboys über die Brücke zur tansanischen Grenzstation. Auch hier ist alles neu und weitläufig gebaut. Auch hier gibt es aber kaum Grenzgänger. Die Gebäude und Hallen sind menschenleer, hinter den Schaltern sitzen gelangweilt gähnende Beamte. Nachdem ich den üblichen Papierkram ausgefüllt und 50 USD bezahlt habe, bekomme ich den Einreisestempel in meinen Pass. In einem anderen Raum, auch hier sitzt ein ganzer Trupp Uniformierter gelangweilt um einen Tisch, wird unser Gepäck oberflächlich gecheckt und wir dürfen weiterreisen.
Als wir aus dem Gebäude treten, regnet es in Strömen. Es sieht nicht so aus, als ob der Wolkenbruch bald nachlassen würde. Soweit ich es durch die Regenschleier erkennen kann, gibt es nirgendwo einen Bus, Daladala, Matatu oder sonst etwas, was nach öffentlichem Transport aussieht. Während wir leicht fröstelnd unter dem Vordach des Zollgebäudes stehen, spricht mich ein Mann an. Er habe ein Sammeltaxi und wenn wir wollen, könne er uns bis Nyakasanza mitnehmen. Das ist der nächste Ort und von dort gäbe es wahrscheinlich einen Bus. Natürlich wollen wir. Mit ein paar weiteren Fahrgästen quetschen wir uns in das Taxi.
Die Fahrt nach Nyakasanza dauert nicht sehr lange. Dort angekommen, setzt er uns auf einem ziemlich verlassen wirkenden Areal ab. Ein paar einfache Schuppen stehen um einen ungeteerten Platz herum. Bis auf einen sind sie geschlossen. Das sei der Busbahnhof meint der Taxifahrer. Allerdings sehe ich nirgendwo einen Bus und auch sonst gibt es wenig, was Hoffnung macht, dass bald ein Bus kommen könnte.
Wir fragen die einzigen zwei Menschen, die sich auf dem Platz finden lassen nach Bus, aber sie zucken nur mit den Schultern und sagen unbestimmte Dinge, wie „Ja ein Bus wird kommen“ oder „Setzt euch und wartet bis ein Bus kommt“ usw.
Tatsächlich bringen sie aus einem der Schuppen zwei wacklige Plastikstühle hervor, auf die wir uns setzen sollen. Meine Frau setzt sich, ich beschließe mal zur Straße zulaufen und zu schauen, ob sich etwas ergibt. Vor dem Busbahnhof lungern ein paar Leute um einen PKW herum. Ich frage sie nach Bus, Taxi, Daladala, doch sie schütteln nur den Kopf. Ich gehe wieder zurück und setze mich auf den anderen Plastikstuhl, der unter meinem Gewicht beinahe in sich zusammenbricht.
Wir sitzen eine Weile, nichts passiert. Nach einer weiteren Weile, in der auch nichts passiert, ruft plötzlich einer der herumlungernden Männer: „Kommt schnell es gibt ein Auto nach Nyakanazi“. Keine Ahnung wo das ist, aber besser weiterfahren, als in Nyakasanza verkümmern. Wir springen auf, mein Stuhl bricht endgültig in sich zusammen, schnappen unsere Rucksäcke und eilen zur Straße. Dort steht ein verstaubtes und verbeultes Sammeltaxi. Wir quetschen uns zu acht weiteren Personen in den PKW. Unterwegs werden weitere Fahrgäste aufgenommen. Die Fahrt dauert so ein oder zwei Stunden. Plötzlich, ohne dass ein Grund erkennbar wäre, hält das Taxi an einer staubigen Kreuzung und alle Fahrgäste steigen aus, packen ihre Bündel und verschwinden in unterschiedliche Richtungen.
Ich frage den Fahrer, ob wir schon in Nyakanazi seien. Immerhin sieht man in der Ferne ein paar Hütten. Der schüttelt den Kopf und deutet in eine etwas unbestimmte Richtung. Dort drüben gäbe es einen „Bus-Stop“, wo wir auf einen Bus warten könnten.
Die Stelle auf die er zeigt, ist ein paar hundert Meter entfernt. Mit dem Gepäck auf dem Rücken laufen wir die staubige Straße entlang zum Bus-Stop.. Außer, dass ein paar Leute herumstehen, deutet nichts darauf hin, dass hier Busse abfahren würden. Wir stellen uns zu den Leuten dazu und stehen auch eine Weile herum. Meine Frau versucht von den Wartenden Infos über Transportmöglichkeiten zu bekommen, aber auch hier ist keine eindeutige Information zu bekommen. Zudem ist die Verständigung schwer, Englisch spricht kaum jemand, Swahili klappt auch nicht so recht und örtlich Dialekte spricht keiner von uns.
Sammeltaxi in Nyakanazi
Plötzlich taucht ein Fahrzeug auf. Wir, und ein paar andere Fahrgäste sprinten hinter dem bremsenden PKW her. Wenn viele Leute auf eine Fahrgelegenheit warten, ist es nicht immer einfach einen Platz zu ergattern. Wir quetschen uns auf die Rückbank und fragen erst dann den Fahrer, wohin er fährt. Wir haben Glück, er fährt tatsächlich nach Nyakanazi.
Inzwischen habe ich Nyakanazi auf meinem Handy per GPS gefunden. Das Städtchen liegt an der Verbindungsstraße Mwanza – Kigoma. Von dort aus müsste es deutlich bessere Transportmöglichkeiten geben. Da es inzwischen schon später Nachmittag ist, rechne ich damit, dass wir eventuell in Nyakanazi übernachten müssen. Nach Nyakanazi beginnt eine 300 km lange Staubstraße durch dünn besiedeltes Land. Wir wurden schon mehrfach gewarnt, diese Strecke bei Dunkelheit zu fahren.
Als wir in Nyakanazi ankommen, ist aus dem späten Nachmittag bereits früher Abend geworden. Ich schwanke zwischen Hotel suchen oder weiterfahren, als, eine dicke Staubfahne hinter sich herziehend, ein etwas größerer Bus heranrauscht. Er stoppt direkt neben uns. Der Beifahrer springt auf uns zu ruft „Kibondo, Kibondo“.
Kibondo liegt knappe 100 km Richtung Kigoma. Das könnten wir noch schaffen. Wir fragen den Busfahrer, wie es in Kibondo so mit Übernachtungsmöglichkeiten aussieht und ob man leicht nach Kigoma weiterkommt. Alles „no problem“ sagt der Fahrer und drückt mir zwei Bustickets in die Hand. Der Bus ist halb leer, was in diesem Teil Afrikas eher ungewöhnlich ist.
Obwohl der Bus von außen recht groß aussieht, ist er innen eng und unbequem. Die Sitze sind völlig durchgesessen, alles wirkt kaputt und zerschlissen. Da der Busfahrer nach verlassen Nyakanazis mit Vollgas über die Waschbrettpiste brettert, fallen diverse Gepäckstücke aus der Ablage den darunter sitzenden Leuten auf die Köpfe. Bald ist alles ist mit einer rötlichen Staubschicht bedeckt. Vor allem bei entgegenkommendem Verkehr füllt sich der Bus mit feinem Staub der einen ständigen Hustenreiz auslöst.
Zwischen Nyakanazi und Kibondo
Zwischen Nyakanazi und Kibondo
Zwischen Nyakanazi und Kibondo
Zwischen Nyakanazi und Kibondo
Hinter Nyakanazi wird die Gegend zunehmend einsamer, Siedlungen werden seltener, auch sind kaum noch Fahrzeuge unterwegs. Ab und zu hält der Bus kurz um ein paar Leute ein- oder aussteigen zu lassen. Schnell wird es dunkel. Es ist eine mondlose, finstere Nacht.
Auch Kibondo ist dunkel, als wir ca. zwei Stunden später dort ankommen. Es gibt kaum so etwas wie Straßenbeleuchtung, lediglich aus den Häusern dringt hier und da schummriges Licht. Irgendwann meint der Busfahrer jetzt sei Endstation. Wir fragen ihn, ob es noch ein Weiterkommen Richtung Kigoma gäbe. Er meint es wäre nachts schwierig ein Fahrzeug zu finden und wir sollten besser hier übernachten.
Er macht uns mit einem Kollegen bekannt, der ebenfalls Busfahrer ist und am nächsten morgen mit seinem Bus nach Kigoma fahren wird. Dieser andere Busfahrer zeigt uns eine Hotel, indem wir die Nacht verbringen können. Er verspricht, uns am nächsten Morgen um 5.30 Uhr dort mit seinem Bus dort abzuholen.
Das Hotel ist ziemlich einfach, man könnte sagen, eine Absteige, aber zum Übernachten reicht es. Der Hotelmanager ist sehr freundlich, einen Mzungu bekommt er bestimmt nicht oft als Gast. Die Dusche ist ein Eimer, der sich mit rötlichem Wasser füllt, wenn man den Wasserhahn aufdreht. Der Hotelmanager bringt uns sogar einen Eimer mit heißem Wasser, was schon an Luxus grenzt...