Gorillatrekking
Briefing
In einem kurzen Briefing erhalten wir Informationen zu den Gorillafamilien und wie wir uns bei einem Besuch verhalten sollen. Verboten ist alles was die Tiere stören oder bedrohen könnte. Wir sollen ihnen nicht direkt in die Augen starren, besonders nicht den Silberrücken, da sie dies wohl als Provokation oder Bedrohung empfinden. Wir sollen uns nicht auf die Brust klopfen, auch wenn sie das gelegentlich vormachen. Wir sollen einen Mindestabstand von fünf Metern einhalten und wenn eines der Tiere auf uns zu rennen sollte, sollen wir keinesfalls weglaufen. Keine Nahrungsmittel, nicht Rauchen, kein Blitzlicht, kein Abfall hinterlassen, aber das versteht sich eigentlich von selbst. Und der letzte Tipp: Als Schutz gegen bissige Ameisen sollen wir unsere Hosenbeine in die Strümpfe stecken.
Begleitet von zwei Ranger folgen wir einem schmalen, moderat ansteigenden Pfad. Zuerst durch dichten Busch, später durch lichten Bambuswald. Abgesehen von Steinen und Wurzeln, die an unübersichtlichen Stellen zu Stolperfallen werden, ist der Weg leicht zu gehen. Trotzdem brauche ich eine ganze Weile, bis sich meine noch von der gestrigen Vulkanbesteigung verkrampften Beinmuskeln gelockert haben. Anfangs schmerzt jeder Schritt und meine Beine fühlen sich ziemlich steif an.
Natürlich habe ich heute meine kürzesten Socken an und so geht es nicht lange, bis mich die ersten Ameisen in die Waden beißen. Es ist schmerzhaft, aber nicht so schlimm wie ich befürchtet habe. Den anderen geht es auch nicht viel besser. Wir müssen immer wieder stehen bleiben um festgebissene Ameisen von Armen, Beinen, Rücken zu entfernen. Zweimal muss ich meine Schuhe ausziehen, da sich besonders aggressive Kampfameisen in den Strümpfen bis zu den Füßen vorgearbeitet haben. Wir killen die Ameisen und weiter geht’s.
Etwa zweieinhalb Stunden später verlassen wir den Pfad und es geht quer durch den Busch. Es ist wieder Bambuswald mit ziemlich dichtem Unterholz. Unsere Ranger haben einige Mühe mit ihren Macheten einen Durchgang freizuschlagen. Plötzlich bleiben sie stehen. Aus dem Gebüsch taucht ein Scout auf. Diese Scouts orten die Gorillagruppen und geben deren Position per Funk an die Ranger weiter. Da die Gorillas ganz in der Nähe sind, müssen wir ab jetzt einen Mundschutz tragen. Die Ranger stoßen seltsame Laute aus, die etwa wie „hhhrrrrmmmmm-hrrrmmmmm“ klingen. Das ist Gorillasprache, übersetzt heißt das in etwa: „No Problem“.
Plötzlich ein leises Knacken. Im Dämmerlicht des Bambuswaldes, höchstens zwei Meter entfernt, sehe ich eine dunkle, pelzige Gestalt und – ich brauche eine Sekunde um es zu realisieren - es ist ein Silberrücken. Wie ein übergroßer Buddha hockt er auf dem Boden und schaut uns an.
Begegnung im Wald
Wie war das mit den fünf Metern Sicherheitsabstand? Aber ich glaube keiner von uns denkt in diesem Moment an die Mahnungen der Ranger, wir sind alle erst mal überwältigt von der Begegnung. Eine ganze Weile schauen und staunen wir nur, während sich der Gorilla auf den Rücken wirft, hin- und her wälzt und ein paar Faxen macht. Plötzlich steht er auf und macht ein paar erstaunlich schnelle Schritte auf uns zu. Wir weichen instinktiv zurück, soweit das in dem dichten Gestrüpp überhaupt möglich ist. Die Ranger rufen: „Don‘t run, don‘t run“. Das ist leichter gesagt als getan, wenn so ein schätzungsweise 200kg Gorilla auf einen zu rennt. Doch er möchte uns nur ein bisschen beeindrucken. Nachdem ihm dies gelungen ist, verschwindet er leise grunzend im Dickicht.
Wir gehen weiter bis zu einer kleinen Waldlichtung., wo sich der Rest der Gorillagruppe aufhält. Insgesamt sind es neun Tiere. Drei Silberrücken, ihre Weibchen und mehrere Jungen. Eines der Weibchen trägt ein Baby auf dem Rücken. Sie sitzen da und fressen ununterbrochen. Dabei vertilgen sie Unmengen an Blätter, Stengel und anderen Pflanzenteilen, die sie aus den umliegenden Büschen herausbrechen.
Die jungen Äffchen tollen herum und starren uns neugierig an, während uns die älteren kaum beachten. Lediglich der Silberrücken macht sich einen Spaß daraus, ab und zu auf uns zuzurennen um dann kurz vor den Rangern, die sich schützend vor uns stellen und ihr „hhhrrrrmmmmm-hrrrmmmmm“ von sich geben, abzudrehen und im Dickicht zu verschwinden. Durch die Enge der Lichtung beträgt der Abstand zwischen uns und den Gorillas die meiste Zeit nur zwei bis drei Meter.
Begegnung im Wald
Wieder zurück
Nach genau einer Stunde ist unsere Besuchszeit um und wir müssen uns zurückziehen. Am frühen Nachmittag sind wir wieder an der Rangerstation. Dort müssen wir eine Stunde warten, denn es fehlt noch eine Gruppe und die Rückfahrt soll wieder im Konvoi stattfinden.
Als wir in Goma ankommen wird es schon dunkel. Wir verabschieden unsere zwei Trekking-Gefährten, die wieder in ihren durch Panzerdraht und Wachposten geschützten Wohnanlagen verschwinden. Dann müssen wir uns etwas beeilen, die Grenze schließt um 20 Uhr und wir wollen nicht unbedingt eine weitere Nacht in Goma bleiben. Jean bringt uns bis zum Blessing Motel, wo wir einen Teil unseres Gepäcks deponiert haben. Wir verabschieden uns und danken ihm für seinen guten und zuverlässigen Service.
Der Motel-Manger ist hocherfreut uns wiederzusehen, bloß hat er vergessen, dass wir ein Zimmer reserviert haben. Er schaut uns ganz unglücklich an, aber dann, kein Problem, er canceled einfach eine andere Reservierung und gibt uns das freigewordene Zimmer.