THEMA: Eine Reise wird zum Alptraum
06 Mai 2015 21:11 #384204
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  • Erika am 06 Mai 2015 21:11
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Severin Safari Camp. Tsavo West NP, 18. Januar 2015
Im Laufe des Vormittags ist es mir möglich, von der Küche aus drei Mal mit Toni zu telefonieren. Die Verbindung im Küchenschrank-Abteil ist zwar echt nerventötend, da sie andauernd unterbricht :evil: und die Leute mit den Töpfen rumklappern, aber immerhin haben wir ein wenig Kontakt. Toni tönt sehr schwach, trotzdem bin ich dankbar, dass er überhaupt ansprechbar ist. Diese Hin- und Herrennerei zwischen meinem Bungalow und der Küche macht mich ganz fertig. Ich finde keine Ruhe, kaum im Bungalow angekommen, zieht‘s mich wieder zurück in die Küche. Und kaum in der Küche angekommen, ziehts mich wieder zum Bungalow, in der Hoffnung auf Email-Nachrichten von irgendwem :( .

Nach dem Mittag kommt dann eine Email von Dr. Hooker, dem behandelnden Arzt rein:
Hi, your husband has Guillain-Barré-Syndrome wich is a post-infectious complication of infectious diarrhea causing a nerve Problem resulting in profound muscle weakness. He is being moved to ICU. It is very likely that he will make a good recovery. Please contact us for further informations. Warm regards Dr. Juzar Hooker.

Nachdem ich erst mal ergoogelt habe, was ein Guillain-Barré-Syndrom ist, bin ich total am Anschlag. Dann geh ich zu Jürgen ins Büro. Ich möchte von ihm wissen, was ICU ist. ICU sei „intensive care unit“ = Intensivstation, sagt er. Toni liegt also auf der Intensivstation :( .

Gemeinsam durchforsten wir das Netz und lesen über diese Krankheit, von der wir bis anhin nicht mal gewusst haben, dass es sie gibt.

de.wikipedia.org/wik...n-Barr%C3%A9-Syndrom

oder

www.dr-gumpert.de/ht...n-barre-syndrom.html

Definition
Das Guillain-Barré-Syndrom ist eine neurologische Erkrankung die auf einer Entmarkung (Demyelinisierung) von Nervenfasern beruht.
Um das 25. und um das 60. Lebensjahr liegen zwei Erkrankungsgipfel. Männer sind häufiger betroffen als Frauen.
Die Häufigkeit des Guillain-Barré-Syndrom liegt bei 1-2/100.000/ Jahr.


Bitte googelt selbst, falls ihr mehr über diese fiese neurologische Erkrankung, die schwere Lähmungen hervorruft, erfahren wollt. Jedenfalls wird sie oft durch Durchfall oder Impfungen gegen Grippe oder auch Tollwut usw. ausgelöst.
Ich mag schon gar nicht mehr darüber lesen. :(

Und - versteht ihr nun, weshalb ich euch nicht vor Tonis Durchfallproblemen verschonen konnte? Sie gehören einfach zu der Krankheitsgeschichte, denn dadurch wurde dieses Syndrom ja schlussendlich erst ausgelöst. Das könnte euch übrigens auch passieren!

Im Moment weiss ich nicht weiter. Eigentlich hab ich nur zwei Optionen:
1. Ich lasse wie von Jürgen angeboten unser Fahrzeug hier im Camp stehen und fahre mitsamt unserem Gepäck per Bus oder Taxi nach Nairobi ins Spital.
Nachteil: Das Fahrzeug müsste gemäß kenianischen Vorschriften spätestens nach drei Monaten außer Landes gebracht werden und wer weiss, wie‘s um Toni in drei Monaten steht.

Oder

2. Ich fahre unser Fahrzeug nach Arusha in den Heimathafen und fliege von dort nach Nairobi.
Vorteil: In Tansania darf unser Fahrzeug ein volles Jahr stehen.
Nachteil: Ich müsste die ganze Strecke bis Arusha allein zurücklegen.

Am Abend kann ich fast nichts essen. Ich zermartere mir den Kopf, wie‘s nun weiter gehen soll. Eines ist aber ganz klar geworden - Toni wird nicht mehr ins Severin Safari Camp zurückkehren können.

Bilder gibt’s heute leider keine.

Fortsetzung folgt………………
Meine Reiseberichte:
1971: Mit dem VW-Bus von Kapstadt bis Mombasa
www.namibia-forum.ch...ahren.html?start=120
2013: Durch den wilden Westen Tansanias (Am Anfang war die Hülle)
www.namibia-forum.ch...g-war-die-huelle.htm
2013: Nordmosambik, mal schön - mal hässlich + ein Stück Südtansania
www.namibia-forum.ch...n-mal-haesslich.html
2014: Auf bekannten und unbekannten Pfaden durch Tansania
www.namibia-forum.ch...-durch-tansania.html
2015: Eine Reise wird zum Alptraum/Kenia
www.namibia-forum.ch...rd-zum-alptraum.html
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06 Mai 2015 21:11 #384205
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Ach Erika - auch wenn ich die Story in der Kurzfassung ja kenne: "besser" (was Eure Erlebnisse betrifft) wird sie dadurch nicht! Trotzdem kann man ja wirklich vom Glück im Unglück sprechen, dass Ihr zumindet halbwegs in der Zivilisation und nicht ganz auf Euch alleine gestellt wart. Wobei Du/Ihr (?) das ja so gesteuert hast/habt, als irgendwann klar wurde, dass irgendwas ganz und gar nicht stimmt mit Toni, richtig?

Ich kann ihn aber auch sehr gut verstehen - man will dem anderen den Urlaub nicht verderben und hofft jeden Tag aufs Neue, dass es nun aufwärts geht. Keiner weiß ja, was noch alles auf einen wartet.... Also versucht man das Ding irgendwie "durchzuziehen". Schlussendlich hat's nicht funktioniert und Du bist plötzlich mit deinen Sorgen allein im Busch gesessen :(

Nun schreib mal bitte weiter und päpple den Toni nebenher auf, damit wir ihn im Juli in alter Frische erleben dürfen :) !

Liebe Grüße von Bele

Edit: Ups, schon hat sie weitergeschrieben....
Letzte Änderung: 06 Mai 2015 21:12 von Champagner.
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06 Mai 2015 21:27 #384207
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Liebe Erika,
die Krankheit ist schon hier bei uns kein Zuckerschlecken und es gibt Menschen, die sich davon nie ganz erholen (so der Vater einer meiner Freundinnen). Andererseits wirft es ein sehr gutes Licht auf die Ärzte in Nairobi, dass sie das so gut diagnostiziert haben.
Ich hoffe, dass Toni das gut überstanden hat und ich mag mir gar nicht vorstellen, wie ihr euch da unten, jeder für sich allein in seinem Chaos, gefühlt haben müsst.
Viele Grüße,
Nenette
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Es gibt kein Atom in diesem Staub, das ich nicht unendlich liebe. (Elizabeth Riollet über Voi/Tsavo)

Botswana 2010: nenette-f.over-blog....egorie-11610665.html
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06 Mai 2015 21:52 #384208
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@ Erika

Die ÄTIOLOGIE ist , so ich das richtig verstehe, ungesichert und unsicher....

aber eine der Möglichkeiten ist, ob ca. 2-4 Wochen vor den Rückenschmerzen noch hier in der Schweiz

bei Deinem Mann eine Lungen oder /MagenDarm Infektion akut oder subakut stattgefunden hat....

(kann Ihm nachträglich zwar egal sein) aber für uns alle wäre es ein Lernprozess und man kann

immer dazulernen..........

Eine weitere Erkenntnis ist, dass ein Nervenliquor-Test für Joel in der Kilaguni sicher "ausser Reichweite"

war........

BMW
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07 Mai 2015 10:21 #384241
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Hallo zusammen

Zloewen schrieb um 21:03 Uhr:
..wann geht's weiter ? :woohoo:
Weiter ging‘s in meinem Bericht 8 Minuten später, um 21:11 Uhr – zufrieden? ;) :P :cheer:

Champagner schrieb:
Ach Erika - auch wenn ich die Story in der Kurzfassung ja kenne: "besser" (was Eure Erlebnisse betrifft) wird sie dadurch nicht! Trotzdem kann man ja wirklich vom Glück im Unglück sprechen, dass Ihr zumindet halbwegs in der Zivilisation und nicht ganz auf Euch alleine gestellt wart. Wobei Du/Ihr (?) das ja so gesteuert hast/habt, als irgendwann klar wurde, dass irgendwas ganz und gar nicht stimmt mit Toni, richtig?
Dass wir zu der Zeit im Severin Safari Camp gelandet sind, war ein einziger Glücksfall. Nicht auszudenken, wie’s auf einem einsamen Campingplatz ausgegangen wäre. Ich hätte Toni mit seinen Lähmungserscheinungen gar nicht mehr ohne fremde Hilfe ins Auto gebracht.
Ich kann ihn aber auch sehr gut verstehen - man will dem anderen den Urlaub nicht verderben und hofft jeden Tag aufs Neue, dass es nun aufwärts geht. Keiner weiß ja, was noch alles auf einen wartet.... Also versucht man das Ding irgendwie "durchzuziehen". Schlussendlich hat's nicht funktioniert und Du bist plötzlich mit deinen Sorgen allein im Busch gesessen :(
Wer denkt denn gleich an den Super GAU, wenn er mal an Durchfall leidet! Das passiert doch vielen im Urlaub. Wir bezweifeln sehr, ob ein Arzt in Malindi oder sogar in der Schweiz innert so kurzer Zeit diese Diagnose hätte stellen können. Jeder hätte ihm doch vorerst mal ein Antibiotikum verschrieben. Wir staunen heute noch, wie schnell die Ärzte in Nairobi darauf gekommen sind, an welcher Krankheit Toni leidet. Das muss erst mal einer nachmachen.
Nun schreib mal bitte weiter und päpple den Toni nebenher auf, damit wir ihn im Juli in alter Frische erleben dürfen :) !
Oh ja, wir freuen uns wirklich sehr auf das Treffen! :) :) :)

Nenette schrieb:
die Krankheit ist schon hier bei uns kein Zuckerschlecken und es gibt Menschen, die sich davon nie ganz erholen (so der Vater einer meiner Freundinnen). Andererseits wirft es ein sehr gutes Licht auf die Ärzte in Nairobi, dass sie das so gut diagnostiziert haben.
In der Zwischenzeit haben wir hier bereits einige Leute mit dieser Krankheit kennen gelernt. Wir sind geschockt darüber, wie lange es bei manchen gedauerte, bis man endlich die richtige Diagnose gestellt hatte. Da wurde wertvolle Zeit verloren, was sich dann auf den eh schon sehr langen Genesungsprozess auswirkte. Wir sind heute noch zutiefst dankbar, dass wir in Nairobi an die richtigen Ärzte geraten sind.

BMW schrieb:
Die ÄTIOLOGIE ist , so ich das richtig verstehe, ungesichert und unsicher....
Ich hab auch herausgefunden, dass die Meinungen über die Entstehung der Krankheit etwas auseinander gehen
aber eine der Möglichkeiten ist, ob ca. 2-4 Wochen vor den Rückenschmerzen noch hier in der Schweiz
bei Deinem Mann eine Lungen oder /MagenDarm Infektion akut oder subakut stattgefunden hat....
(kann Ihm nachträglich zwar egal sein) aber für uns alle wäre es ein Lernprozess und man kann
immer dazulernen..........
Lungeninfektion kann ausgeschlossen werden, aber Magen/Darminfektion weiss man ja nie so genau, da es schon viel zu lange her ist. Die Rückenprobleme hatten ja im Juni letzten Jahres angefangen. Komisch ist nur, dass seit dem Ausbruch der Krankheit die Rückenschmerzen kein Thema mehr sind.
Eine weitere Erkenntnis ist, dass ein Nervenliquor-Test für Joel in der Kilaguni sicher "ausser Reichweite"
war........
Joel hat sehr richtig gehandelt, als er verordnete, dass Toni ausgeflogen werden müsse. In seiner kleinen Klinik hätte er keine Möglichkeiten für solch komplizierte Untersuchungen gehabt.

Liebe Grüsse
Erika
Meine Reiseberichte:
1971: Mit dem VW-Bus von Kapstadt bis Mombasa
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2013: Durch den wilden Westen Tansanias (Am Anfang war die Hülle)
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2013: Nordmosambik, mal schön - mal hässlich + ein Stück Südtansania
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2014: Auf bekannten und unbekannten Pfaden durch Tansania
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07 Mai 2015 20:03 #384288
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  • lionfight am 07 Mai 2015 20:03
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Positiv ist ja allein die Gastfreundschaft im Camp und dem Wissen der beteiligten Ärzte.
Ich glaube für Dich war das ganze noch viel schlimmer wie für Deinen mann. Diese Unsicherheit kann zermürben.
Ich kann mir gut Deine Unruhe vorstellen wie Du verschiedenen Möglichkeiten im Kopf durchspielst.

Habt Ihr daran gedacht Toni ausfliegen zu lassen?

In dem Fall ist das was für eine Sch.... auch noch des Pudels Kern.


Gruß!
der Joe
"I detest racialism, because I regard it as a barbaric thing, whether it comes from a black man or a white man." Nelson Mandela

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