Tag 4
Wie gehabt. Aufstehen, frühstücken, Gamedrive. Die Wolken hatten sich fast verzogen und die Sonne gab bestes Fotolicht her. Ich hatte das Fahrzeug immer noch allein für mich! Wir blieben zunächst bei einigen Giraffen stehen.
Nach einer knappen halben Stunde konnten wir uns von den Langbeinen losreißen und fuhren weiter. Und dann meinte Francis: „Da hinten steht ein Nashorn.“
– Armer Tom! –
Ich wollte der Aussage von Francis aber nicht so recht glauben und starrte in die Ferne. Soweit ich auch schauen konnte, ich sah nur kleine schwarze Punkte, die sich dann beim Näherkommen in Zebras, Impala oder Gnus auflösten. Aber irgendwo zwischen diesen vielen kleinen schwarzen Punkte stand tatsächlich ein Rhinozeros. Und was für eins!
Bei diesem Nashornbullen soll es sich um Karanja handeln. Karanja ist mittlerweile 40 Jahre alt und das älteste in der Masai Mara lebende Nashorn. Das Tier war rappeldürr! Wahrscheinlich lag es am Alter. An Futtermangel kann es meiner Meinung nach eigentlich nicht gelegen haben. Gras war ausreichend vorhanden. Wenn das stimmt, was Francis sagte, dann leben in der Mara nur noch 10 Spitzmaulnashörner. Demnach war Karanja also ein Volltreffer!
Ich genoss den Anblick und konnte eine Menge Fotos machen. Francis fuhr den Wagen noch mal in eine andere Position, sodass wir bis auf rund 3 Meter vor dem Tier standen. Das Nashorn schien nichts zu stören. Es fraß und schaute hin und wieder zu uns hoch. Irgendwann drehte es uns dann sein Hinterteil zu und trottete von dannen.
Wir waren völlig alleine. Außer uns kein anderes Fahrzeug. Hier in der Mara spiegelte sich das gleiche Bild wie in den Hotels am Stand wider.
Gegen 12 Uhr waren wir im Camp zurück. Nach dem Mittagessen merkte ich erst mal wie kaputt ich war. Kaputt vom Nichtstun! Ich leistete mir noch ein Bierchen und ging zum Zelt, wo ich es mir auf der Terrasse gemütlich machte und schon mal einige Fotos aus meiner Kamera aufs Tablett überspielte. Datensicherung!
Und dann kam schon der letzte Nachmittagsdrive. Mein Gott, wie schnell vergehen denn vier Tage?!
Die morgendliche Begegnung mit dem Nashorn konnte sowieso nichts mehr toppen. Daher war der Nachmittagsdrive auch wenig spektakulär. Außer den üblichen Verdächtigen tat sich nicht viel.
Wir sahen noch Strauße. Strauße ohne Ende. Francis meinte, so eine Ansammlung von Straußen hätte er auch noch nie gesehen. Es waren zwei ‚Papa‘ und zirka 40 ‚Mama‘. „Glückliche Papas“, meinte Francis nur.
Und dann zog zur Abwechslung mal wieder Regen auf. Wir waren schon auf dem Heimweg als sich eine fast schwarze Wand vor uns auftat. Hierauf hielten wir genau zu. Aber das Fotolicht war geil.
Francis machte frühzeitig das Fahrzeug wasserdicht. Und dann kamen unvorstellbare Wassermengen vom Himmel gestürzt. Und zwar so heftig, dass Francis es für besser hielt den Wagen zu stoppen und gute fünf Minuten bis zur Weiterfahrt zu warten.
Gegen 17.45 waren wir wieder im Camp. Da es Morgen keinen Gamedrive mehr geben würde verabschiedete ich mich von Francis und bedankte mich für die vier tollen Tage (natürlich auch mit einem Trinkgeld).
Und abends beim Abendessen wurde mir völlig anders.
Moses wusste, dass ich abends immer relativ zeitig ‚verschwunden‘ war. Er kam an meinen Tisch und meinte, ich solle doch bitte noch zehn Minuten sitzen bleiben. Die Mannschaft möchte sich gerne bei mir bedanken.
Bedanken??? Wofür???
Ja, und dann ertönte das ‚Jambo Bwana‘ aus 12 aus oder 13 Kehlen. Die Tür der Küche wurde aufgestoßen, voran ging ein Fackelträger. Und dahinter kamen zwei oder drei Leute mit Kochmütze, Moses, der Manager, zwei weitere Kellner, eine Rezeptionistin und noch drei oder vier weitere Angestellte. Alles, was irgendwie Geräusche erzeugt, wurde als Musikinstrument umfunktioniert.
Einer schlug mit einem Löffel auf eine leere Tusker-Flasche. Ein weiterer hatte einen Kochlöffel und einen Kochtopf. Der Rest klatschte im Rhythmus. Singend schlängelten sie sich durch den ganzen Speisesaal. Und zwar so, als wäre jeder Tisch ihr Endziel. Doch dann zogen sie wieder weiter bis sie schließlich jeden Tisch umrundet hatten und sich dann um meinen Tisch gruppierten. Einer der Köche überreichte mir eine Torte, die mit folgenden Worten verziert war: ‚Kwaheri, Karibu sema tena‘. Was wohl frei übersetzt so viel heißt wie ‚Auf Wiedersehen, komm‘ bitte noch mal wieder‘. (Man möge mich berichtigen wenn es nicht stimmt!) Und die Frau von der Rezeption bedankte sich noch mal im Namen aller, dass ich hier vier Nächte verbracht hatte.
Und das hat mir einen Kloß in den Hals gedrückt. Vor lauter Rührung konnte ich nur noch ein bisschen vor mich hin stammeln. Sie haben sich trotzdem über meine Worte gefreut. Sie haben gelacht und geklatscht.
Die Torte teilte ich dann anschließend unter den anwesenden Gästen auf, zu denen ich in den letzten zwei Tagen auch Kontakt hatte. Die Torte war übrigens sehr lecker!
- Fortsetzung folgt -
Liebe Grüße
Papa Kenia