18. September: Am Fluss
Trotz der nächtlichen Turbulenzen sind Thomas und ich mit Sonnenaufgang auf den Beinen. So hatten wir es geplant, die anderen beiden schlafen noch. Wie auch einer der Diebe. Noch ganz ermattet von seinem erfolgreichen Beutezug schlummert er mit kugelrunder Plauze über uns in einer Palme, als könnte er kein Wässerchen trüben.
Seine Komplizen dagegen sind ebenfalls Frühaufsteher und beschallen die gesamte Campsite mit penetrant-meckrigem Rufen (mehr später in einem Video). Sie ärgern sich wohl über die Waschfrau, die am Eingang einfach nur in Ruhe ihrer Arbeit nachgeht. Auch Sandra und Christoph haben Wäsche bei ihr abgegeben, ein toller und zudem kostengünstiger Service.
Nur noch eine weitere Campsite ist besetzt, ansonsten waren wir in der ersten Nacht allein. In der zweiten werden es mehr Autos werden, aber die Abstände zwischen den Stellplätzen sind komfortabel groß.
An diesem Morgen wollen wir am Flussufer entlang wandern, einfach der Nase nach und ohne zu wissen, ob das überhaupt möglich ist. So richtig weit kommen wir nicht, kleine Zäune unterteilen das Gelände, das wild ausschaut, aber offenbar nicht ist. Die Morgenstimmung ist dennoch grandios.
Vorbei an einem riesigen Hausschwein, dass sich genüsslich im Schlamm des Kunene suhlt, klettern wir am Ufer entlang und schließlich über Steine auf eine Insel mitten im Fluss.
Wir sind ganz allein inmitten der schönen Natur.
Um uns herum schwirren Vögel und Schmetterlinge, es ist herrlich ruhig und friedlich.
Als wir nach etwa einer Stunde zurück zur Campsite kommen, sind Sandra und Christoph schon beim Frühstück. Wir gesellen uns dazu, es ist ein relaxter Morgen.
Christoph ist erpicht auf Reptilien - wenn auch nicht unbedingt auf Krokodile, vor denen auf Schildern gewarnt wird. Wie es der Zufall will, taucht just am Ufer zu unseren Füßen ein Nilwaran aus dem Dickicht auf. Noch ahnen wir nicht: Er ist ein Dauergast.
Als sich Thomas und ich über Mittag noch einmal aufs Ohr legen, krabbelt der Waran nicht nur in den Mülleimer, er leckt sogar an Sandras Hand, die nichtsahnend im Liegestuhl sitzt und fast zu Tode erschreckt. Fortan legt Sandra immer einen schweren Stein auf die Deckel der Mülltonnen - nicht immer wird das helfen...
Am Nachmittag laufen wir zu Viert zu den Fällen. Der Weg führt mitten durchs Dorf, es ist heiß und die karge Umgebung knochentrocken, sobald man die direkte Nähe des Flusses verlässt.
Die kleine Strecke durchs Dorf gefällt uns gut; erhalten wir doch so ganz unaufdringlich Einblicke in den Alltag seiner Bewohner. Die Einheimischen nehmen uns zur Kenntnis, grüßen wir, grüßen sie freundlich zurück. Sie sind den Anblick Fremder gewohnt und profitieren auch vom Tourismus, der auf angenehme Weise noch in den Kinderschuhen steckt. Wir werden nicht bepöbelt, nicht angebettelt, nicht gekobert, und als und am Vortag ein junges Mädchen auf Nachfrage den Weg zu den Wasserfällen nicht nur gewiesen, sondern sogar gezeigt hatte, wollte sie partout kein Trinkgeld als Dankeschön.
Bei den Wasserfällen klettern wir über die Steine, nicht zu waghalsig, denn es geht steil und tief hinunter. Das Treibgut und die umgestürzten Bäume auf den Felsabbrüchen lassen erahnen, mit welcher Wucht die Wassermassen hier in der Regenzeit durchtoben können.
Es ist bestimmt noch einmal ein ganz anderes Spektakel als das, was wir inmitten in der Trockenzeit erleben. Zumal das Wasser nicht nur an einer bestimmten, sondern an vielen Stellen die Felsen hinabstürzt. Die Kaskaden bilden hunderte von natürlichen Becken, jetzt im trockenen September können wir das Naturspektakel trotz seiner Schönheit nur erahnen.
Gegenüber von den Hauptfällen windet sich ein kleiner Pfad parallel zum Fluss einen flachen Bergrücken hinauf. Kein weiter Weg, aber weil der Ausblick so grandios ist und sich die Perspektive permanent ändert, brauchen wir eine ganze Weile, bis wir oben sind.
Besonders beeindruckend, wie sich die Baobas an die Felsen klammern.
Am höchsten Punkt gibt es einige roh zusammengezimmerte Bänkchen, ein Mädchen sammelt den Eintritt ein, auf den etwas weiter unten ein Schild bereits hingewiesen hatte. Wir beobachten, wie sich eine kleine Gruppe etwa zehn Höhenmeter unter uns niederlässt, wohl auch, um sich vor dem überschaubaren Obolus zu drücken. Was allerdings nicht gelingt, denn das Mädchen klettert behände hinunter und fordert das Geld mit Erfolg - und auch mit Recht - ein. Wer eine Fernreise bis in diesen abgelegenen Teil der Welt schafft, sollte in der Lage sein, das Dorf mit ein paar Münzen zu unterstützen.
Als die Sonne hinter dem Berg verschwindet, machen wir uns auf den Rückweg. An der "Strandbar" des Epupa Camps ziehen wir die Wanderschuhe aus, strecken die nackten Füße in den Sand und schlürfen entspannt unsere Drinks. Ich hätte es hier auch noch länger ausgehalten. Im Schatten der Palmen, so direkt am Fluss. Aber: Das nächste Etappenziel lockt. Am nächsten Tag geht es in den Etosha - und darauf freuen wir uns alle ganz besonders.