20. September: Auf Rüttelpisten nach Okaukuejo
Es war bitterkalt in der Nacht. Der kältesten auf dieser Reise. Ohne die mitgebrachte Decke hätten wir wohl gefroren. So ging es einigermaßen, nur das Aufstehen fällt mir ziemlich schwer. Am Ende siegen die Neugier und auch die Sehnsucht nach Tieren, wir wollen zum Sonnenaufgang beim Hide sein. Bibbernd ziehe ich mich an und freue mich über die Wärme im Waschraum, der noch von der Sonne des Vortages aufgeheizt ist. Ansonsten ist er nicht besonders heimelig, aber das hatte ich auch nicht erwartet.
Im Hide sitzen schon andere Frühaufsteher, aber am Wasserloch ist (fast) tote Hose. Bis auf einen Reiher, der noch schlafend mitten im Wasser hockt. Sein Wecker funktioniert einwandfrei, kaum scheint ihm die Sonne ins Gesicht, schlägt er die Augen auf und beginnt mit der Morgentoilette. Sie fällt ein wenig gründlicher aus als meine wenige Minuten zuvor...
Wir gehen zurück auf den langen Steg und hinüber zu den Blutschnabelwebern, die sich in ihren Gemeinschaftsschlafzimmern noch dick aufgeplustert aneinander kuscheln.
Mit dem ersten Tageslicht kommt auch hier Bewegung in die Sache. Wie schon am Vorabend fliegen die Vögel in großen Schwärmen auf, trinken im Flug am Wasserloch und segeln dann wieder im Pulk zurück, bevor der Kreislauf von vorne beginnt.
Mir ist schleierhaft, wie die Kunstflieger diese Formationen so ganz ohne Kollision bewerkstelligen, eine echte Meisterleistung. Und ein Fest für die Augen dazu.
Als die Sonne über den Horizont steigt, drehen die Vögel noch eine letzte Runde und fliegen dann auf und davon.
Auch für uns wird es nun Zeit. Schon kurz nach Sonnenaufgang sind wir unterwegs in Richtung Okaukuejo. Die Piste ist extrem holprig und laut. Wir könnten genauso gut brüllen "Achtung, wir kommen!" Erstaunlich, dass viele Vögel trotzdem sitzen bleiben.
Hornbill bei der Morgengymnastik
Steppenfalke
Der Zustand der Straße ist auch deshalb nervig, weil zumindest für den Fahrer das Spotten fast unmöglich wird. Angestrengt fahre ich möglichst am Rand, um dem schlimmsten Wellblech zu entgehen. Thomas, der sich hinten auf der Rückbank eingerichtet hat, damit er in beide Richtungen fotografieren kann, muss für mich mitgucken. Je näher wir Okaukuejo kommen, desto besser wird zum Glück die Pad.
An den ersten Wasserlöchern entlang des Weges ist nicht richtig viel los. Auch für Ozonjuitji m'Bari, wo sich sonst etliche Tiere tummeln, sind wir etwas zu früh dran. Die Huftiere und Elefanten besuchen erst später die Bar. Ein kleiner Schakal unterschätzt die Lage und kommt einigen Springböcken in die Quere, ...
... die den Störenfried nicht dulden und mit Nachdruck verscheuchen.
Auf löchriger Pad geht es weiter nach Okondeka. Wir haben vermutlich ein Schild nicht beachtet, wer weiß, was darauf geschrieben stand, wahrscheinlich war die Straße gesperrt. Es rumpelt gewaltig, und so kommen wir nur schleppend voran.
Anderer Schakal, der eine entspanntere Zeit hat als sein Artgenosse weiter oben...
Zebra und Co. ziehen in Richtung Wasserloch und vertreiben uns unterwegs die Zeit.
Roadblock bei Okondeka.
Wir sind schon fast in Okaukuejo, da liefern ein Kadaver und eine Vielzahl von Geiern erste Hinweise auf Löwen. Drei Katzen seien am Morgen gesichtet worden, hätten sich aber in den Busch zurückgezogen, berichtet ein Guide auf Nachfrage. Beim Nebrownii-Wasserloch stehen unterdessen Springböcke Spalier.
Mittags checken wir in Okaukuejo ein, können aber noch nicht aufs Zimmer. Egal. 130 Kilometer Rüttelpiste machen Hunger und im Restaurant ist nicht nur der Toast mit Pommes okay, sondern sogar die Bedienung (überraschend) auf Zack. Sie möchte auch am Abend unsere Kellnerin sein und sorgt dafür, dass wir eine Reservierung an einem ihrer Tische bekommen. Mal sehen, wie das läuft - nach schlechten Erfahrungen drei Jahre zuvor hatten wir das Abendessen im Camp eigentlich gedanklich gestrichen.
Wir bekommen (zufällig) dasselbe Waterhole Chalet wie 2019, Sandra und Christoph sind direkt nebenan. Die Wohnqualität im Camp ist nicht jedermanns Sache, für uns die Lage im Park aber alternativlos. Ohnehin freuen wir uns auf ein richtiges Bett und viel Platz. Wir tragen unsere Taschen rein und entpacken sie fröhlich. Bei Sandra ist es umgekehrt, sie hatte sich im Camper eingerichtet und muss nun die in die Fächer des Aufbaus einsortierten Klamotten mühsam wieder zusammenkramen.
Am Nachmittag starten wir nur eine kleine Tour und bleiben in der Nähe. Die Springböcke bei Nebrownii haben Gesellschaft bekommen.
Über Gemsbokvlakte kehren wir im Bogen zur Hauptpad zurück. Es ist schön, wieder hier zu sein und auch, sich ein wenig in der Gegend auszukennen.
Am Wasserloch von Okaukuejo sehen wir unsere Freunde wieder, die Schlaf nachgeholt und das Camp nicht verlassen haben. Ist ja auch nicht nötig, am Wasserloch ist ohnehin immer was los.
Es ist eine entspannte Stimmung, wir genießen den Anblick der Tiere, das Abendlicht und den knallroten Sonnenuntergang.
Danach laufen wir wie verabredet zum Restaurant. Die Kellnerin unseres Vertrauens wartet schon und liefert einen tollen Service. Am Wasserloch sind später die meisten Tiere verschwunden, dafür aber Spitzmäuler auf den Plan getreten. Christoph hatte sich das sehr gewünscht und sitzt noch versonnen am Wasserloch, als Thomas und ich schon längst in die Kissen und einen tiefen Schlaf gesunken sind.