15/16. September: "Kaokoveld light"
Gegen 5 Uhr morgens werde ich wach, weil alles, was nicht niet- und nagelfest ist, kreuz und quer über die Plattform fliegt. Zum Glück ist das nicht viel, nur Taschenlampen, eine Schachtel Kleenex-Tücher und Repellent, den wir glücklicherweise - wie auf der gesamten Reise - nicht gebraucht haben. Aber das Geschepper reicht, um mich aus dem Schlaf zu reißen. Aus den Untiefen meiner Schlafrolle tauche ich auf. Auch Thomas ist schon wach - wie auch nicht bei dem Getöse.
Immerhin, kalt ist es nicht. Ganz im Gegenteil. Aber wir müssen aufpassen, dass nichts über die Reling weht; und schon gar nicht einer von uns. Eine Katzenwäsche soll reichen, die Sachen sind schnell zusammengepackt, die Tasche wird wie schon am Vortag abgeholt und mit dem Auto transportiert.
Gelasius wartet schon auf uns, gemeinsam frühstücken wir im Schutz einer Umfriedung und beobachten, wie die Sonne gegen die Wolken ankämpft. Zwischendurch spektakulär...
...doch am Ende vergebens.
Schließlich steigen wir vom Crystal Mountain herab, und je tiefer wir kommen, desto weniger bläst der Wind - wenn auch immer noch genug. Zum Etendeka Mountain Camp ist es nicht weit, mehr ein Spaziergang als eine Wanderung, rund eineinhalb Stunden, dann sind wir da.
Blick vom Crystal Mountain zum Etendeka Mountain Camp hinten rechts im Bild (Foto vom Vortag)
Ein Geländewagen mit Gästen fährt gerade los, als wir strahlend ankommen. Sie winken, rufen und jubeln und haben offenbar gemeinsam mit Sandra und Christoph großen Anteil an unserem Schicksal genommen. Unsere Freunde, die zusammen mit uns zurückgebracht werden, warten schon auf uns und glücklich schließen wir uns in die Arme. Sie hatten eine schöne Zeit, wir trinken noch einen Tee und einen Kaffee, dann klettern wir zu Gelasius ins Auto und rollen nun retour durch Gegenden, die wir in den vergangenen eineinhalb Tagen durchwandert haben. Zum Glück bei anderem Wetter und ohne Sturm.
An der Palmwag Lodge verabschieden wir uns von unserem Guide. Ob wir etwas zu bemängeln hätten, fragt er zum Abschied. Nur, dass wir keine Löwen gesehen hätten, sage ich. Er weiß sofort, es ist ein Scherz. Wir hatten eine fantastische Zeit.
Wie packen unseren Kram in die Mietwagen, die wir in Palmwag geparkt hatten, und sind schon kurz darauf wieder unterwegs. Sandra und Christoph mit zwei neuen Reifen, das Geld müssen sie vorstrecken und später die Rechnung Bushlore übergeben.
Nur 85 Kilometer sind es zu unserem nächsten Ziel, der Khowarib Lodge. Der Guide unserer Freunde in Etendeka hatte vorgeschlagen, dass wir ein Stück nordwärts durch die Palmwag Konzession fahren, und dann erst wieder auf die C43. Im Grundsatz sicher keine schlechte Idee. Doch es ist schon gegen Mittag, heiß und schlechtes Licht, zudem tobt der Sandsturm hemmungslos. Die denkbar schlechtesten Voraussetzungen also für Landschaft und Tiere. Bei der Einfahrt zur Konzession kaufen wir dennoch ein Permit und lassen uns drauf ein. Es lohnt sich nicht. Der holprige, steinige Weg taugt zum Reifenkiller und entschädigt zumindest mittags und bei mieser Sicht nicht für die Mühen. Ich bin jedenfalls heilfroh, als wir nach rund zwölf rumpligen Kilometern wieder zurück auf der Hauptpad sind.
Weiter durch den Sandsturm geht es zur Khowarib Lodge, die im wirbelnden Staub erst trostlos wirkt, später aber nicht mehr.
Im Sandsturm unterwegs. Wie Sie sehen, sehen Sie nichts.
Wir checken ein und verbringen den heißen Nachmittag am kleinen Pool. Das ist auch mal schön - und sehr entspannend.
Am späten Nachmittag fahren wir rüber zur Campsite in der Khowarib-Schlucht. Die Spuren der vergangenen Flut sind noch gut zu erkennen - die Treppe zu unserem Grillplatz hängt fast freischwebend in der Luft. Das stört uns nicht weiter. Wohl aber der Müll, den (klar erkennbar) andere Camper trotz vorhandener Mülleimer einfach über den Zaun ans Ufer des Hoanib geworfen haben. Es ist einfach nicht zu fassen!
Am Abend grillen wir das restliche Fleisch aus Windhoek, und gehen dann früh ins Bett. Schon um Sieben beginnt an der Lodge unsere Tour zu den Wüstenelefanten. Die interessieren uns zwar auch, noch mehr aber die Landschaft hier oben im Nordwesten.
Ein Quartett aus Israel ist ebenfalls an Bord, wir verteilen uns auf die Rückbänke und wickeln uns fest in die bereitgelegten Decken. Der Guide fährt auf den 35 Kilometern über die Hauptstraße bis Sesfontein bewusst langsam, trotzdem ist der Fahrtwind bitterkalt. Aber immerhin kein Sturm an diesem Tag, und je höher die Sonne steigt, desto wärmer wird es - später sogar heiß.
Hinter Sesfontein biegen wir ab, offroad geht es weiter. Die Landschaft packt mich sofort. Eine Wüste aus weißem Sand und schwarzen Felsen. Eine einzigartige Kombination. Und die ersten Tiere gibt es auch.
Am Elephant Song Camp halten wir an. Die Campsite ist herrlich abgelegen. Letzte Ausfahrt WC. Und nicht nur deshalb eine Oase. Die Regenzeit war ergiebig, der Hoanib reißend. Es grünt und blüht um uns herum.
Dann wühlen wir uns durch den tiefen Sand. Durch das Bett des Trockenflusses. Für mich wäre mit Fahren nun Schluss. Es ist ein Privileg, dennoch hier zu sein.
Viele Tiere begegnen uns, vor allem Giraffen.
Giraffen, Giraffen. Giraffen überall. Ihr helles Fell passt zum Sand. Wie Palominos.
Nur die Wüstenelefanten machen sich rar. Macht aber nix. Die Gegend ist auch so zu schön. Wie im Film. Oder aus dem Bilderbuch.
Immer tiefer fahren wir ins Gelände hinein, durch den weichen Sand. Und dann: ein Wüstenelefant. Einsam und allein. Schön ist er und wirkt zufrieden.
Wir verlieren die Zeit, schon ist es Mittag. Im Schatten eines Baumes gibt es Lunch und nette Gesellschaft: Giraffen ziehen in Grüppchen vorbei. Beäugen uns, sind aber wenig scheu.
Noch immer fahren wir weiter. Bis es nicht mehr geht. An der Grenze zum Skeleton Coast National Park ist Schluss, die Durchfahrt verboten.
Dann wieder zurück durch den Fluss. Die Giraffen sind noch da. Und irgendwie noch mehr geworden.
Anders als der diensthabende Elefant. Der ist weiter allein.
An einem Aussichtspunkt ein weiterer Stopp. Ein grandioser Blick, fantastische Farben.
Dann geht es heimwärts, der Tag ist fast vorbei. Erst nach Sechs sind wir zurück. Und unserem Guide dankbar, dass er so viel Geduld mit uns hatte.
Am Abend sind wir zu wenig imstande. Duschen, laufen hinüber zur Lodge und essen auf der Terrasse. Was haben wir auf dieser Reise nicht schon alles gesehen: rote Dünen, weiße Dünen, schwarze Felsen und rote Steine. Und am nächsten Tag? Da wird es grün.