Tag 3 – 15. Juli 2019 – Ankunft im KTP
Kalahari Farmhouse, Stampriet – Mata-Mata, KTP
Die Nacht war kühl, aber nicht eisig. Als wir um 7.30 Uhr aufstanden, hatten wir fünf Grad, und über der Ebene hing leichter Nebel.
Die Sonne war aufgegangen, und so gab es keinerlei Grund zu frieren. Dennoch war es uns nicht gemütlich genug, um ausgiebig zu frühstücken. Stattdessen gab es Kaffee, Tee und ein paar Rusk im Stehen.
Wir packten in Ruhe unsere Sachen zusammen und fuhren gegen halb neun los. In Stampriet tankten wir nochmal voll und verließen hinter dem Ort wieder die Teerstraße. Auf der C15 ging es weiter nach Südosten durch das Auob-Tal. Bereits hier fiel uns die Trockenheit auf. In der Ebene stand kein Gras, nur hartes, graues Gestrüpp säumte den Weg. Kilometerweise waren alle Bäume und Sträucher gerodet und zu Holzkohle verarbeitet. Vereinzelt qualmten die Meiler vor sich hin.
Über den Tafelbergen kreisten ein paar schwarze Felsenadler.
Einzelne Klippschliefer und Springböcke ließen sich blicken. Sonst fuhren wir durch wenig abwechslungsreiche Landschaften. Natürlich hingen einige große Webervogelnester in teilweise toten Kameldornbäumen. Wie gestern waren außer uns kaum Autos unterwegs, bestenfalls ein paar Farmer.
Wir machten keine Pause und erreichten kurz nach Mittag Mata Mata. Die Ausreise ging schnell, und auch in der südafrikanischen Rezeption waren wir alleine. Im Shop kauften wir Feuerholz und suchten uns einen Stellplatz mitten im Camp im Schatten. Während einer längeren Pause picknickten wir mit Wildschinken, Kräuterfrischkäse, Möhren und Butterbroten.
Dann duschten wir und brachen zu unserem ersten Gamedrive auf. Durch das Auob-Tal fuhren wir etwa 30 Kilometer nach Süden. Wie befürchtet war es auch hier sehr trocken, und kaum Tiere ließen sich blicken. Ein paar Springböcke, wenige Gnus und eine Handvoll Giraffen standen im Tal.
In einem Baum entdeckten wir eine Wildkatze, die sich mit der Fellpflege beschäftigte.
Nach den großen Springbockherden, Oryxantilopen oder den vielen Schakalen, die wir hier sonst stets an den Wasserlöchern angetroffen hatten, hielten wir diesmal vergeblich Ausschau. Es war fast ein wenig trostlos. Selbst die Geier, Falken und Raubadler waren in andere Gebiete geflogen, und ein einzelner Singhabicht war für heute alles, was wir an Greifvögeln vor die Linse bekamen.
Weißbürzel-Singhabicht
Rußnektarvogel
Einige Kilometer weiter döste die nächste Katze im Baum. Auch sie blinzelte nur träge in die Sonne und rührte sich nicht.
Bei Craig Lockhart lief ein Honigdachs zum Wasserloch. Wir erkannten im ersten Moment von weitem gar nicht, um was für ein Tier es sich handelte, weil es so dürr und ausgemergelt aussah. Seine Beine schienen viel zu lang, und er stolperte schwach vorwärts.
Zehn Meter vor dem Wasser legte er sich platt auf den Boden, um Kraft zu sammeln. Für uns sah es so aus, als bräche er zusammen und schaffe es vor Schwäche keinen Schritt weiter.
So hatten wir einen Honigdachs noch nie gesehen. Normalerweise kennen wir sie als kräftige Burschen, vor denen alle anderen Tiere Respekt haben. Dieser hier war so klapprig, dass er uns leidtat. Am liebsten wären wir ausgestiegen und hätten ihn zum Wasser getragen. Irgendwann schleppte er sich aus eigener Kraft weiter und trank. Wie ein Betrunkener torkelte er anschließend im Zickzack wieder davon. Weit kam er allerdings nicht, denn schon ein paar Meter hinter dem Wasserloch lag er wieder im Sand. Wir waren uns ziemlich sicher, dass dieses Tier nicht mehr viele Sonnenaufgänge zählen würde.
Nach dieser Begegnung machten wir uns Gedanken, ob wir unseren Besuch im KTP doch besser hätten stornieren sollen. Von ein paar Freunden oder anderen Fomis hatten wir gehört, dass sie ihren Aufenthalt auf Grund der Dürre in diesem Jahr gecancelt hatten. Wir hatten damals überzeugt geantwortet, dass Mäuse, Vögel und vor allem Eulen sicherlich bleiben würden. Wenn sämtliche Antilopen und mit ihnen alle größeren Katzen abgewandert wären, würden wir eben nur Karakale fotografieren. Das scheue Tier stand schon lange ganz oben auf unserer Wunsch-Liste. Trotz etlicher Besuche im KTP war uns noch nie eine Sichtung geglückt. Nun machte sich doch ein wenig die Sorge breit. Solch armen Kreaturen wie diesem Dachs wollten wir nicht eine ganze Woche lang bei ihren letzten Schritten zusehen. Wir verdrängten diese düsteren Aussichten und sahen zwei Giraffen bei ihren mühevollen Trinkversuchen zu, bevor wir umdrehten und uns langsam auf den Weg zurück ins Camp machten.
Als wir ein kurzes Stück gefahren waren, bemerkte Uwe im Rückspiegel ein Stück Metall, das hinter dem Auto auf der Fahrerseite hervorstand. Die Halterung einer Gasflasche hatte sich gelöst und baumelte lose herum. Uwe schnitt eine Scheibe von unserer Schwimmnudel ab und klemmte sie unter die Metallmanschette, um die Gasflasche fester zu spannen.
Unsere beiden Wildkatzen lagen noch immer an derselben Stelle in ihren Bäumen. Die erste hatte nur leicht ihre Position geändert.
Im späten Sonnenlicht fuhren wir zurück ins Camp, machten Feuer und grillten Boerewors, Brote und aßen gemischten Salat.
Der Vollmond schien vom Himmel, und wir standen mit gemischten Gefühlen im KTP. Einerseits waren wir froh, nach zwei Jahren Pause wieder hier zu sein. Andererseits merkten wir schon jetzt, dass die Trockenheit das Landschaftsbild des Parks verändert hatte und wir dieses Mal weniger Tiere zu sehen bekämen. Selbst die sonst viel gesichteten Rotbauchwürger, Glanzstare und Schwalbenschwanz-Spinte hatten sich heute kaum gezeigt.
Als wir im Dunkeln noch am Feuer saßen, stimmten plötzlich die Schakale um das Camp herum ihr typisches Gejaule an. Der Ruf der Kalahari tröstete uns, und es war herrlich, ihren Stimmen zu lauschen.
Kilometer: 326