10. Juni 2019 // Bagatelle -
Der große Tag der Höhen und Tiefen
Wir haben so gut geschlafen, dass wir das Gefühl haben, wir wären schon länger als bloß zwei Tage im Urlaub - so muss das sein! Genauso wenig weiß ich weder welches Datum wir heute haben, noch welchen Wochentag, alles richtig gemacht.
Nach dem Aufstehen trinken wir auf der Terrasse noch gemütlich einen Kaffee, bevor wir uns auf den Weg nach unten machen. Noch vor dem Frühstück steht der gebuchte Bushmen Walk an und dieser startet mit Sonnenaufgang. Vor dem Eingang der Lodge wartet schon ein kleiner, zierlicher junger Mann auf uns, dessen Name mir leider entfallen ist. Er begrüßt uns mit einem Strahlen übers ganze Gesicht und erklärt uns, dass heute nur wir beide angemeldet sind. Gestern wäre es eine Gruppe von 30 Leuten gewesen, nicht auszudenken...
Wir laufen ein Stück Richtung Termitenhügel, wo wir den "Buschmann" treffen werden. Unser Guide erklärt uns sehr ehrlich, dass es leider keine traditionellen Buschmänner mehr gibt, da sie keinen Lebensraum haben, wo sie legal jagen dürfen und dass der Buschmann, der uns gleich begleitet seine Tracht nur zu Vorführungszwecken trägt. Der kleine Mann ist sehr auf zack und uns sofort sympatisch. Auf dem Weg zeigt er uns immer wieder Spuren und Losung von verschiedenen Tieren. Der Buschmann hat heute wohl verschlafen uns er muss ihn mehrmals anfunken, bis zur Arbeit erscheint. Als er auf uns zukommt und sich vorstellt, ist uns schlagartig noch kälter als wir sehen, wie wenig er anhat.
Dieser Treffpunkt am Termitenhügel ist auch schon die erste Station, an der er in seiner Klick Sprache loslegt und wie ein Wasserfall redet. Ich persönlich liebe es ja, dieser Sprache zu lauschen, wenn man natürlich auch kein Wort versteht. Er demonstriert uns, warum Termitenhügel für Buschmänner so wichtig sind und am Schluss übersetzt der Guide uns alles. Normalerweise bin ich jemand, der Kulturprogramm und irgendwelche Führungen nicht so mag und die Informationen auch überhaupt nicht hängen bleiben. Ganz anders hier:
Termiten sind die Leibspeise bzw. das Hauptnahrungsmittel von Erdferkeln. Diese brechen den Bau mit ihren Klauen auf und schnappen sich mit ihrer klebrigen Zunge tausende Termiten. Diese werden nicht gekaut und leben noch im Magen des Tieres weiter. Nach einer solchen Mahlzeit ruht das Erdferkel in der Regel zwei Tage, um zu verdauen. Findet der Buschmann also einen frisch aufgebrochenen Termitenhügel, macht er sich auf die Suche nach dem Erdferkel, das meist in einem Umkreis von weniger als 50 Metern irgendwo ein schattiges Plätzchen gesucht hat. Er tötet es, schneidet seinen Bauch auf und entnimmt die lebenden Termiten, um diese zurück in den Bau zu setzen, damit dieser Insektenstamm aktiv bleibt. Der Rest des Erdferkels dient zur Nahrungsgewinnung und das Fett wärmt die Haut und schützt vor Insekten.
Weiter erklären uns die beiden die heilende Wirkung von verschiedenen Büschen und dass z. B. zerriebenes Straußenei gut gegen Magenschmerzen hilft. Wir laufen die Düne hoch und ich merke komischerweise, dass das Laufen im Sand irgendwie anstrengender ist als es sein sollte...
Oben angekommen folgt das Highlight der Vorführungen, das gleichzeitig auch nichts für schwache Nerven ist - zumindest beim dazugehörigen Kopfkino. Wir werden immer wieder mit eingebunden und nun gefragt, ob wir wissen, welche Tiere Steine fressen. Das ist selbst für mich neu und wir kommen partout nicht auf die Antwort: Strauße! Da diese großen Vögel keine Zähne haben, essen sie im Durchschnitt ein Kilo Steine pro Tag, damit diese die Nahrung im Magen zerkleinern. Nun erklärt er uns die Falle. Der Guide erwähnt noch nebenbei, dass das verwendete Band hier aus dem Supermarkt ist und die Seile normal auch selbst hergestellt werden. Diese ehrliche Art hat etwas Sympatisches und wir kommen uns echt nicht vor wie bei einer Theatervorführung - wobei, wenn ich mir vorstelle, mit 30 anderen Leuten das alles hier zu erleben, würde ich mich unwohler fühlen.
Diesmal verstehen wir sinngemäß die Darbietung des Buschmannes als er erklärt, wie die Falle funktioniert. Nähert sich ein Strauß, sieht er die verteilten Steine um die Falle und pickt diese auf. Bevor er sich den mittleren Stein holt, wegen dem die Falle zuschnappen wird, würde er zunächst zurückschrecken, weil er wahrscheinlich das Seil bemerkt. Da das Hirn von Straußen allerdings etwa so groß sind wie ihr Auge, ergo, sie nicht besonders schlau sind, wird er sich den letzten Stein trotzdem nicht entgehen lassen. Die Falle schnappt zu und zieht sich um den Hals des Straußes. Da man für diese Art Falle einen sehr elastischen Busch auswählt, wird der Ast nicht brechen, der Strauß in Panik flüchten wollen und die Schlinge zieht sich so fest um seinen Hals, dass er enthauptet wird. Ein Ende mit Schrecken.
Wir laufen ein Stück weiter und ich merke wieder, wie schwer mein Atem wird. Egal, wird wohl daran liegen, dass wir noch nicht gefrühstückt haben. In ein Straußenei passen sage und schreibe 600 ml Flüssigkeit - die perfekten Wasserbehälter für Verstecke im Sand. Ein Grasbüschel dient als Deckel oben im Loch und natürlich darf man keine Hinweise auf das Versteck hinterlassen, sondern sich den Ort gut einprägen.
Jetzt wird es Zeit, in das provisorische kleine Dorf zu gehen, wo ein paar junge Mädels und Kinder bereits am Feuer sitzen. Der Guide zeigt uns einen kleine Köcher mit Pfeilen und fragt, was man wohl damit machen könnte. Ich antworte total plump, dass der für die Jagd verwendet wird, da ich denke, dass dies nur eine kleine Nachbildung ist. Falsch gedacht! Diesen kleinen Köcher mit fünf Pfeilen drin besitzen junge Buschmänner, die bereit sind, sich eine Frau zu nehmen. An einem festlichen Tag tanzen die jungen Frauen ums Feuer und der junge Mann schießt einen der fünf stumpfen Pfeile auf seine Auserwählte. Mag sie ihn auch, werden sie heiraten. Mag sie ihn nicht, zerbricht sie den Pfeil und er hat noch vier übrige Versuche. Scheitern alle diese Versuche, so bleibt er alleine und nimmt sich keine Frau. Kommt daher vielleicht der Spruch mit Armors Pfeil?
Wir setzen uns zu den anderen ans Feuer, wissen aber gar nicht so wirklich, was wir fragen oder reden sollen, da dies angeblich auch nur über den Guide als Übersetzer funktioniert. Egal, wir wärmen uns mit ihnen am Feuer auf und ein herzliches Lächeln sagt ohnehin mehr als tausend Worte. Danach kaufen wir ihnen auch noch zwei Armbänder ab, allerdings mehr aus Höflichkeit und weil sie das heute nur für uns beide gemacht haben.
Nun haben wir auch ordentlich Hunger und verabschieden uns vor der Lodge von unserem kleinen energiegeladenen Guide. Er hat das wirklich toll gemacht! Der Buschmann hat sich schon vorher verabschiedet und wirkte eher zurückhaltend. Wir freuen uns sehr aufs Frühstück und bestellen uns erstmal Eier. Es dauert allerdings nicht lange, da unterbreche ich mein Frühstück abrupt, da ich die Erdmännchen hinter dem Pool entdecke. Petra hat Verständnis für meine Euphorie und ich schnappe mir meine Kamera. Etwa 15 Erdmännchen scharren, was das Zeug hält und posieren professionell für die Kamera. Durch die Bilderflut müsst ihr nun durch...
Diese Bilder sind übrigens bis auf das erste nicht bearbeitet.
Ich kann mich gar nicht losreißen! Möchte allerdings Petra auch nicht ganz alleine dort sitzen lassen. Als ich merke, dass sie langsam Meter für Meter weiterziehen, gehe ich zurück und esse die Reste meiner kalten Eier und Toast.
Etwa eine halbe Stunde nach dem Frühstück setzen bei mir plötzlich Magenschmerzen ein, die ich nicht zuordnen kann. Da ich sowieso vorhatte, mich nach dem Frühstück heute nochmal hinzulegen und wir bis zum Sundowner Drive nichts geplant haben, nehme ich zurück im Zimmer eine Wärmflasche für den Bauch mit ins Bett und schließe die Augen....
Der große Knall kommt dann als ich wieder aufwache
Fortsetzung folgt.