THEMA: The Heat is on – Namibia & Botswana November 2018
02 Feb 2019 12:35 #547086
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  • earlybird71 am 02 Feb 2019 12:35
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Ich lese auch noch mit. Du schreibst ja wirklich sehr unterhaltsam, macht richtig Spaß hier dabei zu sein!
Diese Spinnengeschichte ist... Nun ja... Mal gucken, wie ich dann im Herbst damit klar komme.... :S
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02 Feb 2019 16:39 #547111
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Hallo Bea

Vielen Dank für deinen tollen Bericht, es macht richtig Spass mit dabei zu sein. Bei deiner Erzählung über die Begegnung mit der Walzenspinne musste ich herzhaft lachen. Genau dasselbe ist mir letzten November in Grootkolk im KTP passiert :laugh: . Im Dunkeln draussen, den Abend genossen, auf dem Laptop Tagebuch geschrieben und dann bewegt sich etwas grosses, helles auf mich zu. Natürlich habe ich einen Geko erwartet (von denen hatte es zuvor ganz viele) und als ich die Kreatur anleuchte stellt sie sich als 'riesige' Walzenspinne heraus :ohmy: . Ich spring auf (Spinnen kann ich einfach nicht ab), auf die andere Seite des Tisches und der Spinne fällt nichts besseres ein, als mir entgegen zu laufen. :evil: Aber irgendwie auch total faszinierend...

Schönes Wochenende noch,
liebe Grüsse, Stefanie
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10 Feb 2019 23:41 #548113
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Danke für eure positiven Rückmeldungen, freut mich, dass ich trotz der "üblichen Pfade" noch für ein wenig Unterhaltung sorgen konnte :) Hier kommt der nächste Teil!



Tag 4 – Einsamkeit

Es ist morgens um sechs – fast ausschlafen. Gestern Abend habe ich mir vorgenommen, dass es wunderbar sein wird, morgens aufzuwachen, aus dem Zelt zu schauen und als allererstes die Aussicht zu genießen. Das ist es auch – und ich habe hier in der Einsamkeit (#1) ziemlich erholsam geschlafen.

Das einzige Problem: Ich werde nicht vom Wecker wach, sondern von dem Schmerz in meinem Finger.

Am ersten Camping-Abend in Sesriem hatte ich mich beim Kochen im Dunkeln und im Chaos an der scharfen Kante einer Dose geschnitten, aber nur ganz oberflächlich, sodass ich das weitestgehend ignoriert habe. Ging auch alles gut – bis gestern Abend. Ich hatte wohl unterschätzt, wie sehr die Hände beim Camping ganz einfach strapaziert werden: Dachzelte auf- und abbauen, Feuerholz umschichten, in Rock Pools klettern, Limetten auspressen und mit rohem Fleisch hantieren. Und das alles am Anfang noch längst nicht so routiniert wie am Ende. Spätestens beim ausgeprägten Limettensaftschmerz gestern Abend habe ich das dann auch mal gemerkt – und über Nacht muss sich der kaum vorhandene Schnitt dann entzündet haben. Jedenfalls pulsiert mein ganzer Finger. Lukas bezeichnet das, wie die meisten meiner üblichen Urlaubs-Wehwehchen, als „nicht so schlimm“. Ich kann mich gegen einen kurzen Moment der Sorge allerdings nicht wehren, in dem ich mich schon in Swakopmund nach Ärzten suchen. Ich versuche aber so gut es geht, meinen inneren Hypochonder zu ignorieren.

Nach einem schnellen Müslifrühstück geht es ungefähr um sieben los: Köcherbaumwald! Wir hatten Edith nach der geführten Tour gefragt, sie hat uns aber empfohlen, einfach alleine hinzuwandern. Wir können uns nichts Besseres vorstellen, denn wir wollen raus und uns bewegen! Es ist fast noch ein bisschen kühl, als wir voller Energie losstapfen, uns selbst durch das Tor auf der anderen Straßenseite lassen und den ersten Hügel erklimmen. Von oben haben wir einen tollen Rückblick auf die Landschaft, in der wir uns befinden.



Und so wandern wir eine ganze Weile durch tolle Berglandschaft. Bergzebras, die man hier wohl manchmal finden kann, sehen wir leider keine, aber eine Horde Paviane scheint uns von oben zu beobachten und sich immer mal wieder unseren aktuellen Standpunkt zuzurufen. Wir sind hier ganz und gar alleine – Einsamkeit #2 – ein tolles Flair. Schon relativ früh sehen wir ein paar Köcherbäume in der Ferne, schön, sein Ziel vor Augen zu haben. Doch der Weg ist weiter, als es aussieht, für eine ganze Zeit wollen sie einfach nicht näherkommen.



Irgendwann verlassen wir, mit einem abenteuerlichen Gefühl, auf Ediths Beschreibung hin den eigentlichen Weg und laufen querfeldein in Richtung des gegenüberliegenden Bergsattels, durch ein ausgetrocknetes Flussbett, und bergauf. Und dann sind wir endlich da, umringt von diesen tollen Bäumen. Wie ein wirklich dichter Wald sieht es zwar nicht aus, es sollen angeblich über tausend Bäume sein, und wir vermuten, dass der Wald sich noch ein ganzes Stück über die Hänge zieht, jenseits der Kuppeln. Da wir aber heute noch bis nach Swakopmund fahren müssen, bleibt keine Zeit, die Höhen hier weiter zu erkunden, was auch nicht schlimm ist. Wir machen also eine homöopathische Pause sowie eine ordentliche Zahl Fotos, und dann geht es auch schon wieder auf den Rückweg.



Insgesamt brauchen wir trotz sportlichen Schritttempos ungefähr dreieinhalb Stunden für die Tour hin und zurück – ohne nennenswerte Pausen. Seit etwa 10 Uhr wird es außerdem immer heißer. Auf den letzten Metern schleppe ich mich ganz schön dahin. Immerhin hat der Finger ganz gut mitgemacht. Vielleicht muss er doch nicht amputiert werden.

Die Bilanz: Dreieinhalb Liter Wasser haben wir auf der Tour getrunken, hat knapp gereicht. Es war eine wirklich sehr schöne Wanderung, die ich sehr empfehlen kann. Gerade das Alleinsein in der angenehmen Landschaft haben wir genossen. Es sind nicht viele Höhenmeter, aber einiges an Strecke, etwa 20 Kilometer vermutlich. Man sollte, zumindest zu dieser Jahreszeit, nicht später als halb 8 losgehen, einen Hut oder Tuch mitnehmen, zwei Liter Wasser pro Person und ein paar Snacks.

Zurück auf der Campsite macht Lukas mir ein bisschen Beine, mich nicht zu lange auszuruhen, was ich kurzzeitig etwas grummelig kommentiere, da ich mich sehr hitzig, schlapp und staubig fühle. Zum Glück darf ich immerhin duschen. :woohoo: Er räumt derweil schon rum – er hat sich ein bisschen zum Ordnungsminister ernannt und entwickelt nach und nach das optimale Packsystem für den Aufbau, während ich eher für die primitiven Dinge wie Feuer und Fleisch zuständig bin. Aber er hat recht mit der Eile – denn wir haben noch viel Strecke vor uns, auf der wir uns keinesfalls hetzen wollen, um nicht den verfrühten Tod des rasenden Touris sterben zu wollen. Dazu kommt: Heute fahren wir ausgerechnet den Teil, auf dem in den letzten zwei Monaten häufiger mal Touristenautos ausgeraubt wurden. Da ich deutlich zu viele Artikel über die Überfälle gelesen habe, verstaue ich Pass und Kreditkarte heute in einem Bauchgürtel, wofür ich hochgezogene Augenbrauen von Lukas ernte.

Nach einem kurzen zweiten Frühstück geht’s dann also los – ich fahre. Wir nehmen den Weg über Büllsport. Und mal wieder habe ich furchtbar zerfurchte Straßen erwischt. Heute geht’s mir damit aber deutlich besser, auch wenn ich trotz allem auf einigen Stücken nicht schneller als mit 60 vorankomme und mindestens von einem anderen Fahrer ausgelacht werde. Die Landschaft jedenfalls ist sehr panoramisch, und ich kann jedem nur empfehlen, diese Strecke zu fahren.

Nach bestimmt zwei Stunden landen wir dann wieder in Solitaire und machen unseren zweiten Tankstop, den Apfelkuchen gönnen wir uns nur zum Mitnehmen.








Und dann geht’s auf in Einsamkeit #3 – stundenlang durchs Nirgendwo. Auf dieser Strecke ist kein Ort, kein Dorf, kein Garnichts, und wir sind sehr froh, dass wir mittlerweile den FM-Transmitter aus dem Stiefel geborgen haben, denn ohne Musik kann das Nirgendwo auch öde werden. So faszinieren uns dann auf der Strecke auch alle Details, die es zu sehen gibt. Das Highlight sind merkwürdige Straßenschilder von einem merkwürdigen Gefährt, das wir kurz darauf leibhaftig bestaunen dürfen: Das kuriose Planier-Mobil, das die von Touris zerfahrenen Schotterstraßen wieder glattzieht.

Irgendwo in der Mitte der Strecke kommen wir dann an den Pässen vorbei, in denen es zwar nicht sehr steil, aber doch sehr kurvig ist. Auch hier habe ich wieder Monas Warnung im Kopf: „Gaub-Pass? Kann man fahren. Aber langsam.“ Okay Mama. Auf Schotter fahren sich solche Kurven aber tatsächlich ganz anders, und ich rufe nicht nur einmal laut „langsam, langsam, noch langsamer!“. Die Landschaft ist hier teilweise wirklich sehr schön – rauh, aber schön – nur muss ich leider auch zugeben, dass wir aufgrund der Berichte zu den Überfällen an diesem Tag ein wenig gehemmt sind und uns nicht so recht trauen, großartig anzuhalten. Viele Fotos entstehen dementsprechend nicht.



Irgendwo zwischen Gaub-Pass und Kuiseb-Pass passiert es dann: Ein weißer Geländewagen steht ganz merkwürdig mittig und leicht schräg auf der Straße, in einem besonders kurvigen Stück. Wer würde bei vollständig vorhandenem Verstand an dieser Stelle anhalten? Die Straße ist hier besonders unübersichtlich, und man könnte einen Stopp an dieser Stelle durchaus als lebensmüde bezeichnen. Wir beide haben deshalb sofort denselben Gedanken, dass hier etwas nicht stimmt. Ich bin Beifahrer in diesem Moment und es ist, als hätte ich mich gedanklich schon auf so etwas vorbereitet. „Halt auf keinen Fall an und versuch, so schnell es gerade noch so geht an der Seite vorbeizufahren“. Ich sehe vor meinem inneren Auge schon die Männer mit Äxten aus dem Auto springen. Als wir langsam, aber eben doch schneller als im Schritttempo, vorbeifahren kommt es fast zum Crash, weil das andere Auto auf einmal anfängt, langsam rückwärts zu fahren. Es geht alles ziemlich schnell. Ich hätte an dieser Stelle mal einen Blick in das andere Auto werfen sollen, aber irgendwie erscheint es mir in diesem Moment wichtiger, die Straße im Blick zu halten, die kurz danach eine enge Kurve um eine steile Felswand macht. Und dann sind wir schon vorbei, zum Glück ohne Crash, aber auch ohne so richtig zu sehen, was das jetzt eigentlich war. Wir sind froh, dass wir vorbeigekommen sind, aber immer noch unsicher. Es ist so einsam hier (#4). Da kann man schon mal paranoid werden. Die Unbeschwertheit ist für den Moment auf jeden Fall dahin und während wir weiterfahren werfen wir immer mal wieder einen Blick in den Rückspiegel, ob wir verfolgt werden. Anfangs nicht, doch irgendwann am Kuiseb-Canyon taucht hinter uns dann wieder ein weißes Auto auf, das hinter uns kleben bleibt und nicht überholt, auch wenn wir extra langsamer werden, um es vorbei zu lassen. Ist das jetzt ein völlig verwirrter Touri oder jemand, der auf die nächste Gelegenheit wartet? Als wir dann aber wieder ebenes Gelände erreichen, überholt es uns dann endlich – und wir sehen, dass es definitiv Touristen sind, zwei Männer und eine Frau im etwas fortgeschritteneren Alter. Und sie fahren einfach nur wie die Verrückten. Viel zu schnell. Mittig über die Kuppe. Alles, was man nicht tun soll. Manchmal machen sie Fotostopps, stehen mitten auf der Straße, und springen auch nach mehrmaligem Hupen erst in der letzten Sekunde von der Fahrspur. Offenbar wollten sie vorhin im Canyon auch „nur“ Fotos machen. Klar, da fährt man auch mal mittig auf einer Kurvenstraße rückwärts, ohne nach hinten zu schauen – warum nicht! Wenn ich dieses Fahrverhalten sehe, wundert mich auch überhaupt nicht mehr, warum hier sich hier so viele Touris ins Jenseits schießen. Und so tauschen wir Angst gegen Wut, auf diese Menschen, die uns mit so leichtsinnigem Verhalten Angst eingejagt und diese schöne Fahrstrecke ein bisschen weniger schön gemacht haben. :dry:



Nach den Kurven kommt – das große Garnichts. Stundenlang geht es einfach geradeaus, links und rechts sieht es nicht anders aus als auf der Straße. Überall nur Schotter, keine Bäume, keine Tiere, ganz selten mal größere Felsen. Es ist wie auf dem Mond. Es ist faszinierend, aber auch sehr langweilig.





Irgendwann tauchen auf einmal dunkle Wolken vor uns auf, und wir merken, wie selbstverständlich die ständige Sonne schon nach so wenigen Tagen für uns geworden ist. Die Stimmung ist dadurch faszinierend, aber wir sind jetzt auch müde – nach unserer Wanderung, nach vielen Stunden Fahrt, nach Angst und Wut und Eintönigkeit.



In Swakopmund haben wir uns im Salty Jackal Backpackers ein Doppelzimmer gebucht. Eigentlich hätten wir auch gerne was Netteres gehabt, aber jenseits vom Billigsegment waren uns die Preise dann doch etwas zu hoch. Dann lieber im Zentrum ins Hostel. Im Hostel sind alle super nett und wir werden freundschaftlich empfangen. Unser Zimmer hat allerdings zwei Einzelbetten statt einem Doppelbett, riecht etwas feucht, und das „private“ Bad liegt auf dem Gang und wird neben uns auch noch vom Eigentümer des Hostels benutzt. Ich freue mich jetzt schon, bald wieder im Zelt zu schlafen. Ich bin aber froh, dass wir das nicht tun – denn als es langsam dunkel wird, wird es tatsächlich recht frisch. Außerdem ist die Stimmung hier sehr entspannt und so ist es auch mal wieder ganz nett, nachdem wir eine so erwachsene Reise machen, von jüngeren Leuten und Backpacker-Flair umgeben zu sein.

Abends gehen wir dann noch eine Runde spazieren und gehen ins Fisch-Bistro, wo wir eine recht leckere Meeresfrüchte-Platte verspeisen. Es ist auch nett, nach den paar Tagen in der Wildnis mal wieder in einer Stadt zu sein. Als ich mich dann abends ins Bett lege, dauert es zwei Sekunden, bis ich eingeschlafen bin.

Utensil des Tages: Erste-Hilfe-Set. Desinfizieren hilft.
Südmarokko März 2012 | Südafrika & Swasiland September 2014 | Namibia & Botswana November 2018
Letzte Änderung: 10 Feb 2019 23:51 von offbeat.
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24 Feb 2019 13:27 #549257
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So – es geht endlich weiter!

Tag 5 – Wüste trifft Meer

Heute werden wir um 8 Uhr morgens – nach einem kurzen Müslifrühstück und, verdammt nochmal, schon wieder nicht Ausschlafen! :laugh: – von Batis Birding zur Little Five Tour abgeholt. Ich bin ein bisschen fasziniert von Namibia, wie pünktlich und gut organisiert alles ist. Tatsächlich lassen wir sogar unseren Guide, der uns abholt, warten, weil wir natürlich mal wieder irgendwas im Zimmer vergessen haben. Man braucht ja auch immer ein ordentliches Arsenal an Dingen. Sonnencreme, Sonnenbrille, Hut, aber dieses Mal eben auch ne Fleecejacke, die übrigens bisher tatsächlich so ziemlich jeden Abend zum Einsatz gekommen ist. Ich habe das System von zwei Fleecejacken entwickelt – eine für abends am Feuer (wobei das arbeitssicherheitsmäßig auch ein Spiel mit dem, hö hö, Feuer ist, denn Fleece + Funkenflug könnte irgendwann auch lustig werden) und mein sogenanntes „Schlaffleece“ das ich immer in einer nervig knisternden Plastiktüte am Fußende im Zelt deponiert habe. Bisher habe ich’s noch nicht gebraucht – hätte ich aber, wenn wir die letzte Nacht gecampt hätten. Also die Entscheidung für eine feste Unterkunft in Swakopmund war schonmal gut.

Heute geht es dann also wieder in die Wüste. Ich stelle fest: Immer noch Namib, doch sieht es hier nochmal anders aus. Es gibt mehr Pflanzen, mehr flachen Lehmboden und auch die Farbe ist anders. Ich freue mich, dass wir diesen Stop nicht weggelassen haben.



Wir sind mit zwei Safarimobilen unterwegs, die aber jeweils nicht ganz voll besetzt sind, um die 12 Leute vielleicht. Alles Deutsche natürlich – war ja klar. Offenbar muss man nur irgendwo „Eco-Tour“ draufschreiben, und man hat deutsche Kunden wie Fliegen. Wobei wir beide den Altersdurchschnitt schon ziemlich senken und wir uns angesichts von so viel Funktionskleidung mit unseren Chino-Hosen, T-Shirts und Strohhüten fast schon unangenehm wie Fashion-Victims fühlen. :whistle:

Wir fahren aus der Stadt raus in die Wüste. Was nicht gerade weit ist, wie man sieht:



Da die Sonne ungewöhnlich früh durchkommt – the heat ist eben on – ziehen die beiden sehr netten und kompetenten Guides die Tour etwas anders auf als sonst und suchen zuerst nach der Schlange, bevor sie sich dann endgültig verkrochen hat. Ich bin noch gar nicht richtig wach, und schon stehe ich leibhaftig einer Schlange gegenüber. Das Tier fasziniert mich schon, wie es sich bewegt, wie es sich eingräbt, wie es – als Angehörige der Puffottern-Familie – tatsächlich „Puff“ macht.



Moralisch übe ich mich etwas im Doppelstandard: Ich versuche zwar einerseits selbst, viele gute Fotos zu machen, andererseits ärgere ich mich innerlich aber auch über den ganzen Rummel und den Kampf um die beste Fotoposition. Ich fühle mich – was ironisch ist, da ich mit Abstand die Jüngste bin – fast schon altmodisch bei dem Gedanken, dass ich es eigentlich viel besser finde, etwas einfach nur zu beobachten und dass es manchmal schon irritiert, wie sehr es Menschen, jung wie alt, darauf ankommt, das perfekte Bild zu machen. Wobei jung und alt dabei offenbar verschiedene Motive haben… Aber ob Inszenierung des Selbst vor der Kamera, oder Inszenierung des Selbst als perfekter Fotograf, so oder so: Die Schlange jedenfalls ist von ungefähr 10 Kameras umringt und einem Klick-Gewitter ausgesetzt, als wäre sie der Star der diesjährigen Berlinale. Mir tut sie ein bisschen leid.



Leid tun mir auch die Pferde hier, die eigentlich nur Schnupfen hatten:



In den nächsten Stunden entdecken wir dann nach und nach die verschiedenen kleinen Tiere der Namib, von Blindschleiche über Eidechse bis Gecko.







Ich mag Tiere, auch kleine Tiere, und habe auf der Tour viel Spaß. Wir lernen eine ganze Menge über deren Überlebensstrategien und das komplexe Ökosystem der Namib. Nur nach dem Chamäleon suchen wir, mit vereinten Kräften, leider vergeblich. Gut finde ich, dass bei Batis Birding die Spinne nicht ausgegraben wird, weil sie zu lange brauchen würde, ihren Bau wieder auszubauen. Naja, Erlebnisse mit Spinnen hatten wir für meinen Geschmack auch erstmal genug… :woohoo:

Mindestens genauso interessant ist aber das komplexe Ökosystem Touristengruppe, also die Beobachtung unserer Mitreisenden. Da ist die eine Dame, die trotz ausführlicher Erklärung nicht zu verstehen scheint, warum man nicht einfach kreuz und quer auf dem flachen Boden herumspazieren soll. Und die sich offenbar nicht im Geringsten wundert, warum wir anderen wie die folgsamen Schäfchen in einer Schlange hintereinander tapsen. Oder der Herr, der uns eine einzige kurze Frage zu unserer Reise stellt, um dann ungefragt einen zehnminütigen Vortrag über seine komplette Reiseroute abzuhalten – ein seltsames Phänomen, das wir bisher nur bei deutschen Touristen festgestellt haben. Oder der andere Kerl, der mit aller Ernsthaftigkeit gerne den schwarzen Käfer essen möchte, weil der ja so viel Wasser enthält und man damit in der Wüste überleben kann – woraufhin er einen Sturm der Entrüstung von der weiblichen Front und sehr verlegene Blicke von den Guides erntet. :blink:

Aber mir ist natürlich bewusst, dass wir auf unsere Mitreisenden vermutlich nicht weniger kurios wirken: Das junge Pärchen, muss ja eigentlich unverschämt reich sein, weil wie kann man sich denn so jung sonst diese Reise leisten (schön wär’s!), dazu noch total falsch angezogen, viel zu schick für ein Outdoor-Erlebnis, so naiv – und wie kann man denn mit Handtasche in die Dünen laufen! :whistle:



Irgendwann gibt es Getränke und Kit-Kat mit Aussicht und ich bin bis heute noch fasziniert von diesem Ausblick, aber auch von diesem Foto, vielleicht mein Lieblingsbild der ganzen Reise, weil es (auch unbearbeitet) so unwirklich aussieht:



Wovon ich allerdings auch fasziniert bin ist Kit-Kat. Ich stelle doch fest, wie schön diese Unterbrechung unserer Paleo-Diät ist. Und was soll ich euch sagen: Ab diesem Tag wird im Supermarkt fleißig zu Schokoriegeln gegriffen! An die bestmögliche Nutzung unseres Kühlschranks müssen wir uns einfach noch gewöhnen.



Und dann ist die Tour auch schon wieder vorbei. Hat Spaß gemacht –den Anbieter würde ich uneingeschränkt empfehlen. Und es ist auch mal sehr entspannt, das eigene Auto und vor allem das Hirn stehen zu lassen, und sich für ein paar Stunden mal auf jemand anderen als sich selbst zu verlassen.



Auf der Rückfahrt sind wir kurz etwas neidisch, als wir vorm Meerkat Guesthouse halten und eines der anderen Paare dort ausgeladen wird. Das sieht nett aus, und ist genauso zentral wie unser Hostel. Beim nächsten Mal würden wir auch gerne hier unterkommen.

Aber auch in unserem Hostel fühlen wir uns immer wohler und wir kommen hier und da mit den Freiwilligen ins Gespräch, die hier arbeiten und die Gäste empfangen, und dafür umsonst wohnen können. Auch kein schlechter Deal. Leider können wir mit unserer Walzenspinnen-Geschichte beim Spinnenliebhaber nicht punkten, denn unser Gesprächspartner hatte neulich einen Skorpion unterm Zelt und zu Hause eine Spinne als Haustier. Na gut. Aber wir lernen, dass die großen Walzenspinnen Weibchen sind, die kleinen Männchen. Und dass wir sehr, sehr froh sein können, in unserem Zelt auf dem Dach zu schlafen.

Den Nachmittag verbringen wir damit, ziellos – auch mal schön – in Swakopmund herumzulaufen.



Leider ließ es sich in der Planung nicht vermeiden, dass heute Sonntag ist, und so haben die verschiedenen Kuriositätengeschäfte größtenteils geschlossen. Ich hätte gerne mal so einen verrückten Safarikleidungsladen besucht. Aber wir finden ein offenes Café, die Muschel, und fühlen uns kurzzeitig wie auf einem Städtetrip in Europa.





Und manchmal dann irgendwie auch gerade nicht:



Erstaunlich wie erholsam wir das auf einmal finden, das hätten wir nicht erwartet. Aus Spaß bestellt Lukas das „Black Forest Ham Sandwich“. Ich könne mir weit importierten Räucherlachs. Ich hätte nicht gedacht, dass wir den kurzen Aufenthalt im deutsch geprägten Swakopmund so sehr schätzen würden, aber es ist wie eine kleine Ruhepause nach den ersten turbulenten aber auch tollen Tagen, bevor man dann auch geistig so richtig ins Afrika-Abenteuer startet.

In der angeschlossenen Buchhandlung besorgen wir uns noch ein Tierbestimmungsbuch. Nachdem wir auf der Südafrika-Reise nur mit den illustrierten Karten-Heften der Nationalparks unterwegs waren, haben wir uns dieses Mal schon in Deutschland den Stuart’s Field Guide to Mammals in Southern Africa gekauft. Aber schon die ersten paar Tage haben gezeigt, dass wir doch hier und da neben Säugetieren gerne den ein oder anderen Vogel, das ein oder andere Insekt – oder vielleicht, tatsächlich sogar, auch eine Spinne! – interessant finden, und gerne wüssten, womit wir es da zu tun haben. So kaufen wir also zu unserem in Deutschland erworbenen englischen Buch noch in Namibia ein deutsches Buch. Wie das halt so ist. Und sind hochgradig fasziniert davon, einfach hier, mitten in Afrika, in eine Buchhandlung zu laufen, und deutsch zu sprechen. Flora & Fauna im südlichen Afrika sagt uns zu und erweist sich auch im späteren Verlauf als gute Ergänzung zu dem deutlich ausführlicheren Säugetier-Buch. Es hat zwar nicht allzu viele Infos, aber für den Überblick und die Erstbestimmung reicht es. Nur die Pflanzen zu identifizieren, das klappt mit dem Buch irgendwie nicht so gut, Bäume verwirren mich. Aber über Bäume werden wir im Laufe der Reise auch noch genug lernen … ;)

Den frühen Abend verbringen wir dann noch mit einem Bier, einem Buch und den ersten Postkarten im Garten des Hostels. Für abends haben wir dann eine Reservierung im Jetty 1905 – dachten wir zumindest. Als wir da aufschlagen, kann man uns allerdings nicht im System finden. Dahinter steht offenbar menschliches Versagen. Durch mich nämlich. Ich habe die Reservierung anscheinend nicht vollständig abgeschlossen. Upps. Ist aber auch ein komplizierter Prozess… ähem. :blush:

Aber die Leute im Restaurant sind nett und schauen nochmal – und können uns dann doch noch einen Zweiertisch klarmachen. So sitzen wir zwar nicht direkt am Fenster, aber mittig im vorderen Bereich, sodass wir auch noch ein bisschen was vom Sonnenuntergang mitkriegen. Am Ende haben wir dann vor lauter Quatschen irgendwie auch nicht so richtig drauf geachtet. Naja, außer, dass ich das obligatorische Foto hier gemacht habe:



Nach einem kleinen Portwein-Malheur (wir bestellen Portwein und Tonic, meinen das zum Kombinieren als Aperitif, bekommen aber winzige Gläser mit Portwein und eben Tonic, woraufhin wir alles am Tisch selbst mit separaten Eiswürfeln zusammenmanschen und eine leicht verwirrte aber amüsierte Kellnerin zurücklassen) geht dann aber alles gut. Wir haben sehr leckere, ungewohnt gegarte, Austern – die im Ofen gebackenen mit Knoblauch kann ich sehr empfehlen.



Dann Thunfischsteak und Seezunge, einen netten südafrikanischen Wein und ein Nachtisch-Trio. Ein schönes Essen für ungefähr 60 Euro zusammen. Und was für ein Kontrast zu den letzten Tagen! Auch das ist eine willkommene Abwechslung zur Steinzeit-Diät, auf die wir uns jetzt aber auch schon wieder sehr freuen, denn es warten noch einige Kilo bestes Fleisch im Kühlschrank.

Zufrieden wanken wir zurück ins Hostel und genießen dann noch das letzte WLAN für sehr, sehr lange Zeit, bevor wir wieder in unsere einsamen, getrennten, aber sehr bequemen Betten zurücksinken.

Utensil des Tages: Der Serienbildmodus der Kamera – den ich für Tierfotos heute für mich entdeckt habe.
Südmarokko März 2012 | Südafrika & Swasiland September 2014 | Namibia & Botswana November 2018
Letzte Änderung: 24 Feb 2019 13:32 von offbeat.
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25 Feb 2019 10:06 #549315
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  • Dillinger am 25 Feb 2019 10:06
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Hallo Bea,

danke für deinen tollen Bericht.
Bei deinem Aufschrei "Skorpion" auf Hauchabfontein musste ich schmunzeln. Ging uns genauso. Könnte sogar sein, dass wir den selben Stellplatz letztes Jahr hatten.



Bei uns war es jedoch nicht eine Spinne, sondern ein Skorpion. Direkt zwischen Feuer und dem Abwaschsteinblock. Den haben meine Jungs, abends am Lagerfeuer entdeckt.



Bis zu diesem Zeitpunkt sind wir dort ohne Schuhe im Sand rumgelaufen. Denke, unser Schrei hatte große Ähnlichkeiten mit deinem. Hat bei euch auch eine riesen große (ca. 15 bis 20cm) Eidechse in der Dusche gesessen? Der Schrei meines jüngsten Sohnes konnte sich auch hören lassen. Danach hat er dort nicht mehr geduscht und vor dem Toilettengang, musste das Häuschen mit Taschenlampen untersucht werden. :lol:

Liebe Grüße
Markus
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25 Feb 2019 10:59 #549316
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  • offbeat am 10 Feb 2019 23:41
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Hallo Markus,

oha oha... da bin ich ja froh, dass wir Glück hatten und "nur" dem Spinnenmonster begegnet sind. Der Skorpion sieht ja schon etwas beängstigend aus. Kleine Scheren, dicker Stachel ... da wird man schon nervös oder? Habt ihr ihn irgendwie verscheucht oder einfach versucht zu meiden?

Wir sind anfangs noch vorsichtig gewesen und hatten "immerhin" Stoffschuhe (Toms) an, später auf der Reise sind wir dann aber auch immer häufiger mit Flipflops rumgelaufen, da wir nie irgendwas begegnet sind. Die hätten da wohl auch wenig gegen den Skorpion-Angriff geholfen. Na, Glück gehabt.

Der Platz ist tatsächlich genau derselbe. Schönes Bild, das weckt gleich Erinnerungen... wie viel lieber ich jetzt gerade dort wäre :S ich meine auf jeden Fall, dass irgendeine Art von Reptil im Bad saß, hatte das aber eher als größeren Gecko in Erinnerung. Habe mich am ersten Tag auch etwas erschreckt :laugh: Aber abgesehen davon kann ich mit diesen Tierchen eigentlich gut leben.

Liebe Grüße und schön, dass du mitliest (was übrigens auch für jeden anderen hier gilt, auch wenn ich es nicht immer schaffe, in angemessener Zeit direkt zu antworten).
Südmarokko März 2012 | Südafrika & Swasiland September 2014 | Namibia & Botswana November 2018
Letzte Änderung: 25 Feb 2019 11:00 von offbeat.
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