Tag 6: Ai-Ais -> Lüderitzbucht, 447 km
Als Streifen Leben
Durchzieht der Orange River
Die tote Wüste.
Wir stehen wieder um 7 Uhr auf, packen zusammen und starten um 7:30 Uhr zurück Richtung Norden. Nach einer kurzen Strecke auf dem gleichen Weg zurück biegen wir schnell Richtung Orange River ab, um „unten rum“ nahe der Grenze zu Südafrika nach Lüderitzbucht zu fahren. Um 8:30 Uhr frühstücken wir an einem unverschämt idyllischen Wüstenplatz und genießen die herrliche Aussicht.
Auf der Weiterfahrt zum Orange River offenbart sich ein unglaubliches Bild: Trotz unserer Reisezeit am Ende der Trockenzeit führt der Fluss viel Wasser. Inmitten tot wirkender grauer Wüste schlängelt sich ein schmales Band aus blauem Fluss und angrenzendem grünen Uferstreifen. Im Fluss schwimmen Fische und Enten, am Fluss finden wir Kormorane, Schreiseeadler, Raubkatzenspuren und viele Paviane. Dieser kleine Garten Eden bildet einen irren Kontrast aus scheinbar toter Wüste und einem schmalen Streifen Leben.
Nach einer relativ langen aber sehr abwechslungs- und überraschenderweise antilopenreichen Fahrt auf größtenteils hervorragender Schotterpiste kommen wir bereits um 14:30 Uhr auf den Highway, der uns die letzten Kilometer durch wunderschön surreal wirkende Landschaften geteert zu unserem Tagesziel führt.
Unerwarteter Weise wird es jäh sehr windig, wodurch die Dünen links und rechts der Straße für permanente Sandstürmchen sorgen, die ihre quarzhaltige Fracht über den Asphalt peitschen. Hier möchte der durchreisende Tourist einfach nur schnell und heil mit geschlossenem Auto sein Ziel erreichen. Auch wenn wir uns gerne Kolmannskuppe angesehen hätten, die Devise heißt „bloß nicht aussteigen“. Oder Zugfahren: Wanderdünen am parallel zum Highway verlaufenden Gleis sorgen für wochenlange Verspätungen und eine sisyphusartige Arbeit der wenigen sporadisch in ihren Baggern sitzenden und sich an ihren Schaufeln festhaltenden Gleisfreiräumer. Oder Fliegen: Die vereinzelten winzigen Flughäfchen mit ihren sandumstürmten Start- und Landebahnen erwecken wenig Lust auf Luft-Abenteuer.
Lüderitzbucht zeigt sich uns leider nicht von seiner freundlichsten Seite: Die atlantiktypische kalte und windige Witterung fährt durch Mark und Bein und gibt diesem Städtchen eine äußerst ungemütliche Note. Da mir irgendwie das Gen fehlt, mich für Städte-Charme und –Flair begeistern zu können, habe ich diesen Abstecher eher enttäuschend in Erinnerung: wenig zu sehen, alle Läden geschlossen, nichts los. Nach einem leckeren Abendessen im Ritzi’s gehen wir um 21 Uhr bei Dunkelheit zurück und fühlen uns dabei sehr sicher. So ungemütlich und schroff es draußen ist, so warm und gemütlich ist es im Inneren.