Tag 7
Vor uns liegen heute knapp 300 km Fahrstrecke bis nach SWAKOPMUND, aber ich freue mich darauf. Auto fahren gehört immer schon zu meinen Lieblingsbeschäftigungen und auch unsere USA-Reise vor 7 Jahren (Südwest-Tour) bestand größtenteils aus Autofahren.
Wir verabschieden uns von unseren Gastgebern und geben Gas.
Die Fahrt verläuft weitestgehend unspektakulär, allerdings denke ich gerade daran, dass der aktuelle deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (der wird sich wundern, beim Ego-Googeln seinen Namen hier im Namibia-Forum zu finden!) wahrscheinlich schon längst auf derartige Routen eine Vergnügungssteuer erhoben hätte, denn die Berg-und-Tal-Schotterpisten erinnern an Rummel-Achterbahnen und wir haben tierischen Spaß, wenn es an der höchsten Stelle im Bauch kribbelt und man das Gefühl hat abzuheben. Oft wissen wir gar nicht, wie es hinterm Hügel weitergeht, aber da wir ja die Dreckwolke der entgegenkommenden Fahrzeuge schon kilometerweit im Voraus erkennen, ist das Risiko kalkulierbar.
Nach ca. 30 km sehen wir zwei Strauße mitten auf der Schotterpisten-Fahrbahn. Sofort habe ich die Idee, meiner gleichnamigen Kollegin via Whats-App Bilder zu schicken mit der Frage, welche Tiere ich wohl gerade jage. Doch dazu brauche ich Beweisfotos. Ich pirsche mich also mit dem Auto an die beiden heran (ha ha … ranpirschen mit dem Auto!) … jetzt ist Teamwork angesagt: Ich fahre, Gabi muss mindestens einen der beiden „abschießen“, sonst weiß meine Kollegin gar nicht, was ich damit meine. Letztlich gelingen Gabi und auch mir paar verwendbare Schüsse. Wir überlassen die beiden wieder ihrer Tagesbeschäftigung und fahren weiter.
Wenige km später erspähen wir links in Fahrtrichtung eine fünfköpfige Zebrafamilie, die relativ nahe steht und somit gut zu fotografieren ist. Weit in der Ferne können wir in der Steppenlandschaft immer wieder verschiedene Herden ausmachen und via Fernglas gut erkennen.
Plötzlich kriege ich Durst. Richtigen Durst. Und hier sind 0,8 Promille erlaubt. Ich bitte Gabi, mir eine Dose TAFEL LAGER zu öffnen, was ihr gelingt und mich fast sitt macht. Für Unwissende: „sitt“ ist ein Kunstwort aus einem Ideenwettbewerb Mitte der 1990er Jahre, es ist die Ergänzung zu „satt“ und bedeutet „nicht mehr durstig“ (Schließlich sollen die hier Mitlesenden ja auch gebildet werden und diesem Auftrag komme ich gern nach). Nach einer zweiten Dose (souverän von Gabi mit dem Daumen der linken Hand geöffnet) verspüre ich keinen Durst mehr und Gabi hat ihre Mitfahrberechtigung für die Namibia-Reise unter Beweis gestellt.
Vor uns liegen noch immer zwei Pässe und das Kuiseb mit seinen schroffen, zerklüfteten Felsformationen.
Im Vorfeld unserer Reise las Gabi „Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste“ (von Henno Martin, gibt’s bei ebay oder anderswo für ca. 6 € gebraucht).
Den Spuren der beiden Protagonisten wollte sie nun auf ihrer Reise einige km folgen. In den Bergen jedoch verlief sich die Spur, da bspw. die Ausschilderungen zu Martinshöhle oder Karpfenkliff leider nicht auffindbar waren.
Zugegebenermaßen erweist sich ein nicht geringer Teil der Strecke als wenig aufregend, nackte Felsen durchziehen die Landschaft, weit und breit nichts als Dreckpiste, Felsen und sonst nichts weiter.
Interessantes Detail: Die „Pistenraupe“
, die im Auftrag der namibischen Regierung für die Straßenwartung unterwegs ist und massenhaft Dreck aufwirbelt, durch den wir ihr folgen müssen, ehe wir sie endlich überholen können. Wir machen einmal kurze Pinkelpause (der von mir erwählte Strauch dachte bestimmt, es sei schon Weihnachten) und fahren Swakopmund entgegen. Vorher passieren wir die Straßeneinengung (eine Art Steg aus Eisen), die uns in den Distrikt führt. Weiter durch das Kuisebtal, die Brücke über den staubtrockenen Fluß, die nur durch ihre Länge vermuten lässt, dass es hier doch hin und wieder Wasser gibt.
Wir passieren eine riesige Flamingo-Kolonie an der linken Straßenseite (bestimmt an die 1000 Tiere)
kurz vorm Ziel und machen einen kurzen Zwischenstopp in WALFISHBAY, essen dort im LEMON TREE leckeren Fisch bzw. Sushi (pro Gericht umgerechnet ca. 9 €, sehr zu empfehlen!), fahren kurz zum Hafen … ENDLICH DAS MEER! Der Atlantik liegt vor uns.
Wir entscheiden uns aber doch, zuerst unser Quartier aufzusuchen, da ich ziemlich müde bin. Gewählt haben wir VERONIKAS GUESTHOUSE.
Auf dem Weg von Walfishbay nach Swakopmund befahren wir die Küstenstraße und sehen mit eigenen Augen, dass das Meer sozusagen direkt auf die Wüste trifft und sozusagen fast nahtlos in diese übergeht. Irgendwie beeindruckend!
Quasi nahtlos an den Strand schließt sich die Wüste an, lediglich durch die Asphaltstraße (die schon in der Wüste liegt) unterbrochen. Die Kosten für die Wartungsarbeiten dieser Straße, die eher schmal aber in einem sehr guten Zustand ist, sind sicher beträchtlich.
Unsere Unterkunft finden wir recht schnell, der Gastgeber (ein Franke) begrüßt uns und ich mache mich erst mal flach. Bisschen geschlaucht bin ich schon …
Am Abend dann laufen wir ein wenig den Strand entlang in Richtung alter Ortskern. Vor uns der Atlantik – riesig und scheinbar endlos … ein beeindruckendes Gefühl, wenn man sonst in einer Großstadt mitten im Landesinneren wohnt.
Über ihn kamen einst die sogenannten Entdecker, auf ihm fuhren die ersten Schiffe, die hier die ersten Kolonisten an Land brachten (war paar km weiter südlich in der sog. Lüderitzbucht, als sich dort einst der Bremer Tabakhändler an Land setzen ließ).
Wir sind von den wunderschönen Häusern, die in unmittelbarer Strandnähe zu finden sind, total beeindruckt. Das passt hier architektonisch alles prima zusammen und kaum einer würde wohl auf Namibia tippen, wenn man ihm Fotos dieser Silouette bzw. dieses Häuserensembles vorlegen würde. Hätten wir definitiv so nicht erwartet. Hat durchaus ne Menge von einem Seebad.
Wir spazieren der Seebrücke zu, kriegen aber im dortigen Restaurant keinen Platz mehr und weichen in Kückis Pub (von jedem Reiseratgeber empfohlen) aus. Besoffene Schweizer bevölkern den Thresen und halten ihr Gegröle auch noch für unterhaltsam. Da wir jedoch schon berufsbedingt den Umgang mit sozialen Randgruppen gewohnt sind, lassen wir uns nicht abschrecken und irgendwo sind Schweizer ja auch so ne Art Menschen und wollen nicht immer nur das Matterhorn, das 2015 seinen 150. Jahrestag seiner Erstbesteigung begeht, sehen.
Wohlschmeckender Fisch und 2 Bier vom Fass für 370 N$ sind zwar kein Schnäppchen, aber es war gut!
Wir schlenkern in unsere Unterkunft und während ich diese Zeilen hier tippe, träumt die kleine Gabi (52) möglicherweise vom ersten Löwen, den sie auch hier noch nicht gesehen hat.