THEMA: Unsere erste Reise durch Namibia
17 Jul 2015 20:42 #392076
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  • zeitungsleser am 17 Jul 2015 20:42
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Tag 6

Manches, was man hier erlebt, lässt sich unmöglich Tagen zuordnen, deshalb mal hier was vielleicht nicht so Anheimelndes, für Erstreisende aber wohl nicht unwichtig:
Die ganz individuelle Nasensteinproduktion hat in Namibia Hochkonjunktur. Offenbar liegts an der extrem trockenen Luft. Salzhaltige Nasenspülungen sind also keine sinnfreie Investition, wenn man hierher reisen möchte.

Unser Tag beginnt früh. Ohne dass wir uns den Wecker gestellt haben, wachen wir gegen 6:30 Uhr auf und sind blitzmunter. Das Frühstück ist gut, selten habe ich solch gut gemachtes Rührei gegessen. Mag banal klingen, ist aber so! Auch der angerührte Quark sagt uns beiden sehr zu, wirklich aromatisch mit vielen frischen Früchten und richtig gut! Was uns hier jedoch außerordentlich missfällt, sind die vielen Spatzen, die hier ein- und ausfliegen und direkt (!) auf dem Frühstücksbüffet landen und sich dort aus dem Müsliglas bedienen und alles vollscheißen. Auch auf unserem Tisch landen sie noch während wir essen, kacken die weiße Decke voll und verabschieden sich mit lautem Gepiepse. Die beiden diensthabenden Kellner unterhalten sich draußen über den Eiweißverlust der namibianischen Vögel im Rückenflug oder sonstwas. Trotz meiner Bitte, das Essbare abzudecken, machen sie das, was Afrikaner am besten können: Lächeln und mir ihre schönen weißen Zähne zeigen. Okay, bald ists geschafft, dann gehört das Frühstück der Vergangenheit an.
Auto ist gepackt, Kreditkarte begleicht die wenigen Getränke und ab geht’s … Heute geht’s nur paar km in Richtung Norden nach SOLITAIRE GUESTFARM, quasi Zwischenstation, ehe wir nach Swakopmund aufbrechen. Unterwegs sehen wir am Straßenrand die außerordentlich ungewöhnlichen Nester der Webervögel, die ihren Eingang unten haben und die wirklich toll und sehr dekorativ aussehen.



Gabi sucht diese Dinger schon seit wir sie bei Rainer in der FARM HEIMAT erstmals gesehen haben. Die Nestbauer sind wahre Meister, man kriegt die (verlassenen) Nester nicht so einfach vom Baum ab. Ich will helfen, hebe einen abgebrochenen Ast auf und will eins abschlagen. Plötzlich passierts: Ich steche mir eine der ca. 5 cm langen Dornen des Baumes (eignen sich hervorragend als Zahnstocher) ins rechte Auge. Ich schreie auf und spüre, wie das Blut läuft. Zum Glück traf mich der Dorn einen halben cm oberhalb des Auges im Lid. Dieses ist ca. 5 mm aufgerissen und man könnte meinen, es sei ein Schmiss aus Studententagen. Ists aber nicht!

Unternehmen Vogelnestklau wird abgebrochen, wir geben uns der namibianischen Natur geschlagen (eigentlich sah es ja auch potthässlich aus und sowas braucht ja auch kein Mensch trösten wir uns) und fahren weiter.
Kurze Zeit später taucht unser Tagesziel auf. Wir wollen einen kleinen Abstecher in den Ort machen, man empfahl uns, unbedingt die Bäckerei an der Tankstelle aufzusuchen, die sei für ihren Apfelkuchen weit über die Dorfgrenzen hinaus bekannt. Lohnt sich tatsächlich, schmeckt saugut! Der Bäcker, ein Schotte, verstarb im Januar 2014 und wurde ca. 10 m vor seiner Bäckerei auf dem Platz vor der dortigen Lodge beerdigt. Man schien ihn sehr zu lieben …
Wir lassen volltanken, bewundern die dort aufgestellten Oldtimerwracks, die abends dort mit Standlicht (!) parken und fahren in unsere Unterkunft.




Dort empfangen uns zunächst 4 zottlige, übergewichtige Dorfköter, an denen die chinesische Fleischindustrie definitiv Interesse bekunden würde. Die Dame am Empfang ähnelt besagter Big Mammmmmma von Tag 1, hier nur hellhäutig.
Unser Zimmer ist sehr geräumig, wirkt sehr ansprechend im Stile der Kolonialzeit (naja … bisschen Fantasie muss man schon mitbringen).
Wir verleben einen ruhigen Nachmittag, Gabi ist zum Fotoshooting auf dem Gelände unterwegs, ich habe Matratzenhorchdienst.
Das abendliche Büffet ist toll. Wir essen Kudu (die Viecher mit den großen gebogenen Hörnern), verschiedene leckere Salate und zum Dessert Milktart – ein göttliches Zeug! Und die kleine weibliche Bedienung (19) ist ähnlich wie das Milktart … und flink und hübsch und lustig und aufmerksam und rundum gelungen. Hat mich zu ihrem 20. Geburtstag im September eingeladen ... schade, dass ich arbeiten muss.
Wir beschließen, bald schlafen zu gehen und wollen die Gardinen im Bungalow offen lassen … vielleicht hat ja ein Löwe mit der kleinen Gabi (52) Erbarmen und lässt sich von ihr beobachten.
Letzte Änderung: 09 Aug 2015 21:59 von zeitungsleser.
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18 Jul 2015 21:38 #392167
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Tag 7

Der Reiseberichterstatter war heute faul und hat Urlaub gemacht.


Letzte Änderung: 06 Aug 2015 20:22 von zeitungsleser.
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19 Jul 2015 11:57 #392204
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Schade ............ bin gerade voll drin und total Begeistert :) Das ist mein erster Beitrag. Wir planen auch nach Namibia zu fahren, bin seit einiger Zeit am lesen, lesen, lesen ....................

Hoffe, das dein Urlaub bald zu Ende ist, das es weitergeht und vor allem freue ich mich wahnsinnig auf deine Bilder.
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19 Jul 2015 18:39 #392258
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Hallo Zeitungsleser,
ich quetsche mich auch noch in euren RAV, wir sind im September zum ersten Mal selbst in Namibia auf Tour und beim Lesen steigt die Vorfreude :) . Natürlich erwarten wir auch sehnsüchtig eure Bilder.

Viele Grüße

Rene´
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19 Jul 2015 19:36 #392267
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Tag 7

Vor uns liegen heute knapp 300 km Fahrstrecke bis nach SWAKOPMUND, aber ich freue mich darauf. Auto fahren gehört immer schon zu meinen Lieblingsbeschäftigungen und auch unsere USA-Reise vor 7 Jahren (Südwest-Tour) bestand größtenteils aus Autofahren.
Wir verabschieden uns von unseren Gastgebern und geben Gas.
Die Fahrt verläuft weitestgehend unspektakulär, allerdings denke ich gerade daran, dass der aktuelle deutsche Verkehrsminister Alexander Dobrindt (der wird sich wundern, beim Ego-Googeln seinen Namen hier im Namibia-Forum zu finden!) wahrscheinlich schon längst auf derartige Routen eine Vergnügungssteuer erhoben hätte, denn die Berg-und-Tal-Schotterpisten erinnern an Rummel-Achterbahnen und wir haben tierischen Spaß, wenn es an der höchsten Stelle im Bauch kribbelt und man das Gefühl hat abzuheben. Oft wissen wir gar nicht, wie es hinterm Hügel weitergeht, aber da wir ja die Dreckwolke der entgegenkommenden Fahrzeuge schon kilometerweit im Voraus erkennen, ist das Risiko kalkulierbar.
Nach ca. 30 km sehen wir zwei Strauße mitten auf der Schotterpisten-Fahrbahn. Sofort habe ich die Idee, meiner gleichnamigen Kollegin via Whats-App Bilder zu schicken mit der Frage, welche Tiere ich wohl gerade jage. Doch dazu brauche ich Beweisfotos. Ich pirsche mich also mit dem Auto an die beiden heran (ha ha … ranpirschen mit dem Auto!) … jetzt ist Teamwork angesagt: Ich fahre, Gabi muss mindestens einen der beiden „abschießen“, sonst weiß meine Kollegin gar nicht, was ich damit meine. Letztlich gelingen Gabi und auch mir paar verwendbare Schüsse. Wir überlassen die beiden wieder ihrer Tagesbeschäftigung und fahren weiter.



Wenige km später erspähen wir links in Fahrtrichtung eine fünfköpfige Zebrafamilie, die relativ nahe steht und somit gut zu fotografieren ist. Weit in der Ferne können wir in der Steppenlandschaft immer wieder verschiedene Herden ausmachen und via Fernglas gut erkennen.





Plötzlich kriege ich Durst. Richtigen Durst. Und hier sind 0,8 Promille erlaubt. Ich bitte Gabi, mir eine Dose TAFEL LAGER zu öffnen, was ihr gelingt und mich fast sitt macht. Für Unwissende: „sitt“ ist ein Kunstwort aus einem Ideenwettbewerb Mitte der 1990er Jahre, es ist die Ergänzung zu „satt“ und bedeutet „nicht mehr durstig“ (Schließlich sollen die hier Mitlesenden ja auch gebildet werden und diesem Auftrag komme ich gern nach). Nach einer zweiten Dose (souverän von Gabi mit dem Daumen der linken Hand geöffnet) verspüre ich keinen Durst mehr und Gabi hat ihre Mitfahrberechtigung für die Namibia-Reise unter Beweis gestellt.
Vor uns liegen noch immer zwei Pässe und das Kuiseb mit seinen schroffen, zerklüfteten Felsformationen.
Im Vorfeld unserer Reise las Gabi „Wenn es Krieg gibt, gehen wir in die Wüste“ (von Henno Martin, gibt’s bei ebay oder anderswo für ca. 6 € gebraucht).

Den Spuren der beiden Protagonisten wollte sie nun auf ihrer Reise einige km folgen. In den Bergen jedoch verlief sich die Spur, da bspw. die Ausschilderungen zu Martinshöhle oder Karpfenkliff leider nicht auffindbar waren.

Zugegebenermaßen erweist sich ein nicht geringer Teil der Strecke als wenig aufregend, nackte Felsen durchziehen die Landschaft, weit und breit nichts als Dreckpiste, Felsen und sonst nichts weiter.
Interessantes Detail: Die „Pistenraupe“



, die im Auftrag der namibischen Regierung für die Straßenwartung unterwegs ist und massenhaft Dreck aufwirbelt, durch den wir ihr folgen müssen, ehe wir sie endlich überholen können. Wir machen einmal kurze Pinkelpause (der von mir erwählte Strauch dachte bestimmt, es sei schon Weihnachten) und fahren Swakopmund entgegen. Vorher passieren wir die Straßeneinengung (eine Art Steg aus Eisen), die uns in den Distrikt führt. Weiter durch das Kuisebtal, die Brücke über den staubtrockenen Fluß, die nur durch ihre Länge vermuten lässt, dass es hier doch hin und wieder Wasser gibt.

Wir passieren eine riesige Flamingo-Kolonie an der linken Straßenseite (bestimmt an die 1000 Tiere)





kurz vorm Ziel und machen einen kurzen Zwischenstopp in WALFISHBAY, essen dort im LEMON TREE leckeren Fisch bzw. Sushi (pro Gericht umgerechnet ca. 9 €, sehr zu empfehlen!), fahren kurz zum Hafen … ENDLICH DAS MEER! Der Atlantik liegt vor uns.
Wir entscheiden uns aber doch, zuerst unser Quartier aufzusuchen, da ich ziemlich müde bin. Gewählt haben wir VERONIKAS GUESTHOUSE.
Auf dem Weg von Walfishbay nach Swakopmund befahren wir die Küstenstraße und sehen mit eigenen Augen, dass das Meer sozusagen direkt auf die Wüste trifft und sozusagen fast nahtlos in diese übergeht. Irgendwie beeindruckend!
Quasi nahtlos an den Strand schließt sich die Wüste an, lediglich durch die Asphaltstraße (die schon in der Wüste liegt) unterbrochen. Die Kosten für die Wartungsarbeiten dieser Straße, die eher schmal aber in einem sehr guten Zustand ist, sind sicher beträchtlich.




Unsere Unterkunft finden wir recht schnell, der Gastgeber (ein Franke) begrüßt uns und ich mache mich erst mal flach. Bisschen geschlaucht bin ich schon …
Am Abend dann laufen wir ein wenig den Strand entlang in Richtung alter Ortskern. Vor uns der Atlantik – riesig und scheinbar endlos … ein beeindruckendes Gefühl, wenn man sonst in einer Großstadt mitten im Landesinneren wohnt.
Über ihn kamen einst die sogenannten Entdecker, auf ihm fuhren die ersten Schiffe, die hier die ersten Kolonisten an Land brachten (war paar km weiter südlich in der sog. Lüderitzbucht, als sich dort einst der Bremer Tabakhändler an Land setzen ließ).



Wir sind von den wunderschönen Häusern, die in unmittelbarer Strandnähe zu finden sind, total beeindruckt. Das passt hier architektonisch alles prima zusammen und kaum einer würde wohl auf Namibia tippen, wenn man ihm Fotos dieser Silouette bzw. dieses Häuserensembles vorlegen würde. Hätten wir definitiv so nicht erwartet. Hat durchaus ne Menge von einem Seebad.




Wir spazieren der Seebrücke zu, kriegen aber im dortigen Restaurant keinen Platz mehr und weichen in Kückis Pub (von jedem Reiseratgeber empfohlen) aus. Besoffene Schweizer bevölkern den Thresen und halten ihr Gegröle auch noch für unterhaltsam. Da wir jedoch schon berufsbedingt den Umgang mit sozialen Randgruppen gewohnt sind, lassen wir uns nicht abschrecken und irgendwo sind Schweizer ja auch so ne Art Menschen und wollen nicht immer nur das Matterhorn, das 2015 seinen 150. Jahrestag seiner Erstbesteigung begeht, sehen.
Wohlschmeckender Fisch und 2 Bier vom Fass für 370 N$ sind zwar kein Schnäppchen, aber es war gut!
Wir schlenkern in unsere Unterkunft und während ich diese Zeilen hier tippe, träumt die kleine Gabi (52) möglicherweise vom ersten Löwen, den sie auch hier noch nicht gesehen hat.
Letzte Änderung: 06 Aug 2015 22:23 von zeitungsleser.
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19 Jul 2015 21:05 #392288
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So, nun probiere ich mal, obs was mit Bildern wird. Alle gehören zu Tag 1
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