Last but never least: Die Winelands
Die Winelands gehen ja irgendwie immer. Es ist einfach schön dort. Easy living. Weshalb wir zum Abschluss unserer abwechslungsreichen Tour gleich drei Nächte dort eingeplant hatten. Einfach nochmal alles Paroli laufen lassen, um es mit den Worten von Horst Hrubesch zu sagen.
Bei unserer ersten Reise hatten wir Stellenbosch nur für einen Tag besucht, und das auch noch an einem Sonntag. Das studentische, lebendige Flair, das Südafrikas zweitälteste und bildhübsche Stadt ausstrahlt, war uns damals weitgehend entgangen. Diesmal wollten wir darin eintauchen, uns treiben lassen. Das (empfehlenswerte) Dorp Museum, bei dem man sich von Haus zu Haus auf eine Zeitreise begibt, und überhaupt das klassische Sightseeing hatten wir seinerzeit schon ausgeschöpft.
Wir hatten uns vorgenommen, mehr der Nase nach zu laufen, spontaner zu sein. Das klappte ziemlich gut. Zumal das Bonne Esperance Guest House (gegenüber vom Botanischen Garten) zentral genug liegt, um zu Fuß binnen weniger Minuten mitten im Geschehen zu sein, aber auch weit genug am Rand, um mit dem Auto schnell wieder herauszukommen.
Das Bonne Esperance Guest House
Unser Zimmer hätte zugegebenermaßen ein wenig großzügiger sein können (es gibt auch größere im Hotel, entsprechend etwas teurer), ansonsten waren Lage, Ambiente, Parkmöglichkeiten, Frühstück und auch Gesellschaft ideal. Im kolonial angehauchten Wohnzimmer verbrachten wir einen herrlichen und heiteren (späten) Abend mit drei rüstigen walisischen Ehepaaren. Mittags hatten wir sie noch kurz nach ihrer Ankunft komatös schlafend am Pool vorgefunden, im Mondschein liefen sie zur Höchstform auf.
Wir quatschten und quatschten - die Waliser glücklicherweise sehr um Verständlichkeit bemüht - über Sinn und Unsinn des Brexit, die Schönheit der Garden Route und über den mutmaßlich überschaubaren IQ des royalen Sprösslings Harry, der seine laut Eigenwerbung bahnbrechende Biografie (ich habe sie nicht gelesen) gerade unter großem Getöse auf den Buchmarkt geworfen hatte.
Überhaupt mochten wir Stellenbosch mit seinen vielen netten Weinbars und Restaurants, und Thomas schwärmt noch heute vom butterzarten Steak im Fat Butcher, wo es überraschenderweise auch sehr gute vegetarische Optionen gab.
Am ersten vollen Tag packten wir noch einmal die Wanderschuhe aus und fuhren ins Jonkershoek Nature Reserve gleich um die Ecke. Ein wunderschönes Fleckchen Erde, durch das mehrere unterschiedlich lange Wanderrouten führen. Wir mussten direkt am Eingang zum Reserve parken, weil Unwetter in den Wochen zuvor die Wege innerhalb der Parkgrenzen zerstört hatten. Das bedeute pro Strecke 2,5 Kilometer mehr, rechnete uns die Dame am Eingang vor, das klang überschaubar, und so machten wir uns fröhlich auf in Richtung des derzeit mit dem Auto unerreichbaren Parkplatzes im Herzen des Reserve, wo die unterschiedlichen Trails starten.
Es war ein herrlicher Tag, wenn auch sehr heiß, wir stiefelten den Weg entlang, der allerdings deutlich mehr als zweieinhalb Kilometer maß. Als wir am eigentlichen Schotterparkplatz ankamen, fanden wir nach kurzer Suche den Einstieg in den Sosyskloof Trail, der über gut sechseinhalb Kilometer rund um ein mit Fynbos bewachsenes Tal führt.
Im Zickzack ging es bergauf, wir genossen den Ausblick und die Stille, nur sehr wenige andere Wanderer begegneten uns im gesamten Schutzgebiet. An einer kleinen Hütte legten wir eine Trinkpause ein, dann hielten wir uns links und liefen nun auf einem schmalen, steinigen Pfad am Berghang entlang.
Eine tolle, aber auch schweißtreibende Angelegenheit. An einem Wasserfall, in der Trockenzeit kaum noch ein Rinnsal, ließen wir uns die Tropfen über die Köpfe perlen. Eine Wohltat, denn es war nun Mittag und kochend heiß.
Nach gut dreieinhalb Stunden (ab Eingang) ging es wieder abwärts (wer richtig Panorama-Blick in alle Richtungen haben will, muss noch höher und eine der weiteren Routen wählen) und wir waren nach beendeter Runde zurück am Parkplatz. Wie gern wäre ich jetzt ins Auto gestiegen. Aber wir mussten noch zurück zum Gate und die Strecke zog sich - vor allem, weil wir sie schon vom Hinweg kannten.
Noch einmal gut drei, vier Kilometer drauf auf den Tacho, ich biss die Zähne zusammen und bestellte schließlich nach am Ende etwas zähem Marsch beim Cafe am Eingang gleich mehrere Kaltgetränke.
(P.S. Die Zufahrt zum Parkplatz sollte wieder hergerichtet werden, sodass sich die Strecken mittlerweile möglicherweise wieder auf die eigentlichen Trails beschränken.)
Am nächsten Tag fuhren wir nach Franschhoek, wo wir 2012 übernachtet hatten. Unterwegs stoppten wir kurz beim Boschendal Wine Estate, das ich noch nicht kannte und für mich nunmehr der Inbegriff eines kapholländischen Weinguts ist. Es fiel mir leicht, mir inmitten der historischen Anlage (gegründet 1685) das einstige Leben vorzustellen - wohl auch, weil meine Sitznachbarin auf dem Hinflug hier aufgewachsen war und viel zu berichten wusste auch aus der Zeit ihres Vaters und Großvaters, die beide auf Boschendal Verwalter gewesen waren.
Im grandiosen Farm Shop hätten wir uns liebend gerne mit den vielen Verlockungen eingedeckt, Wurst, Käse, Feigen, Marmeladen, doch die Zeit als Selbstversorger war vorbei und überhaupt fast die gesamte Reise. Am nächsten Tag flogen wir zurück.
In Franschhoek fühlten wir uns darin bestätigt, uns diesmal für den Standort Stellenbosch entschieden zu haben. Das kleine Örtchen erschien uns noch touristischer als schon einige Jahre zuvor und weit weg von authentischem Leben. Selbst das La Petite Ferme kurz hinterm Ortsausgang inmitten der Weinberge, wo wir eine Reservierung zum Lunch hatten, war zwar immer noch sehr gut, haute uns aber nicht mehr so vom Hocker wie beim ersten Mal. Manche Dinge lassen sich eben nicht wiederholen. Der ganz große Zauber war verpufft.
Der Tag des Abschieds rückte näher, und als er schließlich gekommen war, hätte ich so gern von vorn begonnen. Ein paar Tage Wäsche waschen und dann gleich wieder los. Später auf dem Rückflug begann ich wie immer, mir schon über die nächste Reise Gedanken zu machen. Was würden wir wiederholen, was nicht, was gegebenenfalls besser machen?
Zuvor stellte sich aber noch die viel drängendere Frage, was wir mit der Zeit bis zum frühen Nachmittag anfangen würden. Nach dem Frühstück peilten wir zuerst Lanzerac in Richtung Jonkershoek an, bestimmt ein sehr schönes Weingut und vor allem eine luxuriöse Übernachtungsmöglichkeit, aber viel gab es hier nicht für uns zu tun. Die Zeit würde uns lang werden, das merkten wir schnell und brachen wieder auf. Nur wohin?
Lanzerac
Wir überlegten hin und her, und dann wurde es noch einmal Vergelegen. Mit seinen vielen tollen Möglichkeiten, dem weitläufigen Gelände, dem Wald und den schönen Gärten.
Wir gingen spazieren und kehrten zurück zu unserem schönen Picknickplatz, wo ich instinktiv Ingrid und Helmut erwartete; was aber leider nicht der Fall sein konnte, denn sie waren bereits am Vortag nach Deutschland aufgebrochen.
Wir ergatterten einen Platz auf der Terrasse des Stables Restaurant, wo wir noch einmal wunderbar zu Mittag aßen und alles andere als das Gefühl hatten, einfach nur Zeit totzuschlagen. Und dann war der Moment gekommen. Fuhren wir zum Flughafen, gaben das Auto zurück, flogen heim. Mit unendlich vielen schönen Erinnerungen im Gepäck, voller Dankbarkeit, aber auch Wehmut. Und dem festen Vorsatz: Wir kehren zurück...
Fazit folgt... (aber erst nach Büsnau )