so, jetzt gehts weiter...
Dieser Urlaub zeichnet sich dadurch aus, dass es nachts immerzu regnet. Auch an diesem Morgen wachen wir auf und sehen die Reste ergiebigen Regens in der Nacht. Aber Micha macht sich wenig Sorgen, heute fahren wir durch den Moremi ja nur nach Maun zurück. Auf dem Hinweg benötigten wir rund 5,5 Stunden, aufgrund der Regenmassen rechnen wir mit einer etwas längeren Fahrzeit. Wir frühstücken in Ruhe und sehen mit Freude, dass fleißige Helfer unser Auto wunderbar gereinigt haben. Dabei bemerken wir, dass wir vorne das Nummernschild verloren haben. Ist offenbar unserer Hinfahrt durch den Moremi zum Opfer gefallen. Wir überlegen kurz, wie die Behörden wohl in Botswana auf fehlende Nummernschilder reagieren – in Südafrika hatten wir das immer mal wieder und dies führte zu netten, humorigen Gesprächen mit den einheimischen Polizisten, die sich anfangs einen Spaß daraus machten, uns Touristen zu verunsichern.
Wir verabschieden uns vom Sango Camp, der Weg ins Dorf besteht nur aus Schlamm und Matsch, Micha umfährt die schlimmsten Stellen weitläufig. Ich jammere ihm ein wenig die Ohren voll, da ich am letzten Abend im Sango Camp unglaublich viele Mückenstiche an den Füßen bekommen habe. Ich hatte leider vergessen, das Peaceful Sleep auf den Fußsohlen anzubringen, dafür bekomme ich jetzt die Quittung. Meine Füße jucken, brennen und sind unglaublich angeschwollen. Am Gate zum Moremi muss daher Micha aussteigen und die Formalien erledigen, ich kann mit meinen „Botten“ kaum auftreten. Um mich aufzuheitern, entscheidet ein einheimischer Putzmann vor dem Auto die Muskeln spielen zu lassen und mit mir hemmungslos zu flirten – auch wenn ich wollte, wäre ich im Moment wohl kaum in der Lage aus dem Auto zu steigen, aber lächeln geht ja immer. Irgendwann ist Micha zurück und lacht sich kaputt, als ich ihm von meinem kurzen Intermezzo mit dem Putzmann berichte, vor allem da er weiß, dass ich mit meinen Klumpfüßen gar nicht mit dem so engagierten Kerl hätte durchbrennen können!
Kurz erzählt er, dass die netten Ranger eindringlich warnten, vorsichtig durch den Moremi zu fahren und unbedingt auf Hilfe zu warten, falls wir steckenbleiben sollten – „please do not leave the vehicle!“
Schon die ersten Meter in Moremi waren schwierig zu fahren, die Spurrillen sind gigantisch, überall steht das Wasser, der Morast ist beängstigend. Micha entscheidet sich nach wenigen hundert Metern, alles dazu zu schalten, was unsere 4x4-Karre hergibt. Wir fahren vorsichtig, aber zügig durch die Wassermassen, versuchen aber meist, sie zu umfahren, Als die Wasserpfützen nicht nur tief, sondern auch riesig lang werden, halten wir an und überlegen, ob es wohl erlaubt ist, hier offroad zu fahren. Micha meint, das wäre wohl nicht zulässig, ich bin für einen Versuch. Wir fahren über Büsche, Wurzeln und hohes Gras, immer wieder drohen wir, uns festzufahren. Der Spaßfaktor für mich sinkt gewaltig.
Die tröstenden Worte unseres Reiseagenten, mich überall innerhalb von 24 Stunden herauszuholen, erscheinen mir immer unrealistischer. Nirgendwo sind andere Autos zu sehen, auf Landschaft und Tiere achten wir schon lange nicht mehr.
Die nächste Pfütze ist ewig lang, mit steilen Rändern an den Seiten, Micha fährt beherzt los und wir gelangen offenbar in eine vorhandene Spurrille. Wir werden langsamer, Micha gibt aber nicht mehr Gas. Ich rufe, dass er schneller fahren soll, Micha schüttelt nur den Kopf. Nur wenn es brenzlig wird, schweigt mein Mann, daher bin ich deutlich beunruhigt. Der Weg ist vielleicht über 40 Meter voller Wasser, wir stecken fest nach rund 30 Metern. Mir bricht der Schweiß aus und mein Mann schweigt! Ich presse nur ein leises „Micha??“ heraus und er antwortet knapp: „Jetzt nicht!“.
Dann startet er den Motor, schaltet immer wieder, wir ruckeln vor und zurück. Die Guides meinten, bei festgefahrenen Rädern solle man nichts machen, nur auf Hilfe warten – ich trau mich nicht, meinem Mann das in Er-innerung zu rufen. Wir schweigen nun beide, Micha schaltet, wir ruckeln weiter vor und zurück und dann: wir kommen vorwärts, wir kommen frei und fahren weiter. Unsere Erleichterung ist riesig, als wir auf einer „Insel“ zwischen den Wasser- und Schlammmassen ankommen.
Danach schlagen wir uns – soweit möglich – durch Busch und Dickicht durch, die Fahrspuren sind einfach zu wenig zu erkennen, der Weg ist zu verschlammt und mit tückischem Wasser versehen. Manchmal klingt es furchtbar, wenn wir zwischen Büschen und über Wurzeln unseren Hilux „prügeln“, aber irgendwo im Matsch festsitzen wollen wir auch nicht. Micha hält irgendwann an, ich denke an irgendein Problem mit dem Fahrzeug. Mein Mann springt aus dem Auto und läuft drum herum – er will sehen, ob wir ernsthafte Schäden an den Reifen davon getragen haben. Wir mussten leider feststellen, dass die abgefahrenen Geländereifen nur bedingt zuverlässig ihren Dienst taten. Als mein Mann nicht wiederkommt, rufe ich ihn aus dem Auto, will wissen, was er noch dort draußen am machen ist – schließlich gibt es da ja wilde Tiere. Als er antwortet, er hätte entdeckt, dass wir nun auch noch das andere Nummernschild verloren hätten und er würde das jetzt mal suchen gehen, entlädt sich bei mir die ganze Spannung und ich schreie meinen Mann nur noch an! Gut, bei meinem Gebrüll wären Raubtiere vielleicht wirklich geflohen, aber hat man schon mal so etwas Blödes gehört – will das Nummernschild suchen, das wir irgendwo auf den letzten 1,5 Stunden verloren haben??
Mein Mann gibt sich geschlagen und wir fahren schweigend weiter, die Straße wird nicht besser, aber irgendetwas Fatalistisches hat sich in uns breit gemacht. Mir macht die Fahrt kein Stück Spaß, zu viel Sorge habe ich um uns und das Fahrzeug – ich will nicht steckenbleiben, ich will nicht gerettet werden… Selten war ich so erleichtert, als ich das Gebäude vom Gate sah. Meine Mückenstiche waren vergessen und ich trug uns im Gästebuch aus. Der nette Mensch an der Rezeption fragte, wie die Fahrt war: „like German Autobahn?“.
Ich entspanne mich erst, als wir auf der asphaltierten Straße in Richtung Maun unterwegs sind und mein Mann mir verspricht, dass wir die Reifen tauschen lassen und die beiden Nummernschilder wieder anbringen lassen werden. Erfreulicherweise haben wir noch eine Nacht in der Thamalakane Lodge in Maun gebucht, dort gibt es Internet, so dass wir alles weitere dazu via Email werden erledigen können. Von unserer aufregenden Fahrt durch den Moremi gibt es keine Bilder – dazu fehlten mir leider die Nerven!
Per Email haben wir nach unserer Ankunft mit dem Reiseagenten vereinbart, dass am nächsten Tag das Fahrzeug getauscht werden solle. Nach gutem Essen, viel Wein zur Stärkung der Nerven und Sternegucken ging ein aufregender anstrengender Tag zu Ende, den wir beide aber um nichts auf der Welt missen wollen.
Morgen geht es ins Camp Kalahari zu den Magkadigkadi Pans – in dem Glauben, dass uns da bestenfalls Sand, aber kein Wasser und Schlamm erwarten würde, schliefen wir erschöpft ein.