26.Tag (Mi. 18.01.2018)
Serengeti National Park (Seronera – Moru Kopjes)
103km
Als der Wecker klingelt sind wir schon längst wach, denn ganz in der Nähe brüllen Löwen. Das ist der deutlich coolere Wecker. Heute verlassen wir die DikDik-Campsite, weshalb es nicht gleich los zum Gamedrive geht, sondern wir in Ruhe auf der Campsite frühstücken und dann das Camp abbrechen.
Danach geht es aber auch gleich los auf Gamedrive. Wir fahren heute wieder in das Gebiet am Wadamu River. Schon von weitem sehe ich eine Silhouette über die Savanne ziehen, die von den Bewegungen her ganz klar ein Raubtier vermuten lässt. Von der Größe her würde ich auf einen Löwen schließen. Das wollen wir natürlich aus der Nähe sehen und stellen dann fest, dass es sich um einen gewaltigen Leopardenkater handelt. So einen großen und kräftigen Leoparden habe ich noch nie gesehen. Der hat einen richtigen Stiernacken. Über einen Kilometer lang begleiten wir den Leoparden, der beständig auf der Wanderschaft ist und uns gar nicht beachtet. Sein Ziel ist eine kleine Akazie mit einer sehr dichten Dornenkrone. Der Grund dürfte in dem Zebrakadaver liegen, der in der Baumkrone hängt. Der Leopard macht erst noch ein wenig Pause und springt dann in den Baum, um zu fressen. Sieht sehr unbequem aus, aber dafür kommen an diese Speisekammer garantiert nur Leoparden. Die Dornen scheinen dem Kater selbst dann nichts auszumachen, wenn sie ihm ganz eindeutig ins Gemächt stechen. Sowie der Leopard satt ist, verlässt er den Baum wieder und sucht einen deutlich bequemeren Baum auf. Mit den breiten horizontalen Ästen bietet sich dieser wesentlich besser zum schlafen an.
So wie wir Katzen kennen, wird sich hier die nächsten Stunden rein gar nichts mehr tun, weshalb wir beschließen, weiter zu fahren.
Gerade mal 5 Minuten später entdecke ich auf der Ebene zwei Geparde. Leider sind sie sehr weit entfernt und es sind auch keine Fahrspuren vorhanden, die es uns ermöglichen würden, näher ran zu kommen. Sie veranstalten einen halbherzigen Jagdversuch auf eine Herde Thommys, werden aber frühzeitig entdeckt, so dass sie abbrechen und sich daraufhin zur Ruhe unter einen Busch begeben.
Am Seronera Swamp treffen wir auf jede Menge Grasfresser.
Heute haben wir das erste neugeborene Gnukalb gesehen. Die Nabelschnur hing noch unter dem Bauch. Die Zebras scheinen da etwas früher mit den Geburten dran zu sein, denn wir haben schon die letzten Tage jede Menge niedliche Zebrafohlen über die Ebenen springen sehen.
Morgen laufen die Versicherungen für unser Auto ab. Da wir schon so lange unterwegs sind, waren die Versicherungsnachweise bei unserem Start noch nicht vorhanden. Jetzt hat unser Vermieter die Dokumente einem Piloten mitgegeben. Die fungieren hier auch als Kurier und so fahren wir zum Flugplatz, wo die Übergabe problemlos von statten geht. Das Ganze hatten wir telefonisch so mit unserem Vermieter abgesprochen.
Dann wird es Zeit zu unserem heutigen Tagesziel aufzubrechen, den Moru-Kopjes. So gut unsere Karte und auch T4A im Gebiet um Seronera sind, so schlecht sind sie im Gebiet der Moru-Kopjes. Da gibt es Wege auf den Karten, die in Realität nicht existieren und umgekehrt. So sind wir länger als geplant unterwegs, bis wir unsere für diese Nacht reservierte Special Campsite Moru Nr. 4 erreichen. Unterwegs viele Tiere aber keine besonderen Motive. Man ist da mit der Zeit schon recht verwöhnt.
Auf der Campsite angekommen schauen wir uns erst einmal um, wo wir uns genau hinstellen wollen. Wie bei Special Campsites üblich gibt es keinerlei Infrastruktur. Lediglich an die zentral auf der Campsite stehenden Euphobie ist ein Schild mit dem Namen der Campsite genagelt.
Als ich an dem Schild stehe, höre ich direkt hinter mir ein Geräusch, dass jeder Katzenbesitzer kennt, wenn seine Katze von der Fensterbank auf den Boden springt. Nur um einiges lauter. Gleichzeitig höre ich die erschreckten Ausrufe der anderen. Ich drehe mich um und sehe gerade noch einen Leoparden fluchtartig zwischen den Büschen verschwinden. Die anderen berichten, dass der Leopard direkt hinter mir aus dem Baum auf den Boden gesprungen ist. Genauso gut hätte er mir auch ins Genick springen können. Das ist das große Problem mit der Routine. Die vielen Jahre in Afrika haben uns ein wenig sorglos werden lassen. In der dichten Baumkrone hätte man den Leoparden nur entdecken können, wenn man diese zunächst sehr genau abgesucht hätte. Genau das habe ich aber nicht getan, sondern mich durch das Campingplatz-Schild in trügerischer Sicherheit gefühlt. Eine Campsite suggeriert Sicherheit. Jetzt kennt Ihr die Geschichte zum Titel dieses Reiseberichts.
Nachdem wir uns von dem Schreck erholt haben, machen wir da weiter, wo wir aufgehört haben und suchen uns einen schönen Platz für die Zelte aus. Leider können wir sie aber nicht gleich aufbauen, denn das Auto lässt uns nicht an die Ausrüstung. Die Hecktür ging schon von Tag zu Tag schlechter auf und hat jetzt ganz den Dienst quittiert. Das Schloss klemmt. Zunächst versuche ich das Schloss auszubauen, aber die Schrauben sitzen alle so fest, dass ich sie auch mit einer Zange nicht lösen kann. Also Plan B. Aus einer zerschnittenen Plastikflasche bastele ich eine Rinne, mit der ich Olivenöl durch die Türdichtung zum klemmenden Riegel leiten kann. Zu meiner großen Freude und Verwunderung funktioniert das tatsächlich und der Riegel lässt sich für den Rest der Reise wieder problemlos betätigen.
Nachdem die Zelte stehen ist der Tag schon so weit fortgeschritten, dass wir auf einen abendlichen Gamedrive verzichten und lieber das Areal der Campsite näher erkunden. Zur Sicherheit nehme ich unsere Machete mit. Ob das etwas bringen würde weiß ich nicht, aber man fühlt sich zumindest besser. Wir besteigen den Kopje hinter unserer Campsite und genießen den Ausblick. Die Lage der Campsite ist perfekt. Auf einem kleinen Hochplateau gelegen bietet sie einen weiten Blick über die Ebenen.
Während des Abendessens hören wir ständig die Zebras in der Ebene. Hin und wieder auch Hyänen. Kurz bevor wir zum Schlafen in den Zelten verschwinden, tauchen Büffel auf der Campsite auf.