Dienstag, 1. Mai 2018
Weil wir heute früh starten wollen, hat die Köchin schon wieder frei. Wir frühstücken im Restaurant der Lodge und sind um 8 Uhr auf dem Straße. Unser nächstes Ziel ist Masvingo, das südwestlich liegt. Zuerst nehmen wir die A3 nach Nordwesten bis Nyazura, dann geht es weiter auf Asphalt nach Südwesten. Die Navigatorin hat den Vorschlag gemacht, einen großen Winkel Asphaltstraße abzukürzen und ab Matasa/Buhera eine 50 km lange Naturstraße nach Süden zu nehmen, die bei Gutu wieder auf Asphalt stößt. Das mit den Abkürzungen kennen wir ja nun schon: es ist zwar kürzer, aber meist von Zeitersparnis keine Spur.
Bis Nyazura steigt die A3 stetig an, die höchsten Erhebungen liegen alle über 1500 m. Aus dem grünen Hügelland ragen immer wieder Kegelberge heraus, was bei uns wie so oft die Frage nach der Entstehung aufkommen lässt.
Der Reiseführer schweigt sich zu solch wichtigen Fragen übrigens aus. Wie gesagt, ab Nyazura biegen wir nach Südwesten ab, durchqueren sanft gewelltes Hochland. Die Natur ist so üppig, die Landschaft abwechslungsreich, und wir sind mal wieder fasziniert von diesem schönen Land.
Kurz hinter Matasa kommt der Abzweig zur Abkürzung und wir biegen auf die Naturstraße ein. Die nächsten 50 Kilometer durchqueren wir ehemaliges Rinderfarmland, das jetzt trocken und brach liegt. Der Boden ist meist sandig und taugt für Ackerbau wenig. Die wenigen Menschen, die es hierhin verschlagen hat oder die nach der Vertreibung der Farmer geblieben sind, wirken arm und abgestumpft. Zum ersten Mal begegnen uns Menschen unfreundlich, sogar ein wenig feindselig. Dabei ist die Landschaft doch so schön.
Aber unsere Vorstellung von der Schönheit der Natur ist ja ein Ergebnis unserer Zivilisation, unserer Kultur und unseres Wohlstandes. Wäre man vor 200 Jahren z. B. durch Europa gefahren und hätte die bitterarmen Menschen auf die Schönheit ihrer Umgebung angesprochen, hätte man vielleicht auch nur Kopfschütteln und Unverständnis geerntet. Wenn man um’s tägliche Überleben kämpft, hat man keinen Platz für solche Sentimentalitäten.
Bei Gutu erreichen wir die asphaltierte A4 und fahren weiter nach Süden.
Die grauen Buckel werden mehr, ihre Ausmaße größer. Aber die Sandflächen sind fruchtbarem Boden gewichen, es gibt wieder kleine Felder und die Menschen wirken zufriedener und winken freundlich. Das letzte Stück bis zum Lake Mutirikwi fahren wir auf der A9, die für hiesige Verhältnisse stark befahren wird. Sie kommt von der Grenze zu Mozambique im Osten und geht über Bulawayo bis nach Sambia. Alles Kupfer aus Sambia, das verschifft werden soll, nimmt diesen Weg, und alle Güter, die im Hafen von Beira gelöscht werden und für Botswana oder Sambia bestimmt sind, auch.
15 km vor Masvingo biegen wir ab nach Süden, um den Stausee Mutirikwi zu umrunden.
Das gesamte Gebiet ist übersät mit Granitbuckeln riesigen Ausmaßes, dazwischen große Bäume, kleine Wälder, ausgedehnte Feuchtgebiete, Ackerflächen. Die Naturstraße windet sich um die Granitfelsen herum, immer wieder großartige Ausblicke auf die Berge und den See freigebend. Wir sind sehr erinnert als Uganda und den dortigen Lake Mutanda. Auch die hohe Bevölkerungsdichte unterstreicht diesen Eindruck.
Wir passieren die Staumauer
und sind kurze Zeit später am Tor zu Norma Jean’s Lakeview Resort. Die große Anlage liegt am Hang mit Blick auf den See – ein Traum aus der guten alten Zeit, als die feine englische Gesellschaft Masvingos hierher zur Erholung kam. Ein üppiger, tropischer Garten umgibt die Chalets, das Restaurant und den Campground. Alles wirkt wie gerade aus einem altenglischen Dornröschenschlaf erwacht: die Gebäude außen in weiß und grün, die Inneneinrichtung im dunklen englischen Stil. Selbst im Büro liegt ein dicker Teppich auf dem Schreibtisch, davor zwei gediegene Sessel, auf denen sitzend der legere Camper die Anmeldeformalitäten erledigen kann. Wir wählen die „unterste“ Campsite, da man von ihr einen schönen Blick auf den See hat.
Die Stellfläche ist eben und frisch geharkt, das Gebäude der offenen Gemeinschaftsküche tiptop und mit Heißwasser bestückt. Jeder Toilettenraum hat seine eigene Dusche, so dass man sich eher in einem Hotel als auf einem Campingplatz wähnt. Das alles müssen wir erst einmal auskosten und genießen, und so beschließen wir, die Besichtigung der Ruinen von Great Zimbabwe auf morgen zu verschieben.