6. Februar 2013
Sepp aus Mikumi kommt schon von der Frühmesse, als wir endlich aufstehen. Es war so kuschelig warm in unserem Zimmer. Wir sind eh keine Kirchengänger, aber wohlfühlen tun wir uns trotzdem bei diesen netten Leuten.
Der Innenhof der Anlage, links befinden sich die Gästezimmer.
Pater Wendelin möchte uns nach dem Frühstück unbedingt durch seinen Landwirtschaftsbetrieb führen. Seine grosse Leidenschaft sind Pferde und da ich ihm erzählt hatte, dass ich früher auch mal Pferdebesitzerin war, möchte er uns natürlich auch seine Zucht zeigen.
Wirklich Glück hat er in letzter Zeit nicht mit seiner Pferdezucht
. Ein paar Stuten sind nach der Geburt der Fohlen aus unerklärlichen Gründen gestorben. Nun stehen die noch ganz kleinen Fohlen auf einer Weide und knabbern ein wenig am Gras rum
. Pater Wendelin meint, dass das Gras fressen kein Problem sei, ich behaupte aber, dass die Tierchen ganz ohne Muttermilch nicht lange überleben werden
.
Der Schweinestall ist leer und ausgeräumt. Vor einigen Wochen sind alle hundert Schweine innerhalb von vier Tagen verendet
. Pater Wendelin hat dann kurz darauf ohne den Stall zu desinfizieren wieder achtzig neue Tiere angeschafft, welche auch innert kürzester Zeit tot waren
. Die Kadaver wurden in ein grosses Loch geschmissen und verbuddelt, worauf die Einheimischen wieder einige Tiere ausgruben und zum Verzehr mitnahmen
. Sachen gibt’s. Bei uns wäre so ein grosses Schweinesterben bestimmt meldepflichtig, aber hier hat man nicht mal nachgeforscht, um welche Seuche es sich handelte. Bei den paar Tieren, welche man aufgeschnitten hatte, wurde lediglich festgestellt, dass die Lungen kaputt waren
.
Nachdem die Führung mit Pater Wendelin beendet ist, besuchen wir Sr. Marziana. Sie ist mit ihren über 80 Jahren immer noch uneingeschränkte Herrscherin über die Küche. Geschäftig trippelt sie mit ihren Streichholzbeinchen und den viel zu grossen, klobigen Schuhen durch ihr Reich
. Wir möchten gerne etwas Schwarzwälder Schinken kaufen.
“Von dem Schinken hab ich wegen dem Schweinesterben nicht mehr viel”, sagt sie, “aber ich muss euch ja helfen”.
Sie holt einen ganzen Schinken von der Rauchkammer, ein riesen Teil.
“Das ist für uns zwei zuviel”, sagen wir “ein Viertel würde uns auch reichen”.
O.k. ein grosses Stück wird abgeschnitten und der Rest wieder verstaut. Dann kaufen wir noch Wurst, Kartoffeln, Käse und Äpfel. Das, was sie dafür verlangt, ist so wenig, dass wir etwas mehr bezahlen, dafür möchte sie uns noch mehr Kartoffeln geben, aber wir lehnen dankend ab.
Draussen vor der Küche auf der Treppe kniet schon seit mindestens einer Stunde eine Frau mit einem Kind auf dem Rücken
. Sr. Marziana gibt ihr ein kleines Stück Brot, die Frau verneigt sich, bedankt sich und verschwindet. Welch beschissenes Leben, wenn man wegen einer Scheibe Brot so lange in die Knie muss!
Wir verabschieden uns von allen Leuten. Hier hat es uns ausgezeichnet gefallen und im Nachhinein fragen wir uns, weshalb wir nicht noch länger geblieben sind. Pater Wendelin müssen wir fest trösten, denn er wurde vom Mutterhaus in Uznach nach Hause abberufen. Nach 40 Jahren in Uwemba bricht es ihm fast das Herz. Er werde ein grosses Loch graben und all seine Bücher reinschmeissen und zuschaufeln, sagt er verbittert
.
Nach 10 km erreichen wir wieder die Teerstrasse und biegen links ab in Richtung Njombe.
Die Strasse führt uns an riesigen Teeplantagen vorbei.
Nach ca. 70 km stossen wir auf die Hauptverbindungsstrasse Dar es Salaam - Mbeya. Der Verkehr nimmt nun schlagartig zu und mit ihm die Polizeikontrollen. Besonders schlimm sind die Busfahrer, welche auch an völlig unübersichtlichen Stellen gnadenlos überholen. Ganz ekelhaft sind übrigens die vielen Huppels, die einem fast das Auto zusammenschlagen, wenn man nicht im Schritttempo darüber fährt. Wir sind wieder in der Zivilisation angekommen
. Nach einer Stadtrundfahrt in Mbeya fahren wir noch ein Stück weiter zur Utengule Coffee Lodge, wo wir auf einer grossen Wiese campieren.
Campingplatz Utengule
Utengule Coffee Lodge, rechts das Restaurant
Das in Peramiho gekaufte Fleisch besteht nur aus Sehnen und Haut
. Toni entsorgt das unappetitliche Stück im nahen Wald und ist zuversichtlich, dass es von einem der vielen ausgemergelten Hunde gefunden und gefressen wird
.
Im Lodgerestaurant genehmigen wir uns nebst mehreren Sundownern
ein prima Nachtessen und eine gute Flasche Weisswein. Antibiotikakur hin oder her, das muss ich vertragen können
. Wir sind ohne Panne durch Nordmosambik bis hier her gekommen, das wird nun begossen, basta.
Gefahrene Kilometer: 292
Camping Utengule Coffee Lodge: 10 U$ pro Pers. inkl. Strom
Am darauffolgenden Tag bekommt unser braves Fahrzeug in der Werkstatt der Evangelistic Church in Mbalizi, außerhalb Mbeya einen Schmierservice, Oelwechsel und neue, hintere Bremsbeläge.
Bevor die Arbeit morgens um 8 Uhr beginnt, muss zuerst in der Werkstattkapelle eine halbe Stunde gebetet werden.
In der selben Werkstatt wurden unserem Auto vor zwei Jahren neue Radlager eingebaut.
Zur Evangelistic Church in Mbalizi gehört auch ein supermodernes Spital.
mbalizihospital.jimd.../about-the-hospital/
(Nur so zur Info, falls ihr mal in der Gegend krank werdet ).
Chef über alles ist der Schweizer Markus Lehner, welchen wir kurz kennenlernen durften.
So ihr Lieben, das war’s nun. Nach vier Tagen auf Utengule starteten wir am 10. Februar 2013 ins nächste Abenteuer.
Die nahtlose Fortsetzung zu diesem Reisebericht könnt ihr hier nachlesen:
www.namibia-forum.ch...imitstart=0&start=12
Hier werden die oft etwas aussergewöhnlichen Ereignisse geschildert, welche wir auf unserer Reise durch den wilden Westen Tansanias, am Tanganyika See entlang erlebt haben.
Danke euch allen fürs Mitfahren, Dankeknopfdrücken und die vielen netten Kommentare.
Ganz liebe Grüsse
Erika + Toni